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07 Oktober 2022

Erfolgreiche Führungskräfte klammern sich nicht an Pläne. Sie kultivieren intelligentes Glück

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Viele Führungskräfte ziehen in Krisenzeiten die Zügel an. «Das ist genau das Falsche», sagt Christian Busch.

Erfolgreiche Führungskräfte klammern sich nicht an Pläne. Sie kultivieren intelligentes Glück

Es läuft nichts wie geplant. Für viele Chefs ist dies ein Albtraum. Christian Busch, Experte im Bereich Serendipität, erklärt, wie es gelingt, loszulassen und stattdessen das Beste aus dem Unerwarteten zu machen.

Christian Buschs Steckenpferd ist die Serendipität. Sie zieht sich wie ein roter Faden durch sein Leben. Schon vor Jahren hat der passionierte Netzwerker zwei Dinge festgestellt: dass erfolgreiche und inspirierende Menschen in ihrem Leben Serendipität kultivieren und dass zufällig neue Ideen entstehen, wenn man die richtigen Leute zusammenbringt. Beides faszinierte ihn, und er begann sich zunächst privat und dann auch wissenschaftlich mit dem Thema zu beschäftigen.

Meistens wird Serendipität als Zusammenspiel von Zufall und menschlichem Handeln definiert, das zu einem positiven Ergebnis führt. Im Gespräch bezeichnet Busch das Phänomen als «intelligentes Glück», das einem nicht bloss widerfährt wie etwa das Glück, in eine liebevolle Familie hineingeboren zu werden. Vielmehr liege es an einem selbst, wie man mit unerwarteten Momenten umgehe und ob man diese in «intelligentes Glück» verwandle.

Menschen, denen dies gelinge, hätten oft unbewusst eine Fähigkeit entwickelt, dem Unerwarteten und Unbekannten wachsam, offen und neugierig zu begegnen, sagt Busch, der an der New York University und an der London School of Economics über Führung, Innovation und Unternehmertum lehrt. Sie nutzten überraschende Momente, in denen scheinbar unverbundene Ideen und Ereignisse zusammenkämen und ein neues Muster bildeten. «Sie sehen Brücken, wo andere nur Lücken sehen», sagt der Mitbegründer der Organisation «Leaders on Purpose», die Firmen beim Finden ihres Sinns berät. Dadurch würden Kreativität und Einfallsreichtum freigesetzt, um neue Lösungen für Probleme zu finden.

Eine Firma ohne Masterplan

Jemand, der Serendipität im Leben kultiviere, sehe das Unerwartete nicht nur als Gefahr oder als etwas, was seine Pläne über den Haufen werfe, sondern als eine Quelle verschiedener neuer Pfade, die wiederum neuen Sinn ergäben. Auch viele erfolgreiche CEO würden dies oft unbewusst praktizieren, sagt Busch, der im Rahmen seiner Forschungsarbeiten «Was Unternehmen erfolgreich macht» zahlreiche Gespräche mit CEO geführt hat. Vielen werde erst im Gespräch klar, dass sie Serendipität für sich und das Unternehmen nutzten.

Einer von ihnen ist David Taylor, Verwaltungsratspräsident von Procter & Gamble. Er erzählte Busch und seinem Team, dass Führungskräfte nicht versuchen sollten, alles zu wissen. Vielmehr gehe es darum, von anderen zu lernen, ihnen zu helfen und dann Verbindungen herzustellen, die zu neuartigen Lösungen führten.

Laut Tom Linebarger, Chef des auf Diesel- und Gasmotoren spezialisierten US-Konzerns Cummins, hat es im Unternehmen nie einen Masterplan gegeben. Mit seinem Team habe er eine Vision ausgearbeitet, eine Kultur geschaffen und Prozesse etabliert, um den Mitarbeitenden ein Gefühl für die grobe Richtung zu geben. Gleichzeitig hätten sie genügend Raum gelassen, damit neue Dinge entstehen könnten. Diese passierten häufig an unerwarteten Orten und auf unerwartete Weise. Für Linebarger ist die Fähigkeit, im Unternehmen Serendipität zu kultivieren, auch der Schlüssel, um einen Konzern durch Krisen zu führen.

Konzerne aus der Krise führen

Gerade in Krisenzeiten wird offensichtlich, dass Firmenchefs den Mitarbeitenden keine Gewissheiten oder vermeintliche Sicherheit bieten können. Gefragt ist stattdessen eine klare und transparente Kommunikation. Laut Busch sollten Führungskräfte den Angestellten eine Idee vermitteln, wohin die Reise gehe, und gleichzeitig aufzeigen, dass auf dem Weg das Unerwartete eine grosse Rolle spielen werde und man die Pläne bei neuen Erkenntnissen anpassen werde.

Viele Führungskräfte reagieren auf Krisen stattdessen mit dem Reflex, die Zügel anzuziehen und mehr Kontrolle auszuüben, um ihre Autorität als Unternehmenslenker unter Beweis zu stellen und selbst wieder ein Gefühl der Sicherheit zu erlangen. «Das ist genau das Falsche», sagt Busch. Firmenchefs sollten lernen, loszulassen und das Beste aus dem Unerwarteten machen. Dies gehe nicht mit einem Kontrollverlust einher, sondern sei im Gegenteil die einzige Möglichkeiten, sich von der Illusion der Kontrolle zu befreien.

«Erfolgreiche Führungskräfte klammern sich nicht an Pläne. Sie kultivieren intelligentes Glück», sagt der Autor des Buchs «Connect the Dots: The Art and Science of Creating Good Luck». Sie stellten auch gegenüber dem Aufsichtsgremium klar, dass es sich lohne, die Pläne bei neuen Erkenntnissen anzupassen und ein gutes Umfeld für Serendipität zu schaffen – nicht zuletzt, um innovativer zu werden.

Viagra und andere Zufälle

Bei Innovationen aller Art spielt der glückliche Zufall eine bedeutende Rolle; man denke etwa an Erfindungen wie Penicillin und die Röntgenstrahlung. Auch Klettverschluss, Post-it-Zettel, Gummi, Mikrowelle, Teflon und Nylonstrümpfe wurden zufällig erfunden. Viagra gibt es heute nur, weil bei den Tests eines Medikaments gegen koronare Herzerkrankung festgestellt wurde, dass das Mittel eine potenzsteigernde Wirkung hat. Anstatt dies als Rückschlag zu betrachten, wurde die neue Spur weiterverfolgt und ein Medikament gegen Potenzstörungen entwickelt.

Es gibt allerdings wenige Firmen, die ein solches Umfeld fördern. In vielen Betrieben herrscht nach wie vor eine wenig inspirierende Unternehmenskultur, was die Kreativität und eigenständiges Handeln hemmt. Gleichzeitig haben Pläne und Ziele einen derart hohen Stellenwert, dass ein geringer Anreiz besteht, bei neuen Erkenntnissen davon abzurücken.

Von der Firmenchefin bis zum Teamleiter werden die Angestellten daran gemessen, ob sie ihre Ziele erreichen. Auch Vergütungen und Beförderungen hängen davon ab. Das Unerwartete stellt in einem solchen Umfeld eine Bedrohung dar – etwas, was man am liebsten ausblenden oder unter den Teppich kehren möchte, um sich nicht erklären zu müssen und nicht als gescheitert dazustehen.

Chefs fördern glückliche Umstände

Wie gelingt es also, diese Fehlanreize zu beheben und stattdessen Serendipität im Unternehmen zur Entfaltung zu bringen? Firmen wie Facebook, Pixar oder 3M (Herstellerin von Post-it) haben diesen Weg beschritten und nach Möglichkeiten gesucht, dass Mitarbeitende das Unerwartete vermehrt als Chance sehen, neue Wege zu gehen und Innovationen zu schaffen.

Apple-Gründer Steve Jobs etwa hatte in seiner Zeit als Firmenchef von Pixar vieles unternommen, um Serendipität zu kultivieren. Er baute ein offenes Atrium mit allen zentralen Bereichen, um die Zahl der ungeplanten Begegnungen zu erhöhen. Das Herzstück des auf computeranimierte Filme spezialisierten Studios sollte die Interaktion zwischen den Menschen sein. Um ein gutes Umfeld für kreatives Arbeiten zu schaffen, galt auch die Devise, dass Ideen und erste Entwürfe nicht perfekt sein müssen.

Laut Busch gibt es verschiedene Ansätze und Massnahmen, wie Chefs glückliche Umstände im Unternehmen fördern:

  • Serendipität für sich kultivieren: Führungskräfte sind ein Vorbild und bereiten den Boden für andere vor, wenn sie selber Serendipität kultivieren sowie in der Firma über glückliche Zufälle und die daraus entstandenen Resultate sprechen.
  • Gespräche anders führen: Chefs fragen an Teamsitzungen: «Was hat dich überrascht?» oder «Welches Projekt begeistert dich?» Fragen dieser Art laden Mitarbeitende ein, den Blick zu öffnen und auf Unerwartetes zu achten. Es geht auch darum, in Gesprächen mehr Anknüpfungspunkte zu schaffen. Auf die Frage «Was machen Sie?» antwortet man nicht nur mit der Berufsbezeichnung, sondern nennt verschiedene Dinge, die man gerne tut. 
  • Sichere Arbeitsatmosphäre schaffen: Chefs, die wollen, dass Angestellte auch verrückte, noch nicht ganz ausgegorene Ideen vorbringen, müssen psychologische Sicherheit schaffen. In einem solchen Umfeld fühlen sich Mitarbeitende wohl und wagen Neues, ohne negative Konsequenzen befürchten zu müssen.
  • Ideengeber belohnen: Wer neue Ideen einbringt, wird belohnt. Wichtig ist zudem, dass Mitarbeitende ein Feedback auf ihre Vorschläge erhalten und vielversprechende Ideen weiterverfolgt werden. Sehen Angestellte, dass sie etwas bewegen können, sind sie motiviert, weitere Vorschläge zu machen. 
  • Systematisch aus Fehlern lernen: Man spricht im Unternehmen über Ideen, aus denen nichts geworden ist. Dabei geht es nicht darum, das Scheitern zu bejubeln, sondern darum, das Lernen aus unerwarteten Situationen zu fördern. In einem solchen Umfeld experimentieren Mitarbeitende öfter und übertragen Ideen in einen anderen Kontext. 
  • Perspektive erweitern: Wenn die Firmenchefin die Kaderangestellten bittet, «die Kosten zu senken», schränkt sie damit das Feld möglicher Lösungen ein. Vielversprechender ist es, die Mitarbeitenden zu bitten, nach Möglichkeiten zu suchen, um «profitabler zu werden». Sie suchen dann auch nach neuen Einnahmequellen.
  • Das Team intelligent zusammenstellen: Wenn Angestellte mit der Philosophie, Serendipität im Unternehmen zu fördern, nichts anfangen können, bietet es sich an, sie auf ein Projekt mit einem Kollegen zu schicken, der dies bereits erfolgreich praktiziert. Beginnt der Angestellte, die Vorteile zu erkennen, wird er zu einem glaubwürdigen Vertreter.
  • Zufällige Begegnungen fördern: Unternehmen installieren Open-Space-Büros und Lounges, um Begegnungen am Arbeitsplatz zu fördern. Sie sollten sich dabei allerdings gut überlegen, wann und für wen sie Gelegenheiten für zufällige Begegnungen schaffen wollen. Sonst besteht die Gefahr, dass Mitarbeitende keine Rückzugsmöglichkeit mehr haben, wenn sie konzentriert an einer Aufgabe arbeiten wollen. 

Ob die Massnahmen auf fruchtbaren Boden fallen, hängt stark von der Firmenkultur ab. In Unternehmen, in denen die Mitarbeitenden vor allem Klatsch und Tratsch austauschen, ist Serendipität weniger wahrscheinlich als in Firmen, in denen die Angestellten auch in der Kaffeepause über neue Ideen sprechen.

Schwierig wird es auch, wenn die Unternehmenskultur von Angst, Misstrauen und Missgunst geprägt ist. «Gestresste Menschen entwickeln einen Tunnelblick und nehmen günstige Gelegenheiten weniger gut wahr», sagt Busch. Als Experte für das Thema sieht er aber auch hier die Chancen: «Man muss dann einfach mit kleinen Schritten beginnen.»

Auf der anderen Seite können Firmen aber auch in eine Falle tappen, wenn sie angestrengt versuchen, Serendipität herbeizuführen oder gar zu erzwingen. «Serendipität lässt sich nicht kontrollieren, geschweige denn vorhersehen», sagt Busch. «Man kann nur ein Arbeitsumfeld schaffen, in dem die Wahrscheinlichkeit für Serendipität steigt.»

Wir unterschätzen das Unerwartete

Wie Studien zeigen, ist die Wahrscheinlichkeit für Serendipität grösser als gemeinhin angenommen. Das Unerwartete passiert weitaus häufiger, als wir es erwarten. Gleichzeitig überschätzen wir unsere Fähigkeit, das Leben zu planen und zu kontrollieren. Im Rückblick zeigt sich oft, dass gerade positive Schlüsselereignisse – wie die Liebe seines Lebens zu finden oder einen Traumjob zu ergattern – ungeplant waren.

«Alle Menschen können Fähigkeiten entwickeln, das Beste aus dem Unerwarteten zu machen», ist Busch überzeugt. Alles beginne mit dem Blick auf die Situation. Anstatt sich zu fragen: «Was kann ich verlieren, wenn ich dies tue?», könne man sich überlegen: «Was werde ich bedauern, wenn ich es nicht tue?» Busch selbst musste sich diese Sichtweise aneignen. Er hatte in der Schule gelernt, dass man einen Plan haben sollte. Im echten Leben wurde ihm dann aber klar, dass der Zufall oft eine grössere Rolle spielt als erwartet. Heute kombiniert er Planung mit der Erwartung, dass das Unerwartete jederzeit passieren kann – was ihn oftmals den Wert des Unerwarteten sehen lässt.

Glückliche Umstände sind nicht auf menschliche Kontakte beschränkt. Man denke etwa an ein Buch, das man zufällig im Schaufenster gesehen hat und das einem wichtige Einsichten gebracht hat. «Jede und jeder entdeckt Serendipität auf seine eigene Art und Weise», sagt Busch, der zu den einflussreichsten Management-Denkern («Thinkers50») zählt. Ein Patentrezept dafür, wie mit Unerwartetem umgegangen werden soll, gebe es nicht. Seine Erkenntnisse und Erfahrungen gibt Busch daher als Denkanstösse weiter und lädt zum Beobachten und Ausprobieren ein: «Irgendwann macht man es dann intuitiv und ganz natürlich.»

Quelle: NZZ - Neue Zürcher Zeitung

09 September 2022

Fünf Tipps für gutes Remote Leadership

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Fünf Tipps für gutes Remote Leadership

Gutes Remote Leadership zeichnet sich durch soziale Kompetenzen wie Empathie und Kommunikationsfähigkeit aus. Nicole Gaiziunas, XU Group, gibt Tipps, worauf es zu achten gilt.

Unsere Arbeitswelt befindet sich in einer großen Transformation, die nicht nur immer digitaler werdende Jobprofile hervorbringt, sondern auch die Art verändert, wie wir zukünftig arbeiten. Flexibilität und Agilität werden immer wichtiger und bringen uns zugleich neue Möglichkeiten. Remote Work ist bereits in vielen Unternehmen anerkannt und kann eine hohe Zufriedenheit der Mitarbeitenden bewirken. Schließlich lassen sich Job und Freizeitgestaltung so viel besser miteinander in Einklang bringen.

Außerdem kann diese Arbeitsweise zu einer größeren Produktivität führen. Denn dank flexibler Arbeitszeiten können Mitarbeitende genau zu der Tageszeit ihren Aufgaben nachgehen, an der sie besonders leistungsfähig sind. Welch ein Geschenk also für alle, deren Motor erst am späten Vormittag auf Hochtouren läuft oder dann, wenn andere schon im Feierabend sind. Denn darüber können sie sich künftig besser einbringen und ihr volles Potenzial entfalten.

Die meisten Mitarbeitenden empfinden zudem das entgegengebrachte Vertrauen ihrer Arbeitgebenden in diesem Kontext als Zeichen der Wertschätzung. Ein weiterer großer Vorteil für Unternehmen ist die Möglichkeit, offene Stellen schneller und flexibler zu besetzen, da Fachkräfte nicht mehr ortsgebunden sein müssen. Bei all den Vorteilen, die remote Arbeiten für Unternehmen und Mitarbeitende bringt, ist es jedoch essentiell, dass Entscheidungsträger/-innen auch mögliche Risiken im Blick behalten und entsprechende Spielregeln für alle definieren und durchsetzen.

Die Risiken von Remote Work

Die Arbeit in digitalen Workspaces bricht klassische Teamlogiken auf und bringt Kolleginnen und Kollegen verschiedener Standorte und Disziplinen schneller zusammen. Das ist zunächst einmal super, jedoch müssen Regeln dafür klar abgesteckt sein. Wird die Organisation agiler, sollten auch die entsprechenden Kompetenzen dafür vorhanden sein oder aber innerhalb der Belegschaft Expertinnen und Experten für agile Methoden ausgebildet werden.

Führungskräfte müssen diesen Zeitpunkt rechtzeitig erkennen und entsprechend darauf reagieren. Arbeiten im Office fördert das Teamgefühl und ermöglicht spontane Interaktionen zwischen den Kolleginnen und Kollegen; all das kann in dezentral arbeitenden Teams verloren gehen oder überhaupt erst gar nicht entstehen.

Das betrifft vor allem auch neue Mitarbeitende, die immer häufiger remote in den Job starten und ihre Teams niemals persönlich vor Ort sehen. Die Kommunikation wird für Unternehmen daher deutlich herausfordernder. Auch die Leistungsbeurteilung und das Ressourcenmanagement werden durch die räumliche Distanz erschwert. Wenn ein Unternehmen daher Arbeitsprozesse und Kommunikationstools dieser neuen Arbeitssituation nicht entsprechend anpasst, können sich Einzelne schnell auch alleingelassen und isoliert fühlen. Eine Teamkultur und ein Gemeinschaftsgefühl entstehen nur schwer. Auch kann es passieren, dass Mitarbeitende Druck spüren, immer erreichbar zu sein, weil eine Trennung zwischen Privat- und Berufsleben verwässert.

Feste Spielregeln für alle

Gutes Remote Leadership ist ganz klar eine Herausforderung und muss in den nächsten Jahren erst einmal durch Trial and Error erlernt werden. Voraussetzung dafür sind jedoch auf jeden Fall soziale Kompetenzen wie Empathie und Kommunikationsfähigkeit.

Hier meine Tipps, worauf es zu achten gilt:

  1. Machen Sie sich die Vorteile von hybrider und remote Arbeit bewusst und sorgen Sie für Verständnis, für ein gemeinsam getragenes Mindset und eine geschlossene Haltung auf Managementebene, damit alle an einem Strang ziehen.
  2. Vergessen Sie dabei niemals: Kommunikation hilft immer! Sprechen Sie mit Ihrem Team, schaffen Sie Raum für einen persönlichen Austausch. Wichtig in diesem Kontext ist es, persönliche Austauschformate zu schaffen, ähnlich wie in einem Pausenraum oder in der Kaffeeküche. So kann man sich mit Kolleginnen und Kollegen ebenso gut zu virtuellen Mittagspausen – dank Smartphone auch außerhalb des Homeoffice – treffen. Die Möglichkeiten, um im Austausch zu bleiben und sich auch abseits der Jobthemen miteinander zu unterhalten, sind vielfältig: vom virtuellen gemeinsamen Apero zum Wochenende bis zum Team-Quiz. Es gilt herauszufinden, was für Ihr Team am besten funktioniert.
  3. Achten Sie darauf, dass Sie einfache, verständliche und gut zugängliche Kollaborationssysteme für die Kommunikation einsetzen. Nur so entstehen eine effektive Zusammenarbeit und Austausch. Es gibt viele sinnvolle und einfach zu bedienende Tools, darunter Miro-Boards, Trello, Slack oder andere.
  4. Trotz aller Flexibilität braucht das Arbeiten im Team auf Distanz klare Strukturen, damit es gelingen kann. Gemeinsam definierte Ziele, klare Aufgaben und Zuständigkeiten sowie Deadlines sind noch wichtiger als zuvor.
  5. Wichtig ist es außerdem, verbindliche Guidelines aufzustellen: Wie wollen wir remote miteinander arbeiten? Das gibt den Mitarbeitenden die nötige Orientierung und signalisiert Verständnis und Bewusstsein seitens des Managements, zum Beispiel wenn es darum geht, rücksichtsvoll mit den Terminen der Kolleginnen und Kollegen umzugehen und beispielsweise keine Calls zur Pausenzeit einzustellen. Als Führungskraft sollten Sie auch klar kommunizieren und vorleben, dass Nachrichten nur in Ausnahmefällen außerhalb der Arbeitszeiten beantwortet werden.

Zeitliche Flexibilität begünstigt Upskilling

Vor allem eine berufliche Weiterqualifizierung, die Mitarbeitenden neue Zukunftsperspektiven bietet oder dazu beitragen kann, den Arbeitsplatz zu sichern, gelingt sehr gut remote. Denn zeitliche Flexibilität ist in der Weiterbildung ein besonders wichtiger Faktor. Dabei haben sich vor allem Online-Education-Plattformen sehr bewährt. Tragfähige Lernerfolge schaffen hier insbesondere Angebote, die einen abwechslungsreichen Formatmix anbieten, der für ein hohes Engagement sorgt und die Lernenden dazu motiviert, am Ball zu bleiben. So muss sich niemand durch einen langweiligen Online-Frontalunterricht quälen, sondern wird durch interaktive und gamifizierte Lernformate in Kombination mit Live-Sessions von Expertinnen / Experten qualifiziert und zukunftsfit gemacht.

Die Zukunft der Arbeit: Vertrauen Sie Ihren Mitarbeitenden

Wenn Entscheiderinnen / Entscheider die Wünsche ihrer Mitarbeitenden nach mehr zeitlicher und örtlicher Flexibilität berücksichtigen und ihnen darüber mehr Freiraum ermöglichen, werden sie davon langfristig profitieren. Doch dabei ist es wichtig, dass Führungskräfte ihrem Team vertrauen. Dann werden Sie schnell merken, dass die Motivation, Produktivität, Loyalität und Weiterbildungsbereitschaft der Belegschaft immer weiter steigen werden. Ein Win-Win für beide Seiten.

Über die Autorin

Nicole Gaizunas ist Gründerin und Co-CEO der Online-Education-Plattform XU und beschäftigt sich mit den Zukunftskompetenzen von morgen. Sie ist überzeugt, dass die Transformation der Wirtschaft in den Zukunftsfeldern Digitalisierung, E-Mobilität und Nachhaltigkeit nur mit einer Investition in den Menschen und dessen Potenzial gelingen kann. Zusammen mit ihrem Team entwickelt sie innovative, zertifizierte Up- und Reskilling-Angebote für Unternehmen und deren Beschäftigte sowie Einzelpersonen.

Quelle: hr-journal.de

05 August 2022

Warum es erfolgreichen Führungskräften egal ist, gemocht zu werden – und was wirklich zählt

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Warum es erfolgreichen Führungskräften egal ist, gemocht zu werden – und was wirklich zählt

Zu den wichtigsten emotionalen Grundbedürfnissen des Menschen zählt der Wunsch nach Akzeptanz und Zuneigung. Jeder will gemocht werden – nur erfolgreiche, authentische Führungskräfte nicht.

Die Bedürfnishierarchie nach Maslow – und wie sie deinen Erfolg als Leader beeinflusst

Wer auf der Suche nach Akzeptanz, Anerkennung und Zuneigung ist, sehnt sich nach etwas, wonach wir alle uns sehnen: Wir wollen unbedingt gemocht werden. Ungewöhnlich ist das auf den ersten Blick also nicht.

Der US-Psychologe Abraham Maslow bringt es mit seiner „Bedürfnishierarchie“ auf den Punkt: Während wir demnach einerseits körperliche Grundbedürfnisse haben, zu denen Essen und Schlafen zählen, wollen auch die Bedürfnisse unserer Psyche gestillt werden. Und zu diesen zählt eben jenes Bedürfnis nach Anerkennung (Geltung).

Der kritische Punkt: Nimmt das Bedürfnis, von anderen anerkannt und gemocht zu werden überhand, stehst du dir – vor allem als Führungskraft – selbst im Weg. Ist dieser kritische Punkt erreicht, droht die Gefahr, sich vom Urteil anderer abhängig zu machen.

Warum ist das so?

Yahoo-Mitbegründer Jerry Yang musste sich einst harscher Kritik aussetzen. Die Vorwürfe der Tech-Branche: Yang sei viel zu nett, damit das Personal ihn mochte; Entscheidungen fielen ihm schwer – und immer wieder wurde er mit erfolgreichen Leadern wie Steve Jobs und Jeff Bezos verglichen, die sich gegenteilig verhielten.

Die Suche nach Bestätigung wird auch evolutionsbiologisch erklärt. Medizinprofessor und Psychiater Prof. Dr. Joachim Bauer weist auf neurowissenschaftliche Studien hin, die andeuten, dass Anerkennung unser Belohnungs- und Motivationssystem besonders stimuliert. Das könne fast süchtig machen.

Ob die Vorwürfe an Yang stimmen – das ist bis heute reine Spekulationssache. Deutlich wird jedoch, wie das Bedürfnis nach Anerkennung uns in jeglichen Positionen beeinflussen kann.

Es verwundert wenig: Soziale Zugehörigkeit, Bestätigung und Akzeptanz pushen unser Selbstwertgefühl – und das ist wichtig, um gestärkt an herausfordernde Aufgaben heranzugehen, ein Unternehmen zu leiten und unsere mentale Gesundheit zu fördern. Zum Problem wird es nur, wenn wir zwanghaft und nicht mehr in gesundem Maße auf die Bestätigung unseres Umfelds angewiesen sind.

Das typische Verhalten derer, die um jeden Preis gemocht werden wollen

Du bist dir nicht sicher, wo du selbst stehst? Es gibt einige klare Anzeichen, die verdeutlichen, wie Führungskräfte mit „Drang nach Anerkennung“ sich oft verhalten.

Wenn du unbedingt gemocht werden willst, zeigst du vor allem folgende Muster:

  • Du scheust dich vor Konflikten, denn diese könnten zur Ablehnung deiner Person führen.
  • Manchmal flunkerst du, um Situationen so zu drehen, dass sie ein gutes Licht auf dich werfen; das Lügen wird im schlimmsten Fall „chronisch“.
  • Du verteilst kein oder nur positives Feedback – denn kritische Rückmeldungen könnten deinen Sympathiewert senken.
  • Du bist ständig damit beschäftigt, es anderen recht zu machen.
  • Du bist nicht bereit, Verantwortung zu übernehmen, wenn du eine Aufgabe verfehlt hast – denn das könnte deinem Image schaden. Stattdessen: Suche nach Ausreden.
  • Dir fällt es schwer, Entscheidungen zu treffen, um niemanden zu verletzten, der dich schließlich ablehnen könnte.
  • Du zeigst keine Wut und keinen Ärger, um stets freundlich und sympathisch zu wirken; Frust schluckst du, sodass dieser sich staut.

Das Ergebnis: Zwar ist es möglich, dass du als Führungskraft mit dieser Strategie durchaus gemocht wirst und viele Sympathiepunkte erntest. Bedenke jedoch, dass auf diese Weise eine Sache nicht entsteht, die für die meisten Leader besonders wichtig ist – und das ist Respekt.

Warum ist es wichtiger, respektiert statt gemocht zu werden?

Indem du „zwanghaft“ versuchst, zu gefallen, verlierst du automatisch an Authentizität. Denn in den meisten Situationen wirst du flunkern, deine ehrliche Meinung nicht mitteilen und Entscheidungen vermeiden. Bekanntlich verlieren wir wahrscheinlicher den Respekt vor jemandem, der stets vorgibt, etwas zu sein, was er in Wahrheit nicht ist.

Wer jedoch nach Respekt statt Zuneigung strebt, wird mehr Erfolg haben: Du legst infolgedessen weniger Wert darauf, gemocht zu werden; stattdessen wird es wichtiger, die richtigen Entscheidungen zu treffen – auch wenn du ehrlich, offen und direkt sein musst und möglicherweise keine Sympathiepunkte mehr erntest.

Erfolgreiche Führungskräfte, denen es egal ist, ob sie gemocht werden, zeigen folgendes Verhalten:

  • Du bist offen für ehrliche Konflikte und verteilst konstruktives Feedback.
  • Du übernimmst Verantwortung für deine Fehler, auch wenn du dich damit unbeliebt machen könntest.
  • Du bist in der Lage, als Führungskraft Entscheidungen zu treffen, auch wenn sie das eine oder andere Herz brechen.
  • Du machst keine falschen Versprechungen, die auf ein Harmoniebedürfnis basieren.
  • Du teilst negative Rückmeldung so schnell wie möglich mit und vergräbst unangenehme Themen nicht unter einem Berg unausgesprochener Überlegungen.

Beachte auch: Nur wenn du dich selbst respektierst, wird dein Umfeld dich ebenfalls respektieren – vor allem, wenn du dich in Führungsposition befindest. Fehlt dir jedoch die Wertschätzung deiner eigenen Person, also die Selbstliebe, ist es nur schwer möglich, dich selbst gebührend zu respektieren – und das nimmt dein Umfeld wahr.

Wie gelingt es, weniger Wert auf Zuneigung zu legen?

Strebe nach höheren Werten und Zielen als danach, von anderen gemocht zu werden. Das führt nicht nur dazu, dass dir unternehmerische Entscheidungen leichter fallen. Sondern auch, dass du persönlich wächst. Ein wichtiger Weg, um weniger auf die Bestätigung anderer angewiesen zu sein, ist die Arbeit an dir selbst.

Höhere Werte und Ziele können sein:

  • Authentizität
  • Fairness anderen gegenüber
  • innere Zufriedenheit, unabhängig von der Meinung anderer
  • Gelassenheit
  • Ehrlichkeit
  • Respekt

Diese 5 Dinge werden sich für dich verändern

  1. Realitätsnähe: Du lernst, mit Ablehnung umzugehen – denn nicht jeder wird dich mögen; das ist eine Idealvorstellung.
  2. Fokus auf das Wesentliche: Du hast mehr mentale Kapazitäten für die „wichtigen“ Dinge frei. Jetzt kannst du dich auf Entscheidungen konzentrieren, statt darüber nachzudenken, wie du gut ankommst oder wie du den nächsten Konflikt vermeidest.
  3. Mehr Zufriedenheit: Du wirst langfristig zufriedener – und erkennst den wesentlichen, qualitativen Unterschied zur kurzfristigen Bedürfnisbefriedigung in Form von Anerkennung und Zuneigung.
  4. Risiko für das Ausbrennen sinkt: Du wirst eigene Bedürfnisse klarer kommunizieren, wenn du es nicht jedem recht machen willst. So brennst du nicht aus.
  5. Selbstwertsteigerung: Langfristig erkennst du, dass du innere Ressourcen aktivieren kannst, um dir Kraft zu geben, wenn du diese nicht in Form von Bestätigung von anderen bekommst. Das steigert dein Selbstwertgefühl erheblich – weil du dich selbst pushen kannst.

Fazit: Sei authentisch und ehrlich – auch wenn dich dafür nicht jeder mag

Schätzt du dich selbst genug, um nach einem größeren Wert als die Bestätigung von außen zu suchen? Auch wenn wir uns alle manchmal danach sehnen, von anderen gemocht zu werden:

Zuneigung ist nicht selten temporär. Sie kann verfliegen und gibt dir nur kurzfristig einen „Ego-Kick“. Umso bedeutender ist es, die Sehnsucht nach Anerkennung durch den Wunsch danach zu ersetzen, ein Vorbild und ein guter Leader zu sein, der respektiert wird sowie fair und ehrlich kommuniziert. Denn das ist ein größeres und vor allem ein langfristiges Ziel.

Quelle: arbeits-abc

29 Juli 2022

Humble Leadership – Mit demütigem Führen zu Leistung und Ethik

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Spitzenmanager charakterlich im Fokus - Gastbeitrag von Univ.-Professor Dr. Dietrich von der Oelsnitz

Humble Leadership – Mit demütigem Führen zu Leistung und Ethik

„All leaders face the challenge of how to be both: ethical and effective in their work“.[1]

Den Manager- und Gründerstars unserer Tage ergeht es medial deutlich besser als sonst in der Dreiecks-Beziehung Öffentlichkeit – Medien – Geschäftsführung üblich: Die gesellschaftliche Wahrnehmung innovativer Gründer und Lenker ist in den letzten Jahren wieder milder, ja bisweilen geradezu freundlich geworden. Steve Jobs, Jeff Bezos oder Elon Musk werden mehrheitlich als geniale Tüftler betrachtet, als kreative Schöpfer neuer Branchen und Geschäftsmodelle. Diese Manager-Ikonen werden weltweit über die Grenzen ihrer Arbeitswelt hinaus idolisiert wie sonst nur Popstars oder Sporthelden. Gelegentlich schaffen sie es sogar bis in die Klatschspalten bunter Lifestyle-Magazine.

Andernorts beginnen dann allerdings auch wieder die Zweifel: Sind unsere Manager zu gierig, in ihrer persönlichen Inszenierung nicht zurückhaltend genug? Flugs ist es mit der Herrlichkeit dieser Berufsgruppe auch schon wieder vorbei; es fallen Begriffe wie Abzocker, Amigo, Gauner. Denkmäler werden wieder gestürzt. Nur: Dem Denkmalsturz geht eben der Personenkult voraus. Wer aber hat diesen inszeniert? Die Manager? Die Medien? Die unwissende Öffentlichkeit? Gar die Mitarbeiter dieser Bürostars selbst? Eines bleiben all diese Leader für die Öffentlichkeit jedoch immer: interessant! 

Quelle- den vollständigen Artikel können Sie weiterlesen unter leadership-insiders.de
 
 
 

22 Juli 2022

Führung im Change

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Führung im Change

Die Beschleunigung der Welt hat für jedes Unternehmen und jede Organisation Folgen: Es verändert sich so vieles, die Geschäftsmodelle, die Menschen und auch die Führung.

Wenn Menschen den Begriff Führung hören, denken viele immer noch an eine bestimmte verantwortliche Person und nehmen diese als Autorität wahr, die sie in die Zukunft führt. Vielleicht denken auch Sie gerade an eine bestimmte Person, wenn Sie das Wort Führung hören?

Braucht es überhaupt noch Führung in der Zukunft? Hier scheiden sich die Geister. Die Einen sprechen nur noch über Selbstorganisation und die Anderen behaupten die Zukunft braucht Führung. Vorab sollten Sie sich allerdings die folgende Frage stellen:

"Was heißt Führung überhaupt?"

Gibt man bei Google „Führen“ ein, kommen folgende Ergebnisse: jemandem den Weg zeigen und dabei mit ihm gehen, ihn geleiten, leiten auf einem Weg, z. B. "einen Blinden [über die Straße] führen", jemanden veranlassen, an einen bestimmten Ort mitzukommen, an einen bestimmten Ort bringen; geleiten "jemanden in ein Restaurant führen".

Werfen wir einen Blick ins Althochdeutsche wird Führen so erklärt: der Begriff „führen“ leitet sich aus dem Althochdeutschen ab und bedeutet „ins Fahren bringen“, nicht ausbremsen, dressieren oder unterdrücken. Und Daniel F. Pinnow formuliert es so: „Führen bedeutet, eine Welt zu gestalten, der andere gerne angehören wollen.“

Nicht nur die Führung befindet sich in einem Wandel, auch die Welt. Globale Herausforderungen wie Corona, gesellschaftliche Entwicklungen oder die Erderwärmung fordern uns in einem rasanten Tempo heraus. Deshalb ist auch ein neues Führungsverständnis gefragt

  • Führung als eine ganzheitliche, gemeinsame Aufgabe verstehen: Statt starren Hierarchien geht es darum wirksam zu sein, und zwar gemeinsam und abgestimmt. Kollaborativ zusammenarbeiten im Sinne von wie wirken wir zusammen. Das ist das große Potenzial in den Unternehmen und Organisationen und das beginnt an der Unternehmensspitze.
  • Eine neue Qualität des Miteinanders und des Vertrauens: Es geht darum sowohl die technischen Möglichkeiten zu nutzen als auch wissenschaftliche Erkenntnisse aus unterschiedlichen Disziplinen zu integrieren - gesamtgesellschaftlich und nachhaltig zu denken. Und vor allem die Chancen im besseren Miteinander wahrzunehmen, zwischen den Menschen, in den Teams und in der Organisation.
  • Gemeinsam Verantwortung tragen, beginnend im TOP-Führungsteam, direkt verbunden mit einer selbstgestalteten Selbstorganisation.

Je nach Reifegrad des Teams versteht sich die Führungskraft als Teamcoach, Ermöglicher und Gestalter förderlicher Rahmenbedingungen, räumt Hindernisse aus dem Weg, um das Team in die Selbstführung/Selbstorganisation zu begleiten. Sie fördert und entwickelt jeden Einzelnen mit einem inspirativen und coachiven Führungsstil, wesentlich stärker als das in klassischen Organisationen der Fall ist.

Es gibt viele Untersuchungen, die zeigen, dass gute Führung und Leadership einen Bereich/eine Organisation menschlicher, wirtschaftlicher, resilienter und zukunftsfähiger machen.

Welche Führung ist nun am wirksamsten?

Ganz einfach, die, die funktioniert!

  • Führung, die wirkt, beginnt dort, wo sich die Menschen und die Organisation gerade befinden, in ihremaktuellen Welt-, Menschen- und Führungsbild.
  • Sie sensibilisiert für neue Herangehensweisen und Lösungsansätze, um die Herausforderungen der heutigen Zeit zu meistern.
  • Und sie agiert mit einem entsprechenden Mind- und SkillSet, nutzt ein entsprechendes Toolset/Methoden.

Und holen Sie sich regelmäßig Feedback, denn die große Diskrepanz zwischen dem Selbst- und dem Fremdbild von Führungskräften regt zum Nachdenken an.

  


Der wirtschaftliche Schaden aufgrund von unzureichender Führung liegt deutlich über 100 Mrd. Euro, so eine Gallup Studie. Und diese Zahlen sind stabil seit vielen Jahren.

Stellen Sie sich Fragen:

  • Was im Kern ist eigentlich Führung?
  • Wie kann diese am besten gelingen?
  • Und ist es möglich anders zu führen als in der uns gewohnten Form?

Vielleicht begeben Sie sich auch auf Entdeckungsreise was denn nun Führung heißt, im Tierreich, bei den Benediktinern, bei Unternehmen wie Buurzorg, Sipgate, Morning Star oder bei der Datev? Während die Einen noch überlegen, profitieren die Anderen schon von den Vorteilen eines neuen Führungsverständnisses und - verhaltens in der Organisation. Mit einer ganzheitlichen und methodischen Herangehensweise, denn eine menschengemäßeFührung fördert die Motivation und die Identifikation der MitarbeiterInnen.

Wo steht ihr Unternehmen aktuell?

Mit dem Rücken zur Wand, geht es ums Überleben? Oder geht es darum die Organisation fit zu machen für die Zukunft? Oder haben Sie so viel um die Ohren, dass Sie sich darüber überhaupt keine Gedanken machen bzw. keine Zeit haben, sich darum zu kümmern?

Deshalb und/oder gerade weil: Führung wird es immer geben und brauchen. Beginnen Sie jetzt mit der Veränderung im TOP-Management und entwickeln sich selbst zu einem agilen TOP Führungsteam. Dazu gehört ein neues und vor allem gelebtes Führungsverständnis, das Räume schafft, wo sich Menschen wirklich begegnen können, wo ein von- und miteinander Lernen möglich ist. Und übernehmen Sie gemeinsam die Verantwortung für die Zukunftsgestaltung, um so die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens zu sichern.

 

Über die Autorin

Katrin Greßer ist ManagementCoach, Führungskräfteentwicklerin und Autorin, Geschäftsführerin von EinfachStimmig

Mit fundiertem Wissen, viel Esprit, Empathie und Leidenschaft entwickelt sie innovative und nachhaltige Konzepte, begleitet herausfordernde Veränderungsprojekte und ist erfahrene Sparringspartnerin für Führungskräfte und Managementteams.

Quelle: Unser Geschäftspartner EinfachStimmig

17 Juni 2022

Female Leadership: Sind Frauen die besseren Führungskräfte?

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Arbeitsalltag

Female Leadership: Sind Frauen die besseren Führungskräfte?

Es braucht gleichermaßen Männer und Frauen in Führungsrollen. Die Frage, wer die bessere Führungskraft ist, lässt sich nur beleuchten, wenn man einen Blick auf den Kontext wirft. So würde auch die Frage danach, ob Äpfel oder Birnen das bessere Obst sind, keine fruchtbaren Ergebnisse liefern. Je nach Ziel und Ausrichtung des Unternehmens sind verschiedene Führungsstile gefragt - jedoch spiegelt die tatsächliche Geschlechterverteilung in Führungsetagen diese Vielfalt längst nicht wider. Laut der letzten Studie von Statista im Jahr 2020 war nicht einmal ein Drittel der Führungspositionen in Deutschland von Frauen besetzt (28 Prozent). Dabei können – vor allem in modernen Unternehmenskulturen – Frauen häufig die erfolgreichere Führungsperson verkörpern als der klassisch-konservative Chef im Bürosessel.

Anforderungen an eine moderne Führungskraft

Die Ansprüche an Führungspersonen haben sich in den letzten Jahrzehnten zunehmend verändert. Die Arbeitswelt unterliegt einem Paradigmenwechsel. Neue flexiblere Arbeitsmodelle und veränderte Werte der Arbeitnehmer:innen erfordern ein Umdenken – vor allem in Führungsetagen. Unternehmen setzen zunehmend auf flache Hierarchien, Teamwork und innovative Denkansätze. Arbeitnehmer:innen entwickeln neue Wertevorstellungen und wünschen sich nicht nur Anerkennung für ihre Arbeit, sondern auch die Möglichkeit, sich weiterzuentwickeln, weiterzubilden und frei zu entfalten. Eine ausgeglichene Work-Life-Balance und ein Arbeitsumfeld, in dem man sich wohlfühlen darf, werden groß geschrieben.

Anforderungen, mit denen sich der traditionelle Chef nur selten konfrontiert sieht. Während Führungspersonen in der Vergangenheit häufig eine eher distanzierte Beziehung zu Mitarbeiter:innen pflegten, bedarf es heutzutage viel mehr Feingefühl im Umgang mit den Arbeitnehmer:innen. Können deshalb Frauen heutzutage die "bessere" Führungskraft darstellen? Die ideale Führungsperson von heute behandelt ihr Team respektvoll, besitzt Entscheidungskompetenzen, ist flexibel und empathisch, um sich in neue Problematiken einzufühlen und angemessen reagieren zu können.

Sind Frauen wirklich die besseren Führungskräfte?

Talente nur nach Geschlecht einzuteilen und daraus Unterschiede abzuleiten, greift etwas zu kurz. Dennoch gibt es einige Qualitäten, die vermehrt bei Frauen zu finden sind. Die Art und Weise des Female Leadership, betont Themen wie Empathie, Kooperation und Wertschätzung. Die Fähigkeit, ein offenes Ohr für die Wünsche und Konflikte der Mitarbeiter:innen zu haben, sorgt für Vertrauen untereinander und für ein harmonischeres Arbeitsumfeld.

Zu ähnlichen Ergebnissen kommt eine Studie der Norwegian Business School. Über 2000 Führungskräfte, darunter 900 Frauen wurden hinsichtlich der fünf wichtigsten Merkmale einer Führungsperson untersucht: Stressresistenz, Innovationsförderung, Ergreifen von Initiativen, Unterstützung der Mitarbeiter:innen und Effizienz. Das Ergebnis zeigt, dass Frauen in einigen Persönlichkeitsmerkmalen die Nase vorn haben. Demnach seien Female Leaders klarer in ihrer Kommunikation, offen für Innovationen, gewissenhafter und besser darin, Mitarbeiter:innen zu unterstützen.

Frauen denken weniger hierarchisch

Immer noch investieren viele konservative Führungskräfte Zeit und Energie in die Aufrechterhaltung der hierarchischen Unternehmensstruktur, um ihre eigene Position zu festigen. Jedoch sind „Rambo-Allüren“ im Konkurrenzkampf gegenüber Kolleg:innen heutzutage nicht mehr förderlich. Die moderne Führungsperson versucht alle Mitarbeiter:innen in Entscheidungsprozesse einzubinden, um von der Vielfalt des Unternehmens zu profitieren. Es bedarf also Entscheidungsträger:innen, die teamorientiert arbeiten, ein offenes Ohr haben und durch koordinieren der individuellen Ideen der Mitarbeiter:innen zum besten Ergebnis gelangen.

Frauen führen uns durch Krisenzeiten

In Sachen Krisenmanagement kann Female Leadership definitiv punkten! Die Corona-Pandemie war nicht nur für Mitarbeiter:innen eine beruflich sehr herausfordernde Zeit, sondern auch für Führungskräfte. Ob Chefs oder Chefinnen die Ausnahmesituation besser meisterten, wurde vom Management-Magazin Harvard Business Review erhoben. Zwischen März und Juni 2020 wurden 454 Männer und 366 Frauen in Leitungspositionen von ihren Mitarbeiter:innen in puncto Effektivität ihres Führungsstils anonym beurteilt. Female Leaders schnitten deutlich besser ab. In vielen Kompetenzen, darunter Motivation, Teamwork und Empathie, gingen weibliche Führungspersonen als deutliche Siegerinnen hervor. Vor allem die Kooperationswilligkeit der Frauen und eine weniger ausgeprägte Ellenbogenkultur trugen zur Effektivität des Führungsstils bei.

Frauen können sich in ihre Mitarbeiter:innen einfühlen

Kollegiales Denken und Empathie sind essenziell für eine funktionierende flache Hierarchie und einer harmonischen Beziehung zu den Mitarbeiter:innen. Frauen sind laut Studien tendenziell besser in der Lage, sich in die Bedürfnisse von Mitarbeitenden einzufühlen. Dadurch können Frauen als Führungskraft ihr Team nachhaltiger motivieren und Konflikte zwischen Mitarbeiter:innen angemessen moderieren und lösen. Kleine Streitereien und Meinungsverschiedenheiten sind wichtig, denn verschiedene Perspektiven münden in kreative Lösungsansätze. Der Respekt und die Wertschätzung untereinander darf dabei jedoch nie zu kurz kommen!

Langfristig zur Frauenquote & Chancengleichheit

Neben den genannten Qualitäten wie Empathie und Verständnis, bildet vor allem der Fokus auf die Unterstützung weiblicher Mitarbeiter:innen einen Unterschied im Führungsstil von Frauen und Männern. Frauen fördern Frauen: Das kommt in männerdominierten Unternehmensstrukturen häufig zu kurz. So lässt sich auf lange Sicht durch female leadership die Frauenquote und Chancengleichheit im Berufsleben etablieren. Wenn Frauen in Führungspositionen sind, arbeiten dort wiederum mehr Frauen und werden viel stärker gefördert.

Die Richtlinien und Spielregeln vieler Berufe sind von männlichen Strukturen geprägt. Und eben diese veralteten Strukturen gilt es aufzubrechen. Die Role-Model-Funktion von Frauen in Führungspositionen kann ein wichtiger Faktor sein, der junge Frauen in ihren Karriereambitionen bestärkt.

Diversität und Vielfalt als Erfolgsgarant

Zum Glück gibt es nicht nur männliche und weibliche Vorgesetzte, denn viele Personen fühlen sich von keinem der beiden Geschlechter repräsentiert. Wir sollten Raum für alle Personen schaffen und nicht an konservativen, männlichkeitsdominierten Strukturen festhalten. Daher sollte der Anspruch an die Führungskraft in erster Linie Inklusion und die erfolgreiche Einbeziehung eines jeden Mitarbeitenden sein, um Diversität und Vielfalt zur Stärke des Unternehmens zu machen. Hauptsache ist doch, dass Arbeitnehmer:innen sich wohlfühlen am Arbeitsplatz, sich entfalten können und die Führungskraft stets das Beste will, für das Unternehmen und alle Mitarbeiter:innen.

Quelle: kununu.com

04 März 2022

Was zeichnet starke Organisationen der Zukunft aus?

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Was zeichnet starke Organisationen der Zukunft aus?

Sie sind resilient und anpassungsfähig, sie arbeiten in Netzwerkstrukturen. Gordon Geisler beschreibt in einem umfassenden Überblick, was starke Organisationen auszeichnet.

In einer zunehmend komplexen und digitalisierten Wirtschaftswelt verändert sich die Form der Zusammenarbeit in Organisationen. An Bedeutung gewinnen vielfältige Teams, die sich selbstorganisiert remote zuarbeiten, statt in starren Silostrukturen die Mauern zu anderen Abteilungen hochzuziehen. Neben Leadership spielen dabei vor allem lebenslanges Lernen und Employability eine entscheidende Rolle.

Weg vom Top-Down-Modell

Wir befinden uns am Anfang der vierten industriellen Revolution. Wie die Welt nach dieser Transitionsphase aussehen wird, hängt auch davon ab, wie wir sie heute gestalten. Aufgrund der zunehmenden Dynamik der Märkte hat sich für viele Unternehmen die Erkenntnis breitgemacht: Starre Organisationsformen und langfristig ausgerichtete Strategien sind Schwachpunkte in der schnelllebigen Wirtschaftswelt von heute.

Klassische Hierarchiestrukturen und die Verteilung der Verantwortung auf wenige Einzelne passen nicht mehr zu den Herausforderungen der Gegenwart und Zukunft. Starke Organisationen weisen dagegen einen hohen Grad an Resilienz und Anpassungsfähigkeit an sich kurzfristig verändernde Rahmenbedingungen auf. Welche Merkmale sind dabei entscheidend?

Mitarbeitende einbinden

Mitarbeitende führen nicht mehr aus, was ihnen „von oben“ delegiert wird. Nein, sie tragen direkt zur Entscheidungsfindung bei. In einer zunehmend komplexen Wirtschaftswelt ist es verantwortungslos, wenn nur eine Person (die Führungskraft) die Entscheidung fällt. Auf Basis welcher Grundlage sollte das geschehen? In komplexen Systemen gilt vielmehr die Maxime: Je mehr Menschen ein Problem aus ihren Blickwinkeln betrachten, desto vielfältiger fallen die Lösungsvorschläge aus – und desto sicherer ist die Entscheidungsgrundlage.

Diversity

Klar: Wenn ein Team jetzt nur aus 50-jährigen weißen, männlichen Informatikern besteht, werden die Lösungsansätze wesentlich monotoner ausfallen, als wenn das Team ein hohe Diversity aufweist: Altersvielfalt, Bildungsvielfalt, kulturelle Vielfalt, Gendervielfalt, etc. Dass vielfältige Teams oftmals besser performen als homogene Teams, zeigt die McKinsey-Studie „Delivering through diversity“ von 2018. Diversity ist ein wichtiger Bestandteil für die Organisation der Zukunft – und kann gar zu Wettbewerbsvorteilen führen. Darauf sollten Personalverantwortliche stärker achten.

Eigenverantwortung, Individualität und Purpose

Wer Mitarbeitende einbinden möchte, braucht ihnen lediglich mehr Verantwortung geben, ein klares Ziel definieren – und ihnen die Sinnhaftigkeit dahinter vermitteln. Ist das Ziel klar definiert, wissen die Leute, wohin die Reise gehen soll. Verstehen sie den Purpose ihres Handelns, steigt die intrinsische Motivation. Erhalten sie zusätzlich noch die Freiheit, wie sie das definierte Ziel erreichen, werden sie zu Unternehmenden im Unternehmen, zu wahren Intrapreneuren.

Personalverantwortliche können das Unternehmertum der einzelnen Mitarbeitenden zusätzlich fördern, indem sie sich mit deren individuellen Motiven auseinandersetzen: Welche Person benötigt welche Umgebung, um ihr Potenzial vollständig entfalten zu können? Wie können wir Talente im Unternehmen halten? Und wie können wir für Wissenstransfer unserer High Potentials zu den anderen Mitarbeitern sorgen? Das ist kein Spaziergang, denn es geht nicht darum, den kleinsten gemeinsamen Nenner zu finden, sondern die Vielfältigkeit und Unterschiedlichkeit der einzelnen Personen als Stärke zu betrachten.

Lose Netzwerkstruktur

Aus diesem Grund ist es auch nicht unbedingt zielführend, die Organisation in starre Abteilungen zu staffeln. Die Organisation der Zukunft besteht vielmehr aus einer losen Netzwerkstruktur, in der sich die Mitarbeitenden immer wieder zu neuen Arbeits- und Themengruppen zusammentun, gemeinsam und eigenverantwortlich an einem Ziel arbeiten, um sich nach Zielerreichung aufzulösen und in anderen Teams zusammenfinden.

Die lose Netzwerkstruktur macht das Unternehmen flexibel, agil und resilient, denn: Kontinuierliche Veränderung wird dadurch zur Routine für die gesamte Belegschaft, was das Unternehmen auch besser für unvorhersehbare Ereignisse wappnet. Den Netzwerk-Ansatz gibt es in unterschiedlichsten Varianten, darunter: Field of Stars (nach Ali Mahlodji), die lernende Organisation (nach Peter Senge), die integrale Organisation (nach Frederic Laloux), Holocracy (von Brian Robertson), die agilstabile Organisation (nach Dr. Richard Pircher).

Neue Rolle des Leaderships

Die Organisation der Zukunft erfordert ein neues Führungsverständnis. Die Führungskraft wird nicht obsolet. Allerdings fallen durch eine flache und dezentralisierte Organisationsstruktur einige Ebenen des mittleren Managements weg. Der Effekt: Die höheren Führungsebenen stehen wieder direkter im Austausch mit der Shopfloor-Ebene. Gleichzeitig verändert sich die Rolle der Verantwortlichen weg von der delegierenden Führungskraft hin zum empathischen Coach und Mentor.

Future Leadership bedeutet, die Motive der Mitarbeitenden zu kennen und deren Potenzialentfaltung zu fördern. Leader der Zukunft sind in der Lage, die Perspektive zu wechseln, und die unterschiedlichen Lebenswelten der vielfältigen Belegschaft zu verstehen und in den Arbeitsprozess mit den anderen Mitmenschen zu integrieren. Sie fördern beispielsweise intergenerationelles Lernen, weil sie wissen: Jung und Alt können voneinander lernen und profitieren. Somit die Führungskraft in der Organisation der Zukunft Wegbereiter und Wegbegleiter, Mentor und Enabler.

Employability im Fokus

Der digitale Wandel macht neue Kompetenzen notwendig, die auf dem Arbeitsmarkt rar sind. Gleichzeitig werden andere Kompetenzen obsolet. Um Organisationen weiterentwickeln zu können, müssen nicht nur zeitgemäße Strukturen geschaffen werden. Genauso wichtig ist es, die vorhandenen Mitarbeitenden mit den notwendigen Kompetenzen der Zukunft auszustatten. Lebenslanges Lernen und Veränderungsbereitschaft sind dafür erforderlich. Wenn Mitarbeitende sich weiterqualifizieren und umschulen lassen, bleiben sie beschäftigungsfähig und können vom Unternehmen an anderer Stelle eingesetzt werden.

Auch hier ist sowohl für die Personalverantwortlichen als auch für die Mitarbeitenden selbst wichtig, zu verstehen: Was sind meine Motive, meine inneren Antreiber? In welchen Situationen kann ich sie besonders gut entfalten? Wenn Mitarbeitende ihre Motive kennen und mit ihren Personalverantwortlichen teilen, können beide Seiten Wege finden, wo die Mitarbeitenden idealerweise einsetzbar sind.

Zur strategischen Personalentwicklung gehört auch, klassische Beschäftigungsmodelle zu hinterfragen und innovative Ansätze zu wählen, um die Menschen langfristig im Unternehmen zu halten. Wenn Personalverantwortliche gezielt die Potenziale aller Mitarbeitenden entfalten wollen, machen sie das Unternehmen zu einer Stätte der Begegnung, in der unterschiedliche Menschen voneinander lernen und im konstruktiven Diskurs die gesamte Organisation weiterbringen.

Die Bereitschaft zum lebenslangen Lernen

Veränderungsbereitschaft haben nicht alle im Unternehmen. Manche kennen noch nicht einmal ihre Motive, weil sie über die Jahre verlernt haben, zu lernen. Ältere Generationen, die eine monotone Tätigkeit über Jahrzehnte hinweg gemacht haben und nicht gerade in hippen New-Work-Büros sitzen, müssen erst wieder lernen, zu lernen. Diese Motivation muss auch von ihnen selbst kommen.

Entsprechende Strukturen können diese Bereitschaft incentivieren, aber die Mitarbeitenden müssen ebenfalls aktiv werden. Nur so bleibt der „Veränderungsmuskel“ trainiert. Dafür sollte ein interdisziplinärer Austausch im Unternehmen stattfinden, über unterschiedlichste Fachabteilungen hinweg. Wer weiß, was die anderen Bereiche machen, ist informierter und wird gleichzeitig immer wieder mit Neuem, vielleicht sogar Unbekanntem konfrontiert. Fachübergreifender Austausch fördert die Veränderungskultur und hemmt die Angst, sich neuen Themen zu öffnen.

Fazit

Um mit der wachsenden Dynamik am Markt zurecht zu kommen, sind oftmals neue Organisationsansätze erforderlich. Der eine Weg existiert nicht. Jedes Unternehmen ist ein individuelles soziales Konstrukt, das seinen eigenen Ansatz wählen muss. Um mit- und voneinander zu lernen und die Unterschiedlichkeit als Stärke wahrzunehmen, ist Reflexion und Achtsamkeit gegenüber der Umgebung, Veränderungen, Mustern und Themen eine hohe Priorität.

Die Personalentwicklung sollte in alle Fachbereiche integriert sein und nicht allein Aufgabe der Personalabteilung sein. Diese sollte die Bereiche unterstützten und innovative sowie individuell auf die einzelnen Menschen zugeschnittenen Ansätze zu wählen, die die inneren Antreiber der Mitarbeitenden aktivieren. So entwickelt sich das Unternehmen zur starken Organisation der Zukunft.

 

Über den Autor

Gordon Geisler ist Speaker, Coach, Berater und Inhaber der GORDON GEISLER Zukunfts-DNA Unternehmensberatung. Mit seinem Team begleitet er Menschen bei der Persönlichkeitsentwicklung sowie Unternehmen bei der Transformation und Geschäftsentwicklung. Als Speaker hinterfragt Geisler bestehende Denkmuster auf intelligente und humorvolle Art – und verbindet dabei modernste Erkenntnisse der Neurowissenschaften und der Epigenetik mit Leadership-Themen.

Quelle: HR Journal

 

10 Dezember 2021

Das sind laut Google die 10 Eigenschaften von Top-Managern

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Erfolgreich führen

Das sind laut Google die 10 Eigenschaften von Top-Managern

Der Erfolg eines Unternehmens hängt maßgeblich von den Mitarbeitern ab. Insbesondere Führungskräfte können einen großen Teil zur Motivation und Zufriedenheit ihrer Angestellten beitragen. Wie das genau gelingt, erfährst Du in diesem Artikel.

Was macht eine perfekte Führungskraft aus? Mit dieser Frage beschäftigt sich Googles Forschungsteam bereits seit 2008 unter dem Namen „Project Oxygen“. Zunächst verschaffte sich das Team in den eigenen Reihen einen Überblick und definierte Verhaltensweisen, die bei ihren Top-Managern üblich waren.

So wurden die perfekten Manager-Eigenschaften ermittelt

Die besagten Eigenschaften wurden anschließend aktiv in die Schulung neuer Manager eingebracht. Google konnte in den Jahren nach Einführung des neuen Schulungsprogramms feststellen, dass sich das Management verbessert hat.

Dazu wurden als Bemessungsgrundlage die Fluktuation, Zufriedenheit und Leistung der Mitarbeiter herangezogen. Und das alles trotz steigender Ansprüche eines immer weiterwachsenden Unternehmens. Inzwischen hat Google seine Top 10 Eigenschaften für Manager bzw. Führungsposition veröffentlicht:

  1. Richtiges Coaching: Eine Führungskraft sollte seine Mitarbeiter dazu ermutigen, sich weiterzuentwickeln. Hier ist das Kredo wie beim Sporttrainer. Motivieren, herausfordern und unterstützen. Wichtig ist, dass die Angestellten ein proaktives Mindset entwickeln.

  2. Selbstständigkeit und Verzicht auf Mikromanagement: Vertrauen in die Mitarbeiter fördert ihre Motivation und Kreativität. Wenn immer alles nach Schema F läuft, bleibt wenig Platz für neue Ideen und Entfaltung.

  3. Integration und Wohlbefinden: Man verbringt viel Zeit am Arbeitsplatz. Umso wichtiger ist es, dass man sich dort wohl fühlt. Eine weitere Studie von Google zeigt, dass psychologische Sicherheit im Team viele Vorteile schafft. So haben Mitarbeiter weniger Angst, dass sie „ jemand anderen in Verlegenheit bringen oder bestrafen, wenn er einen Fehler zugibt, eine Frage stellt oder eine neue Idee anbietet“.

  4. Produktivität und Ergebnisorientierung: Als Führungskraft sollte man mit einem guten Beispiel voran gehen. Daher gilt, dass man selbst gute Resultate erbringt, wenn man von seinem Team gute Arbeit verlangt.

  5. Kommunikation: Als Gebot gelten hier Transparenz und Augenhöhe. Ein offener Umgang mit wichtigen Entscheidungen weckt Vertrauen und Zugehörigkeit bei den Mitarbeitern. Ebenso wichtig ist aber auch, dass man ein offenes Ohr für seine Angestellten hat und Verständnis zeigt. Nur so fühlt sich das Team ernst genommen.

  6. Feedback und Vorschläge: Die berufliche Weiterentwicklung und Entfaltung der Angestellten sollten einer Führungskraft nicht egal sein. Damit keine Demotivation aufkommt, sind Feedbackgespräche wichtig, um die Mitarbeiter weiterhin zu fördern. Eventuell werden Fähigkeiten erlangt, die ebenfalls dem Unternehmen zugutekommen.

  7. Klare Zielsetzung: Eine klare Verteilung der Aufgaben im Team ist sehr wichtig. So übernimmt jeder Verantwortung und trägt seinen Teil zur Erreichung des Ziels bei. Wichtig ist aber vor allem, dass die Führungskraft immer den Überblick hat und das große Ganze im Blick behält. 

  8. Fähigkeiten: Natürlich sucht man sich Experten für sein Team, die bestimmte Aufgaben besonders gut lösen können. Dennoch ist es ratsam, dass man als Führungskraft ein Verständnis von dem hat, was die Mitarbeiter machen. Außerdem hilft es, wenn man seine Angestellten in ihren Aufgaben unterstützen kann.

  9. Zusammenarbeit: Vor allem in großen Unternehmen gibt es viele verschiedene Teams. Man darf aber niemals vergessen, dass sie alle ein gemeinsames Ziel verfolgen: Das Voranbringen und den kontinuierlichen Erfolg der Firma. Aus diesem Grund ist es wichtig, dass man auch teamübergreifend arbeitet, um mehr Effektivität zu schaffen.

  10. Entscheiden: Als Führungskraft ist es wichtig, dass man zu seinen Entscheidungen steht und sie gegenüber anderen durchsetzen kann. Wichtig ist hierbei, dass man nicht aus dem Affekt handelt, sondern immer mit kühlem Gemüt agiert.

Quelle: bewerbung.com

15 Oktober 2021

Muss eine Führungskraft viel Fachwissen haben? Nein, meint Hans Wüthrich. Der Management-Forscher sagt: «Wer fachfremd ist, muss zuhören»

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Muss eine Führungskraft viel Fachwissen haben? Nein, meint Hans Wüthrich. Der Management-Forscher sagt: «Wer fachfremd ist, muss zuhören»

Hans Wüthrich coacht und berät Führungskräfte. Der emeritierte Professor gilt in der Management-Forschung als Querdenker. Er betont das Kontraintuitive, etwa den Mehrwert von fachlicher Inkompetenz.

Herr Wüthrich, Sie machen sich stark für Rollentausch auf oberster Führungsebene. Was bringt es, wenn etwa die Produktionsleiterin temporär das Marketing leitet oder der Finanzchef den Einkauf?

Der Mehrwert ist grundsätzlicher Natur. Ergebnisoffene Experimente schaffen neue Erfahrungswelten für Führungskräfte und Geführte. Wer als Fachfremder einen neuen Bereich führen muss, erkennt plötzlich, wie stark er – oder sie – zuvor über reine Fachkompetenz geführt hat.

Fachkompetenz ist ja nichts Schlimmes, oder?

Nein. Aber eine zu ausgeprägte Fachkompetenz hat auch ihre Nebenwirkungen: Man tendiert – oft unbewusst – zu Mikromanagement, übersteuert die Unterstellten oder tut sich schwer mit Delegieren. Wer hingegen einen Bereich leitet, zu dem er keinen fachlichen Bezug hat, erfährt, wie wertvoll es sein kann, über Fragen statt Antworten zu führen. Man stellt auch dumme Fragen, und aus diesen können alternative Lösungen entstehen. Das ist nur mit fachlicher Distanz möglich.

Sie sprechen – leicht provokativ – von einem «Mehrwert fachlicher Inkompetenz».

Ja, denn wer fachfremd ist, muss zuhören. Und er muss der zweiten Führungsebene und deren Fachlichkeit vertrauen. Damit findet ein Empowerment, eine Ermächtigung dieser Mitarbeitenden statt, sie werden in ihrem Selbstverständnis aufgewertet. Eine fachfremde Führungskraft hat zudem mehr Zeit zum Nachdenken. An Sitzungen ist sie inhaltlich nicht im Lead, sondern kann sich auf die Prozesse, das Dialogische konzentrieren. Zwischenmenschliches und Spontanes rücken ins Zentrum.

Dann bedeutet mehr Wissen also nicht mehr Kompetenz?

Das hängt davon ab, wie man Kompetenz definiert. Oft wird darunter nur fachliche Kompetenz verstanden. Und dann heisst es: ohne Fachkompetenz keine Führungskompetenz. Ausgeblendet bleibt dabei das Dysfunktionale einer ausgeprägten Fachkompetenz. Es geht mir nicht darum, diese Kompetenz schlechtzureden. Doch es lohnt sich, kontraintuitive Experimente zu machen, weil diese zu Innovationen und zu einer intelligenten Organisationsentwicklung beitragen.

Werden Führungskräfte ohne Fachwissen von den Unterstellten überhaupt ernst genommen?

Heute wird Akzeptanz stark fachlich definiert. Das ändert sich aber, wenn man erfährt, wie der Dialog mit einer Führungskraft, die ihre Unterstellten mit Fragen herausfordert, zu besseren Lösungen führt. Auf diese Weise wird auch verhindert, dass Untergebene ihre Probleme stets an die Führungskraft zurückdelegieren – in der Erwartung, dass diese schon eine Lösung haben wird. Plötzlich erkennen Teams, dass sie viel mehr Potenzial haben. Das gibt der Führungskraft eine neue Qualität von Kompetenz.

Wie lässt sich verhindern, dass man nach dem Rollentausch wieder in alte Fahrwasser gerät?

Die durch das Experiment gesammelten Erfahrungen lassen sich nur schwer ausblenden. Führungskräfte erkennen, wie befreiend es ist, wenn man nicht immer Antworten geben muss und mehr Zeit zur Reflexion hat. Und die Unterstellten wollen die neu gewonnene Verantwortung nicht wieder abgeben. Das führt oft dazu, dass die zweite Ebene die zurückkehrende Führungskraft diszipliniert und ihr sagt: «Stopp, darum musst du dich jetzt nicht mehr kümmern, das haben wir gemacht, und es funktioniert. Nutze deine Zeit für etwas Besseres.»

Über den Interviewer

Thomas Fuster Wirtschaftsredaktor bei Neue Zürcher Zeitung AG

Über den Interviewten

Prof. Dr. Hans A. Wütherich ist Managementforscher | Musterbrecher | Coach für Führungskräfte und Führungsgremien

Quelle: NZZ - Neue Zürcher Zeitung

08 Oktober 2021

Besser führen dank weniger Wissen: Wenn Führungskräfte untereinander die Jobs tauschen, tritt oft Wunderliches zutage

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Besser führen dank weniger Wissen: Wenn Führungskräfte untereinander die Jobs tauschen, tritt oft Wunderliches zutage

Wissen ist Macht, heisst es. Oft wird zudem postuliert, dass fundiertes Fachwissen unabdingbar sei für gute Führung. Wenn Führungskräfte untereinander die Jobs austauschen, zeigt sich aber das Gegenteil: Die Führung wird besser, weil man wenig Wissen über den neuen Job hat.

Einmal in eine andere Haut schlüpfen, etwas ganz anderes tun. Der Wunsch ist weit verbreitet. Und der Arbeitsmarkt hat längst reagiert auf das Bedürfnis. So ist es gang und gäbe, dass Mitarbeiter kurzzeitig die Abteilung wechseln, um neue Eindrücke zu gewinnen oder einer drohenden Monotonie vorzubeugen. Das nennt sich Job-Rotation und dient Unternehmen nicht zuletzt dazu, für mehr Verständnis zwischen den Firmenbereichen zu sorgen.

In voller Verantwortung

Selten erfolgt eine solche Job-Rotation aber auf oberster Führungsebene, also in der Geschäftsleitung. Die obersten Chefs von ihren Posten abzuziehen, erscheint als zu riskant. Eine Ausnahme ist die Eidgenössische Zollverwaltung. Dort häufte sich vor einigen Jahren die Kritik der Aussenstellen: Die Berner Zentrale stemme sich gegen Veränderungen und sei in Silodenken gefangen, hiess es etwa. Auch über Doppelspurigkeiten und allzu komplexe Prozesse wurde geklagt.

Martin Weissleder war damals Ausbildungschef der Zollverwaltung. Und er wollte auf den Unmut der Front reagieren. Weissleder – heute als Personalchef bei Publica, der Pensionskasse des Bundes, tätig – überraschte die Oberzolldirektion mit der Idee eines Führungsrollentauschs. Der Plan: Jedes Mitglied der Geschäftsleitung tauscht seinen Posten für eine begrenzte Zeit mit einem Kollegen. «Bien vu» nannte sich das Projekt; man wollte genau hinschauen.

Die Geschäftsleitung war zunächst wenig begeistert. Einwände gab es zahlreiche. Befürchtet wurde etwa ein organisatorisches Durcheinander oder fehlendes Verständnis externer Partner. Doch der Direktor sah dies anders. Er stand hinter der Idee. Mit Zwang wollte er den geplanten Perspektivenwechsel jedoch nicht durchsetzen, sondern setzte auf Freiwilligkeit. Sanften Druck gab es dennoch. Schliesslich waren acht von elf Geschäftsleitungsmitgliedern bereit, beim Versuch mitzumachen.

Anders als bei gewöhnlichen Job-Rotationen, bei denen die Hospitanten oft nur mitlaufen und zuschauen, übernahmen die Führungskräfte in der neuen Funktion von Anfang an die volle Führungsverantwortung. Ein Beispiel: Der Zolldirektor von Basel, der seinen Posten mit dem Chef des Rechtsdienstes tauschte, war plötzlich verantwortlich für die Korrektheit juristischer Weisungen. Und der bisherige Rechtsschef merkte an seinem Arbeitsplatz in Basel, dass es etwas völlig anderes ist, eine Weisung zu erlassen, als diese konkret an der Front umsetzen.

Chefs werden durchsichtig

«Ein solcher Rollentausch setzt ein grosses Vertrauensverhältnis voraus», sagt Weissleder. Man übergibt sein Pult mit allen Schlüsseln, Schubladen und Dossiers an den Kollegen oder die Kollegin. «Dadurch wird man durchsichtig.» Der Kollege erfährt, mit welchen Dingen man den ganzen Tag beschäftigt ist. Und er merkt auch, ob diese Aufgaben tatsächlich so zeitintensiv und anstrengend sind, wie dies jeweils in den Geschäftsleitungssitzungen dargelegt wird.

«Bien vu» dauerte rund sechs Wochen. Kam es in dieser Zeit zum befürchteten Chaos? Nein, sagt Weissleder. «Wenn der Chef einige Wochen in den Ferien ist, geht die Welt ja auch nicht unter.» Eine wichtige Veränderung gab es dennoch: Die Stellvertreter wurden aufgewertet. Sie mussten das Fachwissen sicherstellen und übernahmen eine zentrale Rolle. Der ursprüngliche Plan, dass sich die obersten Chefs mit ihren Tauschpartnern etwa zwei Mal pro Woche austauschen, wurde hingegen nur selten in Anspruch genommen.

In der Zollverwaltung dürften die wenigsten der über 4000 Mitarbeiter den Rollentausch in ihrer täglichen Arbeit unmittelbar gespürt haben. Etwas anders war die Sache in den führungsnahen Positionen, etwa in den Stäben. «Die Sitzungen liefen anders ab», erinnert sich Weissleder. «Die Chefs, die wenig Fachwissen zum neuen Zuständigkeitsgebiet mitbrachten, waren auf das Feedback der Kaderangestellten angewiesen. Es ent­stand eine ganz neue Form von Kommunikation, die als sehr positiv wahrgenommen wurde.»

Wirksam gegen Mikromanagement

Die Einschätzung deckt sich mit der Erfahrung von Hans Wüthrich. Der emeritierte Professor für Internationales Management (Universität der Bundeswehr München) hat diverse Führungsrollentausche untersucht. Er erkennt gerade im fehlenden Fachwissen der temporären Stelleninhaber einen zentralen Mehrwert solcher Experimente. Denn die fehlende Fachlichkeit führe dazu, dass nicht länger eine Führung durch Wissensvorsprung möglich sei. «Die rotierenden Manager sind gezwungen, über Fragen statt Antworten zu führen.»

Eine solche Führung verhindert laut Wüthrich ein gefährliches Abdriften ins Mikromanagement, zumal den betroffenen Stelleninhabern das dafür nötige Detailwissen fehlt. «Die Führungskräfte können sich auf andere Aufgaben konzentrieren. Statt der Arbeit im System rückt die Arbeit am System in den Fokus.» Gemeint ist die Gestaltung eines inspirierenden Umfeldes, in dem Mitarbeiter ihr Potenzial entfalten und kollektive Intelligenz nutzbar gemacht wird. «Das geht auch ohne Fachlichkeit.»

Eine Frage stellt sich indes: Wird die Inkompetenz der Chefs nicht ausgenutzt von den Mitarbeitern? Wüthrich verneint. «Mit ihrem Nichtwissen machen sich die rotierenden Führungskräfte maximal verletzlich. Und Verletzlichkeit provoziert Vertrauen.» Denn die Führungskräfte müssten ihren Direktunterstellten vollkommen vertrauen, da sie deren Tun fachlich kaum beurteilen könnten. «Die Unterstellten werden also ermächtigt, sie übernehmen zusätzliche Aufgaben und zeigen ein höheres Engagement.»

Ständiges Nachfragen

Monika Huber von der Caritas München pflichtet bei. Die langjährige Kommunikationschefin übernahm unlängst im Rahmen eines sechswöchigen Führungsrollentauschs die Verantwortung für die Abteilung «Entgelte und Zuschüsse». In ihrer neuen Funktion, die mit komplexen Regularien, Kontrollen und Terminen verbunden war, sei sie nie in Versuchung geraten, auf fachliche Details zu achten. «Ich musste voll darauf vertrauen, dass die neuen Kolleginnen und Kollegen ihre Aufgaben ordentlich erledigen.»

Auch bei der Caritas stiess das Experiment anfänglich nicht nur auf Sympathien. Von 25 möglichen Teilnehmern waren nur 6 bereit, am Rollentausch mitzumachen, was unter dem Zielwert lag. Ein Workshop bereitete auf die neue Aufgabe vor, es wurden Regeln definiert, und im Unterschied zur Eidgenössischen Zollverwaltung, wo der administrative Projektaufwand minim gehalten wurde, unterzeichneten die Teilnehmer spezielle Verträge, welche die neuen Verantwortlichkeiten festhielten.

Ziel des Austausches bei Caritas war in erster Linie, mehr Verständnis für die Aufgaben und Herausforderungen anderer Bereiche zu entwickeln. «Nach dem Projekt verstand ich weit besser, wie unsere Organisation finanziert wird und wie viel Bürokratie und Aufwand damit verbunden sind», sagt Huber. Das Lernen erfolgte durch ständiges Nachfragen: Was sind die wichtigsten Knackpunkte, wo liegen die grössten Probleme? «Ein kleinteiliges Agieren war in dieser kurzen Zeit gar nicht möglich.»

Hat der Rollentausch nach Projektende zu Veränderungen geführt? Organisatorisch habe sich bei der Caritas nichts verändert, sagt Huber – «obschon ich durchaus Ideen hatte, was man in der anderen Abteilung hätte anpassen können». Nach Projektende fortgesetzt wurde aber die enge Kooperation zwischen den ehemaligen Tandempartnern. «Und als ich in meinen alten Job zurückkehrte, nahm ich mich fachlich stärker zurück als zuvor. Immerhin hatte das Team in den sechs Wochen ohne mich ja alles bestens gemeistert.»

Drohender Gummibandeffekt

Anders lagen die Dinge bei der Zollverwaltung. Dort führte das Experiment zu einer tiefgreifenden Reorganisation. Die Arbeitsprozesse wurden neu definiert, Verantwortlichkeiten in andere Bereiche verschoben. Und eine Betriebsabteilung, die zuvor viel Macht konzentrierte und bei Projekten als Nadelöhr wahrgenommen wurde, wurde völlig neu organisiert. «Der Umbau zielte auf flachere Hierarchien. Der Rollentausch agierte dabei als Türöffner», sagt Weissleder.

Grundlage der Reorganisation waren die Journale, welche die Teilnehmer während des Rollentauschs zu führen hatten. Darin konzentrierten sie sich auf die Prozesse, Schnittstellen und Strukturen. Zwar war anfänglich offen, ob das Experiment zu einer Reorganisation führen würde, sagt Weissleder. Doch der Perspektivenwechsel zeigte die Notwendigkeit einer Reform. «Und weil das jeder hautnah erlebte, wurde der Umbau von der Geschäftsleitung auch nicht als aufgedrückt wahrgenommen.»

Die Nachbereitung eines solchen Projekts sei mindestens so wichtig wie das eigentliche Experiment, sagt Weissleder. «Sonst kommt es zum Gummibandeffekt.» Gemeint ist: Das Band wird während des Experiments stark in die Länge gezogen, zieht sich aber sogleich auf das alte Mass zurück, sobald die Übung beendet worden ist. Das gelte es zu verhindern. Ziel sei ja nicht, für kurze Zeit ein lustiges Führungsspiel zu veranstalten, sondern die Organisation nachhaltig weiterzuentwickeln.

Die Organisation als Resonanzkörper

Doch eignen sich Führungsrollentausche für alle Organisationen? Wüthrich, der Managementforscher, relativiert. Notwendig sei das Vorhandensein einer zweiten Führungsebene, die das Fachwissen bereitstelle. Was es zudem brauche, sei Vertrauen in ergebnisoffene Experimente. Doch leider, so seine Erfahrung, seien Experimente im betrieblichen Alltag oft negativ belegt. Der Einwand: Wer experimentiere, kenne die Antworten nicht, gehe Risiken ein, handle unprofessionell.

Wüthrich widerspricht: «Das Experiment stellt Fragen an die Organisation und nutzt diese als Resonanzkörper.» Auch beim Führungsrollentausch, der oft kontraintuitive Zufallsentdeckungen provoziere. Zu diesen Entdeckungen kann gehören, dass Fachwissen auf dem Weg zu wirksamer Führung eher ein Malus statt Bonus ist. Wüthrich spricht vom «Mehrwert fachlicher Inkompetenz». Dass diese Idee in Chefetagen bisweilen irritiert, überrascht kaum. Wer lobt sich schon gern in seiner Eigenschaft, besonders inkompetent zu sein?

Über den Autor

Thomas Fusster ist Wirtschaftsredaktor bei Neue Zürcher Zeitung AG

Quelle: NZZ - Neue Zürcher Zeitung

23 Juli 2021

Erfolgsfaktoren für agile Führung

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Agilität

Erfolgsfaktoren für agile Führung

Erfolgreiche Agilität zeigt sich an realisierten Veränderungsvorhaben. Wenn es um Veränderungen beim Verhalten der Mitarbeiter geht, wird es aber langwierig. Wie gelingt es Führungskräften, das Unternehmen schneller agil zu machen?

Wenn Agilität dazu führen soll, dass sich das Verhalten aller Beteiligten immer wieder anpasst und verändert, dann geht das nicht von heute auf morgen. In der Regel müssen sich zuerst Rahmenbedingungen im Unternehmen verändern. Strukturen und Prozesse, die Art und Weise, wie mit Kundenorientierung, Führung oder Personalentwicklung umgegangen wird, und die Unternehmenskultur beeinflussen das Verhalten der Mitarbeiter maßgeblich. Das zu verändern, kostet Zeit. Unternehmen können es sich aber nicht leisten, mehrere Jahre in diese Veränderungen zu investieren, um dann festzustellen, dass „der Berg kreißte und ein Mäuschen gebar“ (Horaz). Um Agilität als Herausforderung in ein Bild zu bringen: Wie kann man erreichen, einen Elefanten zum Tanzen zu bringen?

Komplexe Veränderungen benötigen Zeit

Schon lange ist bekannt, dass der Zeitbedarf für Veränderungen davon abhängt, was sich verändern soll. Die Erfahrung zeigt: Viele neue, technische Fähigkeiten sind kurzfristig zu erlernen und anwendbar. Wesentliche Veränderungen bei der Organisationsstruktur, bei Prozessen, im Bereich Marketing, Führung oder Personalentwicklung laufen erst nach drei Jahren rund. Eine Veränderung der Werte und der Unternehmenskultur benötigen mehr als fünf Jahre.

Werden diese Fähigkeiten aber schneller und erfolgreicher eingesetzt, dann ist dies ein erheblicher Wettbewerbsvorteil. Erfolgreich werden Veränderungen auf diesen Feldern aber nur, wenn sich das Verhalten der Beteiligten auch wirklich verändert. Dem stehen Beharrungskräfte gegenüber, die folgende Ursachen haben können:

  • In Unternehmen haben sich Verhaltensweisen über Jahre entwickelt und eingeschliffen. Gerade, wenn das Unternehmen erfolgreich ist, funktioniert die Zusammenarbeit im Unternehmen meistens gut.
  • Standardisierte, bewährte Prozesse, also erprobtes Arbeiten und Zusammenarbeiten geben Sicherheit. Dann gilt: Nur nicht an einem funktionierenden System etwas verändern!
  • Veränderungen betreffen nicht nur einzelne Abteilungen, sondern das gesamte Unternehmen. Prozesse sind bereichsübergreifend, Prozessveränderungen werden schnell sehr komplex.

Um diese Beharrungskräfte schneller zu überwinden und Veränderungen umzusetzen, helfen die folgenden Erfolgsfaktoren.

Grundlegende Veränderungen benötigen die Unternehmensleitung

Ohne die Unternehmensleitung ist es nicht möglich, ein ganzes Unternehmen agiler zu machen. Letztendlich ist die Unternehmensleitung genau dafür verantwortlich. Sie ist der Auftraggeber. Die Leitung muss von Veränderungen überzeugt sein. In mittelständischen und besonders in eigentümergeführten Unternehmen wird die Leitung immer die Unternehmensergebnisse im Blick haben. Sie wird die Notwendigkeit von Veränderungen überprüfen und Chancen und Risiken abwägen. Auf „Hockey-Schläger-Versprechungen“ wird sie sich kaum einlassen, also auf Versprechungen, dass alles erst nur kostet und sich lange nichts tut, aber dann „garantiert“ rasante Entwicklungen einsetzen.

Gleichzeitig haben wesentliche Veränderungen gerade in der Organisationsstruktur, bei Prozessen und bei Führungsverantwortung nicht nur Gewinner und Unterstützer, sondern auch Verlierer und Widerstandskämpfer. Ohne verbindliche Veränderungsziele, deren Realisierung auch verfolgt wird, reiben sich Veränderungsvorhaben zwischen den Interessengruppen im Unternehmen auf.

Bei Veränderungen müssen Betroffene zu Beteiligten werden

Heute sind viele Mitarbeiter Experten an ihren Arbeitsplätzen. Einfache, programmierbare Aufgaben, die kein spezielles Expertenwissen brauchen, werden von Computern oder Robotern übernommen. Führungskräfte sind mehr denn je von diesen Experten abhängig. Natürlich wissen Führungskräfte, wie beispielsweise SAP funktioniert. Aber ob sie Anfragen oder Angebote im SAP-System schneller, fehlerfrei und besser als ihre Mitarbeiter bearbeiten könnten, ist fraglich.

Wenn gerade die sehr gut ausgebildeten Mitarbeiter an Veränderungen nicht beteiligt werden, führt das immer zu Veränderungswiderständen. Nicht beachtet zu werden, das geht ans Selbstwertgefühl. Außerdem kommen viele Impulse für Veränderungen genau von diesen Experten.

Agilität und Veränderung brauchen eine weiterentwickelte Führungsmethodik

Veränderungen ohne klare Ziele sind wie eine Wanderung, bei der man einfach losgeht und gespannt ist, wo man ankommt. Führung benötigt Ziele. Wie im Unternehmen mit Zielen geführt wird, das ist der Schlüssel für Veränderungsprozesse. Mit klassischen Management by Objectives-Konzepten funktioniert das aber nicht. Deshalb müssen folgende Vorstellungen zuerst über Bord geworfen werden:

  • die Zielvereinbarungsgespräche, denn darin werden keine Ziele gefunden und keine Unternehmensziele hinterfragt;
  • die Anbindung variabler Gehaltsbestandteile an die Zielerreichung, denn das führt zu marginalen Zielen, die mit großer Sicherheit erreicht werden, oder zu Konflikten über die Erreichbarkeit der Ziele;
  • die falsche Einschätzung von der Funktion der SMART-Formulierung von Zielen, die hauptsächlich zur Kontrolle der Zielerreichung genutzt wird, nicht zur Zielfindung;
  • die Überzeugung, dass Führungskräfte Ziele vorgeben und Mitarbeiter dann nur noch Aufgaben erfüllen müssen;
  • der Glaube, dass schon allein die Zielvereinbarung zur Zielerreichung führen wird.

Diese klassische Managementtechnik muss sich zur zielorientierten Führung weiterentwickeln. Für Unternehmen, die sich schon immer in dynamischen, komplexen Umwelten bewähren mussten, ist diese Methodik nicht neu. Die US-amerikanische Variante der zielorientierten Führung, Objectives and Key Results (OKR), setzt Google seit 1999 ein. In Deutschland wurde diese Methodik in einem Hightech-Unternehmen zuerst 1994 getestet und für erfolgreich befunden. Sie hat sich seitdem kontinuierlich unter Berücksichtigung der Führungskulturen weiterentwickelt.

Ziele gemeinsam in Zielklausuren vereinbaren

Im Mittelpunkt der zielorientierten Führung im Unternehmen stehen Zielklausuren, die eine Kaskadenform haben. Sie beginnen bei der Unternehmensleitung, die Ziele mit der nächsten Führungsebene entwickelt, und setzt sich bis auf die Ebene der einzelnen Teams fort. In jeder Zielklausur

  • wird die Zielerreichung der abgelaufenen Periode vorgestellt und es wird ermittelt, was man daraus lernen kann;
  • werden die Unternehmensziele einschließlich der Veränderungsziele der Leitung vorgestellt und um weitere Zielvorschläge ergänzt;
  • werden die Big Points für das kommende Jahr identifiziert, Verantwortlichen zugeordnet, SMART-formuliert und das dazu notwendige Projektmanagement eingeleitet.

So werden Unternehmensziele aus dem Geschäftsplan konkretisiert, ergänzt, gemeinsam auf Verantwortliche aufgeteilt und bis auf die Teamebene heruntergebrochen. Die Umsetzung auf der Basis von SMART-Zielen und Projektmanagement wird verbindlich geplant.

Insbesondere bei Veränderungszielen, die eine Veränderung von Konzepten und Verhalten in vielen Bereichen des Unternehmens erfordern, sind Zielklausuren von großer Bedeutung. Betroffene werden beteiligt. Veränderungen werden eher akzeptiert, weil sie begründet werden. Jeder ist über wesentliche Veränderungen in anderen Bereichen informiert und verharrt nicht im Silo-Denken. Einem Ziel, das vielleicht erst in drei Jahren komplett erreicht werden kann, nähert man sich über Zwischenziele, Schritt für Schritt. Der Fortschritt wird genauso wie die Fehlschläge oder die Widerstände erkennbar. Daraus kann gelernt werden.

Der Umgang mit Komplexität und Delegation

Zwei weitere Faktoren spielen im Hintergrund eine wichtige Rolle, wenn es darum geht, dass zielorientierte Führung erfolgreich ist.

Umgang mit Komplexität

Unzweifelhaft ist, dass Komplexität und Dynamik heute die Herausforderungen für Führung sind. Beide kann sie nicht reduzieren. Wenn viele Faktoren ein Ergebnis beeinflussen, so besteht der beste Weg darin, das „Mehr-Augen-Prinzip“ anzuwenden, um möglichst viele Aspekte bei der Zielfindung zu berücksichtigen. Das kostet zunächst Zeit, spart aber noch mehr Zeit, wenn daraufhin an den richtigen Zielen gearbeitet wird.

Delegation

Ohne Delegation keine Umsetzung. Es muss Ergebnisverantwortung delegiert werden, auf der Unternehmensebene, im Team oder auf der Mitarbeiterebene. In Ergebnissen zu denken ist die Grundlage zielorientierter Führung. Messgrößen, heute auch Key Performance Indicators (KPI) genannt, präzisieren das gewollte Ergebnis. Erst aus den Ergebnissen werden dann erfolgversprechende Aufgaben abgeleitet. Wer Aufgaben delegiert – und das ist gerade in Deutschland immer noch ein verbreitetes Führungsprinzip –, der bekommt selten die Ergebnisse, die er sich vorstellt.

Deshalb müssen Führungskräfte und Mitarbeiter in die Prozesse der Zielfindung einbezogen werden. Sie müssen ihr Know-how und ihre Vorschläge einbringen können, die Ziele akzeptieren und den Weg zur Zielerreichung mit ihrem Know-how gestalten und mit ihrem Engagement gehen.

Über den Autor

Diplom-Kaufmann, Dr. rer.pol. Wolfgang Schröder ist Leadership- und Managementexperte, Autor zahlreicher Bücher und Fachartikel, Unternehmensberater sowie Trainer und Managementcoach in Personal- und Führungsfragen.

Quelle: business-wissen.de

18 Juni 2021

"Neue Führung bedeutet, Menschen auf schwierige Situationen vorzubereiten"

Posted in Führung, Leadership

Bodo Janssen im Interview

Von heute auf morgen mussten die Hotels der Upstalsboom-Kette in den Lockdown gehen. Dennoch zieht Hotelier Bodo Janssen in seinem neuen Buch eine positive Bilanz: Jetzt bewähre sich, worauf in seinem Unternehmen seit zehn Jahren hingearbeitet wurde. Im Interview spricht er über neue Aspekte der Führung.

Haufe Online Redaktion: Herr Janssen, in Ihrem Buch schreiben Sie: "Krisen sind genauso unbequem wie wertvoll. Denn wir sind beweglicher und selbstbewusster geworden und gestärkt daraus hervorgegangen." Welche Einsichten haben Sie während der Coronapandemie gewonnen?

Bodo Janssen: Die zentrale Erkenntnis war, dass mein persönlicher Entwicklungsstand in Wirklichkeit sehr weit entfernt davon ist wie ich glaubte. Ich habe mich vorher intensiv mit der menschlichen Entwicklung beschäftigt. In der Pandemie habe ich erfahren, dass Themen, von denen ich glaubte, ich hätte sie für mich schon geklärt, wieder hochkommen. Das zeigt, dass es in der persönlichen Entwicklung nicht nur darum geht, etwas zu erreichen, sondern auch darum, den Entwicklungsstand zu halten. Eine andere Erkenntnis war, dass das, worauf wir zehn Jahre lang im Unternehmen hingearbeitet haben, sich in dieser schwierigen Zeit positiv ausgewirkt hat. Wir alle standen vor einer völlig neuen Situation. Als ich dann erleben durfte, dass die Mitarbeitenden voller Vertrauen waren und bereit, Verantwortung zu übernehmen, war ich extrem dankbar dafür. Es gab durchaus einige Menschen, die uns als "Schönwetterpiloten" bezeichnet haben oder unsere Art der Unternehmensführung "Sozialromantik" genannt haben. Aber wir haben gesehen, dass wir Persönlichkeiten haben, die resilient sind und verstehen, mit schwierigen Situationen umzugehen.

Haufe Online Redaktion: Was können Sie daraus für Führungskräfte und Personalmanager ableiten?

Janssen: Ich glaube, der Führungsanspruch entwickelt sich weiter. Im Kontext von New Work sprechen viele Menschen über Methoden. Diese waren sicherlich richtig, um in normalen Zeiten miteinander zu arbeiten. Aber in einer solchen Herausforderung, wie wir sie in den vergangenen Monaten erlebt haben, interessiert es die Mitarbeitenden herzlich wenig, ob wir einen Tischkicker haben oder ob wir agil arbeiten, sondern sie brauchen Unterstützung, wie sie mit dieser Situation umgehen können. Das ist für mich ein neuer Teil der Führung: Menschen darauf vorzubereiten, schwierige Situationen meistern zu können. Denn ich glaube, dass die Anzahl der schwierigen Situationen in Zukunft eher zu- als abnimmt.

New Leadership: Führung in die Eigenverantwortung

Haufe Online Redaktion: Im Buch beschreiben Sie eine neue Führung, bei der es nicht nur um das Gestalten neuer Methoden oder eines attraktiven Arbeitsumfelds geht, sondern auch darum, Menschen aus der Abhängigkeit eines Unternehmens heraus in die Eigenverantwortung zu führen. Sehen Sie es als Aufgabe der Führungskraft an, den Mitarbeitenden zu helfen, eine Arbeit zu finden, in der sie ihre eigenen Wünsche, Hoffnungen und Begabungen ausleben können?

Janssen: Es ist die Frage, welchen Anspruch ich an die Wirksamkeit meines Unternehmens habe. Ich kann natürlich sagen: "Das ist nicht meine Aufgabe." Aber wenn ich dann in eine Situation komme, wie wir sie in den vergangenen Monaten hatten, und die Mitarbeitenden weglaufen oder umfallen, ist mir als Unternehmer nicht geholfen. Wenn ich jedoch diese Verantwortung übernehme und etwas dafür tue, dass die Menschen gut vorbereitet sind, brauche ich mich jetzt nicht in die Reihe derjenigen einzureihen, die jammern, weil es ihnen schlecht geht. Für mich ist es immer eine Frage: Was braucht es im Moment? Ich will ein anderes Beispiel dafür geben: Wenn ich gesunde Beschäftigte brauche, kann ich natürlich als Unternehmer sagen: "Es ist nicht meine Aufgabe, Rahmenbedingungen zu schaffen, dass Mitarbeitende nicht nur körperlich, sondern auch psychisch und sozial gesund sind." Aber wenn ich dann darunter leide, dass sie ausfallen, tangiert es mich sehr wohl. Wir haben uns entschieden, uns sehr stark dafür einzusetzen und deshalb liegt unsere Krankheitsquote bei unter zwei Prozent.

Haufe Online Redaktion: Wie kann Führung in die Eigenverantwortung in der Praxis umgesetzt werden? Können sie Beispiele aus Ihrem Unternehmen nennen?

Janssen: Wenn ich über Eigenverantwortung spreche, spreche ich über zwei Dinge: Vertrauen und Verantwortung. Das ist nichts, was man einfach anschalten kann. Wenn ein Team in eine Krise kommt und die Führungskraft sagt: "Jetzt müsst ihr alle vertrauen", würden die Teammitglieder lachen. Nur weil die Führungskraft das will, vertrauen sie nicht oder sind bereit, Verantwortung zu übernehmen. Die Führungskraft muss Gründe dafür liefern, dass die Mitarbeitenden vertrauen können, dass sie bereit sind, Verantwortung zu übernehmen. Das haben wir bei uns im Unternehmen im Alltag insofern kultiviert, dass Menschen Aufgaben übernehmen können und dass sie Fehler machen dürfen. Begehen sie einen Fehler, machen sie die Erfahrung, dass das nicht schlimm ist, sondern dass sie sich dadurch weiterentwickeln können.

Bedingungsloses Interesse als Voraussetzung für Vertrauen

Haufe Online Redaktion: Welche weiteren Faktoren führen zu Vertrauen und Engagement?

Janssen: Ein weiterer Faktor ist, dass wir bedingungsloses Interesse entgegenbringen – nicht nur für Leistung, sondern insbesondere auch für den Menschen selbst und dafür, was er in seiner Freizeit macht. Ich denke an unseren Spüler Frank, dem ich seinerzeit in der Küche beim Kartoffelschälen begegnet bin. Ich interessierte mich dafür, was er macht, wenn er nicht gerade spült oder Kartoffeln schält, und erfuhr, dass er gern fotografiert. An diesem Thema bin ich drangeblieben und er hat sich zu einem Fotografen für unser Unternehmen entwickelt. Er hat eine eigene Fotoausstellung bei uns und unterstützt uns auch mit Bildern für unser Unternehmen. Wenn ich klassisch vorgegangen wäre, hätte ich gefragt: "Wie viel Geld pro Teller brauchst du mehr, damit du schneller und sauberer spülst?" Das wäre die klassische Vorgehensweise per Karotte. Stattdessen habe ich ihn ganz anders angesprochen. Er spült immer noch für uns. Aber zusätzlich übernimmt er Aufgaben, die ihm persönlich wichtig sind. Das bringt ihn stark mit uns und unserem Unternehmen in Verbindung.

"Wichtig ist, zu erkennen, dass wir keinen Einfluss darauf haben, ob Menschen sich weiterentwickeln wollen oder nicht."

Haufe Online Redaktion: Ist es möglich, alle Beschäftigte dafür zu begeistern, dass sie sich persönlich weiterentwickeln wollen? Manche sind ganz glücklich damit, acht Stunden lang Kartoffeln zu schälen und den Kopf freizuhaben für die Dinge, die ihnen nach Feierabend wichtig sind.

Janssen: Wichtig ist, zu erkennen, dass wir keinen Einfluss darauf haben, ob Menschen sich weiterentwickeln wollen oder nicht. Das steht nicht in meiner Macht. Aber ich kann Menschen dazu einladen, ermutigen oder inspirieren, in ihre Entwicklung zu investieren. Wenn sie das nicht wollen, ist das nicht schlimm. Wir brauchen auch die Menschen, die gute Arbeit für gutes Geld leisten wollen und mehr nicht. Diese ist bei uns genauso anerkannt wie diejenigen, die unser Unternehmen dafür nutzen, sich in ihrer Persönlichkeit weiterzuentwickeln. Ebenfalls wichtig ist – und das erfordert ein bisschen Demut – sich einzugestehen, dass man nicht alle mitnehmen kann. Der Versuch, alle Menschen mitzunehmen gleicht dem Versuch, das stürmische Meer zu beruhigen. Das ist nicht möglich. Ich bekomme von Unternehmern häufig die Frage gestellt: "Wie kann ich alle erreichen?" Das geht nicht. Es ist wichtig, das für sich anzunehmen.

Haufe Online Redaktion: Der Titel Ihres Buchs ist "Eine Frage der Haltung". Derzeit wird viel darüber diskutiert, dass es nicht genügt, eine Haltung zu haben, sondern dass es auch darauf ankommt, zu handeln. Kommen in Ihrem Buch das Handeln und die Handlungskompetenz nicht zu kurz?

Janssen: Im Buch erzähle ich die Geschichte, wie wir täglich mit der Pandemie umgegangen sind und welche Verhaltensweisen bei allen Beteiligten dazu geführt haben, dass sie stärker aus dieser Zeit herausgekommen sind als sie hineingeraten waren. Der Titel ist "Eine Frage der Haltung". Aber mit der Haltung allein ist noch nichts gewonnen. Die Haltung ist Grundvoraussetzung für das Verhalten, das sich daraus ergibt und erschließt. Ich würde sagen, letztendlich sind in meinem Buch 90 Prozent Verhalten aufgezeigt.

Die besondere Macht der Pause

Haufe Online Redaktion: Das Buch ist sehr persönlich. Sie schildern nicht nur Ihre eigenen Erfahrungen in der Krise, sondern auch Rituale aus dem Klosterleben, auf die Sie in dieser Zeit zurückgegriffen haben, zum Beispiel "Pausen bestimmen den Tag". Inwiefern haben Ihnen diese Rituale durch die Lockdown-Zeiten geholfen?

Janssen: Das Ritual, das ich besonders schätze, ist das der Stille – der Pause und Reflexion – weil die Entwicklung eines Menschen in der Pause entsteht. Bei Sportlern wächst der Muskel nicht in dem Moment, in dem sie trainieren, sondern in den Zeiten, in denen sie pausieren. In der Pandemie hat sich die Möglichkeit intensiviert, noch strukturierter und mit mehr Pausen durch den Tag zu gehen. Für mich persönlich sind zum Beispiel die Dienstreisen weggefallen und ich konnte eine Tagesstruktur gestalten, wie ich sie sonst im Kloster gelebt habe: "Ora et labora". Wir wissen aus der Psychologie, dass dieses Abwechseln von Tätigkeit und Ruhe uns hilft, mental im Gleichgewicht zu bleiben. Dieser Zeitgewinn innerhalb der Pandemie war – bei all dem damit verbundenen Leid – ein Geschenk, das zu einer starken Entwicklung geführt hat.

Haufe Online Redaktion: Entschleunigung und Meditieren hilft enorm, sich auf die persönlichen Belange zu fokussieren und bringt einen großen Nutzen für die Weiterentwicklung der eigenen Person. Aber besteht dabei nicht die Gefahr, zu stark egozentrisch zu denken oder zu agieren?

Janssen: Zu viel von einem ist immer schlecht. Die Benediktiner sprechen vom sogenannten "discretio" – dem Einhalten des rechten Maßes. Machen wir zu viel Sport, werden wir krank. Machen wir zu wenig Sport, werden wir krank. Es geht letztendlich um ein Gleichgewicht und nicht nur darum, Selbstoptimierung zu betreiben, damit es einem selbst gut geht. In der Meditation entsteht ein Bewusstsein für das, was mich umgibt. Ein Beispiel: Gestern habe ich während der Meditation über Mitgefühl nachgedacht. Dabei erkannte ich für mich, dass Mitgefühl bedeutet, dankbar zu sein für die Chance, anderen Menschen helfen zu können. Würde ich andere unterstützen, um mich selbst gut darzustellen, wäre das kein Mitgefühl. Es ist immer eine Frage der Haltung: Mit welchem Motiv mache ich etwas? Meditiere ich nur, um mich selbst zu optimieren und nur auf mich zu schauen, oder meditiere ich, um die Fähigkeit zu entwickeln, für andere da zu sein?

"Wenn eine Person rein aus Gründen der Karriere Führungskraft werden will, wird sie keine gute Führungskraft."

Haufe Online Redaktion: Gilt das auch für das Thema Führung?

Janssen: Ja, das zeigt sich auch in der Mitarbeiterführung: Liegt mein Motiv, Menschen zu führen, darin begründet, meinen eigenen Interessen näher zu kommen? Oder ist mein Motiv ein ehrliches Interesse an der Entwicklung anderer Menschen? Wenn eine Person rein aus Gründen der Karriere Führungskraft werden will, wird sie keine gute Führungskraft. Das Motiv ist Karriere und nicht Menschen zu führen. Deshalb haben wir bei uns im Unternehmen Karriere und Führung entkoppelt. Karriere hat bei uns nichts mit Führung zu tun.

 

Zum Interviewpartner:

Bodo Janssen, heute CEO der Upstalsboom Hotel + Freizeit GmbH, studierte einst BWL und Sinologie und stieg im Anschluss ins elterliche Hotelunternehmen ein. Viele Krisen prägten seinen Weg, unter anderem seine achttägige Entführung im Jahr 1998 und der Flugzeugabsturz seines Vaters. Als eine Mitarbeiterbefragung vernichtende Ergebnisse brachte, beschloss er, für eineinhalb Jahre ins Kloster zu gehen. Nach dieser inneren Einkehr leitete er einen Paradigmenwechsel ein. Zusammen mit Pater Anselm Grün schrieb er das Buch "Stark in stürmischen Zeiten". Soeben erschien sein neuestes Buch "Eine Frage der Haltung".

Quelle: haufe.de

21 Mai 2021

Digitale Führung

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Beziehungsgestaltung zwischen Sinnesarmut und Resonanz

Digitale Führung

Jede Krise ist eine Bewährungsprobe für Führungskräfte. Eine digitale Führung ist es nicht minder. Im Bereich des Sozialen ist sie als eine Verlusterfahrung zu charakterisieren. Nachfolgend wird begründet, warum auch eine digitale Führung, veranschaulicht an einer Videokonferenz, trotz einiger Vorteile einer Führung in leiblicher Präsenz unterlegen ist und woran sich Führungskräfte nun orientieren sollten. Eine hybride Führung ist am Ende eine vielversprechende Führungsform.

Die zunehmende Digitalisierung macht auch vor der Führung nicht halt. Fast alle Führungskräfte, zumindest die, die im Management positioniert sind, haben dies im letzten Jahr erleben dürfen. Und viele sind noch mittendrin. Sie wurden von jetzt auf gleich in eine Führungssituation geworfen, die sie in dieser Form unvorbereitet traf. Sicher, so manche (internationale) Projektleitungen und sich ständig auf Reisen befindende Führungskräfte, gemessen an der Gesamtzahl eine überschaubare Gruppe, führten hin und wieder, selten nahezu, digital. Auch wurde von dieser Möglichkeit zuvor anlassbezogen Gebrauch gemacht, aber meistens war es hier ein einzelner Mitarbeitender, der ansonsten nicht erreicht werden konnte und nicht gleich (fast) das komplette Team. In dieser verordneten Ausschließlichkeit war es für alle eine neue Erfahrung, weil der Rettungsanker, die Präsenz, sich beispielsweise zu einer Krisensitzung oder zur letzten Vorbereitung auf eine Kundenakquisition zu treffen, auch für die nicht mehr gegeben war, die bereits Erfahrungen mit einer digitalen Führung sammelten. Für alle anderen galt dann erstmalig: Mein Team ist weg und nun? Leadership Insiders verlinkt heute zu einer Studie, in der ich mich mit den Eigenheiten und Auswirkungen der digitalen Führung beschäftige und den Blick nach vorn wende.

 

Quelle - den vollständigen Artikel können Sie weiterlesen unter Leadership-insiders

16 April 2021

Toolbox: Instrument für Digital Leadership

Posted in Führung, Leadership

Für das Führen im digitalen Zeitalter steht ein ganzer Werkzeugkasten an Instrumenten zur Verfügung.

Toolbox: Instrument für Digital Leadership

Mit welchen konkreten Instrumenten können Digital Leader ihre Führungsaufgabe ausüben? Professor Thorsten Petry stellt verschiedene Ansätze und Tools vor.

Im Folgenden werden einige Ansätze und Tools vorgestellt, die zur Gewährleistung einer adäquaten Führung im Digitalzeitalter dienen können. Die vorgestellten Ansätze sind auf die Charakteristika des VOPA+ Modells (siehe Kapitel 1) ausgerichtet und dienen dazu, vernetzter, offener, partizipativer und/oder agiler zu handeln.

Digital Leadership: Ansätze zur Stärkung der Vernetzung

Einen Ansatz zur Stärkung der Vernetzung im Unternehmen bieten Social-Collaboration-Plattformen. In den vergangenen Jahren haben immer mehr Unternehmen die Potenziale eines unternehmensinternen Einsatzes sozialer Medien zur Verbesserung der internen Kommunikation und Zusammenarbeit erkannt und entsprechende Initiativen gestartet.

Neben dieser Vernetzung über digitale Plattformen ist es aber auch im Digitalzeitalter weiterhin wichtig, Ansätze für physische Kontakte und Vernetzung anzubieten. Für solche physischen Netzwerkformate gibt es eine Vielzahl von Möglichkeiten - vom Early Bird Café, über Blind Lunch und Learning Lunch bis hin zum Feierabendbier.

All diese Ansätze dienen dazu, eine stärkere Vernetzung und auf dieser Basis mehr Austausch und Zusammenarbeit zu fördern. Sie unterstützen damit gleichzeitig auch eine größere Offenheit im Unternehmen.

Ansätze für Führungskräfte zur Stärkung der Offenheit

Weitere potenzielle Ansätze für die Förderung von Offenheit sind Reverse Mentoring, Working bzw. Leading Out Loud, Failure Awards und Learning Journeys. Reverse Mentoring eignet sich dafür, weniger digital-affine und für "IT-Spielereien" eher verschlossene Führungskräfte näher an digitale Technologien sowie die Werte und das Denken der Digital Natives heranzuführen. Dieser Ansatz kehrt die klassische Logik der Mentor-Mentee-Beziehung um, denn hier ist der junge Mitarbeiter der thematisch Erfahrenere, der sein Wissen an ältere Kollegen und Vorgesetzte weitergibt.

Ebenfalls primär auf Offenheit ausgerichtet ist das von John Stepper entwickelte Working Out Loud bzw. Leading Out Loud. Working Out Loud ist ein Ansatz zum lernorientierten Austausch im Netzwerk. Drei bis fünf Personen treffen sich – persönlich oder virtuell – zwölf Wochen lang für jeweils eine Stunde in Circles, um gemeinsam an individuellen Zielen der Teilnehmer zu arbeiten. Hierbei stehen drei Kernfragen im Fokus: Erstens, was will ich erreichen? Zweitens, wer kann mir dabei helfen? Und drittens, was kann ich anderen Personen meinerseits anbieten, um eine tiefere Beziehung aufzubauen? Die Kernidee dahinter ist es, das eigene Wissen und die eigene Arbeit sichtbar zu machen, damit alle davon profitieren können. Leading Out Loud steht in ähnlicher Weise für die Transparentmachung von Führung. In Unternehmen wie zum Beispiel Audi, Bosch, Klöckner oder Lufthansa nutzen Führungskräfte Executive Blogs, Podcasts oder Enterprise 2.0-Plattformen, um regelmäßig über ihre Arbeit, ihre Aufgaben, ihr Denken und ihre Entscheidungen zu berichten. (Hier erfahren Sie, wie Working out Loud bei Bosch funktioniert.)

Offenheit impliziert auch die Bereitschaft zu und einen offenen Umgang mit Fehlern. Getreu dem Google-Motto "fail fast, fail smart" muss allerdings darauf geachtet werden, dass Fehler frühzeitig auffallen, offen kommuniziert, klug behoben und nicht wiederholt dieselben Fehler gemacht werden. Zur Veränderung der Fehlerkultur arbeiten verschiedene Unternehmen mit Failure Awards, also Auszeichnungen für die "besten" Fehler. Das Hamburger Unternehmen EOS beispielsweise vergibt regelmäßig einen Wanderpokal für den "Fehler des Kwartals" (ganz bewusst falsch geschrieben). Andere Unternehmen veranstalten "Post-Mortem-Workshops" oder "Fuck-up-Nights".

Auch Exkursionen bzw. Learning Journeys – zu geborenen Digitalunternehmen (zum Beispiel im Silicon Valley), in die Start-up Szene (zum Beispiel in Berlin), in Coworking Spaces (wie sie mittlerweile in vielen Großstädten zu finden sind) oder zu traditionellen Unternehmen, die im Prozess der Digitalisierung bereits weit vorangeschritten sind (zum Beispiel Axel Springer) – können helfen, mehr Offenheit für neue Technologien und eine andere Art von Führung zu erzeugen.

Ansätze zur Stärkung der Partizipation

Auch für die Erhöhung des Partizipationsgrades in Unternehmen gibt es eine Vielzahl von Ansätzen. Im Folgenden werden zunächst einige Methoden vorgestellt, die darauf ausgerichtet sind, Workshops offener zu gestalten und dadurch mehr Partizipation zu ermöglichen oder zuzulassen. Vorgestellt werden Veranstaltungsformate, die nicht darauf abzielen, Wissen und Informationen in einer genau vorgeplanten Agenda von wenigen, ausgesuchten Experten oder Vorgesetzten an die Zuhörer zu vermitteln, sondern die versuchen, die individuelle und kollektive Intelligenz der Veranstaltungsteilnehmer zu nutzen, um Ideen, Konzepte oder Prototypen zu entwickeln.

Sinnvollerweise werden die vorgestellten partizipativen Workshopmethoden nicht einmalig durchgeführt, sondern inhaltlich sinnvoll kombiniert, und wiederholend und regelmäßig zum Einsatz gebracht. Nur bei einer wiederkehrenden Nutzung dieser Formate können sich die Grundgedanken in die DNA des Unternehmens übertragen und für eine grundsätzlich offenere und partizipativere Kultur sorgen.

Partizipative Workshop-Methoden

Jam

Wenn viele Personen eingebunden werden sollen, die man nicht so einfach an einem Ort zusammenbringen kann, kann ein Jam ein hilfreicher Ansatz sein. Der Begriff Jam stammt ursprünglich aus der Musikwelt bzw. der Jazzszene. Ein Jam im Digitalumfeld bezeichnet die virtuelle Zusammenkunft von Menschen zu einem spezifischen Thema über Social Collaboration-Plattformen, mit dem Ziel, für ein konkretes Problem durch die Nutzung von kollektivem Wissen online Lösungsansätze zu generieren. Die Teilnahme erfolgt ausschließlich online und ist dadurch unabhängig von Ort, Tageszeit, Hierarchie und Größe der Zielgruppe. Jams gleichen einem Onlinebrainstorming oder virtuellem Workshop, an dem sich über 100.000 Teilnehmer beteiligen können. Sie dauern in der Regel 24 bis 72 Stunden.

Open Space

Die Einbindung vieler Personen kann aber natürlich auch mit Präsenzformaten erfolgen, zum Beispiel einem Open Space. Open Space ("offener Raum") beruht auf den Prinzipien der Selbstorganisation und Selbstbestimmung der teilnehmenden Personen und dem Grundsatz einer Abkehr von Kontrolle. Es gibt zwar ein Oberthema, aber keine vorgegebenen Detailthemen/-fragen. Jeder kann ein Anliegen, das ihm besonders am Herzen liegt, im Plenum vorstellen. So entsteht ein großer Themenmarktplatz, auf dem sich die Teilnehmer zu Themengruppen zusammenschließen. In diesen werden Ideen zusammengetragen und mögliche Projekte erarbeitet. Die Ergebnisse werden am Schluss gesammelt und vorgestellt. Ziel dieser partizipativen Workshopmethode ist es, in kurzer Zeit mit einer großen Zahl von Menschen zu einem umfassenden Gesamtthema wesentliche Teilthemen anzustoßen (bzw. ggf. auch schon zu bearbeiten) und eine Aufbruchsstimmung zu erzeugen.

Bar Camp

Sollen Themen partizipativ (weiter-)entwickelt, präsentiert und vertieft werden, eignet sich möglicherweise ein Bar Camp. Bei diesem, auch als "Unkonferenz" bezeichneten Format, handelt es sich um eine offene Tagung mit offenen Workshops bzw. Sessions, deren Inhalte und Ablauf zu Beginn der Tagung durch die Teilnehmer selbst – auf Whiteboards, Metaplänen oder Pinnwänden – entwickelt und über einen Stundenplan (Sessionplan) koordiniert werden.

Hackathon

Sollen Teilaufgaben in einem agilen Umfeld abgearbeitet werden, bietet ein Hackathon eine Option. Der Begriff ist eine Kombination aus "Marathon" und "hacken". Im Gegensatz zu den vorher aufgeführten Ansätzen handelt es sich beim Hackathon um eine stark umsetzungsorientierte Arbeitssession. Ziel ist es, Ideen in kurzer Zeit umzusetzen (ähnlich zum Sprint im Scrum-Ansatz, d. h. Prototypen zu bauen bzw. zu programmieren oder Konzepte bzw. Beschlussvorlagen zu erstellen. Durch einen Hackathon kann man Themen innerhalb von 24 oder auch 48 Stunden sehr stark vorantreiben und beschleunigen.

Weitere Instrumente zur Stärkung der Partizipation

Daily Stand-up-Meeting

Eine einfache Methode zur Erhöhung von Offenheit und Partizipation ist ein Daily Stand-up-Meeting. Hierbei handelt es sich um ein tägliches Treffen in der Arbeitsgruppe, bei dem sich die Mitglieder kurz und im Stehen über ihren aktuellen Status austauschen, Abhängigkeiten feststellen und von den anderen Teilnehmern Hinweise/Ideen zum Lösen von Problemen bekommen. Es hat sich bewährt, dass jeder Teilnehmer ganz kurz auf folgende drei Punkte eingeht: Was habe ich seit dem letzten Meeting erledigt? Was werde ich bis zum nächsten Meeting tun? Was behindert mich in meiner Arbeit? Ein solches Daily-Stand-up-Meeting dauert i. d. R. ca. 15 Minuten und sollte möglichst immer zur gleichen Uhrzeit stattfinden, damit es für alle gut planbar ist.

Instant Feedback

Von sehr vielen Unternehmen eingesetzt werden Feedbackinstrumente. Dabei dominiert klassischerweise die (zwei-)jährliche, große Mitarbeiterbefragung. In einer VUCA-Umwelt ist eine Ergänzung um einfache, kontinuierliche Feedbackansätze (zum Beispiel Instant Feedback Apps) sinnvoll. Mitarbeiter und Führungskräfte sollten die Möglichkeit haben, über einen strukturierten Prozess jederzeit Feedback zu geben.

Social Forecasting

Ein etwas anderes, partizipatives Instrument ist das sogenannte "Social Forecasting". Ziel dieses Ansatzes ist es, verteiltes Wissen von Mitarbeitern und Experten zu aggregieren und in quantifizierbare Prognosen umzuwandeln, die dann dem Management für Geschäftsentscheidungen zur Verfügung stehen. Social Forecasting ist eine Kombination aus Crowdsourcing (Nutzung der kollektiven Intelligenz), Gamification-Elementen (als Anreiz für gute Prognosen) sowie einer virtuellen Prognosebörse (Teilnehmer setzen auf einer Handelsplattform eine Anzahl von Punkten auf einen bestimmten Ausgang der Fragestellung, ähnlich einer Wertpapierbörse). Unternehmen, die diese Methode erfolgreich einsetzen, berichten von besseren Prognosen, einer höheren Mitarbeitermotivation und auch niedrigeren Kosten gegenüber anderen Marktforschungsansätzen.

Ansätze zur Stärkung der Agilität

In einer immer dynamischeren Umwelt, die vor allem Schnelligkeit und Flexibilität verlangt, stoßen traditionelle, auf Perfektion und detaillierte Planung ausgerichtete Ansätze häufig an ihre Grenzen. Hier versprechen agile Managementansätze Abhilfe. Während traditionelle Ansätze auf detaillierte Analyse und (Vorab-)Planung ausgerichtet sind, zeichnen sich agile Managementansätze dadurch aus, dass sehr schnell gehandelt und aus den gemachten Erfahrungen gelernt werden soll. Traditionelle Formen der Strategiearbeit planen, bis sie genug wissen, um handeln zu können. Agile Formen der Strategiearbeit handeln zunächst, bis sie genug wissen, um planen zu können.

Die aktuell am häufigsten verwendeten agilen Managementansätze sind Scrum, Lean-Start-up und Design Thinking.

 

Prof. Dr. Thorsten Petry ist Inhaber des Lehrstuhls für Unternehmensführung im Studiengang Media Management an der Hochschule Rhein-Main. Als Berater, Coach, Referent und Trainer hilft er Unternehmen bei der Bewältigung der Managementherausforderungen des Digitalzeitalters.

 

Buchtipp:

Dieser Beitrag ist ein Auszug aus der 2. Auflage des Buchs "Digital Leadership. Erfolgreich Führen in Zeiten der Digital Economy", das von Professor Dr. Thorsten Petry herausgegeben wird. Darin stellen renommierte Experten aus Unternehmen, Beratung und Wissenschaft neue Managementansätze vor und sensibilisieren für Herausforderungen der Unternehmens- und Personalführung im Digitalzeitalter. Den Titel können Sie im Haufe-Shop erwerben.

Quelle: haufe.de

 

09 April 2021

Die fünf Rollen des Digital Leaders

Posted in Führung, Leadership

Digital Leader müssen unter anderem die Rolle als Brückenbauer einnehmen

Die fünf Rollen des Digital Leaders

Digital Leader nehmen, um als Enabler der digitalen Transformation wirken zu können, aktiv viele Rollen ein – verbunden mit ihrer Funktion oder unabhängig davon. Welche Rollen das sind und welches Mindset Digital Leader dafür brauchen, erläutert Michael Groß.

Über die verschiedenen Rollen, die Digital Leader im Unternehmen einnehmen, verschaffen sie sich viel mehr Einfluss, als sie jemals allein über ihre Funktion und den eigenen Platz in der Hierarchie ausüben konnten. Digital Leader gewinnen Macht über die Relevanz ihrer Rollen im Unternehmen. Die Rollen reichen von spontanen und temporären Rollen, wie als Konfliktlöser für ein Team, bis zu geplanten und langfristigen Engagements, wie als Sponsor oder Pate für ein monatelanges Co-Creating-Projekt zur Entwicklung eines neuen digitalen Geschäftsmodells.

Mindset, Skills und Rollenverständnis des Digital Leaders

Das Rollenverständnis als Digital Leader wird von einer Grundüberzeugung geprägt: Entscheidungen und die Planung von notwendigen Ressourcen und Kompetenzen erfolgen möglichst dort, wo schnell ein großer Effekt für das Projekt oder den Kunden erzielt werden kann. Daraus ergeben sich für Digital Leader die folgenden fünf wichtigen Rollen.

Rolle 1: der Verantwortungsgeber

Die erste Rolle eines Digital Leaders ist, die eigene Führung zu teilen, Verantwortung auf spezialisierte Teams oder Projektgruppen vollständig oder temporär zu verlagern ‒ neudeutsch bezeichnet als "Shared Leadership". Gemeinsam werden inspirierende konkrete Ergebnis- und Leistungsziele gesetzt, Mitarbeiter akquiriert und aktiviert, das Lernen über Fehler und Meilensteine überprüft.

Die Rolle der Verantwortungsübertragung kann ‒ wie jede andere Rolle auch ‒ zunächst nur im Verantwortungsbereich und Wirkungsrahmen der eigenen Funktion übernommen werden, also für das eigene Team, die Abteilung und den Bereich. Generell gilt für jede Rolle als Digital Leader, dass sie im stabilen eigenen Umfeld geprobt werden kann, um Vertrauen zu sich selbst zu gewinnen.

Digital Leader entwickeln innerhalb der Hierarchie in Unternehmen Keimzellen für die digitale Transformation. Verantwortung geben ist mehr, als eine gute Teamarbeit zu ermöglichen. Das ist schon immer ein Teil guter Führung. Verantwortung geben bedeutet, dass im Team selbst über das Vorgehen entschieden und je nach Verlauf das Vorgehen justiert wird, inklusive der eigenen Ressourcen ‒ immer im Rahmen der übergreifenden Ergebnis- und Leistungsziele.

Verantwortung geben führt als "Nebeneffekt" auch dazu, dass der Digital Leader im Unternehmen nicht "einsamer Rufer in der Wüste" bleibt, sondern Verbündete gewinnt. Die beste Gelegenheit dafür bietet die projektbezogene Führungsrolle, unabhängig von der hierarchischen Funktion oder Position.

Rolle 2: der Impulsgeber

Digital Leader agieren in einem Unternehmen, jedenfalls zu Beginn der digitalen Transformation, als eine Art Evangelist, der die "frohe Botschaft" des Digital Leadership in die Organisation trägt.

Digital Leader setzen sich immer wieder neu dafür ein, dass Innovationen im Unternehmen eingeführt werden können. Dazu gehören nicht nur neue digitale Geschäftsmodelle und -abläufe. Wichtig für die Führung sind parallel die Fortschritte in Richtung einer digitalen Organisation, angefangen von der Gestaltung von Arbeitszeiten und -räumen über die Etablierung neuer Technologien zur Kollaboration bis hin zur Etablierung paralleler Organisationsstrukturen ‒ als Voraussetzung für die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle.

Impulse sollten idealerweise verborgene Energien in Unternehmen wecken. Vermeintliche Kleinigkeiten, wie neue Arbeitsroutinen in Teams, sogenannte Workhacks, können zeigen, dass anders zu arbeiten gar nicht "wehtut", sogar vieles erleichtert, das bisher für Aufregung gesorgt hat. Ein Digital Leader setzt Impulse so, dass er das Bestehende nicht wie ein Bulldozer auf dem Feld komplett platt macht. Insofern ist ein Digital Leader stets auch Brückenbauer.

Rolle 3: der Brückenbauer

Sie kennen bestimmt die Formel: Keine Zukunft ohne Herkunft. Selbst bei radikalen Veränderungen, die durch die digitale Transformation notwendig werden, gibt es in der Vergangenheit Themen, Fähigkeiten oder Verhaltensweisen, an die angeknüpft werden kann. Das Problem ist, dass das Management oft genau diese Botschaft vermittelt: "Wir müssen uns neu erfinden!" Doch ohne greifbare Details und eine realistische Perspektive für die Zukunft steigern solche Aussagen das Gefühl der Unsicherheit unnötig.

Entscheidend ist das "Abholen". Gute Führungskräfte zeigen, welche Einstellungen, Fähigkeiten oder Verhaltensweisen auch in der Zukunft bedeutsam sind. Dadurch wird die Überzeugung gestärkt, vorhandene Unsicherheiten bewältigen und Unklarheiten beseitigen zu können. Dann steigt die Bereitschaft zur Kooperation, um auch unangenehme und ungewohnte Themen anzupacken. Digital Leader machen Kollegen und Mitarbeiter zu Verbündeten. Nur selten ‒ wenn das Geschäft zusammenbricht oder ein Unternehmen vor dem Ruin steht ‒ kann eine völlige Neuorientierung und Neuerfindung in Unternehmen notwendig werden. Doch selbst dort kann, wenn das Unternehmen erhalten bleibt, meistens irgendetwas aus der Vergangenheit für die Zukunft positiv wirksam sein.

Digital Leader erzählen als Brückenauer stets auch Geschichten. Diese Geschichten ‒ im neudeutschen Fachjargon "Story Telling" ‒ müssen nachvollziehbar und relevant sein. Und sie müssen zuvor weniger Greifbares begreiflich machen. In der Digitalisierung gibt es überall Themen und Begriffe, die Angst dadurch machen, dass die Bedeutung für die Arbeit nicht klar ist ‒ Big Data, Disruption, Blockchain, künstliche Intelligenz. Ein Digital Leader muss nicht alle Begriffe in Detailtiefe erläutern. Wichtiger ist die Übersetzung: "Stellt euch vor, dass unser telefonischer Kundenservice zu jeder Zeit alle Kundenanfragen annimmt und automatisch die für uns lastigen Routinethemen sehr persönlich und immer wertschätzend sofort klärt! Wir kümmern uns um die wirklichen Probleme unserer Kunden. Das wird möglich durch künstliche Intelligenz."

Rolle 4: der Navigator

Mehr denn je schlüpfen Digital Leader in die Rolle des Navigators. Diese Rolle ergibt sich nahezu automatisch aus der Übergabe von Verantwortung, dem Impulsgeben und Brückenbauten. Dadurch werden Richtungen aufgezeigt und beim Verfolgen der gewählten Wege wird Unterstützung gegeben. Die Rolle als Navigator ergibt sich nicht aus der hierarchischen Position, sondern viel eher aus der intensiven Kooperation mit anderen Führungskräften und den Mitarbeitern sowie durch die Koordination von deren Aufgaben. Das bedeutet, dass ein Digital Leader sich weniger durch das Vermögen, eigene Ideen durchzusetzen, auszeichnet als vielmehr dadurch, die Durchsetzbarkeit der besten Ideen zu ermöglichen. Digital Leader zeigen Richtungen auf und forcieren die konsequente Umsetzung der gewählten Wege.

Der wichtigste Gesichtspunkt in Bezug auf die Rolle als Navigator ist das Thema Zielsetzung. Bekanntlich weht für keine Mannschaft der Wind richtig, wenn niemand weiß, welchen Hafen man ansteuern mochte. Und die digitale Transformation bietet viele Winde aus unterschiedlichen Richtungen und viele Häfen. Windstill wird es nie werden. Umso wichtiger ist es, als Digital Leader die jeweils passende Spielkombination zu initiieren ‒ nicht nur für sich selbst als Navigator, sondern auch für das involvierte Team.

Der Navigator forciert das ständige Justieren der Ressourcen, um möglichst schnell die Ziele zu erreichen ‒ oder zu verwerfen. In der digitalen Transformation gibt es einfach zu viele Chancen, die nicht alle genutzt werden können. Daher stellt der Digital Leader nicht per Befehl, sondern über seinen Führungseinfluss als Navigator sicher, dass Teams nicht auf die falschen Karten setzen oder mit einem schwachen Blatt versuchen, das Spiel zu gewinnen.

Durch den Digital Leader als Navigator werden Hindernisse und Herausforderungen antizipiert und das Team vorausschauend sensibilisiert, ohne dass er selbst korrigierend eingreift (außer bei akuter Gefahr im Verzug). Der Navigator bietet hierbei Gelegenheit zur Reflexion über den Kurs und die gewählten Spielkombinationen an. Er achtet darauf, dass sich Teams ‒ durchaus gut gemeint und engagiert ‒ nicht in ein Thema oder Projekt verrennen. Besonders die agilen Arbeitsmethoden bieten dazu eine Vielzahl von Instrumenten. Aber auch ein normaler wöchentlicher, kurzer Jour fixe kann sehr viel leisten ‒ mit den richtigen W-Fragen.

Rolle 5: der Experte

Der Digital Leader kann in einem Team, einem Bereich oder für ein ganzes Unternehmen aber auch eine aktive Rolle übernehmen ‒ als Experte. Dies wird nicht die Regel sein. Aufgrund der fachlichen Herkunft vieler Führungskräfte sollte diese Rille aber nicht zwanghaft unterdrückt werden. Es schadet nicht, dass ein Digital Leader in der Führung manchmal ein Digital Leader in der Technologie oder in anderen Themen der digitalen Transformation ist. Aus der Rolle als Experte leitet sich jedoch nicht der Führungsanspruch ab, wie dies traditionell in vielen Unternehmen bisher der Fall ist. Digital Leader lassen zu, dass die eigenen Mitarbeiter mehr wissen als sie selbst. Sie fordern dies sogar.

Digital Leader teilen ihr Expertenwissen aktiv und halten ihre Kompetenz nicht zurück. Das Wichtigste in der Rolle als Experte ist, mit anderen Führungskräften Erfahrungen als Digital Leader zu teilen. Mit Sparringspartnern kann intensiver am gemeinsamen Fortschritt gearbeitet werden.

Die Verantwortung, wie das Fachwissen genutzt wird, liegt jeweils beim Projektleiter oder einer anderen verantwortlichen Person. Vom Digital Leader wird das Ergebnis nur beurteilt, falls eine persönliche Gesamtverantwortung für das Thema oder Projekt besteht. Als Experte zieht sich ein Digital Leader sofort zurück, sobald das spezifische Wissen nicht mehr gebraucht wird. Floskeln wie "Was ich bei dieser Gelegenheit sagen wollte ..." sollten Sie sich möglichst verkneifen. Das Vertrauen, dass Sie als Digital Leader genau auf Ihre Rollen achten, wird sonst schnell untergraben.

Fazit

Über diese fünf Rollen verschafft sich jeder Digital Leader viele Möglichkeiten, über die eigene Position hinaus positiv für die digitale Transformation in Unternehmen wirksam zu sein, ohne sofort bei Kollegen auf Widerstand zu stoßen, weil man in "ihr Revier" vordringt. Alle Rollen der Digital Leader können sich in bestehenden Hierarchien eines Unternehmens entwickeln und dadurch diese Hierarchien weiterentwickeln, besonders die informellen Strukturen. Für die digitale Transformation sind diese sehr bedeutsam. Die Fähigkeit einer Organisation zur fortlaufenden Anpassung wird gesteigert, bevor formale Strukturen modifiziert werden können.

 

Dr. Michael Groß berät seit vielen Jahren Unternehmen in der digitalen Transformation. Zudem besitzt er einen Lehrauftrag an der Goethe-Universität Frankfurt am Main, unter anderem im Masterseminar "Digital Leadership", und ist ein gefragter Trainer und Redner. Bekannt wurde er zuvor als Olympiasieger im Schwimmen.

 

Buchtipp:

Dieser Beitrag ist ein Auszug aus dem Buch "Digital Leader Gamebook. Erfolgreich führen im digitalen Zeitalter" von Michael Groß, das bei Haufe erschienen ist. Den Titel können Sie im Haufe-Shop erwerben.

Quelle: haufe.de

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