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08 September 2023

Modelle der Viertagewoche: Was Unternehmen beachten sollten

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Modelle der Viertagewoche: Was Unternehmen beachten sollten

In der Debatte um die Einführung einer Viertagewoche geht oft unter, dass es dabei nicht generell um eine verkürzte Arbeitswoche geht. Es gibt unterschiedliche Modelle, die jeweils andere Vor- und Nachteile mit sich bringen können. Wichtige Fragen und Antworten aus Unternehmenssicht.

Die Viertagewoche gilt gemeinhin als Wunschbild von Beschäftigten. Studien zeigen, dass Arbeitnehmende eine Arbeitszeitreduzierung und mehr Flexibilität befürworten – solange sie keine Einbußen beim Lohn hinnehmen müssen (siehe zum Beispiel eine Studie der Hans-Böckler-Stiftung). Die Einschätzungen bezüglich der Machbarkeit auf gesellschaftlicher und organisationaler Ebene klaffen jedoch stark auseinander. Das hat unter anderem damit zu tun, dass die Viertagewoche als Schlagwort für eine verkürzte Arbeitswoche durchgeht. Doch die Viertagewoche lässt sich in unterschiedlichen Formen umsetzen – auch mit einem hohen Grad an Flexibilität.

Welche Arbeitszeitmodelle der Viertagewoche gibt es?

Die Variablen in der Gestaltung einer Viertagewoche sind die Wochenarbeitszeit, die Wahl der Arbeitstage, die Freiwilligkeit oder Vorgabe einer Viertagewoche und die Umsetzung mit oder ohne vollen Lohnausgleich. Dadurch ergeben sich folgende Umsetzungsformen:

Modell 1: Verkürzte Wochenarbeitszeit bei gleichem Lohn (z.B. 100-80-100-Prinzip):
Bei diesem Modell, das Studien in Island und UK untersuchten, verringern Unternehmen die wöchentliche Arbeitszeit, zahlen aber das volle Gehalt weiter. Dies ist zum Beispiel nach dem 100-80-100-Prinzip möglich, das Charlotte Lockhart und Andrew Barnes 2018 in ihrem Unternehmen Perpetual Guardian eingeführt haben und seither in der von ihnen gegründeten Initiative "4 Day Week Global" propagieren. Die Idee: Mitarbeitende erhalten 100 Prozent Lohn für 80 Prozent der Arbeitszeit bei 100 Prozent erreichten Produktivitätszielen. Bei einer 40-Stunden-Woche (8 x 5 Tage pro Woche) würde sich die Arbeitszeit auf 32 Stunden reduzieren (8 x 4 Tage pro Woche). Bei der Lage der Arbeitszeit gibt es verschiedene Ansätze: a) mit fixen Arbeitszeiten (Uhrzeiten) und Arbeitstagen (freier Tag in der Woche ist festgelegt) und b) mit Wahlarbeitszeiten und Wahlarbeitstagen (freier Tag in der Woche ist flexibel).

Modell 2: Viertagewoche bei gleichbleibender Wochenarbeitszeit (Belgisches Modell):
Bei diesem Ansatz bleibt die Wochenarbeitszeit gleich, verteilt sich aber auf vier Tage. Dieses Modell kommt in Belgien zum Einsatz, wo es eine gesetzlich geregelte Viertagewoche gibt. Wenn aus betrieblichen Gründen nichts dagegen spricht, können Beschäftigte dort beim Arbeitgeber beantragen, an vier Tagen die Woche zu arbeiten. Bei einer 40-Stunden-Woche läge dann die tägliche Arbeitszeit nicht bei acht, sondern bei zehn Stunden. Am Gehalt ändert sich in diesem Modell durch die Neuverteilung der Arbeitszeit nichts.

Modell 3: Wahlarbeitszeit mit Vollzeitkorridor bei vollem Lohnausgleich:
Mitarbeitende können die Wochenarbeitszeit reduzieren, wenn sie in weniger Zeit ihre Aufgaben erledigen können. Dies ist dann auch als Viertagewoche denkbar. Wenn sie länger arbeiten müssen oder möchten, ist dies bei Beachtung der Ruhezeiten aber ebenso möglich. Das Gehalt entspricht unabhängig von der gewählten Wochenarbeitszeit einer Vollzeitstelle.   

Modell 4: Wahlarbeitszeit mit Vollzeitkorridor und angepasstem Lohn:
Beschäftigte können in einem bestimmten Rahmen und mit einer gewissen Ankündigungszeit ihre Arbeitszeit in einer Vollzeit-Stelle wählen – und so lebensphasenorientiert anpassen – also auch in Form einer Viertagewoche. Die Verkürzung der Arbeitszeit bewegt sich jedoch in einem begrenzten Rahmen (zum Beispiel zwei Stunden), so dass hier noch von einem Vollzeitäquivalent die Rede sein kann. Meist erhalten Beschäftigte bei einer Reduzierung der Arbeitszeit entsprechend weniger Gehalt.

Modell 5: Verkürzte Wochenarbeitszeit bei angepasstem Lohn (Teilzeitarbeit):
Eine Viertagewoche ist auch als Teilzeitmodell denkbar. Unternehmen verkürzen die Wochenarbeitszeit im Vergleich zu einer Vollzeitstelle deutlich. Dafür passen sie aber auch den Lohn entsprechend an.

Was sind die Vorteile und Chancen einer Viertagewoche?

Höhere Produktivität: Wenn Menschen weniger Stunden arbeiten, können sie unter Umständen das gleiche Arbeitspensum schaffen wie zuvor mit einer längeren Arbeitszeit. Dies ist jedoch von vielen Faktoren abhängig – zum Beispiel der Tätigkeit, der Branche, Kundenanforderungen und dem Umfang der Arbeitszeitreduzierung.

Arbeitgeberattraktivität: Die Viertagewoche hat sich zum Symbol für ein attraktives Arbeitsumfeld entwickelt, was positive Auswirkungen auf Recruiting und Mitarbeiterbindung haben kann – zum Beispiel in Arbeitsbereichen mit hohem Fachkräftemangel wie dem Handwerk.

Nachhaltiges Gesundheitsmanagement: Es gibt Hinweise aus Unternehmen, dass eine Viertagewoche die Zahl der Krankheitstage reduzieren kann. Das kann jedoch je nach Modell der Viertagewoche unterschiedlich sein. Es ist davon auszugehen, dass vor allem Ansätze mit einem hohen Grad an Flexibilität das Wohlbefinden der Beschäftigten fördern können, da sie ihre Auslastung selbst mitsteuern können.

Innovationsfähigkeit: Wenn es gelingt, mit einer Viertagewoche den Stress der Mitarbeitenden zu reduzieren, kann dies auch positive Auswirkungen auf die Kreativität der Beschäftigten haben.

Was sind die Nachteile und Risiken einer Viertagewoche?

Neue Belastungssituationen: Arbeitszeitreduzierung bei gleichbleibenden Aufgaben kann zu größerem Stress, informellen Überstunden oder weniger sozialem Austausch am Arbeitsplatz führen. Bei hoher Flexibilität müssen Mitarbeitende sich selbst zu Timeboxing zwingen, was den Druck zusätzlich erhöhen kann.

Höherer Koordinationsbedarf: Umso flexibler Beschäftigte ihre Arbeitszeit einteilen können, umso größer ist der Abstimmungsbedarf im Team – vor allem, wenn Beschäftigte unterschiedliche Arbeitszeiten und freie Tage wählen.

Gerechtigkeitsdebatten: Wenn nicht alle Beschäftigten eines Unternehmens in einer Form der Viertagewoche arbeiten können, kann es zu Neid und gefühlter Ungerechtigkeit kommen.

Produktionseinbußen und/oder steigende Personalkosten: Nicht in allen Tätigkeiten ist eine Produktivitätssteigerung möglich. Dann müssen Arbeitgebende bei einer Arbeitszeitreduzierung neue Mitarbeitende einstellen, was höhere Personalkosten zur Folge haben kann. Beim Belgischen Modell könnten Unternehmen in Deutschland zudem Auftragsspitzen oder krankheitsbedingte Engpässe schwerer abfangen, da aus arbeitsrechtlichen Gründen zusätzliche Mehrarbeit kaum möglich ist.

Was sind Erfolgsfaktoren für die Einführung einer Viertagewoche?

Das A und O für eine erfolgreiche Einführung der Viertagewoche ist eine gute Analyse der Arbeitssituation, der Wünsche der Mitarbeitenden und der Möglichkeiten, die Arbeitszeit anzupassen. Ein Knackpunkt ist die Wahl des freien Tages. Bei der Analyse können Unternehmen auch Optimierungspotentiale identifizieren, die eine Arbeitszeitverdichtung zulassen – zum Beispiel effizientere Meetings und E-Mail-Kommunikation, Prozessoptimierung, Automatisierung von Aufgaben und verbesserte Zusammenarbeit. Entscheidend ist auch eine klare Kommunikation der Ziele, die das Unternehmen mit der Viertagewoche verfolgt. Führungskräfte verstehen die Arbeitszeit gerne als Kontrollinstrument, weshalb hier besondere Aufmerksamkeit vonnöten ist. Ein partizipatives Projektteam, in das Führungskräfte und Mitarbeitende eingebunden sind, kann die Akzeptanz der Lösung erhöhen.

Was ist bei der Einführung einer Viertagewoche arbeitsrechtlich zu beachten?

Aus arbeitsrechtlicher Sicht steht der Einführung einer Viertagewoche nach Modellen wie dem 100-80-100-Prinzip wenig entgegen. Denn bei der Reduzierung der Arbeitszeit könnten Mitarbeitende theoretisch widersprechen, wenn eine andere Arbeitszeit in ihrem Arbeitsvertrag vereinbart sind. Praktisch wird dies jedoch kaum vorkommen. Problematisch können vor allem Ansätze wie das Belgische Modell sein, bei dem die Wochenarbeitszeit gleich bleibt, aber an vier Tagen stattfinden soll. Dann sind die Höchst-, Pausen und Ruhezeiten des Arbeitszeitgesetzes (ArbZG) zu beachten. Die Arbeitszeiten werden dann sehr statisch und unflexibel. Generell sind die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats und mögliche Änderungen beim Urlaubsanspruch zu beachten (siehe "Am fünften Tage darfst du ruhen").

Quelle: haufe.de

04 August 2023

Salutogenetische Führung – Mindset Gesundheit

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Salutogenetische Führung – Mindset Gesundheit

Gesundheit ist für ein glückliches Leben essentiell. Wir müssen jedoch lernen, folgen wir dem salutogenetischen Modell nach Antonovsky, dass Krankheit und Gesundheit keine Gegenätze sind, sondern lediglich die jeweiligen Endpunkte eines Kontinuums darstellen, auf dem wir wechselnd positioniert sind. Es wird gezeigt, wie der Einzelne sich auf diesem Kontinuum in Richtung des Gesundheit symbolisierenden Pols bewegen kann.

Arbeit ist ein zentraler Faktor unseres Lebens. Es ist offensichtlich, dass die tagtäglichen Arbeitsbedingungen einen Einfluss auf das körperliche wie seelische Wohlbefinden haben. Die Führungskraft spielt in diesem komplexen Geflecht von arbeitsbedingten Einflussfaktoren auf die Gesundheit von Geführten eine besondere Rolle. Gesundheit ist ein großes Wort, und eben nicht das Gegenteil von Krankheit, wie uns Aaron Antonovsky lehrt. Leadership Insiders referiert kommentierend seinen Salutogenetischen Ansatz und liefert damit Führungskräften wie Geführten entscheidende Anhaltspunkte, um das Wohlbefinden nachhaltig zu erhöhen.

Quelle- den vollständigen Artikel können Sie weiterlesen unter leadership-insiders.de

21 Juli 2023

Zehn Empfehlungen zur Umsetzung hybrider Arbeitsmodelle

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Hybrid Working

Zehn Empfehlungen zur Umsetzung hybrider Arbeitsmodelle

Hybride Arbeitskonzepte sind für die meisten Arbeitnehmenden nicht mehr wegzudenken. Doch für kleine und mittelständische Unternehmen bringt die langfristige Umstellung auf diese Arbeitsmodelle einige Hürden mit sich. Hier finden Sie 10 Tipps zur Umsetzung hybrider Arbeitsmodelle.

Die Umstellung von Unternehmen auf hybrides Arbeiten bedarf einer ganzheitlichen Transformation in den Dimensionen "Arbeitsmodell", "Arbeitsumgebung" sowie "Digitale Tools und IT-Sicherheit". Die Ausgestaltung des hybriden Arbeitens ist dabei individuell unterschiedlich; eine Musterlösung gibt es nicht. Doch es zeigen sich zehn Handlungsfelder, die zur erfolgreichen Umsetzung von hybridem Arbeiten auf jeden Fall zu beachten sind. 

1. Den Arbeitsort gemeinsam festlegen

Die Zahl der Präsenz- und Homeoffice-Tage bestimmen Führungskräfte idealerweise in enger Absprache mit ihren Mitarbeitenden – auch im Hinblick auf die Verteilung innerhalb des Teams. Zu einer optimalen Anzahl gibt es bislang noch keine Studien; die meisten größeren Unternehmen haben mit ihren Mitarbeitenden drei bis vier Präsenztage pro Woche festgelegt.

2. Ein flexibles Arbeitszeitmodell einführen

Um den Mitarbeitenden flexiblere Arbeitszeiten zu ermöglichen, sollten sowohl feste Kernarbeitszeiten festgelegt als auch ausreichend Freiräume gewährt werden. Diese dienen dazu, es den Beschäftigten zu erleichtern, ihre persönlichen Bedürfnisse in den Arbeitsalltag zu integrieren. Dies ist sowohl für die Mitarbeitendenmotivation als auch für die Mitarbeitendengewinnung relevant: 93 Prozent der Befragten, so zeigt eine Studie des Future Forums, wünschen sich, die eigene Arbeitszeit flexibel gestalten zu können. Zugleich sind jedoch feste Kernzeiten essenziell, um synchrone Absprachen zu ermöglichen.

3. Die Zusammenarbeit im Team effektiv gestalten

Damit hybrides Arbeiten langfristig gelingt, gilt es, die Formate der Zusammenarbeit klar zu bestimmen und zu kommunizieren. In einer Conjoint-Analyse gibt fast jeder dritte Befragte die Erreichbarkeit der anderen Teammitglieder im hybriden Modell als problematisch an, und sogar nahezu jeder zweite Befragte sieht die größten Schwierigkeiten bei der Kommunikation und der Teamzusammengehörigkeit. Klare Kommunikation und ein wertschätzendes Miteinander – ortsunabhängig – sind unabdingbar.

4. Hybride Kompetenzen der Mitarbeitenden stärken

KMU sollten jene Fähigkeiten ihrer Mitarbeitenden stärken, die für ein effizientes und effektives hybrides Arbeiten erforderlich sind. Neben reinen technologischen Fähigkeiten betrifft dies auch das Erlernen von Methoden und Tools für die hybride Zusammenarbeit.

5. Mit hybrider Arbeitsstrategie (hybride) Teams erfolgreich führen

Um hybride Teams erfolgreich zu führen, bedarf es einer klaren hybriden Arbeitsstrategie, die auch Elemente von Coaching umfassen sollte. Zudem ist Führungskräften anzuraten, Teamzusammensetzungen zu überdenken und eine neue "Meeting-Kultur" zu etablieren (inklusive Festlegung, welche Themen synchron und welche asynchron zu besprechen sind). Zudem ist es erforderlich, unterschiedliche Kommunikationskanäle wie etwa Video, Chat, Telefon und Meetings gemeinsam in den jeweiligen Teams zu pilotieren und zu evaluieren.

6. Das Wohlbefinden der Mitarbeitenden mit innovativen Ideen fördern

Vor allem für Beschäftigte von Unternehmen in ländlichen Gebieten bieten flexible Arbeitszeiten und eine weitgehend freie Wahl des Arbeitsorts einen großen Vorteil. Führungskräfte sollten daher ermutigt werden, mit den Mitarbeitenden individuelle Arbeitszeitmodelle zu erstellen, die deren Bedürfnissen nach Vereinbarkeit von Arbeit und Privatem innerhalb bestimmter Zeitfenster gerecht werden. Studien zeigen, dass fehlende Autonomie bei der Arbeitszeitgestaltung eine potenzielle Quelle für Stress darstellt, während hybrides Arbeiten die Work-Life-Balance verbessert und das Wohlbefinden der Mitarbeitenden fördert.

7. Die Arbeitsumgebung auf hybrides Arbeiten anpassen

Mittels Umgestaltung der Büroflächen das Miteinander stärken. Da sich mit den neuen Arbeitsmodellen auch die Anforderungen an das Design und die Flächengestaltung im Büro ändern, empfiehlt sich eine modulare Einrichtung, die auf eine variable Auslastung ausgerichtet ist. Die nahtlose Integration von Technologie sollte dabei das hybride Arbeitsmodell unterstützen. Zudem zeigen Studien, dass das Büro vermehrt zu einem Ort innovativer Unternehmenskultur wird, der kollegiales Miteinander und kreativen Austausch fördert.

8. In die Ausstattung des Homeoffice sinnvoll investieren

Auch der Arbeitsplatz zu Hause hat gewisse ergonomische Anforderungen zu erfüllen. Die meisten KMU stellen ihren Mitarbeitenden eine Grundausstattung in Form eines Laptops zur Verfügung. Zudem, das zeigt eine Untersuchung der Hochschule für Wirtschaft und Gesellschaft Ludwigshafen, statten 50 Prozent der Unternehmen ihre Mitarbeitenden mit einem Monitor für das Homeoffice aus, 25 Prozent bieten Schreibtischstühle oder höhenverstellbare Schreibtische an. Aus der Conjoint-Analyse geht außerdem hervor, dass das optimale Kosten-Nutzen-Verhältnis für Investitionen in die Einrichtung eines Homeoffice-Platzes bei 800 Euro liegt und insbesondere einen Monitor sowie einen ergonomischen Schreibtischstuhl umfassen sollte.

9. Mitarbeitenden einen flexiblen, aber gleichzeitig sicheren Zugang zu digitalen Tools gewähren

Für eine erfolgreiche Zusammenarbeit im hybriden Arbeitsmodell bedarf es neben engagierter, effektiver Team- und Mitarbeitendenführung auch geeigneter Tools wie Kollaborationssoftware und hybride Ablagesysteme, die regelmäßig getestet und zügig skaliert werden sollten. Idealerweise können die Mitarbeitenden auch im Homeoffice uneingeschränkt auf alle Anwendungen zugreifen. Zudem werden spezielle Sicherheitsmechanismen wie etwa VPN-Tunnel eingesetzt, um den Zugang zu sensitiven Daten zu sichern.

10. IT-Sicherheit und Datenschutz stets im Blick behalten

Die Mehrheit der Führungskräfte in KMU hält die Einhaltung von IT-Sicherheit und Datenschutz für eine große Herausforderung. Um diese zu meistern, gilt es gerade für KMU, bei der Entscheidung für ein passendes IT-Sicherheitskonzept den daraus resultierenden Aufwand und dessen potenziellen Nutzen gegeneinander abzuwägen. Die KMU-spezifische Richtlinie VdS 10000, die Anforderungen für ein angemessenes Schutzniveau an IT-Sicherheitskonzepten definiert, ist hierfür eine wichtige erste Orientierungshilfe.

Etablierung des hybriden Arbeitsmodells

Hybrides Arbeiten ist aus der Arbeitswelt nicht mehr wegzudenken und bietet enorme Potenziale für Mitarbeitende und Unternehmen. Doch nicht nur das: Gerade für KMU sind Angebote hybrider Arbeitsformen mittlerweile unerlässlich geworden, um trotz vorherrschenden und weiter zunehmenden Fachkräftemangels am hart umkämpften Bewerbermarkt eine Chance zu haben und bestehen zu können. 

Um ein Konzept für ein solches passgenaues Modell zu erarbeiten, empfiehlt es sich, zunächst eine Mitarbeitendenbefragung durchzuführen, um die Präferenzen der Beschäftigten zu ermitteln. Ist auf dieser Basis ein erstes Konzept erstellt worden, sollte anhand der oben vorgestellten zehn Empfehlungen geprüft werden, welche Umsetzungsvoraussetzungen im Unternehmen bereits gegeben und welche noch zu schaffen sind. Die dabei gewonnenen Erkenntnisse bilden dann die Grundlage für die Entwicklung eines optimalen hybriden Arbeitsmodells, das in enger Zusammenarbeit mit den Mitarbeitenden und Interessenvertretungen (zum Beispiel Betriebsrat) pilotiert und anschließend eingeführt wird. Dass dafür ein individuell auf die Organisation ausgerichtetes hybrides Arbeitsmodell erforderlich ist, zeigen unter anderem die Praxisbeispiele im Kasten auf Seite 34 (evtl. auf Beitrag im Digitalmagazin verlinken). 

Der Veränderungsprozess sollte idealerweise kommunikativ eng begleitet werden, denn sowohl bei der Entwicklung des Konzepts als auch bei dessen Pilotierung und Einführung ist die Partizipation der Mitarbeitenden erfolgskritisch.

Dieser Beitrag ist erschienen in Personalmagazin Ausgabe 6/2023. Lesen Sie das gesamte Heft auch in der Personalmagazin-App.

Quelle: haufe.de

07 Juli 2023

New Work: Wie neue Arbeitskonzepte den Weg aus der Krise ebnen

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New Work: Wie neue Arbeitskonzepte den Weg aus der Krise ebnen
Die Wirtschaftslage ist angespannt, Unsicherheit prägt Märkte, Unternehmen und Mitarbeitende. Gerade jetzt zahlen sich Investments in New Work und neue Arbeitskonzepte aus

Auf Krisen reagieren die meisten Unternehmen mit einem drastischen Sparkurs, stellen Projekte zur Verbesserung der Unternehmenskultur ein, vermeiden neue Anschaffungen und entlassen im schlimmsten Fall sogar Mitarbeitende. Das schönt kurzfristig die Bilanzen, wirkt sich langfristig aber negativ aus: Die multiplen Krisen erfordern neue Ideen und Innovationen. Wenn Leute gehen, leidet die Innovationskraft, selbst wenn die High-Performer bleiben.

Weitsichtiger wäre es, wenn die Zusammenarbeit im Unternehmen optimiert würde, sodass mehr Mitarbeitende mehr Zeit haben, an kreativen Lösungen arbeiten zu können. Ja, das erfordert Investments in Beratung und neue Tools, aber gleichzeitig liegt da enormes Einsparpotenzial: Unterbrechungen von Konzentrationsphasen und unnötige Meetings kosten deutschen Unternehmen – in denen mehrheitlich Wissensarbeiter:innen tätig sind – pro Jahr etwa 114 Mrd. Euro, wie eine Studie von Next Work Innovation ergab.

„Krise“ gehört zur DNA von New Work

114 Mrd. Euro. Das zeigt, dass neue Konzepte, die Arbeit effektiver und effizienter machen, mehr sind als ein „Luxus“, den man sich leisten können muss. Im Gegenteil, sie bergen enormes Potenzial. New Work ist kein Sammelbegriff für Probleme, wie vielerorts im Leadership angenommen wird, sondern löst sie. Umdenken ist angesagt.

Zumal die Idee von New Work in Krisenzeiten geboren wurde: Der Philosoph und Tausendsassa Frithjof Bergmann hat in den 1980er-Jahren mit seiner Idee einer Neuen Arbeit drohenden Massenentlassungen in einer US-Automobilfabrik entgegengewirkt und seither Millionen Menschen inspiriert. Krise ist Teil der DNA von New Work! Das haben die Wenigsten auf dem Schirm.

Was auch gern missverstanden wird: New Work ist kein Hexenwerk, keine Raketenwissenschaft. Am Anfang steht die zentrale Erkenntnis, dass Kollaboration vor allem Kommunikation ist. Wenn alle Mitarbeitenden wissen, wer wann wie zu welchem Thema mit wem kommunizieren kann, darf und soll, dann ist das schon ein riesiger Schritt.

Kollaboration ist Kommunikation

In den meisten Unternehmen und Teams fehlt es aber an einem gemeinsamen Verständnis über die ideale Art und Weise der Kommunikation sowie den jeweils idealen Weg. Es gilt: Je emotionaler ein Thema, desto synchroner sollte der Kanal sein. Einfacher Informationsaustausch kann asynchron über Mails, Messenger oder Memo-Boards passieren. Sobald aber Emotionen dazukommen – etwa weil in Sachen Krisenbewältigung der Korpsgeist oder für eine neue Strategie die gemeinsame Sache in besonderem Maße beschworen werden soll –, sind synchrone Meetings der bessere Weg.

Apropos Meetings. Im Laufe der Pandemiejahre hat die meisten Menschen eine wahre Meetingflut ereilt. Weil sich aber kaum jemand darum kümmert, sie vernünftig vorzubereiten, durchzuführen und nachzubereiten, sind sie eher Performance-Blocker als -Booster. Daher der Tipp: Bevor ein Meeting in den Kalender kommt, müssen Agenda und gewünschtes Ziel bekannt sein. Dazu gehört auch die gewissenhafte, asynchrone Vorbereitung. Wenn erst im Meeting selbst grundlegende Informationen geteilt werden, fehlt Zeit für echte Diskussion und/oder Entscheidungen. Effektivität und Effizienz leiden, kostbare Ressourcen werden sinnlos aufgebraucht. Die oben genannten 114 Mrd. Euro sprechen als Sinnbild für sich. Und dafür, endlich etwas zu tun.

Es lohnt sich also durchaus, antizyklisch in Initiativen zu investieren, die die Grundlage für die Zusammenarbeit legen. Letztlich kann allein ein geregeltes Miteinander zu höherer Arbeitszufriedenheit und Produktivität sowie zu einem insgesamt positiveren Arbeitsumfeld führen – was auch Vorteile im Kampf um Fachkräfte einbringt.

Ein Investment, das sich auszahlt

New Work ist ein hervorragendes Konzept zur Bewältigung moderner Krisen, weil es Innovation und Kreativität fördert. In Krisenzeiten neigen die Menschen dazu, risikoscheu zu werden und am Status quo festzuhalten. New Work hingegen ermutigt schon durch offene, geregelte Kommunikation, Risiken einzugehen, zu experimentieren und neue Lösungen zu schaffen. Dergestalt, dass sie Menschen die Freiheit und die Mittel gibt, ihre Leidenschaften und Interessen zu erforschen, kann New Work im nächsten Schritt außerdem zu Durchbrüchen in Hinsicht auf technologische, ökonomische und soziale Innovation führen. Und so können nicht nur Unternehmen, sondern die gesamte Gesellschaft Zeiten von Unsicherheit und Wandel positiv „nach vorn“ gestalten.

Vor allem Widerstandsfähigkeit und Resilienz sind Schlagworte, die in Krisenzeiten beschwört werden. Als Individuum in diesem Sinne mit Unwägbarkeiten und Herausforderungen umzugehen, ist Teil von New Work. Dazu müssen echte Zusammenarbeit und gegenseitige Unterstützung gefördert werden. Wer heute in New Work investiert, gewinnt morgen.

Über den Autor

Christoph Magnussen ist Gründer und CEO der New-Work-Beratung Blackboat, die Unternehmen holistisch bei der Einführung von technologischen, kulturellen und räumlichen Lösungen berät, um die Zusammenarbeit in Unternehmen nachhaltig zu stärken. Magnussen ist darüber hinaus Co-Host des Podcasts „On The Way To New Work“ sowie Co-Autor des gleichnamigen Buchs.

Quelle: capital.de

02 Juni 2023

1000 bis 1500 Euro reichen absolut, um gut leben zu können – was digitale Nomaden wissen müssen, wenn sie die Heimat verlassen

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1000 bis 1500 Euro reichen absolut, um gut leben zu können – was digitale Nomaden wissen müssen, wenn sie die Heimat verlassen

Ortsunabhängiges Arbeiten über Landesgrenzen hinweg etabliert sich als Lebensstil und neue Arbeitsform. Das hat auch seine Tücken.

In Südspanien scheint nicht immer die Sonne. Doch auch wenn es bewölkt ist, sind dort 26 Grad. In der Schweiz herrscht in diesem April noch der Winter. Bastian hält sich gerade in Granada auf, in Andalusien. Als digitaler Nomade will er nicht bezeichnet werden. Für ihn ist der Begriff zu szenig und mittlerweile auch etwas abgenutzt. Überhaupt sei er jetzt ferienhalber unterwegs und nicht am Arbeiten. Der Web-Entwickler erzählt von den letzten vier Jahren, die er auf den griechischen Inseln Kreta und Korfu verbracht hat – keine typischen Nomaden-Destinationen, sagt er.

Er nahm Aufträge aus der Schweiz an und unternahm von Griechenland aus weitere Reisen. Er war Anfang 30 und arbeitete etwa in Thailand oder in der Transsibirischen Eisenbahn auf dem Weg von Moskau nach Peking. Unter dem Strich erreichte Bastian ein Arbeitspensum von rund 40 Prozent. «1000 bis 1500 Euro reichen absolut, um gut leben zu können», sagt er. Mietwohnung und Auswärtsessen inklusive. Griechenland sei günstig, und als IT-Spezialist habe er gute Stundensätze verlangen können. Manchmal habe er das Monatseinkommen an einem Arbeitstag verdient, sagt er etwas verlegen.

Schnell wird klar: Mobiles Arbeiten, digitales Nomadentum ist nicht bloss ein Job, es ist ein Lebensstil. Nach der Pandemie spüren auch viele Angestellte, dass jetzt mehr drinliegt als nur Home-Office. Darauf richten sich auch die Unternehmen aus, sie entwickeln vermehrt Workation-Angebote, also Möglichkeiten, Arbeit (Work) mit Ferien (Vacation) an einer Feriendestination zu verbinden. Das digitale Nomadentum wird damit erwachsen und etabliert sich als alternative Arbeitsform. Diese neue Arbeitswelt ist aber noch jung, wichtige Fragen bleiben offen.

Wer sind diese Nomaden? Für wen passt die Arbeitsform?

Eine offizielle Definition gibt es nicht, die Vorstellung schon: jung, gut ausgebildet, digitalaffin. Das deckt sich mit dem Eigenverständnis der Nomaden-Community NomadX. An einem Workshop werden ihre Mitglieder als «Remote Workers», also ortsunabhängige Arbeitende, die zwischen Gemeinschaften (Communities) reisen, bezeichnet. Die Nomaden zeichnen sich durch eine «Digital first»-Mentalität sowie Interesse an Nachhaltigkeit und einer guten Work-Life-Balance aus. Zudem ernähren sich gemäss NomadX rund 30 Prozent vegetarisch oder vegan.

Das Nomaden-Profil ist eng gefasst, das Klischee bedient. Zwar sind auch Nomaden-Paare unterwegs, Familien oder Menschen über Mitte 30 bleiben aber die Ausnahme. «Es geht um Reiselust, aber auch Minimalismus. Es ist nur die Spitze des Eisbergs, was mit ortsunabhängiger Arbeit gemacht werden kann», sagt Lorenz Ramseyer, Präsident des Vereins digitale Nomaden Schweiz. Er hält sich nahe Narbonne am französischen Mittelmeer auf. Ramseyer ist in der Schweiz das Gesicht der Szene und seit mehr als 15 Jahren nomadisch unterwegs.

Hierzulande ist die Szene überschaubar, sein Verein zählt nur rund 200 Mitglieder. In den USA sollen sich gemäss einer Studie des Personaldienstleisters MBO Partners aber mehr als 15 Millionen Menschen als digitale Nomaden bezeichnen. Ramseyer glaubt, der Trend stehe erst am Anfang: «Nach der Pandemie wissen wir: 2,5 Millionen Jobprofile in der Schweiz könnten remote ausgeübt werden.» Spielte früher «Geo-Arbitrage», also günstiges Leben im Ausland, eine wichtige Rolle, sei das heute weniger entscheidend.

Auf spezialisierten Job-Plattformen wie Remoteworkjobs.ch sind viele Aufträge im Bereich des Internet-Monitorings oder der Bewertung von KI-Ergebnissen ausgeschrieben. Doch gemäss Ramseyer geht das Spektrum unterdessen über typische IT- oder Übersetzungsarbeiten hinaus. Heute würden immer mehr auch sozial ausgerichtete Aufgaben wie medizinische oder psychologische Beratung als Remote Jobs angeboten.

Welche Destinationen sind beliebt?

Derzeit steht gemäss Ramseyer Portugal, vor allem Lissabon und Madeira, hoch in der Gunst. Portugal versucht gezielt, diese Klientel anzuziehen, und bietet ein entsprechendes Nomaden-Visum an. Auch eine starke lokale Startup-Szene und ein entsprechendes Hotellerie-Angebot sind Standortvorteile. In Europa buhlen auch Estland, Italien, Kroatien oder Rumänien derzeit um die Kundschaft. Die Nomaden zahlen zwar selten Steuern, bleiben im Schnitt aber mindestens zwei Monate und damit länger als normale Touristen. Mit ihrem Konsum unterstützen sie die lokale Wirtschaft.

Digitale Nomaden, die oft allein unterwegs sind, suchen die Gemeinschaft Gleichgesinnter und tiefe Lebenshaltungskosten. So gehören Bali oder Bangkok seit Jahren zu den populärsten Destinationen. Gemäss dem Szeneportal «Nomad List» sind auch Buenos Aires, Mexiko-Stadt und Medellín in Kolumbien ganz vorne dabei. Mit der zunehmenden Popularität findet aber auch eine Art nomadische Gentrifizierung dieser Orte statt, das Preisniveau steigt.

Worauf ist zu achten, wenn man loszieht?

Gemäss Ramseyer waren Steuern und Versicherungen lange kein Thema unter den Nomaden, vieles sei im Graubereich abgelaufen. Das sei heute anders. Auch Bastian, der die meiste Zeit seines Nomadendaseins ausserhalb der Schweiz verbrachte, hatte sich nicht abgemeldet, hat hier weiterhin Steuern und AHV gezahlt und die Krankenkasse weiterlaufen lassen. Das sei günstiger gekommen, als eine internationale Krankenversicherung abzuschliessen oder in Griechenland Steuern zu entrichten. «Ich würde es gleich machen, obwohl es ethisch nicht ganz okay ist», sagt Bastian. Es sei zwar korrekter, dort auch Steuern zu zahlen, aber praktischer, im Grauzonenbereich zu bleiben.

Sich administrativ sauber aufzustellen, ist anspruchsvoll. «Selbständige oder Freelancer sind persönlich verantwortlich, Steuer- und Versicherungsfragen zu regeln», sagt Pascal Domenig, Rechtsanwalt und Arbeitsrechtsexperte. Diese Fragen würden ungleich komplexer, sobald man zwischen verschiedenen Ländern herumreise. «Die Idealvorstellung: Ich arbeite, wann und wo ich will, lässt sich über längere Zeit nur schwer realisieren», sagt Domenig. Er empfiehlt deshalb, Drittstaaten ausserhalb der EU zu vermeiden. Zudem gilt es folgende Aspekte zu beachten.

Aufenthaltsstatus

Um offizielle Vorgaben zu erfüllen, muss man sich nach einer Abwesenheit von mehr als sechs Monaten ausserhalb der Schweiz abmelden. Die meisten Nomaden behalten eine Adresse in der Schweiz, damit sie weiterhin hier in die Krankenkasse und in die Sozialversicherungen einzahlen können. Meist entscheiden sie sich für ein Touristenvisum, was arbeits- und steuerrechtlich fragwürdig ist, denn sie üben im Gastland eine Erwerbstätigkeit aus: Eine Aufenthaltsgenehmigung als Touristin ist keine Arbeitserlaubnis. Um das Problem zu entschärfen, bieten mittlerweile 42 Länder Digital-Nomad-Visa an. Diese sind je nach Land unterschiedlich ausgestaltet.

Krankenversicherung

Ist der Wohnsitz in der Schweiz, bleibt die Krankenversicherungspflicht bestehen. Wird der Wohnsitz ins Ausland verlegt, geht diese Deckung verloren. Selbständige müssen darauf achten, die Unfallversicherung im Rahmen der Krankenversicherung abzuschliessen. Alternativ kann es sinnvoll sein, eine Krankenkasse mit einem internationalen Angebot wie ASN, GlobalHealth, KPT, Sanitas, Swica oder Visana zu wählen. Diese Angebote bieten eine gewisse Flexibilität, sind tendenziell aber teuer.

Sozialversicherungen

Arbeitnehmende sind dort beitragspflichtig, wo sie physisch arbeiten, und nicht dort, wo sie angestellt sind. Um während des temporären Auslandsaufenthalts weiterhin im Schweizer Sozialversicherungssystem zu bleiben, muss beim Bundesamt für Sozialversicherungen ein Antrag gestellt werden. Verbringt man mehr als 25 Prozent der Zeit im EU-Raum, geht die Deckung in der Schweiz verloren, ausser man ist selbständig. Bei Sozialversicherungen wie der AHV, der IV oder der beruflichen Vorsorge gilt die Sozialversicherung in dem Land, in welchem gearbeitet wird. Eine ähnliche Deckung ausserhalb der EU zu finden, ist schwierig.

Steuern

Die steuerliche Situation unterscheidet sich von Land zu Land. Ist man ständig unterwegs, ohne neuen Wohnsitz, bleibt man grundsätzlich in der Schweiz steuerpflichtig. Arbeitet man aber mehrere Monate im Ausland für einen lokalen Arbeitgeber, kann es sein, dass man dort einen Wohnsitz und ein Steuerdomizil begründet. In dem Fall kann man im entsprechenden Land steuerpflichtig werden. Lebt man abwechselnd an verschiedenen Orten, entscheidet der Lebensmittelpunkt über den steuerrechtlichen Wohnsitz. Die Nomaden-Visa enthalten teilweise steuerrechtliche Bestimmungen, die Bedingungen müssen aber länderspezifisch geprüft werden.

Reiseversicherung

Empfehlenswert ist zudem eine klassische Reiseversicherung. Diese deckt Annullierungskosten ab, Diebstahl von Gepäck und teilweise auch Rettungs- und Rückführungskosten in die Schweiz im Falle einer schweren Krankheit oder eines Unfalls.

Nomadismus light: Workations

Sich als digitale Nomadin versicherungs- und steuertechnisch korrekt aufzustellen, ist nicht einfach. Wem das zu aufwendig ist, kann den Lebensstil auch als Angestellter im Rahmen eines herkömmlichen Jobs testen. Mitarbeitende haben das Bedürfnis, auch ausserhalb des gewohnten Umfelds zu arbeiten. Unternehmen sind immer öfter bereit, auf dieses einzugehen. Im Rahmen von Workations können Mitarbeitende an einen schönen Ort reisen und dort Arbeit mit Ferien kombinieren. Im Ausland ist das Konzept bereits verbreitet. Tech-Konzerne wie Alphabet, Airbnb oder Linkedin bieten grosszügige Workation-Regelungen.

Aber auch traditionellere Grossunternehmen wie Allianz, Bosch oder Merck machen ihren Mitarbeitenden ähnliche Angebote. In der Schweiz haben unter anderem Hotelplan und Meier Tobler solche Konzepte umgesetzt. Immer mehr Personalabteilungen informieren sich, man spürt eine deutliche Professionalisierung, wie Lorenz Ramseyer sagt. Diese neuen Arbeitsformen haben viel Potenzial, auch die Schweiz als Destination für solche Aufenthalte.

«Bisher wurde viel zu stark auf dem Präsentismus abgestellt», sagt er. Doch eine breite Adoption von Workation-Programmen ist noch nicht festzustellen, auch wenn die Pandemie Schub in das Thema gebracht hat. Widerstand komme von Arbeitgeberseite, besonders aus dem mittleren Management, sagt Ramseyer. Dort herrschten noch tief verankerte Vorstellungen, wie Zusammenarbeit zu funktionieren habe.

Quelle: NZZ - Neue Zürcher Zeitung

12 Mai 2023

Flexibilität braucht Regeln

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Remote Leadership

Flexibilität braucht Regeln

Der Firmensitz ist in Hamburg, der Chef arbeitet von Mailand aus: Tobias Hagenau führt awork, einen Anbieter von Workmanagement-Tools, die meiste Zeit remote. Doch was heißt das in der Praxis, wenn der Chef nicht dauerhaft persönlich präsent, sondern nur virtuell erreichbar ist? Wie muss sich beispielsweise der Führungsstil ändern, um den Kontakt zum Team nicht zu verlieren?

Bei awork wird hybrid gearbeitet. War das von Anfang an so geplant oder hat sich das in der Coronapandemie so ergeben?

Tobias Hagenau: Das war von vornherein so geplant. Von unseren gut 30 Angestellten sind knapp zwei Drittel in Hamburg, der Rest ist weltweit verteilt – etwa in Brasilien oder Italien. Zum einen gibt es einfach wunderbare Teammitglieder, die nun einmal nicht in Hamburg leben. Und da wäre es schade, diese Personen nicht beschäftigen zu können. Zum anderen glauben wir fest daran, dass Wissensarbeit in Zukunft auf jeden Fall hybrid stattfinden wird. Natürlich hat es Vorteile, einen Ort zu haben, an dem ein Team quasi „nach Hause“ kommen kann. Aber trotzdem möchte ich die Flexibilität und all die anderen positiven Seiten von Remote Work nicht missen.

Treffen sich dennoch regelmäßig alle Angestellten face to face?

Hagenau: Wir haben zwei Regeln. Für diejenigen, die in Hamburg sind, gilt: Sie sind zwei Tage pro Woche im Office; an einem Tag kommen alle zusammen, einen Tag kann jeder selbst wählen. Und diejenigen, die konstant remote arbeiten, kommen vier Mal pro Jahr für eine Woche nach Hamburg. Die Kosten dafür übernehmen wir. Aber so sind einmal pro Quartal alle Angestellten zusammen.

Wie passen denn Flexibilität und Regeln zusammen?

Hagenau: Hybrides, remotes Arbeiten ist nichts anderes als ein Managementwerkzeug. Und wie bei jedem anderen Managementwerkzeug gibt es eben bestimmte Regeln, damit die Umsetzung in der Praxis funktioniert. Und damit in einem Unternehmen auch eine gemeinsame Teamkultur entstehen kann, braucht es eben gemeinsameAnwesenheitszeiten. Ich bin mindestens eine Woche pro Monat in Hamburg. Insgesamt achte ich darauf, dass ich über das Jahr verteilt gerade so mehr in Deutschland als im Ausland bin. Das hat vor allem auch steuerrechtliche Gründe.

Wie unterscheidet sich Remote Leadership von „normalem“ Leadership? Welche – vielleicht auch neuen – Fähigkeiten müssen sich Führungskräfte aneignen, wenn sie nicht immer mit ihren Mitarbeitenden an einem Ort sind?

Hagenau: Es ist natürlich viel schwieriger, am Puls des Geschehens zu bleiben – insbesondere wenn man mit einem hybriden Team arbeitet. Schlussendlich gibt es immer drei Möglichkeiten: alle Mitarbeitenden befinden sich an einem Ort, alle sind verteilt oder ein wesentlicher Teil der Angestellten ist an einem Ort und die anderen sind verteilt. Ich glaube, die letzte Option ist für Führungskräfte die herausforderndste, aber auch die erfolgreichste – wenn man es hinbekommt.

Wie gelingt es, trotz räumlicher Distanz eine Beziehung zu Mitarbeitenden aufzubauen und zu pflegen?

Hagenau: Ich musste Wege finden, um das, was sonst im Büro automatisch passiert, zu formalisieren. Es klingt jetzt irgendwie spröde, aber wir nehmen uns bewusst Zeit, um digital Zeit miteinander zu verbringen, in der es nicht um Fachliches geht. Klar, das ist aufwendig. Und es fühlt sich erst einmal so an, als würde man plötzlich hohe Overhead-Kosten aufbauen. Aber ehrlich gesagt, ersetzt diese strukturierte Kommunikation nur das, was sonst beiläufig zwischendurch im Büro stattfand.

Ist es eigentlich leichter remote zu führen wenn man eine bestehende Beziehung zu den Mitarbeitenden hat? Muss man also schon vorher zusammengearbeitet haben?

Hagenau: Wir haben – etwa mit den Kollegen in Brasilien – andere Erfahrungen gemacht. Remote Leadership kann auch bei Mitarbeitenden, die man nie oder nur selten sieht, sehr gut funktionieren – wenn man es schafft, trotz Distanz gewisse unternehmenskulturelle Grundsätze einzuhalten. Zu unserer Kultur gehört zum Beispiel viel Feedback. Und wenn man sich den ganzen Tag gegenübersitzt, ist eine kurze Feedbackrunde schnell spontan gemacht. Remote dagegen erfordert das wieder eine Formalisierung.


Womit wir wieder bei den Regeln wären…

Hagenau: Remote zu arbeiten – das klingt immer nach sehr viel Freiheit. Und die hat man ja auch. Aber bei der täglichen Arbeit erfordert es eigentlich mehr Struktur und ein nachdrückliches Durchsetzen von Routinen. Ich glaube, dass ist ein Fehler, den viele machen, wenn sie in einen Remote-Modus wechseln. Sie denken, alles ist jetzt total flexibel. Aber dem ist gar nicht so. Es gibt bestimmte Dinge, die flexibler werden; andere hingegen müssen strikter werden, damit Remote Work in der Praxis funktioniert. In vielen Firmen hatte man beispielsweise während der Pandemie das Gefühl, dass die Unternehmenskultur auseinanderbricht. Die Schuld daran wurde oftmals dem Remote Work gegeben. Dabei waren daran in erster Linie die fehlenden Prozesse Schuld, um remote sinnvoll arbeiten zu können.

Der Führungsstil ist das eine, Technik das andere beim Remote Leadership. Welche infrastrukturellen Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit verteilte Teams vernünftig zusammenarbeiten können?

Hagenau: Man braucht drei Dinge. Erstens: ein Kommunikationswerkzeug, über das man sich zeitunabhängig, also asynchron, austauschen kann – etwa Slack oder Teams. Zum Beispiel mit Blick auf unsere brasilianischen Kollegen hilft ein Videokonferenztool wenig. Wir brauchen eine Möglichkeit zu asynchroner Kommunikation, da wir aufgrund der Zeitverschiebung selten gleichzeitig arbeiten.

Zweitens: ein Organisationswerkzeug wie etwa awork, in dem der Status von Projekten up to date gehalten werden kann. Denn der Fortschritt von Arbeit ist remote viel schwieriger sichtbar zu machen und nachzuverfolgen als in regelmäßigen gemeinsamen Meetings vor Ort.

Und drittens: Man braucht ein Dokumentationswerkzeug. Remote kann man sich Informationen nicht mal eben schnell zurufen. Wissen muss dokumentiert und zugänglich gemacht werden.

Was ist bei der Einführung von neuen Tools zu beachten? Welche Fehler gilt es zu vermeiden?

Hagenau: Der Fehler, den wir oft sehen, ist das Overengineering der Lösungen. Man geht doch oft sehr akademisch an ein Problem heran. Es wird versucht, jeden möglichen Fall von vornherein zu durchdenken und Strukturen einzuführen, die jedes potenzielle Problem von vornherein lösen. Ich plädiere klar für Einfachheit. Es müssen simple Tools eingeführt werden, die für jeden im Team verständlich sind. Das Schlimmste wäre, dass plötzlich alles mit Tools abgedeckt ist und die einzelnen Mitarbeitenden davor sitzen – egal wie digitalaffin sie sind – und nicht wissen, welches Programm nun wofür genutzt werden soll. Weniger ist erst einmal mehr. Schrittweise mehr Tools zum Einsatz bringen funktioniert besser als mit zu vielen zu starten.

Und wie verhindert man, dass ein Tool-Stack am Ende ausartet?

Hagenau: Aussieben. Wir checken regelmäßig, ob wir ein Tool noch brauchen, ob es noch aktiv genutzt wird. Und wir wechseln auch regelmäßig. Denn man darf nicht vergessen: Die Szene der digitalen Kollaborationstools ist noch jung und entwickelt sich schnell weiter – genauso wie sich die Teams in Unternehmen weiterentwickeln. Man sollte also nicht zu versteift auf eine Plattform sein und dieser dauerhaft treu bleiben wollen.

Über Tobias Hagenau

Er ist Gründer und Geschäftsführer von awork, Anbieter eines Workmanagement-Tools. Bereits 2012 gründete er mit zwei Freunden HQLabs. Das Unternehmen ist auf Agentursoftware spezialisiert

Quelle: DUP Unternehmer-Magazin

05 Mai 2023

Arbeit, Gesundheit und Wohlbefinden – Führungsrelevante Zusammenhänge

Posted in Führung, Leadership, Mind

Arbeit, Gesundheit und Wohlbefinden – Führungsrelevante Zusammenhänge

Die Arbeit ist ein Ort, der über die eigene Gesundheit und das persönliche Wohlbefinden mitentscheidet. Nachfolgend werden wesentliche Einflussfaktoren hierauf geschildert. Es zeigt sich unter anderem, dass dem Verhindern von der die Arbeit beeinträchtigenden Faktoren eine besondere Rolle zukommt.

Vor einiger Zeit haben wir bei der Erläuterung des Ansatzes der salutogenetischen Führung festgestellt, dass die Arbeit ein zentraler Faktor unseres Lebens ist und es offensichtlich ist, dass die tagtäglichen Arbeitsbedingungen einen Einfluss auf die Gesundheit und das Wohlbefinden haben. Ebenso, dass die Führungskraft in diesem komplexen Geflecht gefordert ist. Leadership Insiders stellt heute neueste konsolidierte Forschungsergebnisse zu diesem Zusammenhang kommentierend vor.

Gesundheit

Gesundheit kann unterschiedlich definiert werden. Nach der gängigen Definition der WHO (1946, S. 1) ist Gesundheit „ein Zustand des vollständigen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlergehens und nicht nur das Fehlen von Krankheit oder Gebrechen“. Sicherlich in dieser Reinheit des Zustandes ein Ideal, dem begründet eine Alternative entgegengesetzt werden kann, wie es Aaron Antonovsky im Rahmen seines Ansatzes der Salutogenese und dessen Credo, dass niemand sicher an einem Ufer entlang gehen kann (1997, S. 92), auch gemacht hat. Für heute reicht es allerdings, die Definition der Weltgesundheitsorganisation vor Augen zu haben.

Quelle- den vollständigen Artikel können Sie weiterlesen unter leadership-insiders.de

10 März 2023

PinFlex: Flexibel arbeiten, Teamspirit fördern bei Pinterest

Posted in Führung, Leadership

PinFlex: Flexibel arbeiten, Teamspirit fördern bei Pinterest

Wie flexible Arbeit für Führungskräfte und Teams gelingen kann, schildert Martin Bardeleben, Country Manager DACH bei Pinterest, am Beispiel des Arbeitsmodells PinFlex. Hier kommen seine Empfehlungen.

Homeoffice und flexibles Arbeiten sind mittlerweile zum Standard avanciert und werden vielerorts auch nach der Wiedereröffnung der Büros von Unternehmen weiterhin beibehalten. Führungskräfte sehen sich dabei neuen Herausforderungen und Fragen gegenübergestellt, zum Beispiel, wie sie diese neue Flexibilität beibehalten können und dabei weiterhin Teamspirit und eine effektive Zusammenarbeit fördern. Bei Pinterest hat man auf die neuen Bedingungen mit der Einführung des neuen Arbeitsmodells PinFlex reagiert.

Unterschiedliche Erwartungshaltungen erkennen

Synchron-hybrid, Statisch-hybrid, voll flexibel bis Homeoffice first – von dem einstigen Office-First-Ansatz und dem klassischen “9 to 5” ist knapp drei Jahre nach Ausbruch der Pandemie nicht mehr viel übrig. Unternehmen mussten sich in kurzer Zeit an neue, virtuelle Formen der Zusammenarbeit anpassen und haben mittlerweile die Vorteile von flexiblem Arbeiten zu schätzen gelernt. Das zeigen aktuelle Studien: 65 Prozent der Arbeitnehmerinnen / Arbeitnehmer in Deutschland honorieren die Flexibilität bei der Arbeitseinteilung und 78 Prozent wünschen sich, langfristig mehr aus dem Homeoffice zu arbeiten (PWC, 2021).

Diesen Erwartungshaltungen der Mitarbeiterinnen / Mitarbeiter gegenüber steht in vielen Fällen die Sicht einer Führungskraft, die für Stabilität, Kontinuität und Produktivität in den Teams verantwortlich ist. 66 Prozent empfinden, dass die Führung ihrer Mitarbeiterinnen / Mitarbeiter durch Remote-Arbeit und Homeoffice deutlich schwerer geworden ist (Hays, 2021). Dazu zählen die Sorge vor Missverständnissen (zum Beispiel in Chats), unbemerkt aufkommende Konflikte und Spannungen im Team, negative Stimmung und nachlassender Teamgeist.

Wie flexible Arbeit gelingen kann

Ein Lösungsansatz, den wir bei Pinterest mit unserem Arbeitsmodell PinFlex verfolgen, ist es, dass unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter noch flexibler ihre Arbeitsstrukturen selbst gestalten können, beispielsweise durch die Wahl des Arbeitsortes und die Einteilung ihrer Arbeitszeiten. Hier geht es im Kern darum, die Teams durch Flexibilität zu mehr Eigenverantwortung und ergebnisorientiertem Arbeiten zu befähigen.

Wir sind der Überzeugung, dass die Arbeit dabei die Art der Zusammenarbeit bestimmen sollte, anstatt Mitarbeiterinnen / Mitarbeitern eine bestimmte Anzahl an Tagen zuzuweisen, die sie ins Büro kommen müssen. Bei Tätigkeiten, die von einem beliebigen Ort aus ausgeführt werden können, haben Pinterest-Mitarbeiterinnen / -Mitarbeiter die Möglichkeit, zu entscheiden, ob sie in einem Pinterest-Büro, bei sich zu Hause oder an einem anderen Standort arbeiten möchten.

Ein solcher Ansatz erfordert ein neues Mindset, konkrete Richtlinien zur Kommunikation und ein Angebot von Methoden zur Bearbeitung unterschiedlicher Aufgaben.

1. Von der Aktivitätsorientierung zur Ergebnisorientierung

Für viele Führungskräfte war die physische Anwesenheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vor Ort lange Zeit ein zentrales Kriterium für die Zusammenarbeit. Führungskräfte konnten jederzeit mit ihren Mitarbeiterinnen / Mitarbeitern in direkten Austausch gehen. Bei flexiblen Arbeitsmodellen müssen Vorgesetzte lernen, ihren Führungsstil stärker an Ergebnissen auszurichten und weniger auf die Aktivitäten ihrer Kolleginnen und Kollegen: Indem Sie mit Mitarbeiterinnen / Mitarbeitern gemeinsam klare Ziele und realistische Fristen festlegen, stellen Sie nicht nur das Engagement der Mitarbeiterinnen / Mitarbeiter sicher, sondern vor allem die erwünschte Leistung.

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter fühlen sich motivierter, definierte Meilensteine zu erreichen – nicht nur aus einer beruflichen, sondern auch aus einer emotionalen Motivation heraus. Sie identifizieren sich stärker mit dem Projekt und versuchen, ihr Bestes zu geben.

2. Anforderungen von Projekten immer wieder neu definieren

Nicht alle Aufgaben eignen sich für alle Arten von Flexibilität, und das kann ein Teil des Dialogs mit den Mitarbeiterinnen / Mitarbeitern sein. Gemeinsam können im Team Projekte und Aufgaben besprochen und überlegt werden, welche davon sich für Einzelarbeit eignen und welche von der Anwesenheit vor Ort profitieren. Indem sie dies selbst diskutieren und erarbeiten, können Mitarbeiterinnen / Mitarbeiter dafür sensibilisiert werden, dass es auch in einem Fully-Remote System wichtig ist, zu bestimmten Zeitpunkten persönlich zusammenzukommen.

Das Ergebnis können beispielsweise festgelegte Anwesenheitstage bei Planungs-Meetings sein, kollaboratives Arbeiten an abteilungsübergreifenden Projekten oder auch kulturfördernde Events. Bei Pinterest gibt es bereits seit acht Jahren die interne und branchenweit einzigartige Mitarbeiter /-innenveranstaltung Knit Con.

An zwei Tagen im Jahr kommen unsere Mitarbeiterinnen / Mitarbeiter weltweit an verschiedenen Standorten zusammen, um sich inspirieren zu lassen, voneinander zu lernen und gemeinsam kreativ zu werden und so das Gemeinschaftsgefühl untereinander zu stärken.

3. Mit Kolleginnen / Kollegen über flexible Arbeit sprechen

Für Führungskräfte gilt es, zuzuhören und Feedback kontinuierlich aufzunehmen, aber auch Erwartungen zu managen und klar zu kommunizieren, was möglich ist und was nicht. Vielen Führungskräften ist es unangenehm, das Thema Flexibilität offen mit ihren Mitarbeiterinnen / Mitarbeitern anzusprechen. Sie befürchten, dass sie Erwartungen wecken, die sie nicht erfüllen können, Konflikte zwischen den Mitarbeiterinnen / Mitarbeitern verursachen oder dass die Produktivität ihres Teams beeinträchtigt wird.

Managerinnen / Manager, die sich auf nicht-traditionelle Arbeitsregelungen einlassen, bestätigen jedoch immer wieder, dass mehr Flexibilität zu mehr Kreativität, Produktivität und Loyalität führt. Dabei ist eine ehrliche und transparente Kommunikation die Voraussetzung. Die neuen Arbeitsstrukturen müssen sich in jedem Unternehmen neu ordnen und sehen überall etwas anders aus.

Zusammenfassend kann man sagen, dass moderne Arbeitsmodelle, wie wir sie durch die Pandemie kennengelernt haben, für alle Beteiligten zunächst Herausforderungen, aber vor allem viele Chancen und Potenziale mit sich bringen. Unternehmen, die einen passenden Rahmen vorgeben und ihre Führungskräfte dazu befähigen, neue Modelle anzunehmen, zu fördern und ihnen die Vorteile darlegen, können sich langfristig über mehr Eigenverantwortung und Motivation im Team freuen und profitieren langfristig von der Zufriedenheit ihrer Mitarbeiterinnen / Mitarbeiter. Sie werden damit außerdem attraktiver für einen noch größeren, globalen Talentpool und werden im Wettbewerb um die besten Köpfe im Vorteil sein.

Über den Autor

Martin Bardeleben ist Country Manager DACH bei Pinterest. In dieser Funktion ist er unter anderem für die Leitung des Sales Teams und die enge Zusammenarbeit mit Werbetreibenden und Agenturen verantwortlich, um das Anzeigengeschäft von Pinterest in Deutschland weiter auszubauen. Vor seiner Tätigkeit bei Pinterest leitete er Googles Consumer Marketing für Devices & Services in DACH, mit Sitz in Hamburg. Davor war Bardeleben bei Philips Consumer Lifestyle als Country Director Austria tätig.

Quelle: hrjournal.de

 

03 März 2023

Quiet Quitting – Theoretische Tiefe, praktische Auswirkung

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Quiet Quitting – Theoretische Tiefe, praktische Auswirkung

Auf TikTok hat sich ein junger Mann, ein Ingenieur, der sich Zaid Khan nennt, 17 Sekunden lang Gedanken zur Arbeit an sich gemacht. Eigentlich kein Grund, darüber weiter nachzudenken, wäre hier nicht eine Bewegung popularisiert worden, die aus einer bekannten Erzählung aus dem Managementvokabular zur Arbeit ausbricht, mit Quiet Quitting einen eingängigen Begriff besitzt und ein anderes Narrativ bevorzugt:

You’re still performing your duties, but you’re no longer subscribing to the hustle-culture mentality that work has to be your life. The reality is it’s not. And your worth as a person is not defined by your labor.

Sein Video ging viral und befeuert eine Diskussion, die vor allem im Management beschäftigte Arbeitnehmende umtreibt und geeignet ist, Arbeitgeber nervöser auf die Arbeitskraft schauen zu lassen. Eine kürzlich durchgeführte Gallup-Umfrage ergab, dass die stillen Kündiger im zweiten Quartal 2022 mehr als die Hälfte der amerikanischen Arbeitnehmer ausmachten (Harter 2022). Im gleichen Atemzug wird von der „Great Resignation“ gesprochen, was allerdings einen anderen Zungenschlag, wie wir noch sehen, besitzt. Die „stille Kündigung“, das ist hervorzuheben, lässt die betreffende Person zwar auf ihrem Job selbstgewählt verweilen, doch markiert der Arbeitsvertrag die Grenze des Engagements. Diese Arbeit soll weiterhin ordentlich ausgefüllt werden und es spricht auch nichts dagegen, diese in dieser Zeit so zu verrichten wie zuvor.

 

Quelle - den vollständigen Artikel können Sie weiterlesen unter leadership-insiders.de

24 Februar 2023

New Work braucht New Pay

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New Work braucht New Pay

Unternehmen sollten Vergütungsstrukturen erwägen, die zu den flexiblen Arbeitsmethoden der Gegenwart passen. Wie können New-Pay-Ansätze arbeitsrechtlich umgesetzt werden?

New Work braucht New Pay: Denn neue Arbeitsmethoden und -prozesse passen nicht zu einer Vergütungsstruktur, die gerade von jungen Arbeitnehmern häufig als starr, intransparent und ungleich empfunden wird. Für die Bezahlung ist oftmals ausschlaggebend, wer zum Firmeneintritt besonders gut verhandelt hat oder lange im Unternehmen geblieben ist und so automatisch in der Gehaltsstufe nach oben rückt.Selbst wenn er oder sie sich nicht fortgebildet und weiterentwickelt hat. Dies kann motivierte Beschäftigte frustrieren – egal ob diese sonst ohne strenge Hierarchien und gerne auch mal vom Urlaubsort aus arbeiten. Ein Umdenken ist daher nicht nur in der Arbeitsmethodik, sondern gerade auch bei der Vergütung gefragt. Die flexiblen Vergütungsstrukturen, die junge Start-ups vormachen, haben indus­trielle Schwergewichte wie Bosch auch bereits ausprobiert. Anlass genug, einen genauen Blick auf den Begriff sowie die arbeitsrechtliche Umsetzung sowie Risiken und Chancen zu werfen.

Was ist New Pay?

Auf Wunsch der Belegschaft wird nur noch an vier Tagen pro Woche gearbeitet. Jeder bestimmt sein Gehalt selbst – oder aber es wird durch das Kollegium festgelegt. Alle Mitarbeitenden entscheiden gemeinsam, welcher Anteil der Gewinne des Unternehmens investiert oder vielleicht stattdessen an sie ausgezahlt wird. Alles darf, nichts muss. Das ist das Prinzip New Pay.

Doch was auf den ersten Blick chaotisch und naiv klingt, hat Struktur. Denn der Begriff „New Pay“ umschreibt Prozesse rund um die Entwicklung neuer Gehaltsmodelle, nicht einen konkreten Ansatz. Ziel ist es, dem sich stetig wandelnden Organismus Unternehmen und den Bedürfnissen der Belegschaft gerecht zu werden, indem ständig neue, eigene Lösungen für die Gehaltsfrage gefunden werden. Doch was in einem Unternehmen funktioniert, kann in einem anderen zu Unzufriedenheit oder falschen Anreizen führen. Individuelle Lösungen sind gefragt.

Neue Fairness und Transparenz

Erster und wohl der zentrale Grundsatz des New Pay ist das Prinzip der neuen Fairness. Nachvollziehbare, angemessene und verlässliche Prozesse sollen für mehr gefühlte Gerechtigkeit sorgen, gleiche Chancen und Bedingungen für alle schaffen und so für Vielfalt in der Belegschaft und im Führungskreis sorgen. Dies steht im Einklang mit arbeitsrechtlichen Grundlagen, insbesondere dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz und dem allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz im Arbeitsrecht.

Transparent sollen jedoch nicht nur die Prozesse bei New Pay sein, sondern auch die konkreten Gehälter im Unternehmen – einschließlich die der Vorgesetzten und der Geschäftsleitung. Rechtlich ist die Veröffentlichung von Gehältern eine Datenverarbeitung, die nach Datenschutzgrundverordnung und Bundesdatenschutzgesetz eines Erlaubnistatbestandes bedarf. Nicht ausreichend ist hierfür Paragraf 26 Bundesdatenschutzgesetz, da die Offenlegung von Gehältern für die Durchführung des Beschäftigungsverhältnisses wohl kaum als erforderlich bezeichnet werden kann. Datenschutzrechtlich sicherer ist eine Pseudonymisierung. Empfehlenswert ist der Abschluss einer Betriebsvereinbarung gemäß Artikel 80 Datenschutzgrundverordnung, um die Datenverarbeitung explizit zu regeln. Vorstellbar ist es außerdem, schriftliche Einwilligungen der Beschäftigten einzuholen. Diese wären dann jedoch jederzeit frei widerruflich und die entsprechenden Personen müssten konsequenterweise aus der Liste entfernt werden. Im Ergebnis kann so nur ein lückenhaftes Bild von der Gehaltsstruktur vermittelt werden.

Alternativ zur Offenlegung der konkreten Gehälter kommt eine Offenlegung von Gehaltsstrukturen, insbesondere Gehaltsgruppen in Betracht, die den Beschäftigten ebenfalls ein Bild davon vermitteln, wie sie im Verhältnis zu anderen Beschäftigten entlohnt werden und wie höhere Verantwortung und gesteigerte Anforderungen an die Tätigkeiten die monetäre Entlohnung beeinflusst.

Selbstverantwortung und Partizipation

Weitere Schlagwörter des New Pay sind Selbstverantwortung und Partizipation. Jede Einzelperson das eigene Gehalt selbst festlegen zu lassen, birgt rechtliche und finanzielle Risiken. Praktisch könnte dies immerhin zu einer geringeren Vergütung von marginalisierten Gruppen führen, die gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz verstoßen würde. Eine Vielzahl an Verhaltensstudien deutet darauf hin, dass beispielsweise Frauen in Gehaltsverhandlungen tendenziell schlechtere Ergebnisse erzielen als Männer und dass Frauen im Durchschnitt auch weniger Geld für dieselbe Gegenleistung angeboten wird als Männern. Es besteht daher eine praktische Gefahr, dass eine stärkere Betonung der individuellen Forderung und Verhandlung zu mehr Diskriminierung führt als ein Gehaltssystem, das auf die Stelle und gegebenenfalls Gehaltsgruppen abstellt. Begegnet werden kann dieser Gefahr durch eine Selbstkontrolle, die regelmäßig den Median der Gehälter nach den Geschlechtern im Auge behält und gegebenenfalls Anpassungen anstößt. So kann vermieden werden, dass es zu bösen Überraschungen kommt, sollte ein Arbeitnehmer oder eine Arbeitnehmerin den individuellen Auskunftsanspruch gemäß des Entgelttransparenzgesetzes geltend machen.

Partizipation kann auch auf kollektiver Ebene gewährt werden. Bekannt sind insbesondere die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates zur betrieblichen Lohngestaltung sowie zu speziellen Leistungsvergütungen. Junge Unternehmen insbesondere in der Medienbranche leben jedoch vor, was ein Mehr an Partizipation bedeuten kann: etwa einen offenen Dialog, wie Teile des Gewinns verwendet werden sollen. Wer meint, dabei kämen ausschließlich Forderungen nach einer Ausschüttung an die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, irrt, denn das Praxisexperiment zeigte, dass der Arbeitnehmerschaft gerade auch Investitionen in die Zukunft des Unternehmens am Herzen lagen. Rechtlich lässt sich dies durch freiwillige Betriebsvereinbarungen wie beispielsweise zur Erweiterung von Beratungsrechten erreichen. Diese können so ausgestaltet werden, dass ein Abbruch des Experiments möglich bleibt, zum Beispiel durch die Möglichkeit der Kündigung von Betriebsvereinbarungen ohne Nachwirkung. Außerhalb betriebsverfassungsrechtlicher Strukturen ist darauf zu achten, dass die Betriebsverfassung nicht umgangen wird. Bei Bestehen eines Betriebsrates müssen die Mitbestimmungsrechte gewahrt werden, selbst wenn der Betriebsrat damit einverstanden wäre, auf seine Mitbestimmung beispielsweise zugunsten eines alternativen Gremiums zu verzichten. Denn ein solcher Verzicht ist dem Betriebsrat nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts verwehrt. Er kann jedoch eine mit einem alternativen Gremium gefundene Lösung später durch Regelungsabrede oder Betriebsvereinbarung bestätigen.

Menschen mehr Flexibilität in puncto Arbeitszeit zu gewähren – etwa um weniger zu arbeiten und in diesem Fall weniger Geld zu erhalten, wie es etwa im Tarifabschluss der Metallindustrie 2018 vorgesehen wurde –, begegnet juristisch betrachtet keinen Bedenken, soweit die dafür verwendete Rechtsgrundlage klar formuliert ist. Möglich sind beispielsweise institutionalisierte Teilzeitmodelle oder erprobte Methoden wie Arbeitszeitkonten. Betriebliche Erfordernisse dürfen jedoch nicht zu kurz kommen und es besteht weiterhin die Möglichkeit, die Beschäftigten zur Arbeit in vollem Umfang oder sogar zu Überstunden zu verpflichten, wenn dies erforderlich ist.

Vermehrt haben Unternehmen in den letzten Jahren Beschäftigten unter Beibehaltung des Vollzeitlohnes die Möglichkeit gewährt, weniger zu arbeiten, wenn die erwarteten Arbeitsergebnisse in kürzerer Zeit erzielt werden. Dabei sollte jedoch darauf geachtet werden, dass Beschäftigte auch zu Überstunden verpflichtet werden können, wenn der erforderliche Arbeitserfolg sich einmal nicht einstellt. Insbesondere in Zeiten von Inflation und Krise könnten Mitarbeitende daran denken, durch Nebentätigkeit das Gehalt aufzubessern. Rechtlich kann dies nicht pauschal untersagt werden. Möglich sind relative Verbote der Nebentätigkeit mit einem Erlaubnisvorbehalt. Die Erlaubnis zur Nebentätigkeit kann vorenthalten werden, wenn berechtigte Gründe hierfür bestehen. Das Ziel, dass Personen ihre Freizeit auch als solche nutzen sollen, dürfte nicht ausreichend sein, um die Erlaubnis vorzuenthalten.

Um das Wir-Gefühl zu stärken und Mitarbeiter und Arbeitnehmerinnen dazu anzuhalten, sich für den Unternehmenserfolg als Ganzes einzusetzen, setzen Unternehmen auch zunehmend auf die Gewährung von Boni in Abhängigkeit zum Unternehmensergebnis, anstatt persönliche Ziele zu setzen, die auf die Ausübung der individuellen Tätigkeit gerichtet sind. Dies wird wissenschaftlich damit begründet, dass zahlreiche Studien der Verhaltenspsychologie darauf hindeuten, dass individuelle Bonusvorgaben wohl nur bei einem geringen Anteil von Menschen überhaupt zu einem sinnvollen Leistungsanreiz führen.

Soll ein bestehendes Vergütungssystem umgestaltet werden, so ist zunächst eine Analyse möglicher Ablösungsmechanismen durchzuführen. Dabei sind bestehende Betriebsvereinbarungen verhältnismäßig leicht anzupassen. Aber auch individualvertragliche Regelungen können bei entsprechender Formulierung der Arbeitsverträge gegebenenfalls durch Betriebsvereinbarungen abgelöst werden. Im Übrigen wird in aller Regel ein Änderungsvertrag mit der betroffenen Person erforderlich sein, was zwar den Gedanken des New Pay entspricht, praktisch jedoch umständlich ist und seine Grenzen dort findet, wo der Änderung nicht zugestimmt wird.

Permanent Beta

Der wohl charakteristischste Wesenszug des New Pay ist jedoch die Einordnung als Permanent Beta, als ein System, das lebt und sich verändert mit dem Unternehmen, seinen Beschäftigten und den Erfordernissen beider Seiten. Rechtlich empfehlenswert ist es daher, Änderungsmöglichkeiten im System bereits anzulegen, auch wenn dies teilweise dem Gedanken der Fairness und Transparenz widersprechen mag. So kann ein Bonus zum Beispiel unter Freiwilligkeitsvorbehalt gestellt werden, wenn er nicht mehr als 25 Prozent des Zielgehalts beträgt und nicht die Arbeitsleistung im engeren Sinne honoriert.

Alternativ haben sich Widerrufsvorbehalte zur Flexibilisierung von Leistungen etabliert. Die Rechtsprechung verlangt dafür jedoch eine Nennung von Widerrufsgründen und beschränkt Widerrufsvorbehalte wiederum auf Boni, die nicht mehr als 25 Prozent der Zielvergütung betragen, da sonst in das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung einseitig eingegriffen würde.

Transparenter ist eine Lösung über eine Befristung von Bonusregelungen. In diesem Fall sind die gegenseitigen Rechte und Pflichten für den Befristungszeitraum verbindlich und können nicht einseitig zurückgenommen werden. Auch hier ist jedoch genau auf die Konstellation zu achten; insbesondere sollen nach der Literatur für befristete Boni gemäß Arbeitsvertrag andere Voraussetzungen als für nachträglich vereinbarte Boni gelten.

Weitere Beiträge zum Thema:

Dieser Beitrag erschien zuerst in der gedruckten Ausgabe Employee Lifecycle. Das Heft können Sie hier bestellen.

Über die Autorin

Katja Schiffelholz Semedo ist Fachanwältin für Arbeitsrecht. Zu ihren ­thematischen Schwerpunkten gehört die Beratung im Bereich Corporate Social ­Responsibility und die Umsetzung von ESG-Strategien.

Quelle: Human Ressources Manager

17 Februar 2023

Hybrides Arbeiten - Produktivität braucht keine Präsenz

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Hybrides Arbeiten - Produktivität braucht keine Präsenz

Auf die rasanten Entwicklungen der Zukunft hat nur das Hybridmodell passende Antworten. Über Stolpersteine und Lösungen.

Als Freezing bezeichnet die Neurologie eine Art Schockstarre aufgrund bedrohlicher Situationen. Menschen verharren plötzlich mitten in der Bewegung. Diesem Phänomen scheinen in den vergangenen Jahren auch zahlreiche Unternehmen ausgesetzt zu sein – angesichts eines schnellen und tiefgreifenden Wandels in Wirtschaft und Gesellschaft. Die Digitalisierung schreitet stetig voran. Innovationen und disruptive Geschäftsmodelle entstehen. Globale Märkte erfordern komplexere Handlungsweisen. Um Fachkräfte muss ebenso geworben werden wie um Kundschaft. Zudem sind die Ansprüche an nachhaltig produzierte Produkte und unternehmerisch ethisches Verhalten gestiegen.

Unternehmen müssen also ihre Aktivitäten in diesem Spannungsfeld von Wirtschaft, Umwelt und Gesellschaft ausrichten. Angestellte an fünf Tagen die Woche ins Büro zu holen, damit sie dort acht Stunden zubringen, passt nicht mehr zu diesen Entwicklungen. Viele Unternehmen wollen dennoch an der 100-Prozent-Büroarbeit festhalten. Doch wer jetzt nicht im Spaceshuttle Platz nimmt und Teil des Wandels ist, wird in spätestens fünf Jahren vom Markt aussortiert: zu unproduktiv angesichts digitaler Prozesse, zu unattraktiv als Arbeitgeber für Fachkräfte und nicht mehr konkurrenzfähig auf dem Weltmarkt. Die reine Präsenzkultur bietet keine Antworten mehr auf die Herausforderungen der Zukunft!

Unternehmen im Dornröschenschlaf

Seit Jahrzehnten gibt es eine Lösung auf drängende Zukunftsfragen, die zunächst kaum jemand hören wollte: Remote Work. Arbeiten von überall galt früher als die Arbeitsweise einiger Spinner, Aussteigerinnen und Freigeister. Die digitalen Nomaden zogen mit dem Laptop im Gepäck zu den WLAN-Spots in aller Welt. Hippe Berliner Start-ups kopierten die Silicon-Valley-Kultur, einige Großunternehmen hatten Pilotprojekte. Also nichts für etablierte kleine und mittelständische Firmen? Die Kuscheligkeit der Komfortzone suggerierte, dass das alles doch auch so irgendwie klappt.

Wie so oft zwang eine Krise eine neue Entwicklung herbei: Corona schickte über Nacht den Großteil der Beschäftigten ins Homeoffice. Plötzlich war möglich, was vorher undenkbar schien. Die Angestellten fanden Gefallen an der neuen Arbeitsweise, trotz holpriger Prozesse. 70 Prozent wollen zumindest einige Tage in der Woche mobil arbeiten. Das besagt die repräsentative ESET-Studie Quo vadis Unternehmen? des Forschungsinstituts You Gov. Unternehmen öffnen sich dem Gedanken, das Beste aus zwei Welten in einem Hybridmodell, also Präsenz im Büro und mobiles Arbeiten, zu etablieren. Doch die Präsenzkultur einfach auf das mobile Arbeiten zu übertragen geht nicht. Denn Remote Work ist mehr als Homeoffice.

1. Top-down-Entscheidung treffen

Die Bedenken der Unternehmen: Produktivitätsverlust. Schon ein Blick in die Welt von erfolgreichen 100-Prozent-Remote-Unternehmen wie Buffer, Komoot oder die OTL Akademie hebelt dieses gern angeführte Argument gegen das mobile Arbeiten jedoch aus. Denn diese arbeiten höchst produktiv – mit Topteams rund um den Erdball, meistens ganz ohne eigene Büros. Doch auch das Hybridmodell bietet Vorteile: Die moderne Arbeitsweise ist attraktiv für Fachkräfte. Zudem können Kosten durch die Reduktion nicht mehr benötigter Bürofläche, beispielsweise durch ein Desk-Sharing-Modell, eingespart werden.

Doch am Anfang steht eine firmenweite Entscheidung. Der Belegschaft wird nicht einfach überlassen, wie sie denn nun arbeiten will. Geschäftsführung und Personalleitung einigen sich zunächst über die Leitplanken: Wie viele mobile Tage in der Woche soll es geben? An welchen Orten kann gearbeitet werden? Gelten die Bürozeiten? Welche digitalen Tools gibt es? Wie wird die Erreichbarkeit gewährleistet? Das alles wird dann in einem zweiten Schritt mit der Führungsebene diskutiert. Alle Bedenken müssen offen geäußert werden. Denn erst wenn alle hinter dem Ansatz stehen, werden die Mitarbeitenden in den Prozess eingebunden.

2. Teams an Bord holen

Der Kardinalsfehler im Prozess: Ausgrenzung. Trotz entscheidender Vorteile wie dem Wegfall von Bürowegen, mehr Zeit für die Familie oder dem optimalen Ausnutzen der eigenen Leistungsphasen, erzeugt einiges am mobilen Arbeiten auch ein mulmiges Gefühl: Die Handhabung der neuen digitalen Tools, die Selbstorganisation im Homeoffice, der Big-Brother-is-watching-you-Gedanke bei der Onlinearbeit und dass wir nicht mal eben über den Schreibtisch hinweg eine Frage stellen können – all das muss offen besprochen werden. In einem Kodex legen die Teams deshalb mit der jeweiligen Führungskraft die individuellen Regeln fest, natürlich innerhalb der vorgegebenen Leitplanken. Sind die mobilen Tage in der Woche frei wählbar? Muss das gesamte Team an bestimmten Tagen komplett im Büro anwesend sein? Gibt es Zeitspannen für die Erreichbarkeit? Wann muss spätestens auf eine Anfrage geantwortet werden? Was wird im Chat, Aufgabenmanagement-Tool oder per Videocall kommuniziert? Welche Schulungen muss es geben? Diese Diskussion, die jede vermeintliche Kleinigkeit berücksichtigt, ist entscheidend für das Commitment.

3. Teamspirit bewusst fördern

Die Hauptsorge der Beschäftigten: Isolation. Der Teamzusammenhalt ist ausschlaggebend für eine hohe Produktivität. Und dieser entsteht nicht von allein, der soziale Kontakt muss bewusst gefördert werden. Die Teammitglieder werden in die Community eingebunden. Und auch hier hybrid: mit digitalen Ritualen und Präsenz. Workations sind Events, die ein- oder zweimal im Jahr stattfinden und Arbeit (work) mit Urlaub (vacation) verbinden. Alle kommen an einem besonderen Ort zum persönlichen Austausch zusammen.

Doch genauso wichtig sind digitale Rituale. In einem täglichen zehnminütigen Call werden mit der Führungskraft der Stand des Projekts, weitere Schritte und mögliche Herausforderungen besprochen. Auch asynchrone Rituale über den Teamchat können hilfreich sein, wie zum Beispiel immer montags eine Frage ins Team senden: Wie war euer Wochenende? Oder auch persönliche Fragen stellen: Was liest du gerade? Welchen Film würdest du empfehlen? Spielst du ein Musikinstrument? Die Slack-Funktion Donut verbindet Menschen aus anderen Abteilungen per Zufallsgenerator für einen virtuellen Smalltalk. Oder es wird ein virtuelles Büro per Zoom eingerichtet, in das man sich jederzeit einloggen und mit anderen zusammenarbeiten kann. Aber auch virtuelle Mittagessen sind eine gute Idee. Manche Unternehmen spendieren einen Lieferdienst und alle können per Videocall gemeinsam lunchen. Gewöhnungsbedürftig? Auf jeden Fall. Wann das nicht mehr merkwürdig ist? Sehr schnell.

4. Digitale Führung lernen

Die Angst der Führungskräfte: Kontrollverlust. Eine Frage steht oft im Vordergrund: „Wie soll das gehen, wenn ich die Angestellten nicht mehr täglich im Büro sehe – wie stelle ich sicher, dass die Aufgaben erledigt werden?“ Die Antwort ist das ergebnisorientierte Arbeiten. Kontrolliert wird nicht mehr die Anwesenheit, sondern der Arbeitsfortschritt. Denn Anwesenheit war noch nie ein Garant für Produktivität. Welche Führungskraft steht schon jede Sekunde hinter Angestellten und kontrolliert, ob wirklich gearbeitet wird oder zeitweise Cyberloafing – also die Nutzung des Arbeitgeberinternets für private Zwecke während der Arbeitszeit – stattfindet, das digitale Herumtrödeln mit Onlineeinkäufen oder Videospielen?

Führen auf Distanz erfordert erweiterte Fähigkeiten wie Toolkompetenz. Die Grundlage der Zusammenarbeit mit dem Team sind Projektmanagementprogramme, Bürochats und Videokonferenzen. Zum anderen verschiebt sich der Schwerpunkt von Führung auf die Kommunikation. Mit jedem Teammitglied sollte wöchentlich ein Einzelgespräch geführt werden. Dabei rückt die Beziehungsebene in den Fokus. Ein wenig Smalltalk, das Scannen, wie es dem Gegenüber geht, ist genauso wichtig wie die Fortschritte bei den Aufgaben zu checken. Das braucht Zeit und geht nicht mal eben so zwischen einem Berg an Aufgaben. Deshalb nutzen Führungskräfte die zwei As: Asynchronität und Automatisierung. Anfragen werden zeitverschoben beantwortet, denn ständige Erreichbarkeit wird schnell zum Burn-out-Faktor Nummer eins. Und für die Kommunikation werden automatisierte Prozesse genutzt, Bots fragen beispielsweise in bestimmten Zeiträumen die Erledigung der Aufgaben ab.

Eines ist klar: Hybrides Arbeiten muss professionell im Unternehmen umgesetzt werden. Noch nicht überzeugt? Stellen Sie sich vor, Ihr Team spielt sehr erfolgreich Hallenfußball. Und dann kommt jemand und sagt, dass künftig auf dem Rasen gespielt werden muss. Das gleiche Spiel, nur ein anderer Ort. Wenn Sie jetzt nicht als Führungskraft das Team auf die geänderten Rahmenbedingungen trainieren – Stollenschuhe, weitere Laufwege, größeres Tor –, werden sie haushoch verlieren. Befreien Sie also den Erfolg vom Zufall!

Über die Autorin

Teresa Hertwig ist Geschäftsführerin von GRC – ­Get Remote Consulting. Die Medien- und Kommunikations­wissenschaftlerin ist Autorin von Produktivität braucht kein Büro

Quelle: humanressourcesmanager.de

03 Februar 2023

New Work braucht neue Kompetenzmodelle

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New Work braucht neue Kompetenzmodelle

Alte Kompetenzmodelle wurden auf das Industriezeitalter ausgelegt. Wer in die Zukunft möchte, muss die Modelle auf neue Fähigkeiten und Kompetenzen ausrichten, erklärt L&D-Experte und Kolumnist Dominique René Fara.

In vielen Organisationen entscheiden Kompetenzmodelle über die Ausrichtung des gesamten Unternehmens. Was an Weiterbildungen angeboten wird, hängt davon ab, welche Kompetenzen gestärkt werden sollen. Welche Menschen gesucht und rekrutiert werden, wird ebenfalls am Kompetenzkatalog ausgerichtet.

Veraltete Kompetenzmodelle bringen uns nicht in die Zukunft

Auf den Punkt gebracht: Die Mitarbeitenden in unseren Organisationen werden dorthin entwickelt, wohin unsere Kompetenzmodelle uns den Weg weisen. Haben wir also veraltete Kompetenzmodelle, so entwickeln wir Menschen für die Vergangenheit und stellen auch Leute ein, die uns zurück in die Vergangenheit anstatt in die Zukunft ziehen.

Die erschreckende Realität: Viele Kompetenzmodelle sind noch auf alte Organisationsformen und -strukturen – ich nenne sie gerne liebevoll "Tanker" - ausgerichtet. Werte wie "Veränderungsbereitschaft", "Offenheit für Zufälle" oder "Kundenorientierung" finden sich hier zwar wieder – meinen aber etwas völlig anderes als heute.

  • Veränderungsbereitschaft: In traditionellen Organisationen ("Tanker") ist das die Fähigkeit, eine positive Rolle in der Veränderung des Tankers zu spielen. Beispielsweise bei einer Organisationsumstrukturierung sollen die Menschen so schnell wie möglich wieder Leistung erbringen und sich nicht zu lange von der Umstrukturierung ablenken lassen. In einer modernen, flexiblen Organisation wie einem Startup ("Schnellboot") geht es um bedeutendere Veränderungen. Es kann z. B. sein, dass von einem Tag auf den nächsten die Kundenausrichtung geändert werden muss, weil das Geschäftsmodell sonst nicht funktioniert.
      
  • Offenheit für Zufälle: In traditionellen Organisationen hat man Projektmanagement so betrieben, dass möglichst alle Zufälle ausgeschlossen werden. Zufälle waren eine Bedrohung für den Weg. In Schnellbooten kann man nicht so intensiv planen. Dafür sind die Situationen zu komplex und das Team wäre viel zu langsam. Deswegen braucht es hier eine wirkliche Offenheit für Zufälle - also die Kompetenz, aus zufälligen Entwicklungen entstehende Chancen zu erkennen und wahrzunehmen.
       
  • Kundenorientierung: Auch wenn diese Kompetenz in der Vergangenheit immer wieder in Kompetenzmodellen auftauchte, so war damit doch faktisch die Fähigkeit gemeint, interne Kunden und deren Wünsche zu verstehen und entsprechend zu handeln. Wenn beispielsweise ein Produkt entwickelt wurde, so sind Kernentscheidungen im Top-Management getroffen worden. Somit hatte man immer den "Kunden Top-Management" im Blick. In einem Schnellboot ist es viel deutlicher, dass einzig und alleine die Endkunden darüber entscheiden, wie erfolgreich die Organisation ist. Daher ändert sich der Fokus der Kundenorientierung weg vom internen Management hin zum Endkunden.

Das sind nur drei Beispiele aus den insgesamt 20 Teamkompetenzen, die wir im Forschungsprojekt "Agil Hybrid" in einem Kompetenzmodell für Teams zusammengestellt haben. 20 Kompetenzen, das sind ganz schön viele. Doch das entscheidende Detail: Es sind TEAM-Kompetenzen. Anders als im Industrie- und im Wissenszeitalter zählen heutzutage nicht mehr einzelne Talente, sondern komplexe, perfekt aufeinander abgestimmte Teams. Diese starken Systeme werden den Einzeltalenten den Rang ablaufen.

Bundesministerium für Bildung und Forschung fördert Weiterentwicklung

Auch die Bundesregierung geht davon aus, dass wir uns in Deutschland schneller weiterentwickeln müssen. Darum hat das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) das Projekt zur "Zukunft der Arbeit" für drei Jahre unterstützt, mit dem es neue Geschäftsmodelle vorantreiben will. Wir - das sind die HHL Leipzig, die HKA, die MLU Halle-Wittenberg, Blanc & Fischer, Kölling Glas, SupraTix, Viessmann und die Wilo SE - haben uns dafür beworben und durften das Projekt "Agil Hybrid" mit BMBF-Fördermitteln vorantreiben. Das Ziel: Kompetenzen für die Haustechnik-Branche zu entwickeln, die auf digitale Geschäftsmodelle ausgelegt sind und es mit der starken Konkurrenz aus Asien und Nordamerika aufnehmen können.

Die Kompetenzen der Zukunft sind Teamkompetenzen

Doch schon bald merkten wir, dass stattdessen ein ganzheitliches Modell für alle Branchen und alle Organisationen, die sich auf die Herausforderungen der Zukunft vorbereiten wollen, entsteht. Daraus erarbeiteten wir zuerst die beispielhaften Tanker und Schnellboote und für die Schnellboote schließlich die oben erwähnten 20 Teamkompetenzen.

Unserer Meinung nach sind die Schnellboote die Organisationssysteme der Zukunft. Sie können vom großen Tanker ablegen, sich flexibel bewegen und selbstständig neue Projekte vorantreiben. Um dies möglich zu machen, dürfen und müssen die Teammitglieder selbst Verantwortung übernehmen und schnell Entscheidungen treffen. Denn solche Schnellboote sind wesentlich erfolgreicher bei der Entwicklung neuer Geschäftsmodelle als die großen Corporate-Organisationen.

Arbeitswelt im Wandel

Ein weiteres Fazit: Immer, wenn es darum geht, selbstverantwortliche Teams zu entwickeln, die auch in Krisensituationen schnell mit neuen Bedingungen zurechtkommen, braucht es diese Schnellboote. Es wird auch in Zukunft die traditionellen Organisationsformen geben, jedoch sind diese nur sinnvoll für schon funktionierende Geschäftsmodelle. Denn bei bestehenden Geschäftsmodellen kommt es darauf an, den Fokus auf starke Prozesse zu legen. Das sind bekanntermaßen die Stärken der Tanker – zumindest, solange es nicht zu viele Richtungswechsel gibt.

Viele der aktuellen Aufgaben in Organisationen sind allerdings hochgradig operativ und strukturierbar – und werden in Zukunft von modernen Technologien übernommen werden. Menschliche Arbeitskräfte werden hier in absehbarer Zeit überflüssig. Ein Grund mehr, um sich auf ebenjene Aufgaben zu fokussieren, die auch in Zukunft noch von Menschen ausgeführt werden. Und das wird, da bin ich mir sicher, zum großen Teil in kleinen Schnellbooten passieren.

 

Zur Kolumne: Die Beiträge dieser Kolumne stammen von Mitgliedern des Roundtables Corporate Learning. Hier treten leitende Köpfe aus Personalwesen und Personalentwicklung vieler deutscher Unternehmen (zum Beispiel Adidas, Axa, Bayer, BASF, Festo, Funkemediengruppe, HP, Ikea, Lanxess, Lufthansa, Otto Group, SAP, Swiss-Post, Telekom, VW, Wilo u.v.m.) regelmäßig in Austausch. Offen werden aktuelle Erfolge und Schwierigkeiten vorgestellt und diskutiert. Geleitet und moderiert wird der Austauschkreis von Dr. Sina Faeckeler (Axa) und Dominique René Fara.

Quelle: haufe.de

20 Januar 2023

Keine Büros und Job-Interviews im Metaversum: wie Firmen die Zukunft der Arbeit neu gestalten

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Keine Büros und Job-Interviews im Metaversum: wie Firmen die Zukunft der Arbeit neu gestalten

Home-Office ist erst der Anfang: Das durch die Pandemie forcierte ortsunabhängige Arbeiten bietet Unternehmen viele Möglichkeiten. Doch Führungskräfte fühlen sich mit Remote-Arbeit oft überfordert.

Vor drei Jahren hat Job van der Voort zusammen mit seinem Partner Marcelo Lebre das Unternehmen Remote vom Home-Office aus gegründet. Heute ist das Startup 3 Milliarden Dollar wert und beschäftigt rund tausend Mitarbeitende, verteilt über die ganze Welt. Remote bietet Firmen diverse Dienstleistungen im Personalbereich an und unterstützt seine Kunden juristisch und administrativ dabei, weltweit Personal einzustellen und die Saläradministration global abzuwickeln.

Es wird vollständig remote gearbeitet, das heisst, die Mitarbeitenden sind von überall aus und zeitlich flexibel für das Unternehmen tätig. Büroräumlichkeiten hat Remote gar nie bezogen. Das Herzstück des in allen Zeitzonen operierenden Unternehmens sind die transparente Firmenkultur und das asynchrone Arbeiten – eine Methode, mit der Angestellte ihre Arbeit selbständig planen und im Team zusammenarbeiten, ohne sich in Echtzeit zu treffen.

Im öffentlich zugänglichen Mitarbeiterhandbuch wird alles Wesentliche festgehalten. Dort steht etwa: «Die Arbeit ist nur ein Job, sie sollte nicht dein gesamter Lebensinhalt sein, und bitte mache ihn auch nicht zu dem.» Festgehalten wird unter anderem auch, was von den Angestellten erwartet wird, wie eine Sitzung abläuft und wie asynchrones Arbeiten genau funktioniert.

Nur so viele Sitzungen wie nötig

«Asynchrones Arbeiten ist der Schlüssel zum Erfolg», sagt der 33-jährige Niederländer, der zuvor beim remote aufgestellten Softwarekonzern Gitlab gearbeitet hatte. Da die Angestellten von Remote über alle Zeitzonen hinweg arbeiten, spielt die Dokumentation der Arbeitsschritte eine wichtige Rolle. Alle am Projekt beteiligten Kolleginnen und Kollegen schreiben in einem öffentlich zugänglichen Dokument genau auf, was sie wie bearbeitet haben, und geben einen Kontext dazu, damit die Teamkollegen die Arbeit ohne weitere Rückfragen fortsetzen können. Diese Arbeitsweise erfordert viel Disziplin, ist aber effizient. Denn auf diese Weise entfallen zeitraubende Besprechungen, welche die Angestellten aus ihrem Arbeitsfluss reissen.

Virtuelle Sitzungen sind bei Remote ohnehin auf ein Minimum beschränkt. Wenn sie stattfinden, werden sie straff geführt und organisiert. So wird etwa das Besprochene und Entschiedene genau protokolliert, damit sich diejenigen, die an der Sitzung nicht anwesend waren, rasch auf den neusten Stand bringen und ihre Meinung noch einbringen können.

Liebgewonnene Gewohnheiten

Für den Firmenchef, der die Vorzüge dieser Arbeitsweise für sich selbst nutzt und beispielsweise seine Kinder in die Krippe bringt, ist die ortsunabhängige Arbeitsweise nur mit geringfügigen Nachteilen verbunden, wenn die Prozesse reibungslos funktionieren und auf Remote-Arbeiten ausgerichtet sind. Wenig erfolgversprechend sei es dagegen, die Gewohnheiten, die sich über die Jahrzehnte im Büro gebildet hätten, einfach in der virtuellen Arbeitsweise zu übernehmen.

Die offensichtlichste Schwäche des Remote-Arbeitens sind die fehlenden persönlichen Interaktionen zwischen den Mitarbeitenden, die den Zusammenhalt im Team stärken und identitätsstiftend wirken. Für Teamwork, Brainstorming und kreative Prozesse aller Art ist es ein Vorteil, wenn sich die Angestellten vor Ort treffen. Das ungezwungene Gespräch in der Kaffeepause schweisst Arbeitskollegen zusammen, und im spontanen Austausch entstehen neue Ideen. Auch durch die vertraute Umgebung und liebgewonnene gemeinsame Gewohnheiten fühlen sich Mitarbeitende stärker mit anderen Teammitgliedern und dem Unternehmen verbunden.

Um den Zusammenhalt im Team zu fördern, bietet Remote den Angestellten Budgets an, damit sie gemeinsamen Interessen nachgehen und selber Veranstaltungen organisieren können. Auch der informelle Austausch, der nicht direkt mit der Arbeit zu tun hat, spielt laut van der Voort eine wichtige Rolle. Führungskräfte müssten diese Gespräche gezielt mit den Mitarbeitenden suchen – sei es im spontanen Einzelgespräch oder im Rahmen wiederkehrender Sitzungen.

Verunsicherte Chefs

Befragungen haben gezeigt, dass sich Vorgesetzte mit dem Remote-Arbeiten während der Pandemie überfordert fühlten. Laut den Ergebnissen der jüngsten Studie des Future Forum Pulse hatte das mittlere Kader am meisten mit arbeitsbedingtem Stress und Ängsten zu kämpfen, und es beklagte eine deutlich schlechtere Work-Life-Balance.

Raghu Krishnamoorthy, Leiter des Chief-Learning-Officer-Doktorandenprogramms an der Universität von Pennsylvania, hat untersucht, wie effektiv Managerinnen und Manager ihre Mitarbeitenden während der Pandemie geführt haben und welche Führungsgrundsätze sich daraus für ortsunabhängiges Arbeiten ableiten lassen.

Wie Remote-Führen gelingt

  • Kein Mikromanagement, sondern die Problembereiche im Auge behalten: Die Mitarbeitenden erwarten von ihren Führungskräften, dass sie sich nicht bis ins kleinste Detail in die Arbeit einmischen. Vielmehr wünschen sie sich, dass die Managerin Schwachstellen und potenzielle Problembereiche auf dem Radar hat. Die Führungskraft soll ihren Angestellten vertrauen und sicherstellen, dass diese ihre Arbeit gut erledigen können.
  • Fokus auf Ergebnisse statt auf Arbeitsstunden: Nach wie vor sehen viele Chefs die Anwesenheit als Voraussetzung für Produktivität, auch wenn diverse Studien in der Pandemie gezeigt haben, dass die Produktivität im Home-Office gestiegen ist. Erfolgversprechender ist es, wenn Vorgesetzte die Mitarbeitenden an ihren Ergebnissen anstatt an ihrer zeitlichen Anwesenheit messen. 
  • Ermöglichen statt durchsetzen: Die Mitarbeitenden erwarten von ihren Chefs, dass sie zwischenmenschliche und arbeitsbezogene Hindernisse beseitigen und die Arbeit mit vielen Beteiligten koordinieren und unterstützen. Die Vorgesetzten sollen nicht Anweisungen durchsetzen, sondern ein gutes Arbeitsumfeld ermöglichen.
  • Das Team zusammenhalten und gut kommunizieren: Chefs müssen auch dafür sorgen, dass jede und jeder im Team seinen Teil zur Teamleistung beiträgt. Die Vorgesetzten tauschen sich regelmässig mit einzelnen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus und bieten bei Bedarf Unterstützung an. 
  • Prioritäten setzen und für Effizienz sorgen: In einem Home-Office-Umfeld spielt eine klare Prioritätensetzung eine besonders wichtige Rolle. Alle Teammitglieder müssen verstehen, was zu tun ist, wann etwas getan werden muss und wer dafür verantwortlich ist. Der Chef oder die Chefin weiss, wie die einzelnen Prioritäten zusammenwirken, und sorgt für effiziente Abläufe. 
  • Vertrauen aufbauen und Empathie zeigen: Wenn Mitarbeitende ortsunabhängig arbeiten, fehlt es an Gelegenheiten für spontane Treffen. Die Beziehung zwischen Chef und Mitarbeitenden ist besonders bedeutend, weil viele Angestellte ihren direkten Vorgesetzten als wichtigste Verbindung zu ihrem Arbeitgeber betrachten. Die Vorgesetzte schafft bewusst Gelegenheiten für informelle Gespräche.

Seit Ausbruch der Pandemie ist die Zahl der Firmen, die vollständig auf flexibles und ortsunabhängiges Arbeiten setzen, deutlich gestiegen. Zu den Remote-Unternehmen gehört etwa der deutsche Navigations-App-Anbieter Komoot, dessen Angestellte in verschiedenen europäischen Ländern arbeiten.

Selina Hofmann hat Komoot und diverse andere Firmen im Rahmen ihrer Bachelorarbeit («Wie sich Firmen an digitale Nomaden anpassen können») an der Fachhochschule Westschweiz zu Remote-Arbeit befragt. «Die Unternehmen sehen die grössten Vorteile darin, dass dadurch ihre Attraktivität als Arbeitgeber gesteigert wird, unter anderem, weil die Wünsche der Mitarbeiter berücksichtigt werden», sagt Hofmann. Ausserdem könnten sie auf einen viel grösseren Pool von potenziellen Arbeitskräften zugreifen.

Auch die Tatsache, dass auf diese Weise Mitarbeitende rund um die Uhr Kunden betreuen können, beurteilen die Firmen als positiv. Ausserdem verfügten die Arbeitnehmer, unter ihnen digitale Nomaden, über viele Fähigkeiten, die für die Unternehmen nützlich seien: Selbstdisziplin, Verantwortungsbewusstsein, Risiko- und Experimentierfreude sowie eine hohe digitale Affinität.

Die Schattenseiten von Remote-Arbeit

Zu den Schattenseiten zählt Hofmann neben der Gefahr von Missverständnissen wegen kultureller Unterschiede der Mitarbeitenden in den verschiedenen Ländern vor allem die Tatsache, dass durch Remote-Arbeit die Firmenkultur und die Identifikation der Angestellten mit ihrer Arbeit und ihrem Arbeitgeber leiden könnten. Allerdings hätten es die Firmen auch in der Hand, die Verbundenheit der Mitarbeitenden mit ihrer Arbeit deutlich zu stärken, indem sie ihnen grosse Flexibilität und Autonomie bei der Ausübung ihrer Tätigkeiten gewährten.

Um die Identifikation mit dem Unternehmen, den Zusammenhalt im Team und die Unternehmenskultur zu verbessern, probieren die remote aufgestellten Firmen zudem verschiedene digitale Alternativen aus. Bewährt hat sich etwa, wenn das Team miteinander ein digitales Spiel spielt, aber auch digitale Kaffeepausen und virtuelle Coworkings sind beliebt. Beim virtuellen Coworking treffen sich die Mitarbeitenden in einem Zoom-Meeting zum Arbeiten und unterhalten sich gelegentlich ähnlich wie in einem Grossraumbüro.

Verschiedene ortsunabhängig operierende Unternehmen veranstalten zudem ein- oder zweimal pro Jahr internationale Treffen mit allen Angestellten an schönen Orten weltweit. Dabei geht es weniger um die Arbeit, sondern vielmehr darum, die Unternehmenskultur zu pflegen und den Teamgeist zu stärken.

Gaming beim Vorstellungsgespräch

Doch auch für soziale Interaktionen gibt es im Zuge der technologischen Entwicklung zunehmend digitale Möglichkeiten. Virtuelle 3-D-Welten werden vermehrt zu Orten, an denen sich die Angestellten als Avatare begegnen und sich austauschen. Die deutsche Digital- und Innovationsagentur Demodern, die von Kristian Kerkhoff und Alexander El-Meligi gegründet wurde, bringt Grosskonzerne und Unternehmen ins Metaversum und baut für diese entsprechende Plattformen auf.

Für die Beratungsgesellschaft PwC hat Demodern beispielsweise eine Metaversum-Lösung erstellt, die für die interne und externe Kommunikation genutzt wird. «Für Firmen spielen nicht nur die Kosten eine Rolle», sagt Kristian Kerkhoff. Sie wollten dadurch vor allem junge Fachkräfte anziehen, die es durch das Gaming in ihrer Freizeit gewohnt seien, sich in digitalen Welten zu bewegen und dort mit anderen zu interagieren.

So fänden etwa Job-Interviews vermehrt im Metaversum oder auf anderen Plattformen statt. Die Rekrutierung wird auf diese Weise vielfältiger und kreativer. So können etwa Bewerber beziehungsweise ihre Avatare in 3-D-Spielen ihre Fähigkeiten unter Beweis stellen.

Der Avatar in Bürokleidung

Wie Alexander El-Meligi ausführt, werden Videokonferenzen noch nicht im grösseren Stil durch Metaversum-Anwendungen ersetzt, weil die Virtual-Reality-Brille für einen umfangreichen Betrieb zu kostspielig ist und die Hardware zu schnell veraltet. Die Firmen schüfen stattdessen virtuelle Räume, in denen die Mitarbeitenden von jedem Gerät und von überall aus an neuen Produkten arbeiten, auf wichtige Informationen schnell zugreifen sowie Sitzungen und globale Anlässe durchführen könnten.

Technisch seien die Anwendungen möglich, sagt El-Meligi, doch nun müssten sich Standards herausbilden, wie im Metaversum gearbeitet werde. Wie geht man im virtuellen Raum aufeinander zu, und wie kommt es zum spontanen Austausch? Gibt es Rückzugsorte, an denen man zwar präsent, aber dennoch ungestört arbeiten kann? Firmen müssen sich überlegen, was sie ihren Mitarbeitenden in der 3-D-Welt ermöglichen und was nicht.

Es geht dabei um ebenso praktische Überlegungen wie im Büroalltag – vom Design über die Architektur bis zu den Funktionen im 3-D-Raum. Firmen legen auch fest, welche Kleidung die Avatare der Mitarbeitenden tragen dürfen. Damit stellt sich auch für die Angestellten im Home-Office wieder die Frage: «Was ziehe ich heute zur Arbeit an?»

Quelle: NZZ - Neue Zürcher Zeitung

09 Dezember 2022

Warum New Work gut fürs Geschäft ist ...

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... und mit welchen Methoden Sie noch heute loslegen können

Warum New Work gut fürs Geschäft ist ...

Auch wenn das Konzept bald 40 Jahre alt ist – nie war New Work moderner und notwendiger als heute. Denn der Frust in den Unternehmen ist gewaltig. Was hilft: mehr Vertrauen in die Mitarbeitenden und ihre Fähigkeiten. Plus ein paar New-Work-Methoden – die wir hier gleich vorstellen.

Es gibt eine gute und eine schlechte Nachricht. Die gute ist: Unternehmensbereiche mit engagierten Mitarbeitenden machen 23 Prozent mehr Gewinn als Bereiche mit unzufriedenen Angestellten, so die repräsentative „State of the Global Workplace 2022“-Studie des US-amerikanischen Meinungsforschungsinstituts Gallup. Doch nicht nur das: Engagierte Mitarbeitende, die sich ihrer Firma emotional verbunden fühlen, melden sich seltener krank, haben weniger Unfälle und bleiben länger. Selbst ihre Kundinnen und Kunden sind treuer. Die schlechte Nachricht ist: Diese Gruppe macht gerade mal 16 Prozent aus. Was bedeutet: Fünf Sechstel der Befragten sind entweder nicht engagiert oder sogar „aktiv nicht engagiert“, schaden also bewusst dem eigenen Unternehmen. Kurz: Die Stimmung am Arbeitsplatz ist denkbar schlecht. Und besonders unzufrieden sind laut einer Umfrage der Unternehmensberatung Ernst & Young die 25- bis 34-Jährigen. Ihr Anteil beträgt 60 Prozent – der schlechteste Wert unter allen Altersgruppen.

„Die schönste Nebensache der Welt“

Dass „Arbeit oft eine den Menschen verkrüppelnde Krankheit“ ist, hatte der deutsch-amerikanische Sozialphilosoph Frithjof Bergmann bereits Anfang der 1980er festgestellt. Zugleich beobachtete er aber auch, dass eine Tätigkeit, die den tiefsten Wünschen der Menschen entspräche und von ihnen als Herausforderung und Berufung zugleich empfunden würde, sie nicht auslauge. Im Gegenteil. „Sie gibt den Menschen mehr Energie“ und mache sie produktiver. Sein Fazit: Die Menschen sollten ihrer Berufung folgen, um selbstbestimmt und sinnerfüllt das zu tun, was sie „wirklich, wirklich wollen“. „Nicht wir sollten der Arbeit dienen, sondern die Arbeit uns.“ Es sei deshalb an der Zeit, schrieb er 2004 in seinem Buch „Neue Arbeit, neue Kultur“, die Arbeit von Grund auf neu zu organisieren – als New Work eben. Doch erst 2016, als der Psychologe und Coach Markus Väth Bergmanns Konzept von einer besseren Arbeitsgesellschaft in seinem Buch „Arbeit – die schönste Nebensache der Welt. Wie New Work unsere Arbeitswelt revolutioniert“ aufgreift, beginnt man, Bergmanns Ideen zu diskutieren.

Auch wenn Bergmanns Sozialutopie in den vergangenen vier Jahren „einem Sammelsurium an Ansätzen und der Ausarbeitung von Teilaspekten gewichen“ ist, erkennt Väth: „Es gibt mittlerweile viele ernst zu nehmende Versuche, New Work umzusetzen, vom kleinen Handwerksbetrieb über den Mittelstand bis zu einigen Konzernen.“ Wie dringend notwendig es ist, das Leben am Arbeitsplatz zu verbessern, betont auch Jon Clifton, CEO von Gallup in seinem Vorwort zur aktuellen Studie. „Aber die Welt ist näher an der Besiedlung des Mars als an der Lösung der Probleme am Arbeitsplatz.“ Dabei sei die Lösung ziemlich einfach: bessere Führungskräfte. „Gute Führungskräfte helfen ihren Kolleginnen und Kollegen, zu lernen und wachsen.“ Oder anders formuliert: „Es geht darum, die Art der Zusammenarbeit neu zu denken“, sagt die Hamburger Beraterin und New-Work-Expertin Christiane Brandes-Visbeck. Das bedeute: Führungskräfte müssten lernen loszulassen und ihrem Team zu vertrauen – und die Mitarbeitenden müssten lernen, Verantwortung zu übernehmen.

Flexibilität und Agilität als wichtige Faktoren

Doch auch wenn New Work ein Mindset ist und kein Werkzeugkasten – ein paar Methoden frei im Team auszuprobieren, macht Veränderungen erst möglich und motiviert die Mitarbeitenden.

Schon Albert Einstein wusste: „Probleme kann man niemals mit derselben Denkweise lösen, durch die sie entstanden sind.“ Umso mehr gilt das „heute, wo der Markt eine schnelle Anpassung an Bedürfnisse von Kundinnen und Kunden erfordert“, schreibt das Autorenteam um den Ex-Werber und Unternehmer Michael Trautmann in „On the Way to New Work. Wenn Arbeit zu etwas wird, was Menschen stärkt“. Wesentlich wichtiger ist Agilität. Statt wie früher den einmal festgelegten Prozess abzuarbeiten, ist Flexibilität entscheidend. Dazu gehört, „die Denk- und Arbeitsweise sowie die Organisationsstruktur an drei Prinzipien auszurichten“, so das Autorenteam. Erstens: „Im agilen Arbeiten ist die Zielgruppe durchgängiger Bestandteil des Entwicklungsprozesses“, sprich: Sie wird immer und immer wieder gefragt und gebeten, Feedback zu geben, um das Produkt zu verbessern. Zweitens – und das ist eine wichtige Grundvoraussetzung: „Sich der Lösung schrittweise anzunähern und regelmäßig zu überprüfen, ob die Richtung stimmt.“ Und drittens: Alle Entscheidungen werden „dort getroffen, wo die Expertinnen und Experten sitzen. Das ist meistens nicht das Management, sondern das umsetzende Team, das mit der Kundin oder dem Kunden zusammenarbeitet.“

Verschiedene Methoden des agilen Arbeitens

Kern des agilen Arbeitens ist die Koordination der Kolleginnen und Kollegen. Je nach Aufgabe gibt es verschiedene Methoden.

Eine davon ist Scrum, die zurückgeht auf die Softwareentwickler Jeff Sutherland und Ken Schwaber. Sie eignet sich vor allem für komplexere Probleme und funktioniert besonders gut mit einer festen interdisziplinären Gruppe aus drei bis neun Personen. Dabei zerlegt das Team die Aufgabe selbstständig in überschaubare Einheiten, um sie dann in zwei- bis vierwöchigen sogenannten Sprints abzuarbeiten. Die Ergebnisse werden immer wieder überprüft und die Aufgaben gegebenenfalls angepasst. Innerhalb des Teams gibt es zwei wichtige Rollen: Der Product Owner repräsentiert die künftigen Nutzenden des Produkts und bildet die Schnittstelle zum Kunden oder der Kundin, und der Scrum Master übernimmt die Funktion des Moderators und beseitigt eventuell auftretende Hindernisse.

Eine andere Methode, um innovative Lösungen zu kreieren, ist Design Thinking. Ihren Namen verdankt sie der Arbeitsweise von Gestalterinnen und Gestaltern, die sich ganz stark auf die Bedürfnisse ihrer Zielgruppe konzentrieren, um sich so zum Beispiel einen neuen Service auszudenken. Der Prozess setzt sich aus sechs Phasen zusammen. Am Anfang steht ein unklares Problem, dem man sich mit der Haltung nähert, nichts weiter zu wissen. Über intensive Befragungen und längere Beobachtungen der Nutzergruppe entwickelt man verschiedene Ideen. Umgesetzt in Prototypen werden sie dann getestet, verbessert oder auch verworfen. Im Idealfall steht am Ende des Prozesses ein Produkt, das am Markt auch erfolgreich ist.

Scrum, Design Thinking & Co. sind nicht gleichzusetzen mit New Work als Idee. Sie sind „nur Werkzeuge, die dabei helfen, die agilen Prinzipien im Alltag umzusetzen – ähnlich wie ein Hammer und eine Säge dabei helfen, ein Haus zu bauen“, so das Trautmann-Team.

Aber ohne die Tools lässt sich das Haus nicht errichten und bleibt ein Traum.

Quelle: Faktor A - Das Arbeitgebermagazin

02 Dezember 2022

Es gibt für Banken keinen Grund, zu behaupten, es sei gefährlich, wenn Leute im Home-Office arbeiteten

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Interview der NZZ mit Phil Libin, Gründer von Evernote

Es gibt für Banken keinen Grund, zu behaupten, es sei gefährlich, wenn Leute im Home-Office arbeiteten

Phil Libin, Gründer der Onlinenotiz-App Evernote und heutiger Chef der Videotelefonie-App Mmhmm, über Home-Office und darüber, warum die Welt damit vor den grössten sozialen Veränderungen der letzten 200 Jahre steht.

Bevor das Gespräch beginnt, selbstverständlich via Videoanruf, gibt Phil Libin mit der Laptopkamera einen Augenschein seiner Umgebung. Er befindet sich am Ufer eines Sees, des Beaver Lake im amerikanischen Gliedstaat Arkansas. Hier hat er sich für ein Firmentreffen eine Hütte gemietet.

Ihr Unternehmen hat seit zwei Jahren keinen Hauptsitz mehr – ist das eine gute Idee?

Für uns ist das grossartig. Natürlich hat jedes Unternehmen eine andere Ausgangslage. Aber generell sollten sich Firmen am Resultat der Arbeit ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter orientieren, nicht am Input.

Wie viele Mitarbeiter zählt Ihr Unternehmen?

Etwa 150. Sie sind auf der ganzen Welt verstreut.

Funktioniert das wirklich?

Unsere Kommunikation ist in drei Segmente unterteilt. Stellen Sie sich das wie eine Pyramide vor. An der Spitze stehen die physischen Treffen, das sind etwa 10 Prozent der tatsächlichen Kommunikation. Wenn wir uns physisch sehen, dann beim Essen oder an einem besonders schönen Ort – wie dem, an dem ich gerade sitze. Wir wollen nicht, dass sich Menschen in langweiligen Besprechungsräumen, ausgestattet mit Leuchtstoffröhren, treffen. Das ist das Allerschlimmste. Die zweite Ebene der Pyramide sind synchrone Videoanrufe. Sie nehmen etwa 30 Prozent unserer Zeit in Anspruch. Solche Treffen sind gut für Interaktion in kleinen Gruppen, für Gespräche, für Fragen und Antworten. Aber die meiste Zeit verbringen wir am unteren Ende der Pyramide: mit aufgezeichneten und asynchronen Videos – um Ideen, Konzepte oder Entwürfe zu vertiefen.

Sie verbringen die meiste Zeit Ihrer Arbeit mit dem Ansehen von Videos?

Ja. Die asynchrone Organisation bedeutet, dass ich an Projekten mit Leuten in ganz unterschiedlichen Zeitzonen arbeiten kann. Und wenn jemand zu schnell denkt, kann ich das Video stoppen oder verlangsamen – oder ich beschleunige es, wenn es zu langsam ist.

Physische Treffen sind also nur gut, um Spass zu haben – bei der Arbeit haben sie nichts mehr zu suchen?

Physische Treffen, Videoanrufe und asynchrone Videos müssen nicht gegeneinander ausgespielt werden. Sie haben unterschiedliche Stärken und Funktionen. Videoaufzeichnungen nutzen wir, um komplexe Informationen besser zu vermitteln. Live-Videochats sind da für Fragen, die schnell geklärt werden können, oder um Ideen zu vertiefen. Am Anfang stehen aber meist physische Treffen. Sie sind so etwas wie die Genesis der Kreativität. Wenn das Spass macht, umso besser.

Schreiben oder mailen Sie nicht mehr?

Es dauert länger, eine Sache in einer E-Mail zu erklären als in einem Video. Wir verwenden immer noch Instant-Messaging für kleine Informationshäppchen, wie Slack. Ich schreibe also noch immer. Aber nur kurze Texte. Es ist sehr schwierig, in einer E-Mail subtile Emotionen auszudrücken. Sie werden sehr leicht missverstanden. In einem Video kann ich mit Gesichtsausdrücken ganz gezielt Emotionen vermitteln. Gesichtsausdrücke sind doch zentral. Ich habe schon so viele Missverständnisse bei E-Mails erlebt. Heutzutage können sowieso nur wenige Leute längere Texte schreiben. Man muss ein guter Schreiber sein, um Nuancen von Gefühlen und Tonfall zu vermitteln. Dagegen scheinen die meisten Menschen Naturtalente darin zu sein, Videos zu drehen.

Viele Firmen glauben, dass Menschen nur dann kreativ sein können, wenn sie physisch zusammen sind. Dem stimmen Sie nicht zu?

Natürlich kann man kreativ sein, wenn man sich nicht im selben Raum befindet.

Wie denn?

Um einen kreativen Prozess in Gang zu setzen, ist ein persönliches Treffen oft der richtige Weg. Aber das ist nur die Spitze der Kreativität. Sobald eine Idee im Raum steht, müssen wir sehen, ob sie wirklich funktioniert. Mit asynchronen Videos können Kreative auf der ganzen Welt in verschiedenen Zeitzonen Ideen vertiefen und erweitern. Und dann für schnelles Feedback auf einen Live-Videoanruf umschalten.

Wo treffen Sie sich, wenn Sie sich physisch begegnen?

Ich wohne fünf Minuten vom Crystal Bridges Museum of American Art in Arkansas entfernt. Das ist einer der schönsten Orte der Welt. Googeln Sie es. Wir haben Anfang Jahr beispielsweise den Museums-Sitzungssaal für ein Treffen zum Produktdesign genutzt, umgeben von wunderschöner Kunst. In dieser Umgebung haben wir tolle Ideen entwickelt. Dann sind wir alle wieder nach Hause gefahren und haben die nächsten sechs Monate damit verbracht, herauszufinden, welche Ideen funktionieren und welche nicht.

Funktionieren bestimmte Leute bei der Fernarbeit besser als andere?

Mit ziemlicher Sicherheit. Aber schauen wir uns zuerst den Arbeitsplatz an. Ich glaube, es gibt heute zwei Arten von Unternehmen: solche, die ihren Mitarbeitern vertrauen, eigenständig ihre Produktivität zu erhöhen, und solche, die das nicht tun. Historisch gesehen war das Vertrauen von Unternehmen in ihre Mitarbeiter gering. Arbeit war lange auch nicht als etwas gedacht, was Spass machen sollte. Nehmen Sie den englischen Begriff «compensation», das ist der Gehalts-Check. «Compensation» heisst, dass man Mitarbeiter für etwas vergütet, was ihnen widerwillig passiert ist. Der Begriff setzt also voraus, dass Arbeit etwas Schlechtes ist, was entschädigt werden sollte. Ein seltsames Konzept, nicht wahr?

Auf Deutsch heisst es Entschädigung. Welchen Begriff verwenden Sie lieber?

Wir reden von Vergütung; für das, was wir gemeinsam aufbauen. Unternehmen, die von «compensation» sprechen, sind solche mit wenig Vertrauen in ihre Mitarbeiter. Viele Banken, Versicherungen reden noch immer von «compensation».

Davon haben wir in der Schweiz viele. Banken und Versicherungen argumentieren allerdings, dass sie aus Sicherheitsgründen ihre Mitarbeiter lieber im Büro hätten, weil sie über so viele sensible Kundendaten verfügten. Diese Daten seien sicherer, wenn sie im Gebäude blieben.

Das kaufe ich ihnen nicht ab. Es gibt keinen Grund zur Annahme, dass die Sicherheit vor Ort besser sei als online. Mein Hintergrund ist die Computersicherheit. Wenn man zentralisiert ist, hat man genauso viele Schwachstellen. Oft sogar mehr, als wenn man dezentralisiert ist. Und die Daten der Finanzdienstleister sind ohnehin digital, auch wenn alles zentralisiert ist. Auf der Kundenseite funktioniert das Dezentrale ja schon seit 150 Jahren bestens. Es waren sogar die Schweizer Banken, die hier Pionierarbeit in Sachen Fernkundenbetreuung geleistet haben. Seit dem Telegramm muss der Kunde nicht mehr vor Ort sein, um eine Transaktion zu tätigen. Man könnte sagen, dass die Schweizer das Online-Banking erfunden haben.

Trotzdem brauchen doch viele Unternehmen Mitarbeiter vor Ort.

Banken und Versicherungen brauchen das nicht. Aber wenn Teslas CEO Elon Musk sagt, er wolle Mitarbeiter wieder im Büro sehen, ist das etwas anderes. Tesla baut Autos. Das Gleiche gilt für Apple. Sie stellen Telefone und Computer her. Irgendwann muss man das, was man herstellt, auch anfassen und fühlen können.

Was sind denn die wirklichen Vorteile für Unternehmen und Mitarbeiter bei der konsequent umgesetzten Fernarbeit?

Man kann dort arbeiten, wo man die beste Arbeit hat; man kann dort leben, wo man das beste Leben führen kann. Und man muss diese beiden Dinge nicht mehr miteinander verbinden. Das ist erstaunlich. Wenn wir geografisch nicht eingeschränkt sind, können wir aus den Unternehmen diejenigen aussuchen, für die wir wirklich arbeiten wollen. Das ist auch für mich als Unternehmer gut, weil ich weiss, dass ich nur ernstzunehmende Bewerber sehe.

In der Theorie hört sich das gut an. Aber was sind die weiterführenden Implikationen? Wenn das zutrifft, was Sie beschreiben, wird es unsere Gesellschaften und Nationen grundlegend verändern. Das Steuersystem zum Beispiel muss völlig neu erfunden werden.

Das wird alles verändern. Ich glaube, das wird der grösste gesellschaftliche Wandel der letzten Jahrhunderte sein. Es wird alles berühren: Regierungen, Gesundheitssysteme, das Bildungssystem. Alles. Das wird nicht von heute auf morgen geschehen. Aber schon wenn wir in fünf Jahren zurückblicken, werden wir in der Art und Weise, wie Städte sich entwickeln und geplant werden, grosse Veränderungen sehen. Die allermeisten Menschen werden von dieser Dezentralisierung profitieren.

Das ist ein Versprechen, das das Internet schon sehr früh gemacht hat. Es hat sich aber nie erfüllt. Warum soll das jetzt anders sein?

Das Internet war ein wichtiger Schritt. Es war notwendig, aber es war nicht ausreichend. Wir müssen noch einiges hinzufügen. Auch die Fernarbeit alleine reicht nicht aus. Es braucht auch die richtige Politik.

Wollen das die meisten Unternehmen überhaupt?

Selbst wenn sich nur 20 Prozent der Unternehmen dazu entschliessen, zentrale Büros zu schliessen und ihre Mitarbeiter vollständig in die Fernarbeit zu schicken, ist das bereits eine grosse Veränderung. Eine 20-prozentige Abwanderung aus den Grossstädten in andere Orte ist gigantisch. Was ich nicht denke: dass sich Hybridmodelle im grossen Stil durchsetzen. Wie Apple das beispielsweise macht. Drei Tage im Büro, zwei Tage zu Hause. Das Unternehmen trägt ja noch immer die vollen Kosten für die Miete. Und die Mitarbeiter können die Vorteile nicht in Anspruch nehmen. Sie müssen ja noch immer in der Nähe des Büros leben.

Zahlen Sie Ihren Mitarbeitern den gleichen Lohn, ganz egal wo sie wohnen? Oder passen Sie wie Facebook den Lohn dem Standort der Mitarbeiter an?

Facebook ist ein dummes Unternehmen, das viele schlechte Entscheidungen trifft. Wir zahlen den Leuten dasselbe, egal wo sie arbeiten. Es wäre beleidigend, das nicht zu tun. Ich bin von San Francisco nach Arkansas gezogen. Würde ich mir selber eine Gehaltskürzung gönnen? Nein, natürlich nicht. Es liegt an den Mitarbeitern, produktiv zu sein. Ich bezahle sie für ihren Beitrag, nicht für ihren Standort. Meine persönliche Assistentin, die früher in San Francisco lebte, ist kürzlich nach Mexiko gezogen. Mit einem Gehalt aus San Francisco. Sie hat dort einen tollen Lebensstil.

Wie sieht es mit ihrer Gesundheitsvorsorge aus? Wo zahlt sie Steuern?

Als amerikanische Staatsbürgerin zahlt sie immer noch Steuern in den USA. Auch wenn sie im Ausland lebt. Und es gibt eine Handvoll Firmen, bei der sich weltweite Krankenkassen abschliessen lassen.

Schweizer Bürger, die im Ausland leben, zahlen nur lokale Steuer. Welche Auswirkungen hat es also für die Schweiz, wenn von Schweizer Unternehmen die besten Talente das Land verlassen, um an einem billigeren Ort zu arbeiten?

Wenn Orte anfangen, nicht mehr um Unternehmen zu buhlen, sondern um Menschen, ist das doch positiv. Einen Ort für Menschen attraktiv zu machen, ist etwas ganz anderes, als ihn für Unternehmen attraktiv zu machen. Man braucht eine gute Gesundheitsversorgung, gute Schulen – alles, was das Leben besser macht. Und natürlich kann das heissen, dass diverse Länder zu Steuerreformen gezwungen werden.

Was sind die Gefahren?

Natürlich gibt es sie. Aber ich bin überzeugt, dass die positiven Sachen überwiegen. Zurzeit stehen in vielen grossen Städten leere Büros. Oft handelt es sich um die teuersten und schönsten Immobilien. Was wird damit passieren, wenn die Mitarbeiter nie mehr zur Arbeit zurückkehren? Wäre es nicht schön, wenn Menschen darin nicht nur arbeiten, sondern auch leben würden?

Über den Seriengründer Phil Libin

Der gebürtige Russe Phil Libin, 49, siedelte im Alter von acht Jahren in die USA um. Heute ist er Mitgründer und CEO von All Turtles, einer weltweit tätigen Softwarefirma, und Mmhmm, einer All-in-one-Plattform zum Erstellen und Teilen von Videos. Zuvor war er Managing Director bei der Risikokapitalgesellschaft General Catalyst und Mitgründer und CEO der Onlinenotizen-Plattform Evernote, die heute über 100 Millionen Nutzer zählt.

Quelle: NZZ - Neue Zürcher Zeitung

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