Mind

03 Januar 2025

HR als Motor: Anpassungsfähigkeit und Resilienz durch Organisationsentwicklung stärken

Posted in Mind

Veränderungen in Unternehmen

HR als Motor: Anpassungsfähigkeit und Resilienz durch Organisationsentwicklung stärken

In der Natur überleben nicht die Stärksten oder die Intelligentesten, sondern diejenigen, die sich am besten an Veränderungen anpassen. Gleiches gilt für Organisationen in der Transformation. HR kann wesentlicher Treiber für Veränderungen sein – wenn die Organisationsentwicklung mitgedacht wird.

Organisatorische Resilienz – die Kunst, sich durch gezielte Organisationsentwicklung (OE) kontinuierlich zu transformieren und aus jedem Lernschritt gestärkt hervorzugehen – bedeutet Vitalität durch Anpassungsfähigkeit. OE ist komplex und vergleichbar mit einem Brillanten: Erst der ausgewogene Schliff seiner komplexen, vielschichtigen Struktur lässt ihn funkeln und macht ihn so wertvoll. Um eine Organisation zu verändern, darf man ebenfalls nicht nur an einem Teilaspekt arbeiten, sondern muss berücksichtigen, wie jeder Aspekt mit den anderen zusammenwirkt.

Die reine Anpassung harter Dimensionen wie Strukturen, Prozesse, Rollen, Governance und Systeme von Organisationen reicht oft nicht aus, um im täglichen Betrieb spürbare Veränderungen zu bewirken. Es sind zudem Kompetenzen, Führung und Zusammenarbeit erforderlich, um diese Veränderungen effektiv in der Organisation umzusetzen und nachhaltig zu verankern.
In einer Zeit, in der Strategien oft veralten, bevor die Organisation sich anpassen kann, wird die gelebte Unternehmenskultur zum Orientierungspunkt. So werden Purpose, Werte und Kultur zum Fundament resilienter Organisationen. Diese Elemente sind wechselseitig abhängige Aspekte von OE. Höchstwahrscheinlich würde beispielsweise die Einführung einer Matrixstruktur scheitern, wenn man sich ausschließlich auf die Anpassung der Aufbau- und Ablauforganisation und der Governance konzentriert und wichtige Faktoren wie Führung, Zusammenarbeit, Kommunikation und Change-Management vernachlässigt. Ebenso könnte eine reine Fokussierung auf individuelle Befähigung unzureichend sein, wenn ein Unternehmen durch Lerninitiativen und die Entwicklung von Führungskräften und Mitarbeitenden Haltungen und Fähigkeiten verändern möchte, um Innovationen zu fördern. Es wäre in diesem Zug sicher notwendig, auch die Organisationsstrukturen anzupassen und Anreizsysteme zu überarbeiten. (Abb. 1)

Abb.1 Facetten von Organisationsentwicklung c Undconsorten

OE umfasst eine breite Palette von Anlässen und Initiativen: von strukturellen oder prozessualen oder systemischen Anpassungen bis hin zu Führungs- und Kulturveränderungen, die oft parallel oder kurz nacheinander verlaufen und ganzheitlich alle Ebenen einer Organisation (vom Individuum und Team über die Abteilung bis hin zum gesamten Unternehmen) betreffen. In all diesen OE-Prozessen ist HR eine erfolgskritische Größe, wobei der Einfluss und Beitrag von HR vom Reifegrad seiner Funktion und den verfügbaren Ressourcen abhängt:

Reifegrad 1: Die Rolle der Unterstützerin konzentriert sich hauptsächlich auf Verwaltungsaufgaben, erfüllt externe Anforderungen, bietet individuelle Unterstützung auf Anfrage lokaler Manager und interagiert transaktional. Dabei gewährleistet diese Rolle die Einhaltung organisatorischer Richtlinien innerhalb festgelegter Rahmenbedingungen, sammelt und sichert Datenqualität, führt Reportings durch und identifiziert sowie eskaliert Inkonsistenzen.

Reifegrad 2: Die Administratorrolle implementiert systematische, standardisierte Kernprozesse im Personalwesen und in der Grundlagenberichterstattung, bietet ausgewählte regelmäßige Angebote zur Personal- und Führungskräfteentwicklung und nutzt gemeinsame IT-Tools für Massenprozesse mit dedizierten Interaktionskanälen. Diese Rolle unterstützt organisatorische Veränderungsprozesse hauptsächlich auf prozessualer Ebene und leistet inhaltliche Beiträge durch Richtlinien, Vorgehensmodelle und Tools.

Reifegrad 3: Als Dienstleisterin deckt HR alle personalbezogenen Geschäftsanforderungen vom Eintritt bis zum Austritt ab, erreicht einen hohen Grad an Bündelung und Automatisierung durch integrierte HR-IT-Systeme, bietet Self-Service für Manager und Mitarbeitende und regelmäßiges HR-Reporting, einschließlich Mitarbeitererfahrung und Ad-hoc-Analysen. Zudem leitet diese Rolle HR-Strategien und -Roadmaps aus Geschäftsbedürfnissen ab und berät die Geschäftsbereiche strategisch in ausgewählten Themen der OE.

 

Abb.2 Anwendungsfälle von Organisationsentwicklung c Undconsorten

 

Reifegrad 4: Die (strategische) Beraterin führt proaktive Personal- und Belegschaftsplanung mit systematischer Personal- und Organisationsanalytik durch, optimiert kontinuierlich Portfolio und Prozesse basierend auf integrierten HR- und Geschäftssystemen und bietet Organisations- und Change-Consulting über Managementberatungskanäle und Top-Team-Entwicklung an.

Reifegrad 5: Schließlich fördert die Gestalterin die Geschäftstransformation, unterstützt die Analyse und Verbesserung der Unternehmenskultur, integriert die Personalstrategie in die Geschäftsstrategie mit Echtzeit-Mitarbeiterfeedback und liefert sowohl inhaltliche, prozessuale als auch methodische Impulse mit strategischer Perspektive. Diese Rolle ist als enge Beraterin für Geschäftsbereiche etabliert und deckt nahezu alle Themen der Organisationsentwicklung ab. (Abb. 2)

Effektive Rolle für HR

Um HR als treibende Kraft in der OE erfolgreich zu positionieren, sind mehrere Schlüsselfaktoren entscheidend. Zunächst muss HR klar definierte Rollen, Verantwortlichkeiten und Befugnisse besitzen, die mit der Geschäftsführung abgestimmt und in der gesamten Organisation bekannt sind. Dies stärkt die Handlungsfähigkeit von HR und ermöglicht ein proaktives und autoritatives Auftreten. Die entsprechenden Organisationsstrukturen sollten so gestaltet sein, dass sie das Mandat von HR optimal unterstützen. Weiterhin sind die Partnerschaft und die Vernetzung mit den Geschäftsbereichen wesentlich. Da OE sowohl die gesamte Organisation als auch spezifische Teilbereiche betreffen kann, ist es essenziell, dass HR in seiner Rolle anerkannt und wertgeschätzt wird. Eine enge Zusammenarbeit mit dem Topmanagement, insbesondere bereits in der Phase der Strategieentwicklung, ist förderlich. HR sollte die Geschäftsbereiche als Treiber sehen und unterstützend wirken. Die Kompetenzen und Denkweisen innerhalb von HR sind je nach Rolle und Reifegrad unterschiedlich. Die Befähigung von HR ist von großer Bedeutung und wird durch bewährte Formate und Trainingsangebote unterstützt. Zudem sollte HR über standardisierte Instrumente und Methoden verfügen, die es ermöglichen, OE systematisch und effizient zu gestalten. Diese Werkzeuge unterstützen die konsistente Verwaltung und Entwicklung sowie die Bewertung ihrer Effektivität und sichern die Qualität der OE über verschiedene Teams und Regionen hinweg. Schließlich kann die Skalierung von Produkten, Maßnahmen und Initiativen effektiv durch den wirkungsvollen Einsatz von Change Agents oder HR-Business-Partnern erfolgen, die als Multiplikatoren innerhalb der Organisation fungieren.
Eine Organisation muss flexibel und dynamisch sein, um langfristig zu überleben und zu gedeihen. Richtig kalibriert und ausgestattet ist HR in diesem Prozess der Schlüsselakteur, der nicht nur den unmittelbaren Bedürfnissen der Organisation dient, sondern auch Motor ist für ihre nachhaltige Entwicklung und Erfolg des Unternehmens.

Praxisbeispiel:

Kulturwandel in einem ­globalen Industriekonzern

Ein weltweit tätiger Industriekonzern musste seine Unternehmenskultur an eine neue Wachstumsstrategie anpassen, um dynamischere Arbeitsweisen und schnellere Entscheidungen zu fördern.

Die Herausforderungen lagen darin, die strukturelle Matrixorganisation des Konzerns an die Kernprozesse anzupassen. Die aktive Einbindung von Führungskräften und Mitarbeitenden war für den Erfolg der Kulturinitiative entscheidend. Ein interdisziplinäres Team aus Organisationsentwicklung, HR, Kommunikationsspezialisten und einem Projektbüro leitete die Initiative. Fachleute aus Performance Management und Learning & Development unterstützten themenabhängig.

Das Unternehmen ging in einzelnen ­Phasen wie folgt vor:

Phase 1: Momentum und positives ­Narrativ: Entwicklung eines motivierenden Narrativ „Wir können noch stärker werden“, Einbindung der Unternehmensführung, Durchführung von Kommunikationsevents über diverse Kanäle zur Sensibilisierung.
Phase 2: Strukturelle Anpassungen: Umsetzung struktureller Anpassungen zur Implementierung der neuen Kultur, ­Optimierung von Kernprozessen für effizientere Entscheidungsfindung, Integration der Kultur in HR-Prozesse und Bewertungs­systeme.
Phase 3: Von der Initiative zur Gesamtorganisation: Systematische Eingliederung der neuen Kultur in den Arbeits­alltag, Verankerung der Werte in Projekten und Bildung eines Netzwerks von Change Agents zur Förderung der Kultur.

Fazit: Kulturwandel erfordert umfassende organisatorische Anpassungen und ist nur mit starker HR-Unterstützung möglich. HR, Organisationsentwicklung und Kommunikation sind zentral in der Inhalts­entwicklung, während die Umsetzung eine kollektive Anstrengung aller Beteiligten erfordert.

Über die Autorinnen

Thekla Kovacev-Schmidt ist Associate Principal bei der ­Topmanagement-Beratung Undconsorten. Sie ist Expertin für ­Führungs- und Personalthemen mit Fokus auf Lernen und Entwicklung von Mitarbeitenden, um Organisationen erfolgreicher zu machen.

Nadeshda Kreya ist Principal bei Undconsorten und Expertin für Führung und Organisationsentwicklung. Sie unterstützt große ­Organisationen bei Transformationen und bei der Etablierung einer starken Führungskultur.

Quelle: humanressourcesmanager.de

19 Dezember 2024

Studie zeigt: Kündigt ein High Performer, folgen 2 weitere Kollegen

Posted in Mind

Job&Karriere

Studie zeigt: Kündigt ein High Performer, folgen 2 weitere Kollegen

Leistungsträger kündigen nicht ohne Grund – sie fliehen vor schlechter Führung und toxischen Kollegen und lösen dabei eine Kettenreaktion aus.

Leistungsträger sind die treibende Kraft jedes Unternehmens: Sie liefern überdurchschnittliche Ergebnisse, glänzen mit erstklassigem Fachwissen und überzeugen durch außergewöhnliche soziale Kompetenzen. Doch was passiert, wenn diese Top-Talente das Unternehmen verlassen? Studien zeigen: Es liegt selten am Gehalt oder der Arbeitsbelastung. Viel häufiger sind toxische Kollegen und eine schlechte Unternehmenskultur der Auslöser – ein Problem, das Unternehmen teuer zu stehen kommt.

Wenn High Performer die Reißleine ziehen

Stell dir vor, du arbeitest in einem Team, in dem du jeden Tag dein Bestes gibst: Du löst Probleme, übernimmst Verantwortung und treibst Projekte zügig voran. Doch gleichzeitig hast du Low-Performer-Kollegen, die Verantwortung abwälzen, kaum Leistung bringen und trotzdem keine Konsequenzen fürchten müssen. Die Führung? Sieht weg – aus Bequemlichkeit, Konfliktscheu oder weil diese Kollegen Boss-Lieblinge sind..

Für viele High Performer wird die Situation zunehmend unerträglich. Sie fragen sich: Ist es das wert, wenn mein Engagement keine Anerkennung findet?

Laut einer Studie in 1.620 Einzelhandelsgeschäften zeigt sich ein Muster: Auf jede Kündigung eines High Performers folgen durchschnittlich 2,2 weitere Kündigungen innerhalb der gleichen Leistungsgruppe. Entlassungen haben dabei den schwächsten, Entlassungsankündigungen den stärksten Effekt. Freiwillige Kündigungen wirken moderater, dafür aber langfristig. Das zeigt: Wenn Leistungsträger gehen, hinterlassen sie nicht nur eine Lücke – sie lösen einen Dominoeffekt aus.

Verlust von High Performern – Die Folgen für Unternehmen

Der Verlust von High Performern ist nicht nur eine Belastung für das Team, sondern regelrecht eine wirtschaftliche Katastrophe. Die Folgen im Überblick:

  • Verlorenes Wissen: High Performer nehmen nicht nur ihre Expertise mit, sondern auch wertvolle Kundenbeziehungen und internes Know-how.
  • Schädliche Signale: Der Abgang eines Top-Talents wird von Kollegen oft als Warnsignal gesehen: „Vielleicht sollte auch ich gehen“.
  • Kostenintensive Fluktuation: Die Rekrutierung und das Onboarding von Ersatzkräften kostet Zeit und Geld – oft ohne Garantie, jemanden mit ähnlichen Fähigkeiten überhaupt zu finden.

Trotzdem unterschätzen viele Führungskräfte diese Risiken. Warum? Häufig fehlt es an klaren Mechanismen, um toxisches Verhalten im Team zu erkennen und zu adressieren.

Führungsversagen – Der Fisch stinkt immer vom Kopf

Das sogenannte „Toleranz-Paradoxon“ ist eine der Hauptursachen: Aus Angst vor Konflikten oder der Sorge, am Ende ohne Beschäftigte dazustehen, tolerieren Führungskräfte schlechte Leistung und unangebrachtes Verhalten. Statt Konsequenzen zu ziehen, hoffen sie, dass sich die Probleme von allein lösen – was natürlich selten der Fall ist. Die Folge: Gute Mitarbeiter verlieren das Vertrauen in ihre Führungsriege und suchen nach anderen Optionen.

Ein weiteres Problem ist das Peter-Prinzip: Viele Führungskräfte glänzen fachlich, sind aber nicht in der Lage, ein Team effektiv zu leiten. Oft, weil Fachspezialisten einfach in Führungspositionen gehievt werden, da sie in ihrem Aufgabenbereich einst brillierten. Fehlende Kommunikation, mangelndes Feedback und die Scheu vor schwierigen Gesprächen verschärfen die Situation zunehmend.

Wie Unternehmen ihre Top-Talente halten

Um High Performer langfristig zu binden, müssen Unternehmen nicht nur das Problem erkennen, sondern aktiv gegensteuern und besser – vorbeugen. Hier sind einige Strategien, die funktionieren:

  1. Klare Leistungsstandards setzen
    Schlechtleistung darf auf keinen Fall ignoriert werden. Führungskräfte müssen Erwartungen klar kommunizieren und konsequent handeln, wenn diese von einigen Mitarbeitern nicht erfüllt werden.

  2. Konsequentes Feedback geben
    Ehrliche und offene Gespräche sind essenziell – und zwar nicht nur einmal im Jahr. High Performer schätzen direkte Rückmeldungen und klare Leitlinien, in denen sie agieren können.

  3. Toxisches Verhalten eliminieren
    Mitarbeiter, die das Team belasten, müssen frühzeitig identifiziert und gegebenenfalls entlassen werden. Toxische Einflüsse sind Gift für die Unternehmenskultur.

  4. Leistung sichtbar honorieren
    Engagement und Top-Ergebnisse verdienen Anerkennung – finanziell, durch spannende Projekte oder einfach durch echte Wertschätzung.

  5. Eine starke Führung vorleben
    Führungskräfte müssen mit gutem Beispiel vorangehen – wer selbst Verantwortung scheut und vor Problemen zurückschreckt, verliert an Glaubwürdigkeit. Eine Führungskraft hat immer eine Vorbildfunktion.

High Performer – unverzichtbar für den Unternehmenserfolg

Leistungsträger sind das Fundament eines erfolgreichen Teams. Mit ihrem Engagement treiben sie nicht nur Projekte voran, sondern stärken auch die Dynamik und Motivation ihrer Kollegen. Ihr Verlust hinterlässt nicht einfach eine Lücke – er schwächt die gesamte Organisation nachhaltig.

Unternehmen profitieren von einer Kultur, die Spitzenleistung fördert, toxisches Verhalten konsequent adressiert und Wertschätzung spürbar macht. Nur so können Top-Talente langfristig im Unternehmen gehalten werden.

Über den Autor

Fred Eichwald ist Unternehmensinhaber von arbeits-abc.de. Als erfahrener Unternehmer hat er sich uns 2004 darauf spezialisiert, Mitarbeiter, Führungskräfte und Unternehmen bei der Optimierung ihrer Arbeitsweise zu unterstützen. Er ist davon überzeugt, dass ein wertschätzendes Miteinander zwischen Führungskräften und Mitarbeitern der Schlüssel zum Erfolg eines Unternehmens ist.

Quelle: arbeits-abc.de

13 Dezember 2024

Mittleres Management: Zwischen Auslauf­modell und Transformations­beschleuniger

Posted in Mind

Mittleres Management: Zwischen Auslauf­modell und Transformations­beschleuniger

Das mittlere Management ist oft Ziel von Kritik. New Work bringt nicht nur neue Arbeitsmethoden, sondern zugleich eine Identitätskrise für die ohnehin zwischen oben und unten schwer gelittenen mittleren Manager. Erste Konzerne beginnen, die Zahl ihrer Führungskräfte drastisch zu reduzieren. Warum die Rechnung nicht so einfach ist und es in der Transformation eine neue Definition des mittleren Managements braucht.

Die fetten Jahre sind vorbei. Alle reden davon, wie viel sich für Unternehmen in den letzten Jahren geändert hat und welche Herausforderungen heute bewältigt werden müssen: Bewährte Geschäftsmodelle werden von heute auf morgen obsolet. Neue Wettbewerber aus der ganzen Welt sind nur einen Klick entfernt und erhöhen den Druck auf langjährige Marktführer. Akronyme wie VUCA oder BANI beschreiben unsere Welt als chaotisch, brüchig, komplex – ja unbeherrschbar. Das führt vor allem zu einem: Es herrscht Unsicherheit in deutschen Unternehmen.

Diese Unsicherheit lähmt – und sorgt manchmal dafür, dass weniger Entscheidungen getroffen werden. Von Garmisch-Partenkirchen bis Flensburg. Von der Unternehmensspitze bis zum Mitarbeiter an seinem Arbeitsplatz. Irgendwo dazwischen: das mittlere Management. Diese Führungskräfte versuchen aus der Mitte heraus für ihre Abteilungen Antworten auf Fragen der Transformation zu finden und Entscheidungslücken zu schließen. Manchmal auf erfinderische Art und Weise, wenn Stakeholder für Vorhaben mühsam begeistert und inspiriert werden müssen. Doch gelingt das? Erschwerend kommt hinzu, dass den Männern und Frauen des mittleren Managements der Ruf als Bewahrer, Bedenkenträger und Verhinderer vorauseilt – und ihre Rolle zunehmend infrage gestellt wird.

Agilität ist nicht alles

Die Methoden von New Work befeuern diese Diskussion. Teams beginnen sich mehr und mehr selbst zu organisieren. Die Erwartungen nach Mitbestimmung sind gestiegen – und müssen erfüllt werden, will man bestehende und potenzielle Mitarbeiter nicht verlieren. Product Owner verantworten Ergebnisse, der Scrum Master den Prozess und agile Coachs unterstützen die Veränderung und dabei, sich an neue Methoden zu gewöhnen. Wer braucht da noch eine Führungskraft? Hierarchien machen ohnehin behäbig, so die weitläufige Meinung. Dabei ist die Mehrheit der meisten Unternehmen noch immer genau so aufgestellt: hierarchisch. Und dieser Widerspruch ist das Problem: Agile Teams – so effizient sie auch sein mögen – treffen vielerorts auf klassische, manchmal dysfunktional gewordene Grundstrukturen und Umfelder. Und so gibt es viele Unternehmen, in denen zwar erfolgreich auf Projektebene pilotiert wird, der echte Anschluss zwischen Agilität und der DNA des Unternehmens aber ausbleibt. Komplexität und Widersprüchlichkeit in Unternehmen nehmen damit weiter zu. Und wer vermittelt dann zwischen diesen beiden Welten? Genau: die Frauen und Männer der mittleren Führungsebene. Die, die es eigentlich nicht mehr brauchen sollte.

Schlüsselrolle in der Transformation

Klar ist: Wenn Führungskräfte sich kein klares Profil geben und sie ihren Mehrwert zum Bewältigen der vor den Unternehmen liegenden Herausforderungen nicht herausstellen können, sind sie auf dem besten Weg, sich selbst abzuschaffen. Zu verführerisch scheint es bei steigendem Kostendruck, hier den Rotstift anzusetzen. Dabei können mittlere Manager und Managerinnen insbesondere für die schweren Aufgaben der Transformation eine Schlüsselrolle übernehmen – und langfristig ein gutes Investment sein. Es gibt viele Gründe, die dafürsprechen. Mittlere Führungskräfte sind sehr nah an den schmerzenden Stellen in den Bereichen und können erkennen, was es für die Behandlung dieser braucht. Legt man das Wissen aller mittleren Führungskräfte zusammen, würde man einen sehr präzisen – einen unverfälschten – Blick auf ein Unternehmen und seinen Transformationsbedarf erhalten. Damit steckt im mittleren Management die Chance, ein Unternehmen aus sich selbst zu verändern. So wie ein Frühwarnsystem.

Diese Führungskräfte sind an mehr neuralgischen Stellen präsent, als es das Topmanagement direkt oder indirekt sein kann, und sie haben gemeinsam die Kraft, Teams mitzunehmen und Botschaften plausibel zu machen. Das kann aber auch zum Problem werden: Die mittleren Führungskräfte nehmen in ihrem Arbeitsalltag viele unterschiedliche Rollen ein. Damit droht Überforderung. Vom Koordinator zum Motivator, vom strategischen Entwickler ihrer Abteilung bis hin zur Sicherstellung des operativen Geschäfts. Sie sollen Moderator, Trainer, Innovator, Controller sein – um nur ein paar Beispiele zu nennen. Alles anspruchsvolle Aufgaben, die für den Erfolg einer Transformation entscheidend sind und Beidhändigkeit zwischen Operative und Strategie erfordern. Aber eben auch konkrete Skills sowie Mut und Durchhaltvermögen.

Symbiose zwischen Top- und mittlerem ­Management

Insbesondere das strategische Gewicht gilt es in der Rolle der mittleren Manager fester zu verankern – in der Wahrnehmung, aber eben auch in den Prozessen und Strukturen. Zumindest für die, die mit der beschriebenen Beidhändigkeit umzugehen wissen. In der Praxis könnte das wie folgt aussehen: Ausgewählte mittlere Manager werden zum Capcoach. Sie sind also Captain und Coach zugleich – und tragen konkrete Verantwortung für die Definition und Umsetzung von Transformationsaufgaben. Captain, weil sie den Weg zu einem konkreten Ziel definieren. Coach, weil sie das eng mit ihrem Team tun und dieses befähigen, wann immer notwendig.

Damit werden sie unmittelbarer Counterpart zur obersten Unternehmensleitung, weil sie strategische Verantwortung erhalten. Das Ergebnis: eine institutionalisierte Symbiose zwischen Top- und mittlerem Management. Wir haben hierzu das 3C-Modell entwickelt: Die Capcoaches sind eines der drei Cs. Sie agieren zusammen mit dem Vorstand – also den Chief Officers und damit dem zweiten C im Modell –auf Augenhöhe. Damit gibt der Vorstand primär den Rahmen für die weitere Entwicklung vor. Das „Wie“ wird durch die Capcoaches erarbeitet, um gemeinsame Ziele und Werte in Form einer klaren Haltung zu einen. Das dritte C steht für Core (Kern) und für die Mitarbeitenden, denen Capcoaches und Chief Officers Handlungssicherheit in unseren unsicheren Zeiten geben.

Goodbye, Hierarchie-Pyramide!

Damit kippen wir die Hierarchie-Pyramide, die bislang noch immer die bestimmende Form in deutschen Unternehmen ist. Stattdessen denken wir Unternehmen vom Kern aus – von den Mitarbeitenden. Streng genommen gibt es dann kein oben und unten mehr – und damit auch kein „Die da oben“ oder „Die da unten“. Es macht klar: Jeder leistet im und um den Nukleus des Unternehmens seinen Beitrag zur Transformation. Gleichzeitig ist innerhalb des Kerns Raum für Agilität und Teams, die themen- und projektbezogen – ähnlich wie Moleküle – immer wieder neu zusammenkommen.

Damit sind wir schon bei einem wichtigen Mehrwert des Modells: Es stärkt Menschen, die Einflüsse ausbalancieren und Strategie und Umsetzbarkeit zusammenbringen. Es verteilt die Last auf mehr Schultern, die tragen können. Und auf mehr Köpfe, die entscheiden können. Es ist ja Irrsinn, immer auf wenige Heilsbringer und Erkenntnisse von oben zu hoffen. Ebenso der Glaube, die gesamte Last nur auf die Arbeitsebene verlagern zu können. Wenn ein mittlerer Manager das Verbindende leisten kann, macht es Organisationen in jedem Fall leistungsfähiger – und damit transformationsstärker.

Neue Standards für die Führungskräfte­entwicklung

Es geht darum, die Fähigkeiten und die Rolle mittlerer Manager zu stärken, weil sie an einer wichtigen Sollbruchstelle sitzen – und die letzten Jahre zu wenig Aufmerksamkeit erfahren haben. Und genau hier kommen die HR-Verantwortlichen ins Spiel. Nachwuchs-Führungskräfte-Programme gelten als Standard, doch was ist mit Angeboten für „alte Hasen“?
Gleichzeitig ist auch klar: Nicht jeder mittlere Manager ist für die Rolle des Capcoaches – den man auch Transformations-Multiplikator nennen könnte – geeignet. Es geht darum zu verstehen: Wer hat das Unternehmen aus der Mitte heraus die letzten Jahre bereits nach vorne gebracht?

Und wer hat den Mut und die Skills, auch zukünftige Transformationsaufgaben zu erkennen und anzugehen? Und zuletzt geht es auch darum, vorhandene Strukturen zu hinterfragen und neue zu Ende zu denken. Wir treten mit dem 3C-Modell also nicht in Konkurrenz mit agilen Methoden. Im Gegenteil: Wir versuchen die Anbindung agiler Konstrukte zur Unternehmensleitung, vorhandenen Hierarchie-Formen und übergeordneten Zielen zu konkretisieren. Eine bislang ungelöste Frage. Die Rolle der Capcoaches kann helfen, agile Streams zu synchronisieren, und verdient es, ausprobiert zu werden. Lasst uns die mutigen und willigen mittleren Manager als Transformationsbeschleuniger nutzen und ihre Rolle feinjustieren – anstelle sie abzuschaffen. Wir werden sie noch brauchen.

Über die Autoren

Dr. Karoline Haderer hat in Wien und Buenos Aires Betriebswirtschaft studiert und 2004 an der Karl-Franzens-Universität Graz in Sozial- und Wirtschaftswissenschaften promoviert. Nach Stationen bei KPMG und Energie Baden-Württemberg war sie Marketingleiterin bei der Südhessische Energie. Seit 2015 verantwortet sie die (Marken-)Transformation der Nürnberger Versicherung. Sie ist Co-Autorin von Transformation durch das mittlere Management. Raus der Underdog-Rolle: Praxiserprobte Strategien für schnelle und dauerhafte Transformationserfolge (Haufe, 2023).

Philipp Hilse hat an der Hamburger Texterschmiede das Handwerk des Werbetexters gelernt. Nach Stationen in Agenturen in Hamburg und der Metropolregion Nürnberg als Texter und Projektmanager wechselte er 2012 zur Nürnberger Versicherung und hat den Wandel des Unternehmens aus verschiedenen Positionen heraus begleitet – insbesondere als Leiter der internen Kreativagentur. 2021 absolvierte er den MBA in Management & Communication an der Münchner Marketing Akademie und der FH Wien. Er ist Co-Autor von Transformation durch das mittlere Management. Raus der Underdog-Rolle: Praxiserprobte Strategien für schnelle und dauerhafte Transformationserfolge (Haufe, 2023).

Quelle: humanressourcesmanager.de

06 Dezember 2024

Generation 50+: Wie Arbeitgeber ältere Mitarbeiter halten und fördern können

Posted in Mind

Job&Erfahrung

Generation 50+: Wie Arbeitgeber ältere Mitarbeiter halten und fördern können

Der TK-Gesundheitsreport 2024 widmet sich einer umfassenden Analyse des aktuellen Fachkräftemangels und geht detailliert auf die spezifischen Bedürfnisse und Herausforderungen der Generation 50+ ein. Kann man ältere Arbeitnehmende noch ein bisschen länger auf dem Arbeitsmarkt halten? Und wenn ja, wie?

Der Arbeitsmarkt entwickelt sich zunehmend zu einem Arbeitnehmermarkt, wodurch viele Unternehmen um gut ausgebildete Fachkräfte werben müssen. Diese Situation wird besonders durch den demographischen Wandel verstärkt. Viele Unternehmen stehen vor der Herausforderung, dass in naher Zukunft die sogenannten „Babyboomer“ (Geburtsjahrgänge 1955 bis 1969) aus dem Erwerbsleben ausscheiden werden, wodurch nicht nur Arbeitskraft, sondern auch wertvolles Fachwissen verloren geht.

Viertel der erwerbstätigen Bevölkerung geht bald in den Ruhestand

Denn: In den kommenden Jahren wird eine große Anzahl der Babyboomer-Generation in den Ruhestand gehen, was den bestehenden Fachkräftemangel weiter verschärfen wird, da nicht genügend junge Arbeitskräfte nachrücken. Wie können wir also die Generation 50+ dazu motivieren, länger im Beruf zu bleiben? Die jüngeren Jahrgänge der „Gen Z“ stehen schon seit längerem im Mittelpunkt des Interesses der Arbeitgeber. Doch auch ältere Beschäftigte sind eine wesentliche Ressource zur Sicherung von Fachkräften. Die Generation 50+ bringt wertvolles Erfahrungswissen mit, ist hoch qualifiziert, gut vernetzt und zeigt in der Regel eine hohe Loyalität gegenüber ihrem Arbeitgeber.

Laut Angaben des Statistischen Bundesamtes sind fast ein Viertel der erwerbstätigen Bevölkerung in Deutschland zwischen 55 und 64 Jahren alt und werden in den kommenden Jahren in den Ruhestand gehen.

Doch was genau wünschen sich ältere Beschäftigte? Welche spezifischen Maßnahmen können sie dazu motivieren, länger im Berufsleben zu bleiben, und welche Rolle spielt dabei die Gesundheit? Diese Fragen werden im „TK-Gesundheitsreport 2024: Fachkräftemangel – Was hält die Generation 50+ im Job?“ untersucht.

Flexibilität für die Generation 50+

Der Report zeigt, dass insbesondere flexible Arbeitsgestaltung, wie die „Anpassung der Arbeitszeit an individuelle Bedürfnisse“ (73,7 %) und die „Unterstützung bei der individuellen Gestaltung des Renteneintritts“ (70,3 %), für die Generation 50+ besonders wichtig sind, um länger im Job zu bleiben. Auch ein höheres Gehalt (66,5 %), die Möglichkeit, zwischen Teil- und Vollzeit zu wechseln (64 %), und gesundheitsfördernde Maßnahmen (60 %) würden die Mitarbeitenden motivieren, länger zu arbeiten.

„Ältere Beschäftigte wünschen sich vor allem eins, mehr Flexibilisierung. Flexiblere Anpassung der Arbeitszeiten und mehr Unterstützung beim Eintritt in den Ruhestand sind die Top 2 Wünsche der Generation 50+, noch vor einem höheren Gehalt“, schreibt Dr. Jens Baas, Vorstandsvorsitzender der Techniker Krankenkasse im Vorwort zum Gesundheitsreport.

Die Realität zeigt jedoch ein anderes Bild: Nur 57 % der befragten Arbeitgeber bieten flexiblere Arbeitszeiten an. Weniger als die Hälfte (48,8 %) bieten Unterstützungsangebote für den Renteneintritt an.

Die Mehrheit der Unternehmen hat bereits den Wert der Generation 50+ erkannt. Über drei Viertel der Personalverantwortlichen und Geschäftsführer sehen die Bindung älterer Mitarbeiter in den nächsten drei Jahren als besonders wichtig an.

Viele planen noch früher auszusteigen

Eine aktuelle Befragung von über 1.000 erwerbstätigen Personen im Alter ab 50 Jahren, durchgeführt vom Institut für Betriebliche Gesundheitsberatung (IFBG) im Auftrag der  Techniker Krankenkasse (TK), zeigt ein weiteres alarmierendes Ergebnis: Fast ein Drittel der älteren Erwerbstätigen ab 50 Jahren (31,3 %) plant, vor Erreichen des gesetzlichen Rentenalters aus dem Beruf auszuscheiden. Diese Erkenntnis stammt aus dem TK-Gesundheitsreport 2024 „Fachkräftemangel: Was hält die Generation 50+ im Job?“, der heute in Berlin vorgestellt wurde.
„Gerade vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels ist es für Arbeitgeber unerlässlich, die Generation 50+ noch stärker in den Fokus zu rücken“, sagt Dr. Jens Baas. „Ältere Beschäftigte sind eine wertvolle Ressource für die Unternehmen. Sie verfügen über großes Erfahrungswissen, sind gut vernetzt und haben sich in der Regel über Jahre an ihrem Arbeitsplatz bewährt.“

Es gibt, wie bereits erwähnt, noch Spielraum zur Verbesserung bei der Erfüllung der Wünsche älterer Beschäftigter. Nur etwas mehr als die Hälfte der befragten Arbeitgeber bietet bereits flexiblere Arbeitszeiten an. Ähnlich verhält es sich bei Angeboten zur individuellen Gestaltung des Übergangs in den Ruhestand, die nach eigenen Angaben von weniger als der Hälfte der Befragten umgesetzt werden. Lediglich bei der Möglichkeit, zwischen Teilzeit und Vollzeit zu wechseln, sowie bei gesundheitsfördernden Maßnahmen stimmen Wunsch und Angebot überein.

Mit mehr Wertschätzung arbeitet man länger

Außerdem spielen die Gesundheit und Gesundheitsförderung eine entscheidende Rolle für ein langes und gesundes Arbeitsleben. Laut dem TK-Report zeigt sich ein Zusammenhang zwischen den Fehlzeiten der Beschäftigten in jüngeren Jahren und der Wahrscheinlichkeit, über das reguläre Renteneintrittsalter hinaus zu arbeiten: Personen, die in jüngeren Jahren häufiger fehlen, neigen dazu, seltener im höheren Alter weiterzuarbeiten.
Fabian Krapf, Geschäftsführer des Instituts für Betriebliche Gesundheitsberatung, betonte die klare Verbindung zwischen einer positiven Unternehmenskultur und dem Wunsch der Beschäftigten, später in den Ruhestand zu gehen. „Wer mehr Wertschätzung, Selbstbestimmung und Flexibilität am Arbeitsplatz erlebt, der arbeitet auch länger.“

Unterschiedliche Bedeutungen und Prioritäten

Karriere und Jobs haben für verschiedene Generationen unterschiedliche Bedeutungen und Prioritäten. Jeder von uns hat unterschiedliche Perspektiven und Werte, was eine Herausforderung, aber auch eine Chance für Unternehmen darstellt. Schließlich muss man eine vielfältige Arbeitsumgebung für jeden schaffen. Unabhängig vom Alter.

Allerdings laufen Arbeitgeber laut einer Studie des Job-Netzwerks Xing Gefahr, im Wettbewerb um junge Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ihre erfahrensten Kräfte aus den Augen zu verlieren. Laut einer Generationen-Analyse (2023) sind laut Xing rund 19 Prozent der Menschen über 50 Jahren offen für einen neuen Job. Neben zu niedrigen Gehältern (45 %) und zu hohem Stress (37 Prozent) sind die Unzufriedenheit mit Führungskräften oder der strategischen Ausrichtung des Unternehmens (jeweils 35 %) Hauptgründe für den Wechselwunsch.

Bedürfnisse der erfahrenen Generation

Ja, auf den ersten Blick ist die Bereitschaft älterer Arbeitnehmer, den Job zu wechseln, im Vergleich zu jüngeren Generationen zwar geringer, birgt aber genug Sprengkraft. Schließlich stellen ältere Mitarbeiter mit rund 12,2 Millionen Erwerbstätigen nach den 30- bis 49-Jährigen die zweitgrößte Gruppe aller Arbeitnehmer dar. „Gerade in Zeiten, in denen in fast allen Bereichen Arbeitskräfte fehlen, ist es für Unternehmen fatal, ausgerechnet ihre erfahrensten und oft auch langjährigsten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu verlieren“, warnte Petra von Strombeck, die Geschäftsführerin der Muttergesellschaft von Xing, New Work SE.

Bisher werden die Bedürfnisse der erfahrensten Generationen auf dem Arbeitsmarkt oft nicht wahrgenommen, obwohl sie noch etwa zehn bis fünfzehn Jahre im Berufsleben stehen und einen Gewinn für eine altersdiverse Unternehmenskultur darstellen. „Viele sind hoch qualifiziert, engagiert und loyal – und es wird Zeit, dass sie von ihren Arbeitgebern die Aufmerksamkeit bekommen, die sie verdienen“, sagte Strombeck.

Die älteren Mitarbeiter bringen eine wertvolle Erfahrung und Expertise in die Arbeitswelt ein. Außerdem verfügen sie durch ihre langjährige Berufserfahrung über ein umfangreiches Wissen, das sie in der Lösung komplexer Probleme und bei der Bewältigung von Herausforderungen einsetzen können. Nicht zuletzt haben sie in der Regel ein tiefes Verständnis für die Branche und können auf bewährte Praktiken zurückgreifen.
„Die Bedürfnisse der erfahrensten Generationen auf dem Arbeitsmarkt werden oft zugunsten der Jüngeren übersehen“, resümierte Petra von Strombeck.

Maßnahmen zur Förderung von Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Altersgruppen

Deshalb entsteht die wichtige Frage: wie kann man eigene erfahrene Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen halten? Dafür gibt es verschiedene Ansätze und Maßnahmen, die Unternehmen ergreifen können:

  1. Wertschätzung und Anerkennung: Älteren Mitarbeitern Wertschätzung für ihre Erfahrung und ihr Wissen zeigen. Anerkennung kann durch Lob, Auszeichnungen oder spezielle Programme zur Mitarbeiterwürdigung erfolgen.
  2. Flexibilität: Es ist wichtig, flexible Arbeitszeitmodelle anzubieten, die es älteren Mitarbeitern ermöglichen, ihre Arbeit und ihre persönlichen Verpflichtungen besser zu vereinbaren. Dies kann beispielsweise Teilzeitmöglichkeiten, Homeoffice-Optionen oder flexible Arbeitszeiten umfassen.
  3. Weiterbildung und Entwicklung: In die Weiterbildung älterer Mitarbeiter investieren, um sicherzustellen, dass sie mit den neuesten Technologien und Arbeitsmethoden Schritt halten können. So können sie ihre Motivation und ihr Engagement aufrechtzuerhalten.
  4. Mentoring-Programme: Mentoring-Programme etablieren, bei denen ältere Mitarbeiter ihr Wissen und ihre Erfahrung an jüngere Kollegen weitergeben können. Dies schafft nicht nur einen Mehrwert für das Unternehmen, sondern stärkt auch das Engagement und die Bindung älterer Mitarbeiter. Auch das Teamspirit wird dadurch gefördert.
  5. Gesundheitsförderung: Auf die physische und psychische Gesundheit älterer Mitarbeiter achten. Das kann durch diverse Programme zur Gesundheitsförderung, ergonomische Arbeitsplatzgestaltung und Unterstützung bei der Bewältigung von Stress erfolgen.
  6. Altersgerechte Arbeitsbedingungen: Individuelle Bedürfnisse älterer Mitarbeiter berücksichtigen, z. B. ergonomische Hilfsmittel, barrierefreie Arbeitsplätze beschaffen.
  7. Karrieremöglichkeiten und Aufstiegschancen: Haben ältere Mitarbeiter genug Möglichkeiten zur beruflichen Weiterentwicklung und Aufstieg innerhalb des Unternehmens? Dies kann durch interne Beförderungen, neue Projekte oder verantwortungsvollere Aufgaben erreicht werden.
  8. Arbeitskultur und Zusammenarbeit: Fördern Sie eine Arbeitskultur, in der alle Generationen respektiert und eingebunden werden. Hier könnten Möglichkeiten für den Austausch und die Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Altersgruppen behilflich sein, damit mitarbeitenden über alle Altersgruppen hinweg voneinander lernen und voneinander profitieren.
  9. Betriebliche Altersvorsorge: Bieten Sie attraktive betriebliche Altersvorsorge-Optionen an, um die finanzielle Sicherheit älterer Mitarbeiter zu fördern und ihre langfristige Bindung an das Unternehmen zu unterstützen.
  10. Kommunikation und Feedback: Offene Kommunikation mit älteren Mitarbeitern ist enorm wichtig.
    Damit können Unternehmen ältere Mitarbeiter halten, ihr Engagement steigern und ihre Erfahrung und Kompetenz optimal nutzen. Schließlich ist jeder Mitarbeiter und jede Mitarbeiterin einzigartig, daher ist es wichtig, individuelle Bedürfnisse zu berücksichtigen.

Über die Autorin
Alexandra Ilina Redakteurin beim VDI-Verlag. Nach einem Journalistik-Studium an der TU-Dortmund und Volontariat ist sie seit mehreren Jahren als Social Media Managerin, Redakteurin und Buchautorin unterwegs.  Sie schreibt über Karriere und Technik.

Quelle: ingenieur.de

29 November 2024

Für viele Unternehmen ist Kultur wichtiger als KI

Posted in Mind

Für viele Unternehmen ist Kultur wichtiger als KI

Das Mega-Thema künstliche Intelligenz sowie das instabile geopolitische Umfeld, die beide die Nachrichten mitbeherrschen, sind bei Unternehmen zwar auf der Agenda, aber zählen nicht zu den obersten Prioritäten. Das ergab eine Befragung von CEOs und Aufsichtsräten.

Eine aktuelle Studie, für die die Unternehmensberatung Spencer Stuart weltweit 2.321 CEOs und Aufsichtsratsmitglieder (darunter 130 aus Deutschland) befragt hat, fördert Überraschendes zutage: 78 Prozent der Studienteilnehmer sprechen zwar von hoher geopolitischer Unsicherheit und über die Hälfte geht von einem steigenden Risiko aus. Auch fürchten mehr als zwei Drittel negative Auswirkungen der anstehenden US-Wahlen. Dennoch stehen bei den Befragten Themen ganz oben auf der Maßnahmenliste, die eher nach innen gerichtet sind: Unternehmenskultur (75 Prozent), Mitarbeiterthemen (69 Prozent) sowie Umwelt- und Regulatorik-Fragen (59 Prozent). KI mit 40 Prozent und Maßnahmen im Rahmen der weltpolitischen Unsicherheit mit 28 Prozent spielen nur eine nachgeordnete Rolle.

Unternehmenskultur steht ganz oben auf der Agenda

Auch in Deutschland hat ein Großteil (72 Prozent) die Unternehmenskultur als Top-Priorität ausgerufen – angesichts der ungewissen Zeiten sei sie tatsächlich das wirksamste Instrument dafür, im Einklang mit der Firmenstrategie Agilität und künftiges Wachstum überhaupt erst zu ermöglichen, so Lars Gollenia, Deutschland- und Österreich-Geschäftsführer von Spencer Stuart.

Fast 70 Prozent aller Befragten weltweit und 65 Prozent in Deutschland unterstreichen zudem die Bedeutung einer sich verändernden Belegschaft und damit verbundenen Fragen wie Talentgewinnung, Mitarbeiterbindung, Employee Engagement, Generationenunterschiede sowie Diversität und Inklusion. Allerdings bewerten 25 Prozent der weltweit und auch der in Deutschland Befragten die Agilität in ihren Unternehmen als nicht ausreichend: Die Antwort auf Herausforderungen und sich ändernde Parameter im Unternehmen sei "träge und mühsam".

Unternehmen verspüren Druck, sich politisch zu äußern

Wie vermehrt die Belegschaft gerade hierzulande auch Dinge einfordert, zeigen Zahlen zu politischen Äußerungen: Während weltweit nur 45 Prozent der Unternehmenslenker zumindest moderaten Druck verspüren, öffentlich auch politische Themen zu kommentieren, sind es vor allem französische (72 Prozent), italienische (70 Prozent) und deutsche (67 Prozent) CEOs, die sich in erster Linie von den Beschäftigten gedrängt fühlen – die meisten jedoch reagieren noch vorsichtig und mit möglichst moderatem Engagement.

Künstliche Intelligenz kommt oft nicht über Reflexions-Phase hinaus

Trotz der starken Medienpräsenz wird die Anwendung künstlicher Intelligenz nicht als akut hochrelevantes Thema eingestuft: Nur 38 Prozent der CEOs und 42 Prozent der Aufsichtsratsmitglieder sehen KI als eine der Prioritäten, die sie konkret adressieren. Weibliche Führungskräfte zeigen dabei tendenziell mehr Interesse an KI als ihre männlichen Kollegen und stellen entsprechend mehr Mitarbeitende mit KI-spezifischer Expertise ein. Immerhin 50 Prozent der Befragten befinden sich mitten in der Analyse darüber, wie ihre Organisation KI nutzen könnte.

Was die generellen Strategien zur stärkeren Implementierung von künstlicher Intelligenz angeht, setzen 40 Prozent noch auf Schulungen ihrer Führungsteams, während 35 Prozent bereits entsprechende Technologien kaufen oder nutzen. 33 Prozent versuchen weiterhin herauszufinden, wie KI überhaupt ihre Unternehmensstrategie beeinflussen kann. Den Mehrwert von KI sehen 44 Prozent der CEOs und 43 Prozent der Aufsichtsratsmitglieder in der Produktivitätssteigerung. In Deutschland geben 21 Prozent der CEOs an, dass sich erste KI-Investitionen bereits auszahlen.

Quelle: haufe.de

22 November 2024

KI in der Arbeitswelt: Warum das Vertrauen noch fehlt?

Posted in Mind

KI in der Arbeitswelt: Warum das Vertrauen noch fehlt?

Künstliche Intelligenz wird in Zukunft eine immer größere Rolle im Alltag und in der Arbeitswelt spielen, da sind sich die Deutschen einig. Trotzdem trauen viele Menschen der neuen Technologie nicht.

Künstliche Intelligenz drängt sich mittlerweile immer mehr in den Alltag – sei es schnell selbst einen Prompt an ChatGPT zu schicken oder KI-generierte Inhalte (ob bewusst oder nicht) auf den verschiedenen Social-Media-Plattformen ausgespielt zu bekommen. KI ist gekommen, um zu bleiben. So sehen es auch die Mehrheit der Berufstätigen in Deutschland.

Laut einer Studie, die von InKonstellation beauftragt wurde, rechnet die Mehrheit der Arbeitnehmenden in Deutschland damit, dass KI die Arbeitswelt in den kommenden fünf Jahren verändern wird (54 Prozent). Für die Studie des Coaching-Anbieters wurden insgesamt 1.051 Menschen in Deutschland befragt. Faktoren, die sich laut den Befragten verändern werden, sind beispielsweise eine Produktivitätssteigerung, die Automatisierung von Routineaufgaben und eine stärkere Überwachung und Steuerung der Belegschaft. An den Antworten lässt sich ahnen, dass sich die Geister scheiden, inwiefern diese Entwicklung positiv oder negativ gesehen wird.

Mehrheit sieht KI als Chance

Rund 55 Prozent der Befragten sehen im Einsatz von KI mehrheitlich eine Chance. Gründe dafür sind beispielsweise erwartete positive Folgen für Nachhaltigkeit und Klima durch verminderten Ressourceneinsatz (65 Prozent) oder eine Effizienzsteigerung in Produktion, Logistik oder dem Kundenservice (62 Prozent).

Doch auch 45 Prozent der Befragten sehen eher die Risiken beim Einsatz von KI. Sie befürchten zum Beispiel politische Risiken durch den Einsatz von gefakten Statements oder Bildern in politischen Auseinandersetzungen (70 Prozent) oder eine fortschreitende Automatisierung und ein daraus folgender massiver Verlust von Arbeitsplätzen (50 Prozent). Trotz Risiken wie einer fortschreitenden Automatisierung erwartet nur ein geringer Anteil, dass der eigene Arbeitsplatz bedroht ist. Dabei gibt es kaum Unterschiede zwischen Menschen mit akademischem Abschluss (zehn Prozent) und solchen ohne (neun Prozent). Anders sieht es der Historiker und Autor Yuval Noah Harari. Er erwartet, dass durch den Siegeszug der Künstlichen Intelligenz eine sogenannte „useless class“ geben wird. Diese wird seiner Meinung nach strukturell beschäftigungslos bleiben.

Die Sorge um Entlassung teilen auch Befragte einer anderen Umfrage. Laut der Umfrage „AI at Work 2024: Friend and Foe“ der Boston Consulting Group denken 59 Prozent der Befragten, dass es ihren Job im Laufe der nächsten zehn Jahre aufgrund von KI nicht mehr geben wird. 78 Prozent der Befragten gehen außerdem davon aus, dass sich ihr Job in den kommenden Jahren deutlich durch den Einsatz von KI verändern wird. Damit liegt Deutschland bei den Erwartungen an das disruptive Potenzial der Technologie nahe dem internationalen Durchschnitt (79 Prozent weltweit), wobei die Erwartung, dass der eigene Job durch KI ersetzt wird, mit 59 Prozent gegenüber 42 Prozent deutlich höher in Deutschland ist. Für die Studie wurden insgesamt 13.102 Menschen befragt, 1.002 davon in Deutschland.

Die Deutschen sind skeptischer

Generell scheinen die Deutschen der neuen Technologie kritischer gegenüberzustehen als viele andere. Während in Indien (54 Prozent) und dem Mittleren Osten (52 Prozent) mehr als die Hälfte der Befragten Vertrauen in KI haben, sind es in Deutschland nur 40 Prozent. Diese Skepsis zeigt sich auch im Nutzungsverhalten von KI-Anwendungen. Unter den indischen Befragten gaben 96 Prozent an, KI-Anwendungen zu nutzen. Bei den deutschen Befragten waren es rund 92 Prozent.

Besonders unwohl fühlen sich Deutsche beim Einsatz von KI in Auswahlprozessen bei Bewerbungen. Laut einer Studie, durchgeführt durch das SAS-Institut, sind es knapp 80 Prozent, der 1.016 Befragten: „Die Auswahl von Bewerberinnen und Bewerbern ist eine hochsensible Angelegenheit, umso wichtiger ist es, durchgängig Transparenz, Nachvollziehbarkeit und Datenschutz sicherzustellen“, sagt Iwona Szylar, Managing Director von SAS Deutschland zu den Ergebnissen. Bank- und Versicherungsgeschäfte (69 Prozent), Diagnostik und Behandlungsempfehlungen (61 Prozent) sowie KI-basierten Produktempfehlungen (44 Prozent) sehen die Befragten hingegen unkritischer.

Vertrauen gegenüber KI steigt mit dem Nutzungsverhalten

Generell lässt sich sagen, dass das Vertrauen gegenüber KI mit dem Nutzungsverhalten steigt. Auch der Rang innerhalb des Unternehmens macht laut der Umfrage der Boston Consulting Group einen Unterschied im Nutzungsverhalten. Von den Personen in leitenden Positionen nutzen 86 Prozent der Befragten regelmäßig KI-Anwendungen. Wohingegen lediglich 43 Prozent der Angestellten KI regelmäßig nutzen.

Das liegt höchstwahrscheinlich daran, dass Führungskräfte einfach früher und umfassender zum Thema Künstliche Intelligenz und wie man diese für den eigenen Job nutzen kann, geschult werden. In Deutschland wurden bereits 57 Prozent der Führungskräfte und nur 35 Prozent der Angestellten zum Thema befragt. Die Studienmacher kommen deshalb zum Schluss, dass Führungskräfte ihre Unternehmen dahingehend transformieren müssen, dass Künstliche Intelligenz öfter Anwendung im Arbeitsalltag findet. Im Roundtable zu der Studie sagt Vinciane Beauchene, Global Leader of Human x AI bei der Boston Consulting Group, dass es wichtig sei, dass Expertenwissen zu KI in den Unternehmen aufgebaut wird. Denn die Technologie entwickle sich so schnell weiter, dass es deshalb Personen in der Belegschaft geben sollte, die über ein breites Wissen zu dem Thema verfügen. „Man sollte aber auch nicht einfach auf gut Glück in KI investieren, sondern überprüfen, was wirklich zum eigenen Unternehmen passt“, sagt Jeff Walters, Greater China Leader of Boston Consulting Group, dazu.

Das der richtige Einsatz von KI Vorteile mit sich bringt, da ist sich die Mehrheit einig. 83 Prozent der deutschen KI-Nutzer stimmen beispielsweise der Aussage zu, dass sie durch KI schneller arbeiten. Weitere 80 Prozent finden außerdem, dass sich die Qualität ihrer Arbeit durch KI verbessert hätte.

KI wird verändern, wie wir untereinander arbeiten

Doch KI wird nicht nur die Art verändern, wie wir arbeiten, sondern auch wie Menschen untereinander arbeiten. Lediglich zwölf Prozent gehen davon aus, dass KI schwache oder sehr schwache Auswirkungen auf die Zusammenarbeit haben wird. Der Großteil der Befragten der InKonstellation Studie gehen zumindest von leichten (46 Prozent) oder starken (29 Prozent) bis sehr starken (13 Prozent) Veränderungen aus. Laut den Befragten könnte sich der Einsatz von KI zukünftig negativ auf die Kommunikation untereinander und generell auf zwischenmenschliche Aspekte auswirken.

Nicht nur deshalb geht InKonstellation davon aus, dass die Durchdringung der Arbeitswelt mit Künstlicher Intelligenz zu gewaltigen Transformationsprozessen führt. Die Boston Consulting Group gibt dabei den Tipp, die Mitarbeitenden bei diesen Transformationsprozessen nicht zu überfordern. Führungskräfte sollten überlegen, inwiefern es sinnvoll sei, bestimmte Prozesse parallel anzustoßen und ob es in bestimmten Situationen nicht besser wäre, Prozess nach Prozess anzustoßen.

Über den Autor

Frederic Haupt ist Volontär der Personalwirtschaft.

Quelle: personalwirtschaft.de

 

31 Oktober 2024

Wenn wir die KI richtig nutzen, macht sie uns schlauer

Posted in Mind

Wenn wir die KI richtig nutzen, macht sie uns schlauer

Der sinnvolle Umgang mit künstlicher Intelligenz orientiert sich vorzugsweise am Dialog – und steht damit sogar in einer uralten Tradition.

Jahrzehntelang glich unser Verhältnis zur Informationstechnologie einer Einbahnstrasse. Wir fragten, sie lieferte Antworten. Wir suchten, sie warf Treffer aus. Die neuen KI-Sprachmodelle verändern diese Relation: Sie sind in der Lage, mit uns in einen Dialog zu treten.

Künstliche Intelligenz kann uns dazu anregen, verschiedene Perspektiven zu berücksichtigen und unsere Annahmen zu hinterfragen. Man stelle sich etwa einen Arzt vor, der KI zur Analyse von Patientendaten benutzt. Statt einfach nur Ergebnisse zu präsentieren, kann sie den Arzt dazu anregen, alternative Diagnosen und mögliche Verzerrungen in Betracht zu ziehen.

Oder man nehme ein Team, das eine Marketingstrategie entwirft. Die KI kann die Strategien analysieren und dabei nebst eigenen Änderungsvorschlägen alternative Ansätze mit jeweiligen Vor- und Nachteilen aufzeigen.

Kurz, die KI spuckt nicht vorgefertigte Lösungen aus, sondern sie verbessert dank ihren enormen Datenmengen und den daraus gelernten Strukturen die Entscheidungsfindung – indem sie neue Perspektiven einbringt und kritisches Denken einfordert.

Nutzen und Grenzen der KI

Eine kürzlich von Harvard und dem MIT durchgeführte Studie mit 750 Beratern der renommierten Managementberatung Boston Consulting Group hat sowohl den Wert als auch die Risiken der Anwendung einer solchen dialogischen KI verdeutlicht. Bei der Nutzung von KI für kreative Aufgaben verbesserten rund neunzig Prozent der Teilnehmer ihre Leistung.

Berater mit dem tiefsten Leistungsniveau verbesserten sich deutlich stärker als solche mit dem höchsten Niveau. Wichtig ist auch zu wissen: Bei der Arbeit an der Lösung von komplexeren Problemen nahmen viele die Ergebnisse der KI für bare Münze – und ihre Leistung war im Durchschnitt um 23 Prozent schlechter als ohne KI.

Arbeiten in einer neuen Ära

Die Verbreitung dialogischer KI bedeutet also nicht das Ende der Arbeit; vielmehr signalisiert sie einen Wandel der benötigten Kompetenzen. Sicherlich werden monotone Aufgaben automatisiert werden, doch die Fähigkeit, kritisch zu denken, Informationen zu analysieren und effektiv zu kommunizieren, erlangt oberste Priorität.

Entscheidend ist, dass Arbeitnehmer sich im Umgang mit KI wohlfühlen, damit sie deren Fähigkeit zur Lösung komplexer Probleme und zur Entwicklung kreativer Lösungen nutzen können. Diese Mensch-KI-Partnerschaft birgt immenses Potenzial – nicht nur für erhöhte Effizienz und Produktivität, sondern auch für die qualitative Aufwertung von Arbeit und Entscheidungsfindung in allen Sektoren.

Was die Akzeptanz von KI-Anwendungen und deren Verwendung durch die Arbeitnehmer angeht, ist das von höchster Wichtigkeit. Zudem kann eine qualitative Aufwertung der Arbeit bei der Rekrutierung und der Loyalität der Mitarbeitenden eine gewichtige Rolle spielen.

Tradition der sokratischen Methode

Dank den neuen KI-Sprachmodellen können wir zum ersten Mal in unserer natürlichen Sprache mit einer Technologie in einen Dialog treten. Wir nutzen die neuen KI-Modelle im Allgemeinen aber unzureichend. Erstens ist der grosse Vorteil der KI-Sprachmodelle nicht ihre Kapazität, Wissen zu reproduzieren – oft mit einer gewissen Zufälligkeit, welche Halluzinationen genannt wird. Zentral ist ihre Fähigkeit, unser Denken herauszufordern und dadurch deutlich zu schärfen.

Zweitens sollten wir das Denken – entgegen der verbreiteten Meinung – als eine soziale Tätigkeit verstehen. Nur im Zusammenspiel mit einem Gegenüber kommt dessen Potenzial zur vollen Entfaltung – ganz in der Tradition der sokratischen Methode.

An diesem Schnittpunkt der generativen KI und einer sozialen Konzeption des Denkens liegen die revolutionären Möglichkeiten der neuen KI. Wir können mit der KI in einen Dialog treten, der unser Denken vorurteilsfreier, kreativer und kritischer macht.

Über den Autor

Sepp Ruchti ist in der Finanzbranche leitend tätig und beschäftigt sich dort unter anderem mit dem Themenbereich AI.

Quelle: NZZ Neue Zürcher Zeitung

17 Oktober 2024

Generalist oder Spezialist: Welchen Typ brauchen wir in den Unternehmen?

Posted in Mind

Generalist oder Spezialist: Welchen Typ brauchen wir in den Unternehmen?

Mein letzter Beitrag hier zum Thema Generalisten hat für reichlich Furore gesorgt. Deshalb möchte ich das Thema vertiefen. Schon gleich vorweg: Nicht ein unversöhnliches Entweder-Oder, sondern ein verbindendes Sowohl-als-auch bringt uns weiter. Natürlich brauchen wir nach wie vor viele Spezialisten, also I-Profile, aber wir brauchen mehr T-, H- und X-Typen.

Mit dem Voranschreiten des Fortschritts und dem Aufstieg junger, forscher, agiler Unternehmen entstehen gänzlich neue Geschäftsmodelle, neue Organisationsdesigns, neue Formen der Arbeit, ein neues Führungsverständnis – und völlig neue Berufe wie etwa diese: Smart-City-Entwickler, Roboter-Disponent, 3D-Handwerker, KI-Trainer, Prompt Engineer, Metaverse Creator, Technologie-Ethiker, Circular-Economy-Designer.

Doch auch die werden wieder verschwinden, um noch neueren Berufsbildern Platz zu machen. Und das wird, wie alles andere auch, immer schneller passieren. 85 Prozent der Berufsbilder, die 2030 den Arbeitsmarkt bestimmen werden, gab es bis vor Kurzem noch gar nicht. Das ergab die Untersuchung „Realizing 2030: Die Zukunft der Arbeit“ des Instituts for the Future in Zusammenarbeit mit dem Technologieunternehmen Dell.

Die neuen Berufe gehen multioptional in die Breite

Die neuen Berufe haben vor allem mit Innovieren, Adaptieren, Kombinieren, Experimentieren, Koordinieren, Kollaborieren, Flexibilisieren, Individualisieren und Emotionalisieren zu tun. Sie verlangen Gespür sowohl für die Menschen als auch für die neueste Technologie. Zunehmend zeigt sich, wie schnell man Expertisen aus der Vergangenheit über Bord werfen muss, weil plötzlich alles ganz anders läuft als zuvor.

Fortan werden wir Mitarbeitende brauchen, die multiperspektivisch denken und kombinatorisch handeln, sich ständig weiterentwickeln und, aufbauend auf einem breiten Wissensfundament, Gesamtzusammenhänge verstehen. Grundvoraussetzung dafür und zugleich unverzichtbar ist eine lebenslange, eigeninitiative Lernbereitschaft, um für die sich immer rasanter wandelnde Zukunft gerüstet zu sein.

So sorgen fundiert agierende Generalisten für ihre Employability vor allem auch dort, wo immer performantere künstliche Intelligenzen die reinen Spezialisten zunehmend ersetzen. Sehr oft mithilfe künstlicher Intelligenz als Co-Kreator und Co-Assistenz gelingt es Generalisten mit multiplen Kompetenzen, Initiativen in Gang zu bringen, die Ideen, Wissen und Können auf neue, unkonventionelle Weise miteinander vereinen.

Übergreifende Vernetzung gewinnt stark an Bedeutung

„Wir nähern uns einer postdisziplinären Ära, in der die einzelnen Fachgebiete immer weniger relevant werden und ihre Vernetzung untereinander an Bedeutung gewinnt“, so Ulrich Weinberg, Direktor der School of Design Thinking am Hasso-Plattner-Institut, schon vor Jahren. Vor allem muss sich junge Digitalkompetenz mit langjährigem Erfahrungswissen sowie Bewährtes mit dem notwendigen Neuen verknüpfen.

Die globale digitale Vernetzung, die immer drastischeren Folgen des Klimawandels sowie die Neukombination von Technologien und Industrien in Ecosystemen sorgen für vielerlei Wechselwirkungen, die sich im Vorfeld gar nicht absehen lassen. Ein derart unvorhersehbares Umfeld erfordert maximale Adaptionskompetenz – und damit auch mehr Generalisten mit breit fundiertem Wissen und Können.

Generalisten haben ein gutes Gespür für Komplexität und können Zusammenhänge übergreifend erkennen. Sie vergraben sich nicht in ein Fachgebiet, sondern öffnen sich für verschiedene Disziplinen. Nicht nur in einem, sondern in verschiedenen Netzwerken sind sie aktiv. Insbesondere können sie Rollen wechseln, wenn Randthemen plötzlich zum Mainstream werden. Schauen wir uns in diesem Kontext I, T, H und X einmal an.

I-shaped: tiefes Wissen auf einem einzigen Fachgebiet – die Spezialisten

Spezialisten werden wir definitiv auch weiterhin brauchen, doch ihr Stand ist, wie schon allein der Buchstabe zeigt, nicht besonders stabil. Ihr Wissen ist zwar sehr fundiert und überaus tief, doch wenig breit. Sie sind in einer Art Silodenke verfangen. Nur das, was innerhalb dieser Grenzen liegt, kommt für sie dann auch in Betracht. Die eigene ist die beste aller Lösungen, weil der Spezialist gar keine anderen Lösungen kennt.

Spezialisten agieren oft in einer abgeschotteten Welt. Sie analysieren und analysieren. Und das dauert und dauert. So verplempern sie wertvolle Zeit, die in Zukunft niemand mehr hat. Außerdem hocken sie oft auf Knowhow, das in der Next Economy kaum noch was wert ist. Zu schnelllebig sind die benötigten Expertisen. Wenn Kenntnisse rascher altern als jemals zuvor, dann ist Bestandswissen nur noch marginal sinnvoll.

Niemand ist heute mehr „aus“gebildet. Spezialisten können ihre Position maßgeblich verbessern, indem sie ihr Fachwissen kontinuierlich verbreitern und das I damit stabiler machen, am besten „on the job“ nahezu täglich. Unterstützung bietet die ganze Palette der E-Learning-Programme, zudem Learning Games, Lern-Podcasts, Webinare, Lern-Apps und der fortan maßgebliche Beistand durch persönliche KI-Lernassistenten.

T-shaped: in der Tiefe und auch in der Breite aktiv

Symbolisiert durch das T vereinen T-förmige Profile Fähigkeiten von Spezialisten und Generalisten. Neben ihrer eigentlichen Expertise (senkrechte Linie) haben sie fachübergreifendes Wissen in angrenzenden oder übergeordneten Bereichen (waagerechte Linie), so dass sie ganzheitlicher handeln und vielseitiger einsetzbar sind. Sie denken in Zusammenhängen statt, wie ein Experte, nur einen Ausschnitt zu sehen.

T-förmige Talenttypen sind etwa in der zunehmenden Projektarbeit sehr gefragt, weil sie sich leichter einarbeiten und besser in neue Rollen hineinwachsen können. Auch wenn es um die steigende Bedeutung von Shared Leadership geht, können sie punkten. Dies ist ein immer öfter praktiziertes Modell, bei dem jeder in einem Projektteam je nach Situation und Bedarf mal als Mitarbeitender und mal an Führender operiert.

Eine Sonderform des T-shaped Profils ist das sogenannte Full-Stack-Profil. „Full stack“ bedeutet in etwa „das komplette Paket“. Der Begriff wird vor allem in der IT-Branche verwendet, wo man zum Beispiel Full-Stack Developer kennt: Programmierer, die sowohl Frontends (die Benutzeroberfläche) als auch Backends (die Datenbank) entwickeln. Talente mit einem Full-Stack-Profil finden wir sehr oft auch in Startups.

H-shaped: die Konnektoren zwischen den Welten

„Ich habe zwei Superkräfte“, schreibt eine Leserin auf Linkedin. Sie kann das Big Picture und die darin verwobenen Zusammenhänge erkennen, etwas, das anderen oft verborgen bleibt. Und sie hat „Übersetzungskompetenz“, weil sie sich mit Menschen aus unterschiedlichen technischen Bereichen und Hierarchie-Ebenen unterhalten und deren Wissen und Können miteinander verbinden kann, ohne aneinander vorbeizureden.

Ausgeprägtes interdisziplinares Denken und ein kommunikatives Zusammenbringen mehrerer Abteilungen oder Projekte fehlt leider sehr häufig, wenn zu viele Spezialisten am Werk sind. Insofern sind H-förmige Talenttypen die Brückenbauer im Unternehmen, oft auch Konnektoren zwischen drinnen und draußen. Sie sehen nicht nur den eigenen Beitrag, sondern verstehen, wie alles ineinandergreifen kann, soll und muss.

Sie sind darin geübt, Spezialwissen aus verschiedenen Bereichen zu kombinieren. Kurz, sie sind die, die einen hohen Assoziationsspielraum besitzen. Solche Menschen können mit großer Leichtigkeit in verschiedene Denkweisen schlüpfen. Sie haben die Fähigkeit, ihre Kompetenzbreite auf unterschiedlichste Situationen anzuwenden. Das H-förmige Talenteprofil kann insofern Geburtshelfer für bahnbrechende Innovationen sein.

X-shaped: der Typ, den wir nun immer mehr brauchen

X-förmige Talentprofile verknüpfen völlig verschiedene Disziplinen miteinander. Bestes Beispiel dafür ist die Verkettung der digitalen und mit der grünen Transformation, auch als Twin Transformation bezeichnet. Die, die in beidem eine Vorreiter-Strategie entwickeln, gelten als Twin Transformer oder Twin Performer. Ihnen gehört die Zukunft. Manche glauben sogar, unser Planet sei überhaupt nur so noch zu retten.

Schnittstellen (das Zentrum des X) sind die dynamischsten Orte für Fortschritt und Wandel. Sie gestatten einen Ausbruch aus vorherrschenden Denkmustern und etablierten Vorgehensweisen. Sie bieten beste Gelegenheiten für die Neuverknüpfung von Möglichkeiten. Sie erweitern, wie bei einer Straßenkreuzung, den Horizont. Sie lassen neue Blickwinkel entstehen. Und man kann in neue Richtungen gehen.

Durch Überkreuzbefruchtung treten an Schnittstellen überraschende, faszinierende, außergewöhnliche Ideen zutage, die den Lauf der Dinge stark beeinflussen oder sogar radikal verändern können. Sie ermöglichen das Andocken weiterer Ideen im gesamten System und zugleich die Fortentwicklung an den einzelnen Strängen. Wer solche Schnittstellen findet oder erschafft und clever besetzt, wird quasi unschlagbar.

Wie HR sich auf solche Talentprofile einstellen kann

Zunächst braucht es ein neues Mindset: Wer aus dem monokulturellen Grundgedanken bestehender Silostrukturen und interner Konkurrenz ausbricht, wer Kollaboration, Vernetzung und Co-Kreativität akzeptiert, dann schließlich multidimensionale Business-Ecosysteme etabliert, liegt fortan vorn. Was uns daran vor allem hindern, ist kognitive Zukunftskurzsichtigkeit. Das heißt, wir denken nicht weit genug in die Zukunft.

Die Fachkraft mit 28 dezidierten Anforderungsmerkmalen wird ja meist von einer Abteilung gesucht, die jetzt eine Lücke zu stopfen hat. HR wird dabei zum reinen Aufgabenerfüller. Beide Seiten kümmern sich nicht um die strategischen Aspekte, die in Zukunft relevant sein werden. Genau diese Fachkraft mit ihren Spezialkompetenzen wird nämlich obsolet, sobald Altes verschwindet und Neues entsteht.

Entwicklungsplan

Von daher abschließend hier mein Entwicklungsplan in fünf Schritten:

Schritt 1: Die notwendigen Erkenntnisse zu Themen der Zukunft gewinnen
Schritt 2: Verstehen, was dies für das Unternehmen und HRM fortan bedeutet
Schritt 3: Ein Zukunftszielbild entwickeln, das alle im Unternehmen inspiriert
Schritt 4: Aus dem bislang oft zu reaktiven in ein proaktives Handeln kommen
Schritt 5: Mehr T-, H- und X-Generalisten suchen, finden, fördern und fordern

 

Zur Person

Anne M. Schüller ist Managementdenker, Keynote-Speaker, mehrfach preisgekrönte Bestsellerautorin und Businesscoach. Die Diplom-Betriebswirtin gilt als führende Expertin für das Touchpoint Management und eine kundenfokussierte Unternehmensführung. Zu diesen Themen hält sie Impulsvorträge auf Tagungen, Fachkongressen und Online-Events. 2015 wurde sie für ihr Lebenswerk in die Hall of Fame der German Speakers Association aufgenommen. Beim Business-Netzwerk Linkedin wurde sie Top-Voice 2017 und 2018. Von Xing wurde sie zum Spitzenwriter 2018 und zum Top Mind 2020 gekürt. Ihr Touchpoint Institut bildet zertifizierte Touchpoint Manager und zertifizierte Orbit-Organisationsentwickler aus.
 
Quelle: hrjournal.de
________
 

Das neue Buch der Autorin

Foto Buchcover Zukunft meistern

Anne M. Schüller
Zukunft meistern
Das Trend- und Toolbook für Übermorgengestalter
Gabal Verlag 2024, 232 S., 29,90 €
ISBN: 978-3-96739-181-7

 

06 September 2024

Alter vor GenZ: Warum Sie auch an Best Ager denken müssen

Posted in Mind

Die Generation 50plus ist wichtig im Kampf gegen den Fachkräftemangel. Faktor A hat 15 Tipps für Sie, wie Sie Best Ager gewinnen, binden und lange gesund im Betrieb halten.

Alter vor GenZ: Warum Sie auch an Best Ager denken müssen

Durch den demografischen Wandel steigt die Zahl älterer Beschäftigter. Im letzten Beitrag haben wir deren Erwartungen und Wünsche vorgestellt. Lesen Sie nun unsere zugehörigen Praxistipps!

Bye, bye GenZ, welcome Boomer! Im letzten Faktor A-Beitrag zum Thema "Best Ager am Arbeitsmarkt" haben wir gezeigt, warum die Alten im Kommen sind und den Arbeitsmarkt der Zukunft mitbestimmen werden. Wir haben gezeigt, wie und warum sich der demografische Wandel immer deutlicher in den Belegschaften deutscher Unternehmen abzeichnet. Ebenso, dass Arbeitgeber nicht nur auf die jüngeren Generationen Y und Z schauen, sondern auch die Erwartungen und Bedürfnisse der Generation 50plus kennen und berücksichtigen sollten. Obwohl viele Betriebe bereits darauf achten, junge Talente anzulocken und ihnen attraktive Karriereperspektiven zu verschaffen, bleiben Maßnahmen zum Erhalt älterer Mitarbeitender (noch zu) häufig auf der Strecke. Also höchste Zeit zum Handeln!

15 Tipps für Arbeitgeber, mit denen Sie Ihre Beschäftigten fit fürs Alter machen

Sie wollen wissen, wie Sie Ihr Unternehmen demografiefester machen können? Dazu haben wir für Sie eine kleine Frischzellenkur zum Thema „Best Ager“ zusammengestellt. Im Folgenden finden Sie kompakte Tipps aus den Bereichen Kultur und Führung, Flexibilität, Weiterbildung und Gesundheit, mit denen Sie Best Ager (und die, die es noch werden) bestmöglich ansprechen, motivieren und binden.

Ein Hoch auf die generationengerechte Kultur und Führung

Betriebe, die den demografischen Wandel gut bewältigen wollen, stellen das Wohlbefinden und die Gesundheit ihrer Mitarbeitenden auf die gleiche Stufe wie den wirtschaftlichen Erfolg oder die Zufriedenheit ihrer Kundschaft. Moderne Führungsstrukturen und eine demografiefeste Personalpolitik bilden hier die Basis.

Tipp 1: Wertschätzung und Kommunikation

Alter ist kein Makel und bringt durchaus wertvolle Kompetenzen mit sich. Führungskräfte, die dem eigenen Alterungsprozess gelassen entgegensehen, treten gegenüber älteren Mitarbeitenden offen auf und erkennen deren Potenzial besser. Eine vertrauensvolle Kommunikation ermöglicht hier den Zugang zu Älteren und hilft, Probleme oder Überforderungen schnell offenzulegen. Speziell bei der Einführung von Maßnahmen zur Bindung älterer Beschäftigter sollten Sie stets auch die Jüngeren mit einbeziehen. Denn Akzeptanz wird erst dann geschaffen, wenn für alle ein klarer Nutzen vorhanden ist und sich alle aktiv beteiligen können. Sonst erscheinen Angebote schnell unfair oder diskriminierend. Zudem müssen Best Ager die Option erhalten, ihre Erfahrung und ihr Wissen einfließen zu lassen. So entsteht bestenfalls ein Generationenzusammenhalt, von dem beide Seiten und Ihr Betrieb nur profitieren können.

Tipp 2: Zusammenarbeit

Flache Hierarchien, bei denen sich Vorgesetzte in die einzelnen Teams einbringen, erlauben eine bessere Beurteilung der Stärken und Schwächen der einzelnen Mitarbeitenden. Oberstes Gebot für Jung und Alt im Betrieb sollte auch die gegenseitige Toleranz, Fürsorge und der Respekt füreinander sein. Die Alten lernen etwa von den IT-affinen Jungen, diese umgekehrt von ihnen den Umgang mit Kundschaft und Kollegenkreis. Intergenerative Team- und Projektstrukturen fördern hier die interdisziplinäre und abteilungsübergreifende Zusammenarbeit zwischen Alt und Jung.

Tipp 3: Altersgerechte Arbeitsplanung und Förderung

Ältere Mitarbeitende benötigen zum Teil Veränderungen in ihrem Aufgabenbereich, um weiter produktiv zu sein. Führungskräfte müssen die Entwicklungen erkennen und fähig sein, auch die zukünftigen Arbeits- und Einsatzmöglichkeiten abzuschätzen und im Voraus zu planen. Genauso sollten Führungskräfte die Beschäftigten entsprechend ihrer Talente und Leistungsfähigkeit altersgerecht fördern und über die Generationen hinaus fordern.

Tipp 4: Diverse Recruiting-Strategie

Personalverantwortliche haben oftmals eher die Jungen im Blick. Machen Sie sich die hohe Bereitschaft zum Jobhopping der Generation Ü50 zunutze! Lassen Sie kein Kandidaten-Potenzial links liegen, sondern rücken Sie gezielt auch Ältere in den Fokus Ihrer Rekrutierungsmaßnahmen.

Tipp 5: Altersstruktur- und Qualifikationsbedarfsanalyse

Als Arbeitgeber sollten Sie Ihren Personalstamm regelmäßig einer Analyse unterziehen. So erfahren Sie, wie er sich in der Zukunft entwickelt und wann in welchen Abteilungen Mitarbeitende in Rente gehen. Sie erkennen besser, welche Qualifikationen vorhanden sind und künftig im Betrieb benötigt werden. Genauso finden Sie heraus, welche Qualifikationen Sie inhouse mit dem eigenen Mitarbeitenden-Potenzial entwickeln können und müssen.

Ein Hoch auf das Lernen

Leider kommt die Fort- und Weiterbildung älterer Arbeitnehmender laut Silver-Workforce-Studiebisher viel zu kurz. Je weniger das Alter dabei thematisiert wird, desto zielführender. Denn nur selten ist es sinnvoll, Angebote nicht an alle, sondern nur an Ältere zu richten. Das kann bei Tablet-Schulungen oder bei Weiterbildungen mit schwerer körperlicher Arbeit zutreffen. Vielmehr sollte lebenslanges Lernen fester Bestandteil Ihrer Unternehmenskultur sein.

Tipp 6: Re- und Upskilling

Schaffen Sie altersgerechte Angebote, die es Best Agern ermöglichen, ihre Kenntnisse kontinuierlich aufzufrischen und sich weiterzuentwickeln. Bei neuen Tätigkeiten und Arbeitsmitteln sollten sie eine ausreichende Einweisung, Einarbeitung und/oder Fortbildung erhalten. So reduzieren Sie Belastungen und fördern das Commitment.

Tipp 7: Job Enlargement, Job Enrichment und Job Rotation

Entwicklungs- und Aufstiegsperspektiven tragen dazu bei, dass sich Ältere weiter engagieren und stetig weiterbilden. Karriere-upleveln muss auch im Alter selbstverständlich sein! Ein Ansatz: die Erweiterung der Aufgaben mit gleichem oder höherem Anforderungsniveau. Oder schaffen Sie Abwechslung! Das geht mit Instrumenten wie dem Wechsel zwischen verschiedenen Arbeitsplätzen. So können ältere Beschäftigte nicht nur potenzielle altersgerechte Alternativen bestimmen, sondern bleiben fitter und erfüllter.

Tipp 8: Betriebsinterne Praktika bis Neuorientierung

Auch darüber lässt sich prima herausfinden, ob im Alter eventuell andere interne Tätigkeiten in anderen Arbeitsbereichen infragekommen.  Wenn die Gesundheit nicht mehr mitspielt, bieten sich Umschulungen oder Umsetzungen auf andere Stellen im Betrieb mit weniger oder gar keinen körperlich anstrengenden Tätigkeiten an.

Tipp 9: Coaching-, Mentoring-, Paten- und Tandemsysteme

Über frühzeitige Programme können Sie den Wissenstransfer zwischen älteren und jüngeren Beschäftigten fördern. Über Alumni-Netzwerke lassen sich Ältere bei Bedarf für einen temporären Wiedereinstieg gezielt ansprechen und gewinnen.

Tipp 10: Benefits

Auch Best Ager fragen sich, was sie konkret von einer späten Weiterbildung haben. Ein höheres Gehalt, Zusatzleistungen, mehr Durchblick bei internen Vorgängen oder die Aussicht auf neue interessante Projekte können hier bei der Motivationsfindung ebenso helfen wie die Übernahme der Kosten für die Weiterbildung.

Ein Hoch auf die Flexibilität

Das Klischee, dass ältere Beschäftigte unflexibel sind, ist so nicht haltbar. Als Arbeitgeber sollten Sie hier unbedingt die passenden Rahmenbedingen auch fürs Alter schaffen.

Tipp 11: Flexible Arbeitszeiten und -orte

Auch im höheren Alter bleibt Flexibilität wichtig. Das gilt zugleich für Remote Work, Homeoffice und hybrides Arbeiten. Denn auch als Oma oder Opa stellt sich die Frage nach der Vereinbarkeit von Familie und Beruf, wie der Pflege Angehöriger oder Betreuung der Enkelkinder. Mehr Zeit für die Familie bei einem gesicherten Einkommen kann die Motivation älterer Beschäftigter erhöhen, Ihrem Betrieb länger treu zu bleiben. Denkbar sind auch Teilzeitstellen bis hin zu ganz flexiblen Lösungen.

Tipp 12: Individuelle Freiräume

Ältere sollten Schichtarbeit reduzieren oder davon ausgenommen werden. Geben Sie Ihnen die Freiheit, die Arbeitsbelastung und das Aufgabenspektrum an ihre individuellen Bedürfnisse anzupassen. So vermeiden Sie Überlastung und Unzufriedenheit. Für Menschen in körperlich anspruchsvollen Berufen und mit gesundheitlichen Einschränkungen sollten passgenaue Lösungen gesucht werden. Aufgaben mit Wahl- und Entscheidungsoptionen bieten weiteres Potenzial, wie bei der aktiven Mitgestaltung von Dienstplänen oder aktiven Pausen. Bestenfalls sollten flexible Pausenregelungen her, mit denen Ältere lange und gesund fahren. Individuelle und Gruppencoachings können dabei helfen, das persönliche Zeit- und Zielmanagement gesundheitsschonend zu steuern. Das kann langfristig psychische Belastungen reduzieren, die im Alter zunehmen.

Ein Hoch auf die Gesundheit

Dass die Generation 50plus lange fit bleibt und länger arbeitet – das geht nur, wenn die Gesundheit im Alter mitmacht. Die Lösung: Betriebliche Gesundheitsförderung – und das für alle so früh wie möglich! Denn die Arbeitsgestaltung hat enormen Einfluss auf die körperliche und geistige Gesundheit. Beschwerden am Bewegungsapparat (wie Rückenschmerzen) und psychische Probleme (wie Burn-out) zählen zu den häufigsten Ursachen für eine Arbeitsunfähigkeit. Für eine lange Beschäftigungsfähigkeit braucht es daher präventive Maßnahmen und eine umfassende individuelle Analyse.

Tipp 13: Arbeitsplatzanalysen und Befragungen

Überforderung wie Unterforderung sind gesundheitlich belastend. Führen Sie deshalb regelmäßige Befragungen und Arbeitsplatzanalysen durch, um etwaige Belastungen zu ermitteln und zu reduzieren. Prüfen Sie zudem die Erwerbsbiografien Ihrer Beschäftigten frühzeitig auf besondere Belastungen hin, um altersbedingten Leistungseinbußen vorzubeugen. Der Arbeitsfähigkeitsindex zeigt Ihnen, wie jemand persönlich seine aktuelle und zukünftige Arbeitsfähigkeit einschätzt, inklusive Leistungsgrenzen, Leistungsreserven und individueller Belastbarkeit. Als Arbeitgeber können Sie damit die Arbeitsfähigkeit gezielt unterstützen, optimieren und besser auf die individuellen Stärken und Schwächen eingehen.

Tipp 14: Gesundheitsprogramme und Rehabilitation

Um Ihre Belegschaft zu einem gesunden Arbeits- und Lebensstil zu bewegen, sollten Sie am individuellen Verhalten ansetzen. Sensibilisieren Sie über Schulungen, Unterweisungen, Fitnesskurse, Gesundheitsworkshops oder Gruppenarbeiten. Etablieren Sie ein betriebliches Gesundheitsmanagement, das eine regelmäßige Bewegung, gesunde Ernährung samt Stressmanagement fördert. Sinnvoll sind auch Maßnahmen zur Entspannung und Suchtprävention. Regelmäßige Check-ups über einen Ärztlichen Dienst und betriebliche Sportangebote tragen weiter zur Stressreduktion bei, da sie Platz für andere Verpflichtungen und Hobbies in der Freizeit schaffen. Sofern Ihre älteren Beschäftigten über Smartphones oder PC verfügen, können Sie ergänzend digitale Lösungen bereitstellen.

Sind gesundheitliche Beeinträchtigungen einmal da, müssen Rehabilitationsbedarfe frühestmöglich erkannt werden. Nur so kann einer Erwerbsminderung oder Frühverrentung entgegengewirkt werden. Ein Wiedereinstieg gelingt nämlich aktuell nur bei 12 Prozent, oft nur in Minijobs. Verweisen Sie Betroffene frühzeitig auf Beratungs- und Förderangebote, wie das der Bundesagentur für Arbeit, und nehmen Sie Kontakt zu unserem Arbeitgeber-Service auf, um gesundheitlich beeinträchtigte Personen (weiter) zu beschäftigen: über Zuschüsse für technische Arbeitshilfen, für Umschulung, Aus- und Weiterbildung und technische Anpassungen am Arbeitsplatz. Weiter gibt es Förderungen für Langzeitarbeitslose und Eingliederungszuschüsse.

Tipp 15: Ideale Arbeitsbedingungen

Schon kleine Änderungen erhalten und steigern die Leistungsfähigkeit und das Wohlbefinden Ihrer älteren Beschäftigten.

Ergonomie: Viel Sitzen oder Überlastung in körperlich anstrengenden Berufen, rächen sich früher oder später: Beugen Sie vor, indem Sie den Arbeitsplatz so ergonomisch wie möglich einrichten. Dazu gehört u.a. die richtige Sitzhöhe, aber auch die Möglichkeit zur regelmäßigen Bewegung. Ein höhenverstellbarer Schreibtisch für das Arbeiten im Stehen, aktive Pausen oder Besprechungen im Stehen bieten sich ebenso an.

Licht: Eine stärkere Beleuchtung und eine blendfreie und schattenarme Ausleuchtung des Arbeitsplatzes verbessern die Sicht älterer Arbeitnehmender.

Raumklima: Eine eher warme, Arbeitsumgebung mit einer angemessen hohen Luftfeuchtigkeit verbessert das Wohlbefinden und die Arbeitsleistung.

Lärm: Lärm belastet uns alle. Jüngere können das häufig nur besser kompensieren. Von einer ruhigen Umgebung profitiert jedoch die gesamte Belegschaft.
Gefährdungs- und Belastungsbeurteilung: Um Gefahrenquellen und ungünstige Belastungen für alterstypische Beschwerden sicher zu identifizieren, ist diese unentbehrlich.

Fazit

Trotz Überalterung sind ältere Arbeitnehmende eine wertvolle Ressource. Es liegt an Ihnen, das Potenzial zu erkennen, zu fördern und auszuschöpfen, indem Sie ein inklusives wie nachhaltiges Arbeitsumfeld schaffen. Ein Generationen-Management, bei dem die Schwächen Älterer ausgeglichen und ihre Qualitäten voll zum Tragen kommen, ist das Gebot der Stunde. Stellen Sie daher noch heute die Weichen für morgen.

Denn, wer hier schläft, läuft Gefahr, bald selbst alt auszusehen!

Zur Autorin

Katrin Feuerstein - Referentin für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit bei Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB)

Quelle: Faktor A - Das Arbeitgebermagazin

30 August 2024

Best Ager am Arbeitsmarkt: Eine ungenutzte Ressource im Kampf gegen den Fachkräftemangel

Posted in Mind

Warum Silver Worker Hochkonjunktur haben und Arbeitgeber sich darauf einstellen müssen.

Best Ager am Arbeitsmarkt: Eine ungenutzte Ressource im Kampf gegen den Fachkräftemangel

Die Zahl älterer Beschäftigter ab 50 steigt. Es droht eine massive Fachkräftelücke. Lesen Sie jetzt, was sich Best Ager wünschen und, was sie von Arbeitgebern erwarten.

Es „boomt“ am deutschen Arbeitsmarkt – doch nicht im wirtschaftlichen Sinn. Vielmehr steigt die Zahl der Älteren rasant. Von der „Altenrepublik“ Deutschland ist die Rede, gar vom „alten Mann Europas“. Und tatsächlich: Der Babyboom der Nachkriegszeit, der 1964 mit 1,36 Millionen seinen Höchststand erreichte, ist lange vorbei. Seit dem „Pillenknick“ sinken die Geburten stark, brachen zuletzt infolge multipler Krisen massiv ein. So liegt die Geburtenrate 2024 auf dem tiefsten Stand seit 2009. Seit den 1970ern steigt die durchschnittliche Lebenserwartung fast kontinuierlich an. Die Folge: Die Deutschen werden immer älter. Und der demografische Wandel zeichnet sich immer deutlicher auch in den Belegschaften deutscher Unternehmen ab.

Sicher ist: In den nächsten Jahren werden die Babyboomer-Jahrgänge aus dem Erwerbsleben ausscheiden. Schon 2023 gingen in Deutschland erstmals mehr Menschen in Rente als volljährig wurden. In manchen Bundesländern wird es mehr Menschen mit Pflegestufe geben als Wähler unter 30. Und das die nächsten 20 Jahre lang! Die Konsequenzen sind verheerend: Für die Jungen wie für die Wirtschaft. Es wird eine massive Fachkräftelücke entstehen. Auch wenn sich der Arbeitsmarkt im Wandel befindet und viele Strukturen immer stärker auf die jüngere Generation Y und Z ausgerichtet sind, tun Arbeitgeber gut daran, die Älteren nicht zu vergessen. Denn es kommen nicht nur weniger Jüngere nach. Auch die, die noch da sind, werden älter. Daher wird es immer wichtiger, die Bedürfnisse und Erwartungen älterer Beschäftigter ernst zu nehmen und die passenden Voraussetzungen am Arbeitsplatz für eine lange Teilhabe am Arbeitsleben zu schaffen.

Altenrepublik Deutschland: Warum Best Ager im Kommen sind

Laut Statistik der Bundesagentur für Arbeit sind aktuell knapp 40 Prozent 55plus. Ü55 sind somit fast 32 Mio. Menschen. Dank der geburtenstarken Boomer-Jahrgänge hat besonders die Zahl der 55- bis unter 65-Jährigen zugenommen. Weiter erhöht die stufenweise Anhebung des Renteneintrittsalters auf 67 Jahre die Zahl der über 65-Jährigen am Arbeitsmarkt. Selbst die "Rente mit 63" sorgte nur kurzfristig für eine sinkende Beschäftigung und Arbeitslosigkeit Älterer.

Auffallend: Die Erwerbsneigung und Erwerbsbeteiligung älterer Beschäftigter steigt seit Jahren deutlich und stärker als in allen anderen Altersgruppen. Dafür sind zwei Dinge maßgeblich: Einerseits geht die Zahl der erwerbslosen Älteren zurück. Andererseits steigt ihre Erwerbstätigkeit überdurchschnittlich. Ältere nehmen damit öfter und – bezogen auf ihr Alter – länger am Erwerbsleben teil. Das zeigt sich auch an den kräftigen Zuwächsen bei der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung Älterer. Die Beschäftigungsquote der jüngeren Älteren von 55 bis unter 60 Jahren ist mit 64,3 Prozent sogar etwas höher als die der 15- bis unter 65-Jährigen (62 Prozent). Trotz kräftigem Plus sind die 60- bis unter 65-Jährigen – insbesondere wegen der Übergänge in den Ruhestand – dagegen seltener beschäftigt. Inzwischen ist fast jeder Vierte der 34,4 Mio. sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Deutschland 55 Jahre und älter.

Ältere arbeiten – auch wegen der Nutzung von Altersteilzeitmodellen – dabei öfter weniger als die tariflich vereinbarte Wochenarbeitszeit. 33 Prozent nutzen Teilzeit. Dagegen ist die geringfügig entlohnte Beschäftigung nicht überdurchschnittlich verbreitet. Anders bei Personen, die über die Regelaltersgrenze hinaus arbeiten: Sie sind überwiegend männlich und ausschließlich geringfügig beschäftigt. Denn Minijobs gewinnen mit zunehmendem Alter an Bedeutung, während die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung zurückgeht. Ferner sind Hochqualifizierte im Alter häufiger erwerbstätig. Genauso wächst der Anteil der mindestens 55-Jährigen in Mangelberufen: u.a. in der Pflege, den MINT-, Mechatronik-, Energie- und Elektroberufen. In der Pflege stieg ihr Anteil in 10 Jahren auf rund ein Viertel.

Ältere haben zwar ein geringeres Risiko, arbeitslos zu werden. Doch sie sind eher langzeitarbeitslos. Ein Viertel der 2,6 Mio. Arbeitslosen ist aktuell 55 Jahre und älter. Zudem ist der Anteil der Schwerbehinderten bei den Älteren mit 13 Prozent doppelt so hoch wie bei allen Arbeitslosen zusammen. Zu berücksichtigen ist hierbei, dass eine im Lebensverlauf erworbene Krankheit oft erst eine Schwerbehinderung auslöst und deshalb vor allem bei älteren Menschen auftritt.

Schluss mit Abstellgleis: Warum Best Ager (weiter-)arbeiten

Doch was treibt ältere Beschäftigte an? Laut einer Auswertung des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung verspüren viele den Wunsch, weiterhin eine sinnvolle Aufgabe zu haben. Sie haben Freude an der Arbeit. Es überwiegen soziale und persönliche Motive. Zum anderen sind finanzielle Motive für zwei Fünftel der Befragten im Rentenbezug entscheidend. Viele müssen weiterarbeiten, weil die Rente nicht ausreicht. Darüber hinaus gibt es weiteres Potenzial: So würde ein Fünftel der nicht erwerbstätigen Rentner*innen weiterarbeiten, wenn es passende Stellen gäbe.

Best Ager im Betrieb – geschätzt und doch nicht gefragt?

Altes Eisen, Abstellgleis? Seit 2006 sollte sich diese Frage eigentlich erledigt haben. Seitdem ist die Altersdiskriminierung durch das Allgemeine Gleichstellungsgesetz verboten. Grundsätzlich sollten Ältere also ohne Probleme länger arbeiten können, wenn sie das wollen.

Trotzdem lassen sich manche Arbeitgeber weiter vom höheren Lebensalter abschrecken. Was läuft da schief? Ihre Vorurteile beruhen oft auf falschen Annahmen: Sie fürchten, dass diese nicht mehr leistungsfähig seien, langsamer arbeiten und nicht bereit seien, sich neuen Technologien anzupassen. Es herrscht die Angst, Ältere seien weniger belastbar, flexibel, kreativ, innovationsfähig und lernbereit als jüngere Beschäftigte.

Zu teuer und unkündbar – ein weiterer Irrglaube ist der Kündigungsschutz ab 55. Anders als bei Schwerbehinderten oder Schwangeren gibt es für ältere Arbeitnehmende keine gesetzliche Regelung. Nur bei Kündigungsfrist und Sozialauswahl genießen diese gewisse Vorteile, aber auch das ist einzelfallabhängig, u. a. von der Dauer der Betriebszugehörigkeit. Ebenso können besondere Regelungen in Tarifverträgen greifen. Sogar eine Kündigung wegen Krankheit ist als Unterfall einer personenbedingten Kündigung nach stufenweiser Prüfung zulässig.

Ältere Mitarbeitende sind nicht häufiger krank, nur länger. Wie aus dem Gesundheitsreport der Betriebskrankenkassen hervorgeht, fehlten die 55- bis 59-Jährigen 2017 im Schnitt 10 Tage länger als die Gesamtheit der Arbeitnehmenden. Bei den 60- bis 64-Jährigen waren es mit 32 Fehltagen noch einmal fünf Tage mehr. 2023 war das nicht wesentlich anders. Aber: Maßgeblichen Einfluss auf die Ausfallzeiten hat neben der Schwere der Erkrankung die Belastung im Job. Und die ist altersunabhängig. Junge Berufseinsteigende bewerteten ihre körperliche und psychische Gesundheit zuletzt sogar eher negativ – vermutlich ein Nachhall der Corona-Pandemie.

Insgesamt wird häufig vergessen, dass auch das Alter in seiner Vielfalt individuell ist. Es ist falsch, alle Best Ager über einen Kamm zu scheren. Auch jüngere Bewerber können ähnliche Einstellungen und Nachteile haben, abgesehen davon, dass sie weniger Lebens- und Berufserfahrung nachweisen können. Als Arbeitgeber sollten Sie sich also nicht von einer Zahl leiten lassen, sondern den Menschen als Ganzes in den Blick nehmen!

Best Ager im Betrieb – ein wichtiges Gut

Die Bewertung des Alters schwankt seit jeher. Antike Philosophen prägten die drei Ws, Weisheit, Wissen und Würde. Eine Haltung, die uns in Zeiten von Jugendwahn und Selbstoptimierung abhandenzukommen droht. Dabei bringen Ältere eine Souveränität und Gelassenheit mit, die sie mit bestimmten Situationen oder Unsicherheiten besser umgehen lässt. Oft können sie sofort und ohne große Einarbeitung in Arbeitsprozesse integriert werden. Nicht zu vergessen, ihr Netzwerk. Eine aktuelle Studie der ManpowerGroup Deutschland belegt die besonderen Qualitäten der „Silver Workers“:

  • umfangreiches Fachwissen
  • hohe Motivation, Disziplin und Toleranz
  • große Sorgfalt, persönliche Stabilität und Loyalität gegenüber dem Arbeitgeber
  • ausgeprägte Arbeitsmoral und gute kommunikative Fähigkeiten
  • sehr gute Urteilsfähigkeit und großes Verantwortungsbewusstsein
  • reicher Erfahrungsschatz und umfangreiche Arbeitserfahrung
  • komplexe Problemlösungsstrategien und hohe Kompetenz bei der Risikoeinschätzung

Zwar werden die Sinne im Alter schwächer. Körperkraft und Belastbarkeit lassen nach. Doch über Hilfsmittel lässt sich das längst kompensieren. Digitalisierung und Automatisierung schreiten voran. Maschinen übernehmen oder erleichtern viele schwere körperliche Arbeiten. Je nach individueller Arbeitsfähigkeit bedeutet es also nicht zwingend Leistungseinbußen. Wirtschaftlich haben altersgemischte Teams, Abteilungen und Belegschaften sogar Vorteile, wenn sich die Stärken und Kompetenzen der Generationen bestmöglich ergänzen.

Respekt, bitte: Was Best Ager von Arbeitgebern erwarten

Während Betriebe verzweifelt nach Fachkräften suchen, dafür nach Übersee schauen oder um junge GenZler buhlen, schlummern hierzulande teils ungeahnte Schätze. Die Wünsche, Bedürfnisse und Erwartungen der Generation 50plus zu verstehen, ist unerlässlich geworden. Genau wie jüngere Generationen schätzt diese mehr und mehr flexible Arbeitszeiten, Homeoffice und eine ausgewogene Work-Life-Balance. Eine gute Arbeitsatmosphäre ist ebenso wichtig wie die Option, Erfahrung und Wissen weiterzugeben. Dafür erwartet sie ein angemessenes Gehalt, Respekt und Anerkennung. Das gilt auch für die Loyalität und Treue, die sie Arbeitgeber und Betrieb gezollt hat. Sie hat sich ihre Position eventuell über Jahre oder Jahrzehnte erkämpft. Insgesamt legt sie mehr Wert auf Hierarchien und Umgangsformen.

Die Arbeitsmarktstudie „Karriere 50 plus“ der Königsteiner Gruppe zeigt auch, dass die 50- bis 65-Jährigen noch immer sehr ambitioniert und produktiver denn je im Berufsleben sind. Fast die Hälfte der Silver Generation zeichnet eine hohe Jobwechselbereitschaft aus, aktiv oder passiv. Genau die Hälfte der Befragten erkennt ein gesteigertes Interesse an ihrer Arbeitskraft. Besonders die 50- bis 54-Jährigen kennen ihren zunehmenden Marktwert. Zugleich fühlen sich viele ältere Beschäftigte bereit für neue Herausforderungen und sehen sich selbst auf dem Höhepunkt ihrer beruflichen Laufbahn. Eine deutliche Mehrheit von fast 90 Prozent hat ein hohes Interesse an beruflicher Weiterbildung. Zwei Drittel der Befragten fühlen sich genauso (37 Prozent) oder sogar produktiver (29 Prozent) als in ihren 20ern.

Fazit:

Trotz Überalterung sind ältere Arbeitnehmende eine wertvolle Ressource. Indem Sie als Arbeitgeber etwaige Vorurteile überwinden und die Bedürfnisse Älterer berücksichtigen, können Sie nicht nur den Fachkräftemangel bekämpfen, sondern auch von deren Erfahrung und Kompetenz profitieren. Als Arbeitgeber haben Sie es also in der Hand, die Arbeitswelt für Ältere attraktiv zu machen!

Zur Autorin

Katrin Feuerstein - Referentin für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit bei Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB)

Quelle: Faktor A - Das Arbeitgebermagazin

16 August 2024

Wie Führungskräfte ein motivierendes Arbeitsumfeld schaffen können

Posted in Mind

Wie Führungskräfte ein motivierendes Arbeitsumfeld schaffen können

In vielen Unternehmen herrscht eine hohe Fluktuation bei den Mitarbeitenden. Gründe dafür gibt es viele: von schlechter Bezahlung über mangelnde Freizeit bis hin zum täglichen Pendeln. Überraschenderweise zeigen Umfragen des Meinungsforschungsinstituts Forsa jedoch, dass Führungskräfte selbst zu den Hauptgründen für Kündigungen gehören.

Schon im Jahr 2019 ergab die Forsa-Studie, dass ein beträchtlicher Anteil der Belegschaft ernsthaft in Erwägung zieht, den Job wegen der eigenen Führungskraft aufzugeben. Das ist eigentlich kein Wunder, denn persönliche Anerkennung, angemessene Bezahlung und beruflicher Erfolg hängen oft von der Einschätzung der oder des Vorgesetzten ab. Doch was passiert, wenn es hier ständig zu Konflikten kommt? Eine toxische Führungskultur kann erhebliche Unzufriedenheit verursachen, die sich in vermehrten Krankmeldungen und Kündigungsgedanken äußert.

Woran Führungskräfte oft scheitern

Die Schwächen vieler Führungskräfte liegen in mangelnder Transparenz und Kommunikation. Ein passiver Führungsstil, bei dem Informationen zurückgehalten werden und die Person nur schwer erreichbar ist, entspricht dem veralteten Klischee eines Chefs. Diese Art der Führung ist leider immer noch weit verbreitet und lässt den Mitarbeitenden Raum für Spekulationen und Unsicherheiten.

Arbeitnehmende wünschen sich in unserer heutigen Arbeitswelt aber vermehrt klare Kommunikation und eine faire Behandlung auf Augenhöhe. Um das Vertrauen der Mitarbeitenden zu gewinnen und langfristig zu binden, müssen Führungskräfte also umdenken. Ein zeitgemäßer, kommunikativer Führungsstil fördert Transparenz und Zufriedenheit im Team.

Diese Voraussetzungen sind Mitarbeitenden im Unternehmen wichtig

Neben einem modernen Führungsstil sind aber auch angemessene Arbeitsbedingungen entscheidend, um Mitarbeitende langfristig zu binden. Dazu gehören flexible Arbeitszeitmodelle, die Vereinbarkeit von Beruf und Familie sowie die Möglichkeit zum Homeoffice. Moderne Arbeitsplätze zeichnen sich durch transparente Kommunikation, Anerkennung und flexible Arbeitsbedingungen aus. Führungskräfte sollten nicht nur Feedback geben, sondern auch Kritik von Mitarbeitenden annehmen können. Eine offene Unternehmenskultur fördert das Vertrauen und die Loyalität der Mitarbeitenden, was wiederum zu einer positiven Arbeitsatmosphäre beiträgt.

Um den Anforderungen der modernen Arbeitswelt gerecht zu werden, müssen Führungskräfte ein Umdenken vollziehen und sich auf die Bedürfnisse ihrer Mitarbeitenden einstellen. Durch offene Kommunikation und attraktive Arbeitsbedingungen können Unternehmen sicherstellen, dass ihre Mitarbeitenden gerne bleiben und somit eine harmonische Arbeitsumgebung fördern.

Quelle: business-punk.com

 

02 August 2024

Hybrides Arbeiten: Unsicherheit bremst die Transformation

Posted in Mind

Hybrides Arbeiten: Unsicherheit bremst die Transformation

Der Großteil der Bürobeschäftigten in Deutschland arbeitet hybrid. Doch die tatsächlichen Vorteile der neuen Arbeitswelt werden noch nicht vollends genutzt. Was die Entwicklung blockiert und wo mehr Tempo gefragt ist, zeigt eine neue Studie des IBA.

Die Arbeitswelt der Bürobeschäftigten hat in den vergangenen Jahren eine tiefgreifende Transformation durchlaufen, geprägt von Digitalisierung und neuer Flexibilität. Deutschlandweit arbeiten aktuell bereits knapp zwei Drittel (64 Prozent) der Mitarbeitenden mit Büroarbeitsplatz hybrid.

Doch die Transformation zur hybriden Arbeitswelt ist in den Büros noch nicht  sichtbar und ihre Vorteile können dementsprechend auch noch nicht ausreichend genutzt werden. Das zeigt eine Studie des Industrieverbands Büro und Arbeitswelt e. V. (IBA) in Zusammenarbeit mit Forsa zum Status Quo der Transformation Richtung hybride Arbeitswelt.  

Hybrid Work: Auch im Büro kann konzentriert gearbeitet werden

Unter Beschäftigten gelten die Bedingungen für konzentriertes Arbeiten als klare Pluspunkte des Homeoffice. Das legt den Rückschluss nahe, dass in den Büros weniger gute Voraussetzungen für die sogenannte Fokusarbeit herrschen. Doch dem Mythos "Nur zuhause kann konzentriert gearbeitet werden" widersprechen die in der Studie erhobenen Zahlen: 53 Prozent der Beschäftigten in Deutschland arbeiten vorwiegend in Einzel- oder Zweipersonenbüros. Diese bieten in der Regel gute räumliche Bedingungen, um ungestört von Gesprächen anderer arbeiten zu können.

Und auch für die 46 Prozent der Beschäftigten, die in größeren Büroeinheiten arbeiten, hat sich die Situation in jüngster Zeit verbessert: 38 Prozent aller Befragten gaben an, dass sie sich für Telefonate und Videocalls in speziell dafür angeschaffte Raum-Module zurückziehen können. Jede vierte dieser Telefon- und Videokonferenzkabinen wurde in den letzten zwölf Monaten vor der Befragung angeschafft. Weitere Investitionen flossen in die Steigerung der ergonomischen Qualität der Fokusarbeitsplätze. 55 Prozent der Befragten berichten von einer vor Kurzem getätigten oder geplanten Anschaffung von höhenverstellbaren Schreibtischen, 44 Prozent von Anschaffungen ergonomischer Bürostühle.

Strukturelle Veränderung der Büros vonnöten

Die hybride Arbeitswelt verlangt neben guten Bedingungen für konzentriertes Arbeiten aber auch neue Möglichkeiten zu Kollaboration, Informationsaustausch, lebenslangem Lernen und Innovationsfähigkeit. Doch noch fehlt in vielen Unternehmen die passende Umgebung hierfür. Aktuell haben zwar 83 Prozent der Befragten Zugang zu Konferenz- und Besprechungsräumen oder anderen Bereichen für eher formale Arten der Kommunikation. Speziell für eher informelle Gespräche und kreative Formen der Arbeit gedachte Bereiche wie Sitzecken, Stehtische oder gar eine Cafeteria stehen jedoch nicht ganz der Hälfte der befragten Bürobeschäftigten (46 Prozent) zur Verfügung. Eine echte Auswahl zwischen verschiedenen Kommunikations- und Kollaborationsbereichen haben sogar nur 43 Prozent aller Befragten, 11 Prozent haben gar keinen Zugang zu Kommunikationszonen.

"Um die notwendige Transformation in den Unternehmen voranzubringen, bedarf es struktureller Veränderungen", erklärt Helmut Link, Vorsitzender des IBA. Doch diese nehmen erst langsam an Fahrt auf. Nur gut ein Fünftel der befragten Arbeitnehmenden mit Büroarbeitsplatz (22 Prozent) berichtet, dass vorhandene Kommunikationsbereiche in den letzten Monaten umgestaltet wurden oder dies kurzfristig geplant ist.

Hybrides Arbeiten: Unsicherheit bremst die Transformation

"Dass die Transformation der Arbeitswelt nicht weiter fortgeschritten ist, hat viel mit Unsicherheit zu tun. Neben der aktuellen wirtschaftlichen und politischen Lage verzögert die Diskussion über die Zukunft hybriden Arbeitens viele Entscheidungen. Sinnvoll wären klare Regelungen zu mobilem Arbeiten. Hier bestehen nach wie vor große Lücken. Geregelt ist nur die relativ selten angewendete Telearbeit", erklärt Helmut Link die eher langsam voranschreitende Transformation der Büros. Vorerst können die Arbeitgeber dabei noch auf die Geduld der Mehrzahl ihrer Beschäftigten zählen. Aber immerhin 14 Prozent aller Arbeitnehmenden sagen schon jetzt, dass ihre derzeitige Arbeitsstätte sie daran hindert, effizient zu arbeiten. Unter den 18- bis 29-Jährigen haben sogar vier von zehn (39 Prozent) recht klare Vorstellungen, was in den Büros verändert werden müsste. Für ihre eigenen Arbeitsplätze wünschen sie sich weitere Investitionen in höhenverstellbare Schreibtische und die IT-Ausstattung. Seltener werden Elemente für zeitgemäße Kommunikationsräume genannt.

Gebraucht werden sie trotzdem: 82 Prozent der Beschäftigten nennen den persönlichen Kontakt und 68 Prozent den fachlichen Austausch mit Kollegen und Vorgesetzten als wichtigste Gründe, um ins Büro zu gehen. Die Empfehlung des IBA lautet deshalb, jetzt die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen und neben Kommunikationsbereichen auch Projekträume mit Werkstattcharakter und Rückzugsbereiche in die Überlegungen einzubeziehen. "Das Büro muss künftig unterschiedliche Bereiche für verschiedene Tätigkeiten anbieten. Außerdem sollten die einzelnen Einrichtungsbereiche so konzipiert werden, dass sie bei Bedarf leicht an veränderte Bedingungen angepasst werden können", empfiehlt Link.

Nachholbedarf bei Homeoffice-Ausstattung

Der letzte Teil der forsa-Umfrage beschäftigte sich mit der Nutzung und der Ausstattung im Homeoffice. Immerhin 56 Prozent aller Beschäftigten arbeiten zeitweise von zu Hause aus. Bei den Beschäftigten in Unternehmen mit mindestens 250 Beschäftigten trifft das sogar auf 66 Prozent aller Mitarbeitenden zu. Um aus den dafür genutzten Bereichen vollwertige Arbeitsplätze zu machen, wären jedoch noch einige Investitionen erforderlich.

Punkten kann das Homeoffice in Sachen ruhiges Arbeiten. Fast die Hälfte der Arbeitnehmenden (48 Prozent) berichten dagegen, dass ihr Homeoffice in Sachen Ergonomie weniger gut ausgestattet ist als der Arbeitsplatz im Büro. Jeder Dritte (33 Prozent) sagt das von der technischen Ausstattung und 43 Prozent von der Funktionalität der Arbeitsplätze. Im Vergleich zur Befragung im Jahr 2020 zeigen sich kaum Verbesserungen. Lediglich beim Sitzkomfort und der technischen Ausstattung sagt ein relevanter Anteil der Beschäftigten (13 Prozent beziehungsweise 10 Prozent), dass sich das Niveau der Ausstattung im Homeoffice in den letzten drei Jahren der im Büro angeglichen hat. "Es gibt noch einiges nachzuholen, um Büros und Homeoffices fit für die Anforderungen der neuen Arbeitswelt zu machen. Aber der Wandel hat begonnen", fasst Helmut Link zusammen. Letztendlich sei aber mehr Tempo gefragt.

Quelle: haufe.de

19 Juli 2024

Mit diesen Themen sprechen Arbeitgeber Frauen an

Posted in Mind

Employer Branding

Mit diesen Themen sprechen Arbeitgeber Frauen an

Weiblichen Fachkräften ist eine Vertrauenskultur am Arbeitsplatz wichtiger als Männern. Auch Gehaltstransparenz und Künstliche Intelligenz bewerten sie anders als ihre männlichen Kollegen. Wenn Unternehmen gezielt Frauen an Bord holen wollen, sollten sie ihr Employer Branding anpassen. Darauf deutet eine Studie hin.

Die Wünsche und Erwartungen von weiblichen Fachkräften unterscheiden sich von denen ihrer männlichen Kollegen. Das bestätigt eine repräsentative Studie des Marktforschungsinstituts Bilendi im Auftrag von Meinestadt.de. Insgesamt 3.000 Fachkräfte mit Berufsausbildung wurden befragt.

Vertrauenskultur als zentraler Faktor im Employer Branding

76 Prozent der Frauen sagen, dass ihnen Vertrauen im beruflichen Umfeld sehr wichtig ist. Das gilt aber nur für 66 Prozent der Männer. Die unterschiedlichen Erwartungen an eine gute Vertrauenskultur beginnen schon vor dem ersten Arbeitstag: 36 Prozent der Frauen finden es wichtig, dass Unternehmen klare Werte und Leitlinien kommunizieren. Bei den Männern sind es 31 Prozent. Auch ein sympathisches Auftreten in Stellenanzeigen ist Frauen (44 Prozent) wichtiger als Männern (35 Prozent). Und mehr Frauen (36 Prozent) als Männer (30 Prozent) legen Wert auf einen Probearbeitstag.

Wertschätzung und Menschlichkeit sind gefragt

Wertschätzung ist geschlechtsübergreifend der am häufigsten genannte Aspekt einer Vertrauenskultur, wobei er Frauen etwas wichtiger ist (55 Prozent) als Männern (52 Prozent). Außerdem legen 39 Prozent der Frauen Wert darauf, im Job sie selbst sein zu können, und betonen damit deutlicher als Männer (30 Prozent), dass ihnen Menschlichkeit am Arbeitsplatz wichtig ist.

Ähnliche Unterschiede zeigen sich bei den Sichtweisen zu eigenständigem und selbstbestimmtem Arbeiten: 41 Prozent der Frauen, aber nur 37 Prozent der Männer finden das wichtig. Das sind Themen, die die Arbeitgeber in den nächsten Jahren sicherlich beschäftigen werden, denn die Mehrheit aller Befragten (72 Prozent) ist der Ansicht, dass eine vertrauensvolle Kultur im Unternehmen in Zukunft an Bedeutung gewinnen wird.

Employer Branding: Gehaltstransparenz als Magnet

Während sich 67 Prozent der Männer dabei wohlfühlen, ihr Gehalt in der Bewerbung zu nennen, sind es bei den Frauen nur 55 Prozent. Auch für ihren Wert einzustehen und das Gehalt zu verhandeln, fällt Männern deutlich leichter als Frauen: 61 Prozent der Frauen gaben an, kein Problem mit Gehaltsverhandlungen zu haben. Bei den Männern sind es 75 Prozent.

Unter Kolleginnen und Kollegen offen über Gehalt zu sprechen, ist für viele Fachkräfte immer noch schwierig: 54 Prozent der Frauen sagen im Kollegenkreis nicht, was sie verdienen, bei den Männern sind es 50 Prozent. Trotz des immer noch deutlich existierenden Gender Pay Gaps fällt die Differenz in puncto Gehaltszufriedenheit verhältnismäßig gering aus: 48 Prozent der Frauen fühlen sich nicht angemessen bezahlt. Bei den Männern sind es 43 Prozent.

Welche Rolle spielt das Gehalt bei der Mitarbeiterbindung? 26 Prozent der Frauen würden ihren Arbeitgeber nicht für eine Gehaltssteigerung verlassen, aber nur 21 Prozent der Männer.

Frauen haben mehr Angst vor Künstlicher Intelligenz

46 Prozent der Männer geben an, dass Künstliche Intelligenz (KI) ihnen Angst macht, bei Frauen sind es 59 Prozent. Die weiblichen Befragten sagen zudem, dass sie weniger vertraut sind mit KI: 63 Prozent haben zwar schon mal von KI gehört, diese aber noch nicht angewendet. Bei Männern liegt der Anteil bei 59 Prozent. Regelmäßige Nutzer von KI sind 13 Prozent der Männer, im Vergleich zu sieben Prozent der Frauen. Und der Aussage "Ich habe die notwendigen Fähigkeiten, um KI in meinem Job optimal nutzen zu können" stimmen nur 33 Prozent der Frauen zu, aber 46 Prozent der Männer.

Quelle: haufe.de

07 Juni 2024

KI-Chancen für KMU: Zukunftsfähig und wettbewerbsstark

Posted in Mind

Digitalisierung

KI-Chancen für KMU: Zukunftsfähig und wettbewerbsstark

Angekommen in der Ära der Digitalisierung, bieten sich neue KI-Chancen für KMU (kleine und mittelständische Unternehmen), um die digitale Transformation aktiv mitzugestalten.

Dabei steht nicht nur die Technologie im Mittelpunkt, sondern auch die Menschen und ihre Rollen in dieser digitalen Evolution. Wie können Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sinnvoll beim Einsatz von KI eingebunden werden? Wie können wirtschaftliche Vorteile, aber auch personelle Fragestellungen beantwortet werden?

Carolin Lessoued ist sich sicher, dass Unternehmen nur dann zukunfts- und wettbewerbsfähig bleiben, wenn KI-Chancen für KMU spätestens jetzt mitgedacht werden:

„Für Kommunikationsagenturen bedeutet der Einsatz von KI in Zukunft vor allem eines: Dranbleiben, Experimentieren, Zuhören und Dazulernen. Die Konkurrenz um Aufmerksamkeit verschärft sich zunehmend, besonders in einer Zeit, in der klassische Medien verstärkt unter Druck geraten.

KI muss fest in die Unternehmensentwicklung, in Strukturen und Prozesse eingebaut und mitgedacht werden. Wenn wir also darüber nachdenken, wie wir beispielsweise in Zukunft Recherchen effizienter gestalten wollen, müssen wir – mit Hilfe von Expertinnen und Experten oder allein – passende Tools identifizieren, testen, und letztendlich implementieren.

Gleiches gilt für Contentproduktion, Reporting und Monitoring, Datenbanken, Bildbearbeitung, Leadership, die Ausbildung von Mitarbeitenden, oder auch das Projektmanagement. Wir nutzen KI als weitere Arbeitskraft, der wir den richtigen Rahmen geben, sodass sie uns perspektivisch entlasten kann. Am Ende ist wichtig zu erwähnen, dass – neben all der erhofften Arbeitserleichterung durch KI – damit auch mehr Platz für das Menschliche bleibt, denn die Beziehung zu all unseren Stakeholdern, macht unseren Job aus und wird weiterhin oberste Priorität haben. Die Jobs der Zukunft gehören vor allem denen, die KI sinnvoll und effizient nutzen können, nicht der KI selbst.”

Zur Person: Carolin Lessoued ist Co-Gründerin und Co-CEO der Communications- und Experience Agentur Openers

Dominic Allon erwartet 2024 einen starken Anstieg maßgeschneiderter Arbeitsumgebungen:

„Führungskräfte werden zunehmend Daten und KI-Unterstützung nutzen, um ihre Verantwortungsbereiche abzudecken. Dies könnte beispielsweise bedeuten, dass Führungskräfte sofortigen und ständigen Zugriff auf Umsatzprognosen und Vertriebsdaten erhalten, die sie zur Planung von Investitionen und Einstellungen benötigen.

Unser jüngster State of Sales & Marketing Report hat gezeigt, dass die Befragten, deren Unternehmen in Technologie investiert haben, optimistischer auf das eigene Unternehmenswachstum blicken und sich weniger Sorgen um die Arbeitsbelastung machen. Denn neue Tools machen diese Entlastung erst möglich.”

Zur Person: Dominic Allon ist CEO des führenden Anbieter von Customer Relationship Management System Pipedrive

Stephanie Griffiths plädiert für die Gestaltung der Zukunft der KI – bevor sie uns formt:

„Durch die transformative Kraft von KI-Chancen für KMU lassen sich nicht nur Unternehmensprozesse optimieren, sie beinhaltet auch das Potenzial, Arbeitsabläufe, Produkte und Dienstleistungen nachhaltig zu verändern. Die bewusste Gestaltung der KI-Technologie ist schon jetzt ein kritischer Erfolgsfaktor für Unternehmen und eine Herausforderung sowohl für Unternehmensleitende als auch für KI-Entwicklerinnen und -Entwickler.

Wir brauchen innovative Köpfe, die sich darauf konzentrieren, Probleme kreativ zu lösen, während die Priorität für Führungskräfte darin bestehen wird, durch Daten unternehmerisch kreativer zu agieren und kritisches Denken intern zu fördern. Folgende Punkte sollten berücksichtigt werden:

  • Beim Umgang mit Daten ist immer wieder das „Warum“ zu hinterfragen. Hierbei sollten verschiedene Abteilungen zusammenarbeiten, um Szenarien präziser zu planen.
  • Der Mehrwert, der entstehen soll, muss im Vorfeld definiert werden. Beachtet werden sollte nicht nur der reine wirtschaftliche Wert, sondern auch der soziale und ökologische Nutzen.
  • Mitarbeitende sollten ermutigt werden, sich ständig weiterzubilden: Das gilt für Hard- und Soft Skills. Es geht darum, zu antizipieren, wie Individuen sich unentbehrlich machen können.“

Zur Person: Stephanie Griffiths ist Field CDO bei der Data-Science Plattform Dataiku

Kajetan von Armansperg über die Integration von AI-Funktionen im Personalwesen:

„Früher waren HR-Verantwortliche tagelang damit beschäftigt, Kommentare aus Mitarbeiterumfragen zusammenzufassen. Ebenso bemühten sich Führungskräfte lange darum, möglichst lernorientiertes Feedback oder Ziele und Ergebnisse (OKR) zu formulieren. Heute unterstützt die KI diese Prozesse und spart damit erheblich Zeit.

AI-Tools optimieren sowohl einzelne Arbeitsschritte als auch ganze Workflows und steigern dadurch die Effizienz im Unternehmen. Richtig eingesetzt können sie Mitarbeitenden helfen, ihre Arbeit deutlich schneller zu verrichten — ohne dabei qualitative Einbußen in Kauf nehmen zu müssen. Die damit gewonnene Zeit eröffnet Unternehmen viele neue Gestaltungsmöglichkeiten, beispielsweise durch Initiativen zur Verbesserung der Work-Life-Balance und der generellen Mitarbeiterzufriedenheit. Teilzeit- oder individuelle Arbeitszeitmodelle sowie optimierte Prozesse für Personalentwicklung lassen sich nun einfacher realisieren, um das Wohlbefinden der Mitarbeitenden zu steigern. Dabei nehmen Führungskräfte eine Schlüsselposition ein: Neben wichtiger Entwicklungsarbeit sichern sie auch die Arbeitsqualität in AI-optimierten Prozessen und flexibleren Arbeitsmodellen. Eine Implementierungsstrategie, welche klare Erwartungen gegenüber Mitarbeitenden definiert, ist hierbei unerlässlich.“

Zur Person: Kajetan von Armansperg ist Mitgründer und Co-CEO der Personalentwicklungs-Plattform Leapsome

Zusammenfassung der KI-Chancen für KMU

Die zunehmende Relevanz von KI ist eine Herausforderung. Doch die befragten Expertinnen und Experten sind sich einig: Der effektive Einsatz von KI erfordert strategische Überlegungen, die sowohl technologische als auch soziale Aspekte berücksichtigen. Mit kreativen und innovativen Denkansätzen kann die Technologie genutzt werden, um kleine und mittelständische Unternehmen wettbewerbsstark zu machen.

Quelle: DUP-magazin.de

31 Mai 2024

Motiviert, talentiert, ausgebremst: Was junge Talente im Job zurückwirft

Posted in Mind

Job&Karriere

Motiviert, talentiert, ausgebremst: Was junge Talente im Job zurückwirft

Das Karriereziel steht. Der Masterplan wurde detailliert ausgearbeitet. Doch: Genau hier machen viele junge Menschen einen entscheidenden Fehler, der ihrer beruflichen Laufbahn mehr schadet, als ihnen lieb ist.

„Was willst du werden, wenn du einmal groß bist?“

Bereits im Sandkasten zeigen wir, ob wir die intelligenten Zuhörer in der Ecke des Buddelkastens, die kämpferischen Redner im Mittelpunkt des Geschehens oder die kreativ-verspielten Sandkuchenbäcker im Spielsand sind. Noch wissen wir nicht, was später einmal aus uns werden wird.

Wenn wir dann endlich „groß“ sind, wissen einige von uns ganz genau, wohin die Reise gehen soll: Wir planen unsere Karriere, beenden ein Studium, haken einen Punkt in unserem Masterplan ab. In drei Jahren wollen wir eine Leitungsposition einnehmen; in fünf Jahren die komplette Führung. Mit dem Erreichen eines Ziels assoziieren wir einen bestimmten Status, vielleicht ist es aber auch die Kompensation einer Verletzung, als uns gesagt wurde: „Aus dir wird nichts werden.

Was auch immer hinter unseren hartgesottenen Karriereplänen steckt: Es ist nicht immer gut, sie zu haben. Zumindest hilft es nicht, einzelne Karriereschritte bis auf das kleinste Detail zu planen.

Überplanung: Unser Fehler sind sture Idealvorstellungen

Landen wir einmal in dem Beruf, von dem wir geglaubt haben, dass er unsere Bestimmung ist, wollen wir nur allzu häufig doch wieder aussteigen und uns umorientieren. Manchmal sogar früher: Nach wie vor gibt es Ausbildungs- und Studienabbrecher.

Es ist durchaus sinnvoll, herauszufinden, wo die berufliche Reise hingehen sollen. Überplanung ist jedoch kontraproduktiv. Neurowissenschaftlerin und Psychologin Elaine Fox, die seit vielen Jahren zu den Themen Gehirnforschung und mentale Stärke forscht, empfiehlt stattdessen vor allem eine Sache: Flexibilität. Ihre Forschungen zeigen, dass Menschen erfolgreicher und zufriedener sind, wenn sie mental flexibel und damit besonders resilient gegenüber Veränderungen und Rückschlägen sind.

Wichtig ist, sich nicht auf ein bestimmtes Bild zu beschränken, sondern das große Ganze zu sehen und offen zu bleiben für neue Möglichkeiten in Bezug auf die eigene Karriere. Dein Chef bietet dir eine neue Aufgabe an, aber sie hat nichts mit deinen eigenen Karriereplänen zu tun? Vielleicht probierst du sie dennoch aus. Noch hast du die Chance, alles mitzunehmen, Fehler zu machen und neue Fähigkeiten zu entdecken.

3 Gründe, warum du deine Karriereziele nicht zu eng planen solltest:

1. Der Arbeitsmarkt hat sich verändert:

Wir befinden uns in einer Arbeitswelt mit unendlich vielen Möglichkeiten. Flexibilität ist wichtiger denn je. Quereinstiege sind Normalität. Deshalb gibt es nicht den einen Weg, die eine gerade Linie, die wir verfolgen müssen, um anzukommen. Etwas Jobhopping tut heute sogar gut: Wer es nicht übertreibt, gewinnt an Mut, lernt neue Skills und neue Menschen kennen, vernetzt sich beruflich und ist fähig, innovative Lösungsansätze für bestehende Probleme entwickeln.

2. Zu starre Fokussierung auf Karriereziele

Eine zu starre Fokussierung auf spitze Karriereziele schränkt die persönliche Entwicklung eher ein. Wir Menschen verändern uns im Laufe der Zeit, ebenso unsere Interessen, Werte und Ansichten. Wer mit offenen Augen durch das Leben schreitet, kann sich auf Veränderungen besser einstellen und flexiblere Karriereentscheidungen treffen.

3. Chancen werden verpasst:

Wer nur ein Ziel vor Augen hat, verpasst Möglichkeiten, in anderen Bereichen zu wachsen. Solltest du dich einzig und allein auf das eine Ziel fokussieren und dich anderen Möglichkeiten gegenüber verschließen, bleibt dein Horizont deshalb begrenzt. Du weißt nicht, ob du hättest zufriedener sein können, wenn du doch einen anderen Karriereweg gewählt hättest.

4. Idealisierungsgefahr:

Je größer unser Ideal, desto größer auch das Risiko, tief abzustürzen. Denn das Bild des idealisierten Berufs entspricht nie der Wahrheit. Sondern einer übermächtigen Vorstellung des Traumjobs, der so wahrscheinlich nicht existiert. Nach der Idealisierung kommt üblicherweise die Abwertung – und das kann wirklich schmerzhaft sein. Um das zu vermeiden ist es wichtig, realistisch zu denken, offen zu bleiben und auch bereit zu sein, einen Umweg zu gehen, um ans Ziel kommen.

Überplanung der eigenen Karriere wirkungsvoll verhindern

1. Stelle dich auf Veränderungen ein

Die einen empfehlen Durchhaltevermögen, wenn es um die eigene Karriereplanung geht. Die anderen setzen auf stetige Lernbereitschaft. Das alles ist wichtig, aber nur eine Sache ist ganz gewiss: Es wird immer Veränderungen geben, auf die wir uns einstellen sollten. Möglicherweise fällst du durch eine Prüfung, wirst entlassen oder kommst nicht mit deinen Kollegen klar. Anstatt etwas zu verändern, beharren wir aber weiter auf unseren ursprünglichen Karriereplan.

Veränderungen stellen einen Umbruch, eine neue Herausforderung dar. Je besser wir mit ihnen umgehen können, desto höher die Chance, glücklich und gelassen unserem Job nachzugehen. Auch deshalb ist Flexibilität die bessere Wahl – und nicht das sture Festhalten an einem Plan.

2. Out-of-the-Box: Lerne deine spontane, unkonventionelle Seite kennen

Schon in unseren ersten Lebensjahren entwickeln wir in unserem Gehirn kreative Ideen, innovative Lösungen und kognitive Fähigkeiten, die uns später in unserem Leben helfen werden. Unsere Denk- und Verhaltensmuster festigen sich aber langsam – und weil wir Gewohnheitstiere sind, folgt unser Hirn den sicheren, bewährten Lösungen. Wer im Erwachsenenalter jedoch bewusst Abstand von Sicherheit und Planung nimmt, kann seine Komfortzone verlassen und die Welt wieder wie ein Kind erforschen.

Und wer noch nicht überzeugt ist, dass unser Gehirn auch im Erwachsenenalter noch fähig ist, sich neu zu strukturieren, sollte das überdenken. Nicolas Schuck vom Max-Planck-Institut für Bildungsforschung ist sich sicher: Forscher sehen Veränderungen im Gehirn, wenn wir etwas Neues machen – etwa wenn wir das Geigenspielen lernen. Das neuronale Netz zeigt eine Veränderung, was bedeutet, dass unser Hirn besonders flexibel und offen neuen Gegebenheiten gegenüber sein kann. Das ist nicht immer einfach und manchmal steckt viel Arbeit dahinter. Dennoch bleiben wir lernfähig. Noch befindet sich unser Denkorgan nicht in Rente.

3. Hinterfrage deinen Antrieb

Welchen Beruf würdest du wählen, wenn du wüsstest, dass du nicht scheitern kannst? Was wäre, wenn dir die Erwartungen deiner Eltern, deines Umfelds oder deines Partners in Hinblick auf deine berufliche Karriere egal wären?

Diese Fragen kannst du dir stellen, um deine spontane, mutige Seite kennenzulernen, die nicht verbissen auf einen Plan beharrt. Es bedeutet nicht, dass dir das, was deine Liebsten denken, wirklich egal sein muss. Nur ist es oft so, dass wir unseren inneren Antrieb nicht hinterfragen: Wollen wir das Medizin- oder Jurastudium beenden, um jemandem etwas zu beweisen oder weil wir selbst dafür brennen?

Was würdest du tun, wenn du nichts tun MÜSSTEST, sondern einfach die freie Wahl hättest?

4. Du kannst mehr als nur eine Sache

Du wurdest für dein Organisationstalent gelobt? Menschen finden dich besonders redegewandt und kommunikativ? Ein spezielles Kompliment hat dich überrascht? Häufig können wir mehr als diese eine Sache, von der wir selbst so überzeugt sind. Wenn deine Karriereplanung lediglich auf einer bestimmten Fähigkeit baut, schränkst du dich ein.

Eine Möglichkeit, wie du etwas von deinen hartnäckigen oder gar „eintönigen“ Plänen abweichen kannst: Frage dein Umfeld, wie es dich einschätzt und finde heraus, wie andere Menschen dich wahrnehmen. Auch wenn wir uns in einer Zeit befinden, in der wir häufig zu mehr Selbstliebe und Selbstreflexion aufgefordert werdet, schadet es nicht, die Außenwahrnehmung zu kennen und einfach mal nachzufragen. Möglicherweise entdeckst du eine Fähigkeit oder eine Seite an dir, über die du dir selbst nicht bewusst warst und die du für deinen weiteren beruflichen Weg nutzen kannst.

5. Entwicklung braucht Zeit – auch im Job

Last but not least: Was auch immer du für Pläne schmiedest, übereile nichts. Vielleicht wirst du deinen Job kündigen, du wirst entlassen oder eine Fortbildung weckt dein Interesse und lenkt dich in eine ganz andere Richtung.

Klar: Das Festhalten an einen Karriereplan kann uns manchmal weit bringen. Aber am Ziel angekommen, ist es manchmal nicht das Ideal, was wir uns erträumt haben. Es ist also nicht immer sinnvoll, am ursprünglichen Plan zu kleben. Lass‘ dich auch ein wenig treiben, um an neuen (beruflichen) Ufern anzukommen. Bleibe offen und auch lernwillig.

Quelle: arbeitsABC.de

[12 3 4 5  >>