Coaching

19 Juni 2020

Die produktivsten Videocalls haben 5 Teilnehmer

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Professor John R. Hollenbeck, Teamwork-Experte, erklärt warum

Die produktivsten Videocalls haben 5 Teilnehmer

Es gibt einen Grund dafür, dass euch eure Videokonferenz mit 15 Personen so mühsam vorkommt — wir sind einfach nicht dafür gemacht, auf diese Weise zu kommunizieren. Maja Hitij/Getty

John R. Hollenbeck ist Professor an der Michigan State University, der umfangreiche Forschungsarbeiten über Führungskompetenzen und Teamarbeit betrieben hat.
In diesem Gastbeitrag für Business Insider schreibt er, dass größere Meetings über Videokonferenz-Plattformen wie Zoom nicht nur aus technischen Gründen ineffizient sind.
Um eure Meetings effektiver und interessanter zu gestalten, solltet ihr sie auf Gruppen von fünf Personen beschränken und euer Unternehmen in eine Multi-Team-Struktur aufteilen.

Da die meisten Arbeitsplätze im ganzen Land ins Home-Office verlegt wurden, müssen sich die Menschen durch endlose Videokonferenzen und E-Mail-Ketten kämpfen. Vielleicht ist die Verbindung schlecht, euer Kollege versteht die Macht der Stummschalttaste nicht oder ihr seid bei euren E-Mails in einer „Allen antworten“-Schleife gefangen.

Doch selbst wenn die Technik und die Umgangsformen einwandfrei sind, gibt es noch ein weitaus grundlegenderes Problem. Menschen sind schlichtweg nicht für ein Videokonferenz-Meeting mit 15 Personen geeignet.

Unter denen, die sich mit dem Thema Management beschäftigen, gibt es den Grundsatz, dass große Teams schlechte Teams sind. Effektive Kommunikation und Zusammenarbeit bricht in Gruppen von mehr als fünf Personen zusammen — das war schon immer so. In der virtuellen Welt ist es allerdings noch offensichtlicher. Nonverbale Signale, die uns in großen persönlichen Meetings normalerweise helfen, sind nicht mehr da.

Ihr könnt die virtuelle Kommunikation in eurem Unternehmen angenehmer gestalten, indem ihr die menschlichen kognitiven Grenzen versteht und innerhalb dieser arbeitet. Dazu ist es erforderlich, genaustens festzulegen, wer in jede Konferenz und in jedes Team einbezogen wird. Außerdem bedarf es klarer Führungsrollen und expliziter Richtlinien, wie die Kommunikation in der virtuellen Welt funktionieren soll.

Warum fünf die magische Zahl ist

Der Sozialpsychologe J. Richard Hackman führte eine Reihe von Experimenten mit Teams unterschiedlicher Größe durch. Dabei stellte er fest, dass 4,6 die optimale Größe für ein gut funktionierendes Team sei. Nach seiner Einschätzung kann diese Zahl leicht ansteigen, wenn die beteiligten Personen schon öfter zusammengearbeitet haben und daher viele Dinge „selbstverständlich“ sein können.

Der Feind großer Teams ist die Anzahl der Kommunikationswege, die organisiert werden müssen. Wenn die Teamgröße kontinuierlich wächst, nehmen auch die Verbindungen zwischen den Teammitgliedern exponentiell zu. Bei einem fünfköpfigen Team müssen sich die Mitarbeiter um zehn Kontakte kümmern, bei einem zehnköpfigen Team sind es schon 45. Und ein 15-köpfiges Team? Das könnt ihr direkt vergessen: 105 Kommunikationswege.

So stößt ein wachsendes Team schnell an die Grenzen unserer menschlichen Kommunikationsfähigkeit. Wir haben uns einfach nicht so entwickelt, dass wir in der Lage wären, mit zehn oder 20 Personen gleichzeitig effektiv zu kommunizieren. Auch die Gesamtzahl der Menschen, mit denen wir soziale Beziehungen pflegen können, stößt an ihre Grenzen.

Nachdem der Anthropologe Robin Dunbar soziale Gruppen von Primaten und traditionelle menschliche Stämme untersucht hatte, stellte er fest, dass unser Gehirn nicht mit mehr als 150 stabilen sozialen Beziehungen umgehen kann — eine Einschränkung, die als „Dunbars Zahl“ bekannt ist. In der modernen Welt ist diese Fähigkeit auf zahlreiche berufliche und persönliche Beziehungen verteilt.

 

Die Kraft der Multi-Team-Systeme

Bedeutet das, dass wir niemals eine Abteilung mit mehr als fünf oder ein Unternehmen mit mehr als 150 Mitarbeitern haben können? Natürlich nicht. Nicht die Gesamtgröße einer Gruppe ist entscheidend, sondern die Art und Weise, wie wir einzelne Mitarbeiter und deren Kommunikationswege organisieren.

Wenn ihr beispielsweise ein 25-köpfiges Ingenieursteam habt, könnt ihr es in Fünfergruppen aufteilen. Die Kommunikation zwischen den Teams erfolgt zwischen den fünf Leitern der einzelnen Gruppen. Die Leiter geben dann relevante Informationen an ihre jeweiligen Teammitglieder weiter. Diese Struktur schafft nur zehn Kommunikationswege innerhalb jedes der Untergruppen und etwa 15 Wege, die von den Mitgliedern des Führungsteams organisiert werden müssen, verglichen mit 300 Wegen in einem 25-köpfigen Team.

Diese Struktur wird als Multi-Team-System bezeichnet. Es hat sich unter verschiedensten Unternehmensformen als sehr erfolgreich erwiesen. Ein Großteil meiner Forschung über Teamarbeit und Multi-Team-Systeme wurde vom US-Verteidigungsministerium und der National Science Foundation finanziert.

Auch wenn militärische Einsätze und große gemeinsame wissenschaftliche Arbeiten sehr unterschiedliche Bereiche sind, funktioniert die Multi-Team-Systemstruktur in beiden Fällen gut. Sie ermöglicht ein großes Team und damit umfangreiches Fachwissen, während gleichzeitig die Anzahl der zu bewältigenden Kommunikationswege begrenzt ist.

General Stanley McChrystal war der frühere Befehlshaber der US-Armee in Afghanistan. In seinem Buch „Teams of Teams“ beschreibt er, wie Multi-Team-Systeme bei der Terrorismusbekämpfung eingesetzt wurden. Bei der Verfolgung von Osama bin Laden zum Beispiel versuchten ihn zunächst mehrere riesige Akteure wie die CIA, das FBI, das Außenministerium und mehrere Armeen, mithilfe von Bomben in Afghanistan zu überwältigen. Sie waren erst dann erfolgreich, als das Militär ein geschicktes Multi-Team-System entwickelte, das Mitglieder und Fachwissen aus vielen dieser Organisationen umfasste. Letztendlich wurde bin Laden von einem kleinen Team von Marinesoldaten in einem gut geplanten Überfall, der weniger als eine Stunde dauerte, getötet.

So gestaltet ihr eure Videokonferenzen besser

Wie das Militär herausgefunden hat, sind Multi-Team-Systeme projektbezogen und können auf bestehenden Strukturen aufgebaut werden. Ihr müsst eure Unternehmensstruktur nicht völlig neu erfinden, vor allem nicht in der aktuellen chaotischen Situation. Ihr könnt schon jetzt viele der Vorteile von Multi-Team-Systemen nutzen, indem ihr klare Strukturen und Regeln für die Kommunikation bei der Arbeit im Home-Office schafft.

Die wichtigste Regel ist, nie mit mehr als fünf Personen ein Meeting zu haben. Jeder, der bei einer großen Videokonferenz schon miterlebt hat, wie unübersichtlich es ist, wer mit dem Sprechen dran war, wird die Gründe dafür verstehen. Die Regel gilt jedoch auch für persönliche Gespräche.

An der Fünf-Personen-Grenze festzuhalten, kann durchaus schwierig erscheinen. So könnt ihr allerdings auch sorgfältig darüber nachdenken, wie eure Teammitglieder interagieren und wer tatsächlich an einem bestimmten Meeting teilnehmen muss.

Das bedeutet nicht, dass bei eurer Videokonferenz nicht mehr als fünf Teilnehmer dabei sein können. Es mag Zeiten geben, in denen Führungskräfte Informationen an viele Mitarbeiter auf einmal übermitteln müssen. Oder einige Teamleiter, die sich gerade in einem Gespräch befinden, möchten vielleicht, dass ihre Teammitglieder mit ausgeschaltetem Mikrofon zuhören. Wie ich bereits erwähnt habe, geht es um die Anzahl der entstehenden Kommunikationswege, nicht unbedingt um die Gesamtzahl der einzelnen Mitarbeiter.

Jede Videokonferenz sollte eine klare Tagesordnung haben

Jedes virtuelle Meeting sollte eine klare Tagesordnung und Richtlinien dafür haben, wie die Kommunikation ablaufen soll. Ohne nonverbale Signale erkennen Menschen viel schlechter, wann sie einsteigen und sprechen sollen.

Die Führungsrollen sollten klar sein, einschließlich des offiziellen Leiters — auch bekannt als Chef — und eines Technologie-Experten, der die technische Organisation übernimmt. Aber auch ein Informationsleiter, der Informationen zu einem bestimmten Thema austauscht, sollte vorhanden sein. Diese Position rotiert oft im Laufe einer Sitzung.

Diese Richtlinien gelten nicht nur für Videokonferenzen. Wir alle waren bestimmt schon Teil einer beispielsweise nicht endenden Kette von E-Mails. Mit klar festgelegten Vorgaben und Erwartungen könnt ihr es vermeiden, die Zeit der anderen zu verschwenden. Es sollte jedoch auch klar sein, wer wesentliche Informationen an diejenigen weitergibt, die nicht Teil eines Gesprächs sind.

Aus außergewöhnlichen Situationen lernen

Wir sind immer noch dabei, mit dieser massiven Veränderung in unserem normalen Berufsleben fertig zu werden. Daher ist es keine Überraschung, dass unsere virtuelle Kommunikation noch nicht ausgereift ist, vor allem wenn man bedenkt, dass sich auch unsere persönliche Kommunikation verbessern könnte.

Es könnte jedoch hilfreich sein, zu wissen, dass es einen Grund dafür gibt, warum eure 15-Personen-Videokonferenz so holprig verlief. Wir sind einfach nicht dafür gemacht, auf diese Weise zu kommunizieren.

Die gute Nachricht ist, dass ihr einfache Lösungen realisieren könnt, ohne neue Technologie zu nutzen oder alles umzustrukturieren. Ihr könnt bereits große Erfolge erzielen, wenn ihr eure bestehenden Kommunikationsstrukturen durch ein Multi-Team-System ergänzt und klare Prozesse sowie Erwartungen an den Kommunikationsfluss festlegt.

Vielleicht bringt uns der Stress der virtuellen Kommunikation zum Nachdenken und wir überdenken, wie wir im Allgemeinen kommunizieren. Hoffentlich gibt es einige Erkenntnisse und Systeme, die wir in unseren Alltag einfließen lassen können — denn so hätten wir es von Anfang an machen sollen.

Dieser Artikel wurde von Claudia Saatz aus dem Englischen übersetzt. Das Original könnt ihr hier lesen.

Quelle: businessinsider

08 Mai 2020

6 Anzeichen, dass Sie Ihre Arbeit wechseln sollten

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6 Anzeichen, dass Sie Ihre Arbeit wechseln sollten

Wirklich niemand muss in seinem Job unzufrieden sein, denn ich bin davon überzeugt, dass es für jeden den richtigen Platz gibt. Wenn Sie sich mit oder bei Ihrer Arbeit nicht wohlfühlen, sollten Sie unbedingt etwas ändern – entweder Ihre Einstellung, Ihr Verhalten oder letztendlich den Job. Sie haben ein Recht darauf, gerne zur Arbeit zu gehen! Wählen Sie nach diesem Kriterium einen Job aus und kündigen Sie zur Not. Tun Sie sich damit nicht nur selbst einen Gefallen, sondern auch dem Unternehmen und mindestens einem anderen Menschen: nämlich dem, der viel besser auf die von Ihnen ungeliebte Stelle passen und entsprechend dort wesentlich bessere Arbeit verrichten würde.

Sagt sich so leicht. Was aber tun, wenn Sie nicht gerne zur Arbeit gehen? Viele sind so in ihrem Arbeitsalltag eingebunden, dass sie zu selten die Gelegenheit haben, in Ruhe ihre aktuelle Situation zu reflektieren: Auf welche Art und Weise würde mein jetziger Job besser zu mir passen oder welche Art von Job sollte ich stattdessen suchen, um ein höheres Maß an Lebenszufriedenheit zu erreichen? Nehmen Sie sich unbedingt Zeit, das letzte Jahr Revue passieren zu lassen, die Rolle Ihrer derzeitigen Beschäftigung in Ihrem Leben sowie Ihre Aufgaben inhaltlich und strukturell unter die Lupe zu nehmen und mit Ihrer Persönlichkeit abzugleichen. Tun Sie das am besten schriftlich, um sich Ihre Erkenntnisse noch stärker zu vergegenwärtigen.

Wichtig: Überprüfen Sie unbedingt Ihre Erwartungen an den Job! Denn wenn Sie die Verantwortung für Ihr Glücklichsein nach außen abgeben, dann wird Sie keine Arbeit der Welt jemals mit einem Gefühl von Zufriedenheit versehen. Sie sind selbst verantwortlich für Ihr eigenes Glück! Dennoch können der richtige Job sowie andere ausbalancierte Lebensbereiche eine gute Grundlage dafür schaffen, dass Sie dieses Gefühl eher erreichen.

Lebensbereiche unter die Lupe nehmen

Um herauszufinden, ob Ihr Unbehagen tatsächlich am nicht passenden Job oder an anderen Umständen liegt, ist eine ebenso gründliche wie liebevolle Betrachtung aller Ihnen wichtigen Lebensbereiche nötig: Schreiben Sie dafür zunächst verschiedene Lebensbereiche auf, z. B. Beruf, Familie, Freundschaft, Partnerschaft, Freizeit und Reisen, Kreativität, Finanzen, Gesundheit, Spiritualität, persönliches Wachstum und gesellschaftliches Engagement. Fügen Sie gerne weitere für Sie relevante Lebensthemen hinzu. Dann bewerten Sie zunächst für jeden Bereich, wie erfüllt Sie sich momentan darin fühlen – mit einem Prozentwert zwischen 0 (gar nicht erfüllt) und 100 (vollkommen erfüllt).

Erst wenn Sie damit fertig sind, vergeben Sie jedem Bereich einen Wert zwischen 1 (völlig unwichtig) und 10 (extrem wichtig), um festzustellen, wie viel Relevanz jede Sparte aktuell für Ihr Leben hat. Was fällt Ihnen auf? Betrachten Sie zunächst, wie Ihre Bilanz im Beruf ausfällt. Dann legen Sie Ihr Augenmerk vor allem auf die Bereiche, die Ihnen sehr wichtig sind, in denen Sie jedoch aktuell wenig Erfüllung finden. Es ist sehr wahrscheinlich, dass Ihre Unzufriedenheit stark daher rührt und Sie ggf. zunächst dort etwas verändern sollten.

Anzeichen, die definitiv für einen Jobwechsel sprechen

1. Die Werte Ihres Arbeitgebers stimmen nicht mit Ihren eigenen Werten überein.

Der Jahreswechsel ist eine gute Gelegenheit, Ihre fünf wichtigsten Werte als Leitsterne für Ihr Handeln im neuen Jahr festzulegen. Das erinnert Sie daran, wer Sie im Kern sind, und verleiht Ihrem Jahr einen Fokus. Wertvorstellungen können z. B. Freiheit, Unabhängigkeit, Kreativität, Sicherheit, Disziplin, Harmonie, Gerechtigkeit, Authentizität, Erfolg, Autorität, Flexibilität oder Wissen sein. Unterscheiden sich Ihre inneren „moralischen Leuchttürme“ stark von den Werten, die Ihre gelebte Berufsrealität prägen, macht dies zwangsläufig früher oder später unglücklich. Achten Sie deshalb darauf, ob es eine gewisse Überschneidung der Wertvorstellungen zwischen Ihnen und Ihrem Arbeitgeber gibt – wenn nicht, passt ein anderer Job besser zu Ihnen. Denn Diskrepanzen im Wertesystem führen langfristig immer zu Unzufriedenheit, Streit oder sogar Krankheit.

2. Die Stressoren übersteigen Ihre Bewältigungsressourcen dauerhaft.

Keiner sollte in permanenter Überforderung arbeiten, also ständig mehr geben müssen, als ihm kräftetechnisch zur Verfügung steht. Ist dies bei Ihnen jedoch der Fall, dann sind nicht Sie verkehrt, sondern der Job! Unter einer solchen Situation leiden zwangsläufig Ihre psychische und physische Gesundheit. Stellen Sie sich folgendes Bild vor: Das Auto kann noch so toll sein und das Navi noch so präzise das Ziel kennen – ist der Tank ständig leer, kommt man einfach nicht vorwärts. Überlegen Sie, ob sich die Stressoren in Ihrem aktuellen Job reduzieren lassen, sodass eine bessere Balance aus Anforderungen und Leistungsfähigkeit etabliert werden könnte. Ist dies nicht möglich, hilft nur ein Jobwechsel.

3. Ihre Talente kommen nicht zum Einsatz.

Talente sind angeboren und bilden die Basis zur Entwicklung von Stärken. Arbeit im Einklang mit ihnen sorgt dafür, dass uns die Aufgaben „leicht von der Hand“ gehen, wir uns angenehm gefordert, aber nicht überfordert fühlen und wir mit dem glänzen können, was uns liegt. Überlegen Sie einmal, was Ihre fünf ausgeprägtesten Talente sind. Verfügen Sie über Begabungen aus dem Bereich strategisches Denken wie Intellekt oder Wissbegier? Können Sie besonders gut Beziehungen aufbauen, sind anpassungsfähig oder empathisch? Liegt Ihnen Führung im Blut und Sie begeistern mit Tatkraft und Selbstbewusstsein? Oder bringen Sie mit Disziplin und Fokus auch das zäheste Projekt zum Abschluss? Haben Sie Ihre Talente identifiziert, prüfen Sie, ob diese regelmäßig bei Ihrer Arbeit zum Einsatz kommen. Wenn nicht, ist es nicht nur für Sie eine Vergeudung – sondern auch für den potentiellen neuen Arbeitgeber, der jemanden mit genau Ihren Stärken sucht.

4. Sie müssen sich auf der Arbeit verbiegen und jemand anders sein.

Jeder von uns hat eine einzigartige Persönlichkeit mit individuellen Facetten, die in dieser Kombination kein anderer besitzt. Während kein Job der Welt perfekt zu allen Aspekten des eigenen Selbst passen wird, sollten zumindest weite Teile kongruent sein – sonst droht das unangenehme Gefühl, sich permanent verstellen und die eigene Persönlichkeit im Job verstecken zu müssen. Womit Sie sich hingegen nicht nur besser fühlen, sondern auch viel überzeugender wirken, ist Authentizität: sich so zu zeigen, wie Sie wirklich sind, sich sowohl Ihrer Stärken als auch Schwächen bewusst zu sein und sich genauso zu akzeptieren. Überlegen Sie, was Ihre Persönlichkeit ausmacht: Mit welchen Adjektiven würden Sie sich selbst beschreiben? Welches Feedback über Ihre Person hören Sie häufig von anderen? Dann vergleichen Sie: Welche Art von Persönlichkeit wird an Ihrem aktuellen Arbeitsplatz erwartet? Gibt es Überschneidungen oder schließen sich Ihr Charakter und die Wünsche des Arbeitgebers komplett aus?

5. Ihre Arbeit spricht Sie nicht in Ihren Motivatoren an.

Wir alle werden durch bestimmte Umstände und Eigenschaften von Aufgaben entweder besonders zum Arbeiten motiviert – oder hingegen völlig demotiviert. Dies ist von Mensch zu Mensch ganz unterschiedlich. So kann den einen Wettbewerb zu Höchstleistung anspornen, während der andere sich in wettbewerbsorientierten Situationen absolut unwohl fühlt. Ideal und Sinn, Herausforderung, im Team oder alleine arbeiten, Lob, Zuschauer und Publikum, Prestige, Ordnung oder Einflussnahme – identifizieren Sie, welche drei Motivatoren Sie am meisten zum Handeln anspornen und welche bei Ihnen am geringsten ausgeprägt sind bzw. Sie sogar eher demotivieren. Appelliert Ihr derzeitiger Job an Ihre wichtigsten Motivatoren, sodass Sie gerne bereit sind Leistung zu erbringen?

6. Sie lehnen das angebotene Produkt oder die Dienstleistung ab.

Können Sie nicht hinter dem stehen, was Ihr Unternehmen hervorbringt, kann dies einerseits auf einem „Werteclash“ beruhen – z. B. wird ein umweltbewusster Mensch ungerne in einem Bereich arbeiten, der durch Giftstoffe in der Produktion das Grundwasser verschmutzt. Es kann aber auch an Ihren Interessen liegen, wenn Sie sich nicht mit dem Inhalt Ihrer Arbeit identifizieren können: Sind Sie beispielsweise ein politisch interessierter Mensch, der sich im Job jedoch mit eher oberflächlichen Inhalten beschäftigt? Haben Sie eine kreative Ader, während in Ihrem Unternehmen Wert auf Struktur und Normeinhaltung gelegt wird? Sind Sie sportbegeistert und bewegen sich gerne, sind jedoch den ganzen Tag an Schreibtisch und Computer gefesselt? Nicht all Ihre Interessen können im Job widergespiegelt werden. Es ist jedoch hilfreich, wenn Sie das Thema Ihrer Arbeit zumindest grundlegend interessiert.

Während sich durch einen Jobwechsel viele Dinge tatsächlich zum Positiven verändern können, gibt es auch einige Bereiche, die davon unberührt bleiben – weil es dabei nicht um eine Aktion im Außen geht, sondern um eine womöglich längst fällige Änderung der eigenen Einstellung. Prüfen Sie also genau, ob es vielleicht an Ihnen ist, einen Sachverhalt zu überdenken, bevor Sie sich auf Jobsuche begeben.

Was keine Gründe für einen Jobwechsel sind

1. Die Kollegen nerven.

Machen Sie sich klar: Die Qualität Ihrer Beziehungen zu anderen ist immer nur so gut wie Ihre Beziehung zu sich selbst. Je besser Sie sich selbst kennen – auch Ihre Schattenseiten, Schwächen und Trigger-Punkte –, desto entspannter können Sie mit den Eigenarten anderer Menschen umgehen und das „Anders-Authentische“ in ihnen akzeptieren.

2. Ihr Antrieb ist Angst.

Kann es sein, dass Sie vor Verantwortung, Konfrontation, Konfliktklärung oder dem Einstehen für Ihre eigenen Bedürfnisse weglaufen? Soll der Jobwechsel Sie „auf magische Weise“ davon befreien und Sie davor bewahren, an Ihrer Persönlichkeitsentwicklung arbeiten zu müssen? Dann handelt es sich um eine ungesunde Kompensationsstrategie und Sie sollten sich den eigentlichen Themen stellen.

3. Negative Glaubenssätze leiten Sie.

„Arbeit nervt sowieso“, „Für mich gibt es einfach nicht den richtigen Platz“ oder „Es geht sowieso alles schief, was ich anpacke“: Mit derart negativen Überzeugungen werden Sie in keinem Job der Welt zufrieden sein, da Ihre Einstellung immer den Mangel und das Fehlerhafte betonen wird. Versuchen Sie lieber, sich positivere Glaubenssätze anzueignen.

4. Sie betrachten nur einen kleinen Ausschnitt.

Die letzten zwei Wochen waren zwar stressig, aber im restlichen Jahr hat Ihnen die Arbeit eigentlich Spaß gemacht? Verurteilen Sie nicht gleich Ihren Job, nur weil Sie sich womöglich aktuell auf einer vorübergehenden Durststrecke befinden. Behalten Sie das große Ganze im Blick und warten Sie etwas ab, bevor Sie voreilige Schlüsse ziehen.

5. Ein neuer Job soll Ihre generelle Unzufriedenheit beheben.

Sie fühlen sich unglücklich, gelangweilt, angeödet oder zutiefst unerfüllt? Das muss am Job liegen, richtig? Falsch! Oft ist uns gar nicht klar, woher unsere Unzufriedenheit in Wirklichkeit rührt. Der Arbeitsplatz ist lediglich die Stellschraube, an der sich meist am einfachsten drehen lässt: Eine neue Stelle soll alles richten. Kann es vielleicht sein, dass Sie eigentlich aus anderen Gründen unglücklich sind, z. B. in Ihrem Privatleben?

Fazit

Sie wissen jetzt, wie Sie vorgehen können: Zunächst klären Sie für sich, ob Ihre Unzufriedenheit überhaupt an Ihrer Arbeitssituation liegt. Dann überlegen Sie, inwiefern Sie Ihre Einstellung, Ihr Verhalten oder konkrete Arbeitsbedingungen anpassen können, um wieder glücklicher auf der Arbeit zu sein. Wenn tatsächlich die Anzeichen für einen Jobwechsel sprechen, nutzen Sie die Motivation des Jahresbeginns, um sich nach einem passenderen Arbeitgeber umzuschauen. Das Tolle: Mit einer eingehenden Analyse, warum der aktuelle Job der falsche ist, sammeln Sie viele Erkenntnisse über einen, der Sie tatsächlich zu erfüllen vermag. Ich wünsche Ihnen viel Erfolg auf Ihrem Weg!

Über die Autorin

Ragnhild Struss ist Inhaberin, Struss & Claussen Personal Development. Mit ihrer etablierten Karriereberatung Struss & Claussen Personal Development auf der einen und dem neuen Online-Studienwahltest Toni Knows auf der anderen Seite hilft Ragnhild Struss Menschen dabei, ihre innere Stimme zur Autorität zu machen und ein langfristig erfülltes (Berufs-) Leben zu führen.

Quelle: Xing INSIDER für Studium, Karriere, Persönlichkeit, Job & Karriere

 

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17 April 2020

Der Imperativ zur agilen Organisation

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Warum reflektierende Gelassenheit gefragt ist

Der Imperativ zur agilen Organisation

Agilität ist in aller Munde, in der Regel verstanden als eine Aufforderung, sich entsprechend zu bewegen. Leadership Insiders setzt sich kritisch mit dem wenig reflektierten Agilitätskonzept auseinander. Dabei wird gezeigt, dass die Verheißungen der Agilität trügen und dass immer ein Spannungsverhältnis zwischen Agilität und Stabilität zu wahren ist. Von zentraler Bedeutung hierbei ist die Frage nach dem „Markenkern“ von Organisationen – ihrer Identität.

Agilität wird als die „Mega-Waffe“ bei Bewältigung der Herausforderungen von Change und Digitaler Transformation gehandelt. Die erfolgskritische, ja überlebenswichtige Notwendigkeit zur Agilität wird häufig durch die plakative Charakterisierung der Welt als „VUCA“ (volatil, unsicher, komplex, ambig) postuliert, ohne hierzu robuste empirische Evidenz vorweisen zu können. Dabei sind agile Praktiken keineswegs schlecht gedacht, im Gegenteil. Aber sie „funktionieren“ nicht für sich allein. Leadership Insiders beleuchtet, inwiefern einseitigen Rufen nach Agilität mit mehr reflektierender Gelassenheit zu begegnen ist, um nicht wesentliche Change-Mechanismen sowie die hierbei wichtigen „Akteure“ aus den Augen zu verlieren.

Quelle - den vollständigen Artikel können Sie weiterlesen unter Leadership insiders

09 April 2020

So gelingt Onboarding im Homeoffice

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So können Arbeitgeber das Onboarding auf Distanz unterstützen

So gelingt Onboarding im Homeoffice

Zunächst einmal vorweg: Um Unsicherheiten erst gar nicht beim neuen Mitarbeiter aufkommen zu lassen, ist es wichtig vorzubeugen. Egal, ob der Onboardee schon aktiv arbeitet – und sich somit in der Probezeit befindet – oder ob er seinen ersten Arbeitstag noch vor sich hat: Nehmen Sie die jetzt bestehenden existentiellen Ängste (braucht die Firma mich überhaupt noch? Werde ich sowieso in der Probezeit gekündigt?) ernst und kümmern Sie sich engmaschig.

Onboarding: Ängsten und Unsicherheiten mit Augenmaß begegnen

Der Neue kann das Unternehmen noch nicht wirklich einschätzen – und die Auswirkungen auf das Geschäftsmodell erst recht nicht. Hier ist Transparenz und ehrliche, offene Kommunikation das A und O. Zeigen Sie auf, dass auch die Firma in das Recruiting investiert hat und den Onboardee braucht. Machen Sie klar, dass Sie bei Fragen oder Ängsten jederzeit ein offenes Ohr haben und verlässlich kommunizieren werden, sobald sich kritische Situationen ergeben. Das gibt Sicherheit und ein Gefühl von "wir haben das unter Kontrolle" – und das ist von unschätzbarem Wert in Zeiten einer Krise.

Onboarding in Krisenzeiten

Kurz und knapp ausgedrückt, geht es beim Onboarding aus dem Homeoffice darum, Inhalte und Strategien des Onboarding-Prozesses mittels technischer Hilfsmittel umzusetzen und fortzuführen – in den Bereichen, in denen dies möglich ist.

Technische Ausstattung im Homeoffice

Ohne die richtige technische Ausrüstung gestaltet sich Homeoffice schwierig. Darum stellen Sie sicher, dass Ihre Mitarbeiter einen Laptop zur Verfügung haben, der nach Möglichkeit über einen VPN-Zugang verfügt, um von zuhause auf die Firmenlaufwerke zugreifen zu können. Achten Sie bzw. Ihre IT-Abteilung darauf, dass alle wichtigen Standardprogramme wie z. B. Mail-Client oder mitarbeiterspezifische Programme wie Bildbearbeitungssoftware installiert sind. Wichtige Tools zur Kommunikation sind außerdem:

  • Videokonferenz-Tools und Messenger (z.B. WebEx, Microsoft Teams, Skype),
  • Tools für die Aufgabenplanung (z.B. Microsoft Planner, Trello).

Soziale Integration in Krisen-Zeiten

Das Ankommen und Wohlfühlen in einem Unternehmen und im Team ist wichtig und wirkt sich auch auf die Arbeitsleistung des Onboardees aus. In Zeiten wie der Corona-Krise, die das Homeoffice und damit gleichzeitig das Vermeiden sozialer Kontakte erfordert, fallen Aktivitäten mit dem Team, wie z. B. das gemeinsame Mittagessen oder kurze Kaffeerunden, weg. Das erhöht die Schwierigkeit der Integration des neuen Mitarbeiters. Um den Onboardee dennoch bestmöglich ankommen zu lassen, können folgende Maßnahmen unterstützen:

  • Teamchat: Richten Sie einen Chat für das gesamte Team ein. Dieser muss nicht zwangsläufig zum Austausch arbeitsrelevanter Inhalte sein, sondern darf für Alltägliches verwendet werden. Das kann eine Anekdote sein, die man sich sonst beim Mittagessen erzählt, oder ein aufheiterndes GIF, das den Arbeitstag versüßt. Die Offline-Dynamik des Teams wird sich dabei automatisch online widerspiegeln und dem Onboardee ein Gefühl für das neue Team vermitteln. Gleichzeitig kann der Onboardee sich aktiv mit einbringen.
  • Onboarding-App: Nutzen Sie eine Onboarding-App, dann erweitern Sie diese um Inhalte aus geplanten Onboarding-Veranstaltungen. So holen Sie Ihren neuen Mitarbeiter virtuell ab und machen ihn mit der Firmenkultur vertraut.
  • Pate: Wichtig ist, dass dem Onboardee ein erfahrener Mitarbeiter als Pate zur Seite gestellt wird. An diesen kann er sich jederzeit bei Fragen wenden. Dabei ist es auch sinnvoll, bestimmte Rahmenbedingungen für einen regelmäßigen Austausch zu setzen wie festgelegte Termine und Häufigkeit, Agenda, Protokoll etc. Die Termine finden dann am besten per Videochat statt.

Neben diesen Maßnahmen ist ein tägliches Meeting der Führungskraft mit dem gesamten Team aus dem Homeoffice heraus sinnvoll, damit alle Teammitglieder auf dem gleichen Stand sind.

Fachliches Wissen auf- und ausbauen

Damit der neue Mitarbeiter sich nötiges Wissen aneignen oder vertiefen kann, sind E-Learning-Angebote in dieser Zeit eine sehr gute Möglichkeit, um Lücken zu schließen. Vielleicht verfügen Sie selbst über eine Weiterbildungsplattform und können (firmenspezifische) Inhalte leicht zugänglich machen und vermitteln. Oder Sie greifen auf externe Weiterbildungsangebote wie Webinare zurück.

Geht es konkret um bestimmte interne Workflows, stellen Sie für Ihre Mitarbeiter Tutorials im Videoformat oder als Skript (PDF, Word, PowerPoint) zur Verfügung.

Mitarbeitergespräche und Feedbackrunden auch im Homeoffice

Das Mitarbeitergespräch der Führungskraft mit dem neuen Mitarbeiter darf durch die Homeoffice-Situation nicht in Vergessenheit geraten. Gerade durch den fehlenden persönlichen Kontakt ist regelmäßige Kommunikation aus dem Homeoffice heraus noch wichtiger. Am besten geschieht dies auch per Videochat, denn es ist angenehmer für beide Seiten, wenn die Mimik des Gegenübers wahrgenommen wird.

Im Mitarbeitergespräch vereinbaren Sie Aufgaben und Ziele und besprechen bisherige Arbeitsergebnisse. Ganz wichtig ist dabei auch das Feedback – und zwar von beiden Parteien. Konstruktives Feedback fördert die Motivation des Onboardees. Andersherum ist Feedback des neuen Mitarbeiters ein unschätzbares Gut, denn dieser bringt einen neuen Blick auf eingefahrene Workflows mit und liefert Ihnen vielleicht die ein oder andere Möglichkeit zur Verbesserung der Prozesse.

Richtlinien im Homeoffice

Last but not least: Verbindliche Richtlinien sollten für das gesamte Team im Homeoffice gelten. Legen Sie fest, ob es Kernzeiten gibt, in denen alle anwesend sein müssen, und wie und ob Teamkollegen sich an- bzw. abmelden sollen. Das kann z. B. über eine einfache Nachricht im Teamchat geschehen. Erinnern Sie Ihr Team außerdem daran, dass auch im Homeoffice die Pausenregelungen und Ruhezeiten nach dem Arbeitszeitgesetz gelten. Aber seine Sie auch offen für persönliche Härtefälle: sind z. B. kleine Kinder gezwungen zuhause zu sein, ist es für den Mitarbeiter schwierig, sich immer an alle Regeln zu halten. Hier ist Fingerspitzengefühl gefragt.

Wichtig für Unternehmen und Führungskräfte in Ausnahmesituationen ist, Vertrauen in die eigenen Mitarbeiter zu haben und auch Onboardees, trotz erschwerter Bedingungen, den Einstieg so leicht wie möglich zu machen. Vermitteln Sie Ihren neuen Mitarbeitern, dass sie keine zusätzliche Belastung, sondern eine Bereicherung in diesen schwierigen Zeiten darstellen.

Quelle: Haufe Online Redaktion

27 März 2020

Psychologische Grundlagen in der Führung virtueller Teams

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Mobiles Arbeiten

Psychologische Grundlagen in der Führung virtueller Teams

Um in der heutigen globalisierten und digitalisierten Welt wettbewerbsfähig zu sein, müssen viele Organisationen ihre Wertschöpfungsaktivitäten international koordinieren. Dies resultiert darin, dass sie Teams einsetzen, deren Mitglieder in unterschiedlichem Maße Technologien nutzen, um über räumliche, zeitliche und organisationale Grenzen hinweg zusammenzuarbeiten und voneinander abhängige Aufgaben erfüllen – sogenannte virtuelle Teams. Diese sind heutzutage weit verbreitet und eine normale Form der Zusammenarbeit in vielen Organisationen. In der Forschung hat sich eine Differenzierung bezüglich folgender Facetten etabliert:

  • Nutzung von Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT): Es handelt sich dabei um klassische IKT (E-Mails, Telefonkonferenzen, …) und neuere Formen (Kollaborationsplattformen, firmeninterne soziale Netzwerke, …). Die einzelnen IKT lassen sich anhand der Kriterien Reichhaltigkeit (wie viele verschiedene Informationen ein Medium übermitteln kann) und Synchronität (Ausmaß, in dem ein Medium eine gleichzeitige, nicht zeitversetzte Kommunikation ermöglicht) beschreiben (Kirkman & Mathieu, 2005). Anders als im alltäglichen Sprachgebrauch werden Medien mit einer geringen Reichhaltigkeit und geringen Synchronität als virtuell beschrieben. Wenn ≥90% der Gesamtkommunikation im Team durch IKT stattfindet, sind deutlich negative Effekte auf die Aufgabenleistung und das Commitment der Teammitglieder zu erkennen (Johnson, Bettenhausen & Gibbons, 2009).

  • Geographische und temporale Distanz: Hier geht es um die Verteilung der Mitarbeiter auf verschiedene Standorte, die geographische sowie temporale Distanz (Zeitunterschiede zwischen den Arbeitsorten).

  • Kulturelle Diversität: Die kulturellen Hintergründe der Teammitglieder können sich in unterschiedlichen Wertevorstellungen, Normen und Einstellungen manifestieren. Relevant ist hierbei aber auch die im Team verwendete Kommunikationssprache.

Sozialer Identitätsansatz der Führung

Führung ist ein wichtiger Faktor, um die Effektivität der Zusammenarbeit in virtuellen Teams zu gewährleisten. Doch wie sieht wirksame Führung im virtuellen Kontext aus? Den meisten Führungstheorien liegt eine individualistische bzw. dyadische Perspektive zugrunde, die bewirkt, dass sie die Führung von Teams nicht vollständig erklären können. Ein Modell, das sich explizit auf den sozialen Kontext des Teams fokussiert, ist der soziale Identitätsansatz der Führung (Haslam et al., 2011). Dieser postuliert, dass es erfolgreichen Führungskräften gelingt, den Gruppenmitgliedern die gemeinsame Gruppenmitgliedschaft ins Bewusstsein zu rufen und eine mit den Teammitgliedern geteilte soziale Identität zu entwickeln und zu gestalten.

Grundlegend für diesen Führungsansatz ist der soziale Identitätsansatz, der bezüglich des Selbstkonzepts einer Person zwischen der personalen und sozialen Identität unterscheidet (Turner, 1982). Die personale Identität ist das Wissen, das eine Person über sich selbst hat (eigene Kompetenzen, Werte, Einstellungen etc.). Die soziale Identität besteht aus den Merkmalen der Gruppen, denen die Person angehört („Gruppenprototyp“: Normen, Einstellungen und Verhaltensweisen).

Wenn einer Person – z. B. aufgrund der Ansprache der Führungskraft „Liebes Marketing-Team, …“ – die eigene Mitgliedschaft in einer bestimmten Gruppe bewusst wird, findet ein Prozess der Depersonalisierung statt. Dieser bewirkt, dass sich Personen in der Situation weniger als unabhängige Individuen verstehen, sondern stärker als Mitglieder der spezifischen Gruppe. Daraus resultiert, dass das Denken, Fühlen und Handeln der Personen durch ihre situativ aktivierte, soziale Identität beeinflusst werden und sie sich entsprechend dem Gruppenprototypen verhalten. Dies legt die Basis für soziale Einflussprozesse wie Teamführung.

Identitätsführung als Ansatz zur Führung virtueller Teams

Eine hohe Virtualität der Teamarbeit kann zu Schwierigkeiten beim Teilen von Wissen und Informationen führen sowie die Kommunikationsfrequenz und -qualität verringern. Besonders der geringere persönliche Kontakt kann dazu führen, dass die gemeinsame Teammitgliedschaft sowie die Aufgaben und Ziele des Teams den einzelnen Mitgliedern in virtuellen Teams weniger präsent sind als in konventionellen Teams und Bindungen zu anderen Teammitgliedern nur schwer aufgebaut werden können.

Daraus lässt sich schlussfolgern, dass gerade für virtuelle Teams die Identitätsführung besonders relevant ist. Identitätsführung stärkt die gemeinsame soziale Identität und schafft ein geteiltes Verständnis der Aufgaben und Ziele des Teams.

Dadurch rücken diese in den Fokus und werden von den Teammitgliedern als ihre persönlichen Ziele empfunden. Dies motiviert sie, sich gemeinsam für die Ziele einzusetzen und sich gegenseitig zu unterstützen – unabhängig von Ort und Zeit. Die Identitätsführung bewirkt, dass die eigene Mitgliedschaft im Team emotional positiv besetzt wird, was die Zufriedenheit der Teammitglieder steigert.

Die Wirksamkeit der Identitätsführung erweist sich jedoch davon abhängig, wie stark die Führungskraft virtuelle Medien zur Führung ihres Teams einsetzt. Je höher die Häufigkeit der Mediennutzung und je höher die Virtualität dieser Medien ist (im Sinne einer geringen Reichhaltigkeit und geringen Synchronität der Informationsvermittlung), desto wirksamer ist die Identitätsführung bei der Steigerung der Leistung des Teams und der individuellen Arbeitszufriedenheit der Mitarbeiter.

Implikationen für die Praxis

Aufgrund des Einflusses der Mediennutzung sollten Führungskräfte wissen, wie sie die vorhandenen Medien mit ihren Limitationen nutzen können, um die gemeinsame soziale Identität im Team zu stärken und die Ziele ihrer Kommunikation zu erreichen. Dies umfasst die Art der Kommunikation, aber auch die zielgerechte Auswahl der Medien.

Allgemein ermöglicht die Wahl synchroner und reichhaltiger Medien einen intensiven Austausch zu komplexen Sachverhalten (z. B. Videokonferenzen). Bei Aufgaben mit geringer Komplexität, die jeder Gesprächsteilnehmer unabhängig von den anderen erledigen könnte (z. B. reine Sammlung von Ideen), kann der Einsatz synchroner Medien die Produktivität jedoch dadurch beinträchtigen, dass nicht mehr als eine Person zur gleichen Zeit sprechen kann.

Unternehmen können ihre Führungskräfte und Mitarbeiter in virtuellen Teams unterstützen, indem sie ihnen Trainingsangebote zu Verfügung stellen. Zum einen können Workshops für virtuelle Teams angeboten werden, in denen spezifische Modelle der erfolgreichen Kommunikation in dem jeweiligen Team erarbeitet werden. Hilfreich sind zum anderen aber auch gezielte Führungstrainings, in denen Führungskräfte darin geschult werden, wie sie die Prinzipien der Identitätsführung in die Führungspraxis übersetzen können. Haslam et al. (2011) nennen dazu die folgenden drei Kernkompetenzen:

  • Reflektieren: Teammitglieder kennenlernen und bisherige Gruppenprototypen explorieren
  • Repräsentieren: Den Eindruck bei den Teammitgliedern schaffen, dass die Führungskraft den Gruppenprototypen repräsentiert
  • Realisieren: Die soziale Identität des Teams aktiv gestalten und die Zielerreichung unterstützen

Gemeinsame Ziele entwickeln

In den Trainings sollte darauf eingegangen werden, wie Führungskräfte ihren Mitarbeitern den Eindruck vermitteln können, dass sie sich für das Team und die gemeinsamen Ziele einsetzen. Führungskräfte können in solchen Trainings auch lernen, welche Art von Aktionen und Teamevents sie einsetzen können, um die Teammitglieder näher zusammenzubringen, die Kooperation zu stärken und die gemeinsame soziale Identität zu gestalten. Auch durch den Einsatz besonderer Meeting-Formen, wie man sie beispielsweise aus agilen Ansätzen wie Scrum kennt, können diese Ziele besser erreicht werden.

Aus diesen Erkenntnissen lassen sich ebenfalls Implikationen für die Auswahl von Führungskräften zur Neuanstellung oder Versetzung in virtuelle Teams ableiten. Auf Grundlage der Wirksamkeitsbelege der Identitätsführung erscheint es gerechtfertigt, bei solchen Personalentscheidungen zu überprüfen, inwiefern die Kandidaten die Prinzipien der Identitätsführung umsetzen können. Bei externen Bewerbern ist diese Einschätzung bei Übungen in Assessment Centern (z. B. Rollensimulation, Präsentation, …) möglich.

Darüber hinaus konnten Kompetenzen identifiziert werden, die erfolgskritisch für die Führung virtueller Teams sind (Kompetenzen in der Auswahl von und Umgang mit IKT, interkulturelle Kompetenz, Kompetenzen zur Gestaltung von effektiver Teamarbeit; Schulze & Krumm, 2016). Auf Basis dieser sollten bestehende Kompetenzprofile weiterentwickelt werden, damit sich Maßnahmen der Personalauswahl & -entwicklung daran orientieren können.

Quellen & weiterführende Literatur

Haslam, S. A., Reicher, S. D. & Platow, M. J. (2011). The new psychology of leadership: Identity, influence and power. New York, NY: Psychology Press.

Johnson, S. K., Bettenhausen, K. & Gibbons, E. (2009). Realities of working in virtual teams: Affective and attitudinal outcomes of using computer-mediated communication. Small Group Research, 40 (6), 623-649.

Kerschreiter, R. & van Dick, R. (2017). Führung in Gruppen: Der soziale Identitätsansatz der Führung [The social identity approach to leadership]. In D. Frey & H. W. Bierhoff (Hrsg.), Enzyklopädie der Psychologie (Bd. Sozialpsychologie 3, S. 718-743). Göttingen, Deutschland: Hogrefe.

Kirkman, B. L. & Mathieu, J. E. (2005). The dimensions and antecedents of team virtuality. Journal of Management, 31 (5), 700-718.

Schulze, J. & Krumm, S. (2016). The „virtual team player“: A review and initial model of knowledge, skills, abilities, and other characteristics for virtual collaboration. Organizational Psychology Review, 7, 66-95.

Turner, J. C. (1982). Towards a cognitive redefinition of the social group. In H. Tajfel (Hrsg.), Social identity and inter-group relations (S. 15-40). New York, NY: Cambridge University Press.

van Dick, R. & West, M. A. (2013). Teamwork, Teamdiagnose, Teamentwicklung. Göttingen, Deutschland: Hogrefe.

Über den Autor 

Florian Schnitzler ist Psychologe und Berater bei der Unternehmensberatung Kienbaum. Seine Leidenschaften sind die Themen New Work, Digitale Transformation, Führung und Agilität. In seiner Funktion bei Kienbaum ist er zum einen als Trainer in Projekten zur Führungskräfte- und Personalentwicklung tätig, zum anderen berät er Unternehmen beim Auf- und Ausbau von Lern- und Entwick-lungslandschaften sowie in Change- und Kulturwandel-Projekten.

Quelle: ZukunftderArbeit

20 März 2020

Achtsam durch den Arbeitstag

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Leitfaden Achtsamkeit

Achtsam durch den Arbeitstag

Manager und Führungskräfte brauchen feine Antennen – nicht nur für die Prozesse, die in ihrem Umfeld ablaufen, sondern auch für solche, die in ihrem Inneren ablaufen. Das Prinzip der Achtsamkeit hilft ihnen dabei, neben innerer Ruhe und Gelassenheit auch Energie und Leistungskraft zu bewahren – was ihr Lebensglück erheblich steigert. Führungskräftecoach Dr. Kai Hoffmann nennt einige Achtsamkeitstechniken, die jeder im Alltag anwenden kann.

1 – Schätzen Sie sich selbst besser ein

Tagebuch schreiben

Teil 1: Mit dieser Übung klären Sie Ihre alltäglichen Erfahrungen zu einer für Sie stimmigen Selbsterzählung, die jedem gelebten Tag Sinn verleihen kann – und das in knapp zehn Minuten. Bevor Sie mit dem Schreiben beginnen, bereiten Sie sich geistig darauf vor: Denken Sie zwei Minuten über Situationen nach, in denen Sie positiv auf eine Herausforderung reagiert haben und das Ergebnis zufriedenstellend für Sie war. Falls Ihnen mehr als ein Beispiel einfällt, achten Sie darauf, ob Zusammenhänge oder Muster erkennbar sind: Es macht mir Freude … Meine Stärken sind …

Teil 2: Denken Sie nun zwei Minuten über eine Situation nach, in der Sie negativ auf eine Herausforderung reagiert haben und das Ergebnis nicht zufriedenstellend war. Sie wünschten, Sie könnten etwas daran ändern. Falls Ihnen mehr als ein Beispiel einfällt, achten Sie darauf, ob Zusammenhänge oder Muster erkennbar sind. Gönnen Sie sich wieder ein paar Sekunden, um sich geistig zu entspannen, dann legen Sie los: Es stört mich … Meine Schwächen sind … Nehmen Sie sich anschließend ein wenig Zeit, und lesen Sie, was Sie an sich selbst geschrieben haben.

2 – Achten Sie auf andere

Gesten der Wertschätzung

Schon mit kleinen Gesten der Wertschätzung kann der Arbeitsalltag zum Trainingscamp für inneren Frieden werden: Halten Sie Blickkontakt. Wenn Sie jemanden im Büro begrüßen, suchen Sie den Blickkontakt, und schauen Sie richtig hin. Dann erspüren Sie meist auch, wie die Stimmung des Gegenübers ist. Hin und wieder können Sie bei der Begrüßung das Gegenüber mit Namen ansprechen. Bei der Begrüßung atmen wir bewusst einmal tief ein – mit Blickkontakt – und sprechen erst beim Ausatmen, wobei wir auch den Namen nennen. Diese kurze Atempause erzeugt erwiesenermaßen Wertschätzung beim anderen und entschleunigt das sich anschließende Gespräch.
Tun Sie anderen einen Gefallen: Schauen Sie auf dem Weg zur Teeküche an einem anderen Arbeitsplatz vorbei und bieten dem Kollegen, der Kollegin oder dem Praktikanten ebenfalls an, ihm oder ihr auch ein Getränk mitzubringen.

3 – Entdecken Sie Neues

Das Gehirn anregen

Mit diesen Übungen regen wir die Gehirntätigkeit an, trainieren unsere Entschlossenheit, Neues zu tun, und stärken die Spannkraft unseres Willens. Zum Beispiel, indem wir jedes Mal, wenn das Telefon klingelt oder die Tür aufgeht, den Rücken strecken und zweimal tief in den Bauch atmen. Indem wir täglich zehn bis 20 Kniebeugen machen – wahlweise Liegestütze, Rumpfkreisen, Sit-ups; dreimal am Tag auf einen festen Stuhl oder auf den Tisch steigen und eine Minute lang die Arme ausbreiten und dabei lächeln – auch und gerade bei mieser Stimmung. Oder jeden Tag aus einem Ordner ein Dokument entfernen und vernichten. Ein Dokument, das seit Jahren ungenutzt den Ordner beschwert. Nur eins! Wenn wir Fahrrad fahren: das Fahrrad von der ungewohnten Seite aus besteigen.

4 – Analysieren Sie Ihre Werte und Stärken

Sich Fragen stellen

Von welchen Werten möchten wir unser tägliches Denken, Fühlen und Handeln bestimmen lassen? Mit dieser Übung haben wir die Möglichkeit, es zu erkennen. Sie hilft auch, sich Kompetenzen und Fähigkeiten zu vergegenwärtigen, um mit neuen Situationen klarzukommen. Stellen Sie sich dazu solche Fragen: Welche Art zu leben und zu arbeiten liegt mir wirklich am Herzen? Was hat für mich Bedeutung und verleiht meinem Handeln einen übergeordneten Sinn? Aus welchem Wertegrund bin ich empfindlich, wenn etwas in mir verletzt wird, beispielsweise durch Handlungen anderer? Wofür gehe ich durchs Feuer und riskiere äußeren Frieden, um inneren Frieden zu bewahren? Nach welchen Werten, Charaktereigenschaften und Fähigkeiten will ich rückblickend mein berufliches Leben ausgerichtet haben? Welche Fähigkeit macht mich zuversichtlich und sicher, Herausforderungen zu meistern? Wofür will ich von anderen zurate gezogen werden?

Über den Autor

Dr. Kai Hoffmann
Diese Achtsamkeitstechniken stammen von Dr. Kai Hoffmann. Er promovierte in Philosophie und Psychoanalyse. Nach langjähriger Führungsposition im oberen Management arbeitet er seit Ende der 90er-Jahre als Führungskräftecoach und Lebensberater. Er hat zahlreiche Ratgeber veröffentlicht, darunter „Deine Freiheit, deine Gelassenheit“ (Springer Verlag, 2017).

Quelle: Faktor A - Das Arbeitgebermagazin

13 März 2020

Wie organisiere ich mich selbst?

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Selbstorganisation bei Führungskräften

Wie organisiere ich mich selbst?

Jeder Chef weiß: Selbstorganisation ist wichtig. Ob großes Unternehmen oder Handwerksbetrieb mit 20 Mitarbeitern – der Erfolg hängt maßgeblich davon ab, wie gut sich ein Executive auf allen Gebieten sortieren kann. Leadership-Experte Joachim Simon kommentiert und löst die größten Missverständnisse zum Thema.

„Meine Führungskompetenz hat nichts mit meiner Fähigkeit zur Selbstorganisation zu tun“

Führungskräfte, die sich selbst nicht organisieren können, können nicht führen. Weil ihnen schlichtweg die Zeit dazu fehlt und sie unter Stress keine Antennen für Menschen und Mitarbeiter haben. Mein Tipp: Überlegen Sie sich morgens oder abends die drei wichtigsten Dinge, die am Tag anstehen. Mindestens eins dieser drei Dinge sollte ein Führungsthema sein. Zum Beispiel ein Mitarbeitergespräch. Schreiben Sie das alles auf, und arbeiten Sie es konsequent ab.

„Ich nutze vier verschiedene Kollaborations-Tools, und die E-Mail-Flut nimmt auch nicht ab“

Wenn neue Tools eingeführt werden, müssen die Mitarbeiter darin geschult werden. Das dauert länger, als man denkt. Dann muss das Vertrauen wachsen, dass die Führungskraft diese Tools ebenfalls nutzt, sonst heißt es: „Ich habe das zwar schon im Tool XY gepostet/dokumentiert/geschickt – aber zur Sicherheit hier noch mal die Sache per Mail …“ Moderne IT-Firmen haben interne E-Mails übrigens komplett abgeschafft.

„Projekte werden bei uns in agilen Teams umgesetzt – ich habe trotzdem das Gefühl, schauen zu müssen, wie es vorangeht“

Wo agiles Arbeiten noch neu ist, ist das normal. Man muss sich dennoch trauen, Teams mal in einem gewissen Rahmen scheitern zu lassen, um Lernerfahrung zu schaffen. Sonst denken sie: Der Chef wird notfalls einschreiten – und so entsteht keine Selbstorganisation.
Bei Fehlentscheidungen der Teams oder Einzelner ist es wichtig, ein gutes Review durchzuführen und zu überlegen, wie man es beim nächsten Mal besser machen kann. Schuldzuweisungen sind fehl am Platz! Agil arbeiten heißt transparent arbeiten. So kann ich als Chef jederzeit im täglichen Morgen-Meeting oder per Kollaborationstool sehen, wie es läuft.

„Ich fühle mich außen vor, wenn ich nur die Teamzusammenarbeit fördere und Management-Tools zur Verfügung stelle“

Diese neue Rolle zu finden fällt vielen Führungskräften schwer, denn wir haben dafür wenige Vorbilder. Die Zeit der heldenhaften Führungskräfte, die „alle mir nach“ brüllen, ist vorbei.
Eine gute Führungskraft ist ein Moderator, der schaut, dass es gut läuft. Viele mögen die Metapher des Fußballtrainers, der auch nicht aktiv ins Spiel eingreift, sondern dafür sorgt, dass das Team gut spielt und jeder sich entsprechend seiner Stärken optimal entwickelt und einbringt. Das ist anspruchsvoll. Dennoch muss auch in agilen Teams mal hart durchgegriffen werden. Wenn etwa Freiheiten ausgenutzt werden, um weniger zu leisten, wenn es Verstöße gegen Compliance, Security oder Arbeitsschutz gibt – dann ist die Führungskraft in einer klassischen, dominanten Rolle gefordert.

„Es ist ständig so viel zu tun, dass wichtige strategische Projekte auf der Strecke bleiben“

Wichtig ist, dass ich vier Fragen sehr klar für mich beantworten kann:
Was sind die Hauptziele meines Bereichs? Wie unterstützt meine Arbeit diese Ziele? Was sind meine Tätigkeiten mit dem höchsten Wertbeitrag? Und was sind die unwichtigsten Dinge, die ich aktuell tue oder meine tun zu müssen? Der Fokus und der Mut, zu unwichtigen Dingen Nein zu sagen oder sie zu delegieren, fehlt oft. Führungskräfte dürfen auch radikal sein. Viele sind Führungskräfte geworden, weil sie fleißiger waren als alle anderen. Aber mit dieser Haltung geht man als Executive unter. Ein Executive muss Nein sagen können – verständnisvoll, aber klar.

„Ich muss Mitarbeiter gut kennen, um sie adäquat einzusetzen – ich muss nicht jeden Kunden kennen“

Ein erfolgreiches Unternehmen löst immer ein Problem des Kunden. Alle erfolgreichen Führungskräfte, bis hin zum CEO, haben eine genaue innere Vorstellung, was der Kunde will, wie er denkt und fühlt. Natürlich muss ich auch meine Mitarbeiter gut kennen. Was motiviert sie, was mögen sie nicht, was brauchen sie von mir? Nur wenn ich auch meinen Kunden kenne, werde ich unternehmerischen Erfolg haben.
„An die Pflege eines Hobbys ist bei meinem Arbeitspensum kaum zu denken“
Jeder sollte sich immer wieder bewusst machen, dass das Leben aus drei großen Sphären besteht: 1. Job, 2. Familie/Partnerschaft, 3. Zeit für mich. Immer dann, wenn ein Feld zu weit ins Hintertreffen gerät, verlieren wir an Lebensenergie, und die beiden anderen Felder werden mit heruntergerissen. Es erfordert Kreativität, um Zeit für seine Hobbys zu finden. Oft stehe ich selbst eine Stunde früher auf, um Sport zu machen oder zu meditieren. Anders geht es nicht. Viele Fitnessstudios bieten Kinderbetreuung. Und ich war auch schon mit Kunden beim Sportklettern, und wir haben derweil vieles besprochen. Ein Freund klinkt sich manchmal auf Skitour beim Hochgehen noch kurz in eine Telefonkonferenz ein. Das ist nicht ideal. Aber die Alternative wäre, gar keine Skitour zu machen.

„Manchmal habe ich Angst, das alles nicht zu schaffen“

Jeder Mensch hat die Angst, nicht gut genug zu sein. Doch die meisten Sorgen treten in der Realität nie ein. Meine Fragen im Coaching lauten dann gern: Wie wahrscheinlich ist es, dass das eintritt? Wie schlimm wäre das? Was wäre daran so schlimm? Was kann passieren? Dann sammeln wir die Antworten und schaffen neue Handlungsoptionen. Oft lösen sich Ängste dann auf oder nehmen stark ab. Manchmal gibt es auch ganz „unpsychologische“ Lösungen: zum Beispiel für daheim eine Reinigungskraft zu finden, bestimmte Aufgaben an andere Mitarbeiter zu delegieren. In meinen Coachings analysiere ich die Zeit, die Menschen im Büroleben verschwenden. Da kommen Zahlen zwischen 30 und 80 Arbeitstagen pro Jahr raus. Viele harren 20 bis 30 Tage im Jahr in unproduktiven Meetings aus. Wenn man die nicht so wichtigen mal schwänzt oder geht, wenn es sich nicht mehr lohnt, hat man schon viel gewonnen.

Über den Autor

Joachim Simon ist Leadership-Experte und Führungskräfte-Coach. Er hat mehrere Tausende Führungskräfte aus nationalen und internationalen Unternehmen der IT, Automotive, Chemie- und Finanzbranche in Persönlichkeit und Selbstorganisation gecoacht. Der diplomierte Sportwissenschaftler und ausgebildete systemische Unternehmensberater hat zahlreiche Publikationen zu den Themen Persönlichkeit und Führung auf den Markt gebracht und eigene Methoden zur organisierten Führung entwickelt.

Quelle: Faktor A - Das Arbeitgebermagazin

14 Februar 2020

Die beste Zeit für wichtige Meetings

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Die 10 bis 12 Uhr-Regel

Die beste Zeit für wichtige Meetings

Es ist immer spannend zu sehen, was in besonders erfolgreichen Unternehmen vorgeht, welche Abläufe dort gelten und worauf großer Wert gelegt wird. Daraus kann im besten Fall für die eigene Arbeit gelernt werden. Jeff Bezos, der CEO von Amazon, hat nun seine 10 bis 12 Regel erklärt und begründet. Hinter dieser einfachen Regel verbirgt sich der für Bezos beste Termin für Meetings. Die 10 bis 12 Regel ist dabei alles andere als willkürlich gewählt, sondern basiert auf einer guten Tagesplanung und wichtiger Selbsteinschätzung. Wir zeigen, warum die 10 bis 12 Regel für Meetings so gut funktioniert und wie Sie die Regel für sich nutzen können.

10 bis 12 Uhr-Regel: Darum ist der Zeitpunkt so wichtig

Wird eine Besprechung angesetzt, wird der Termin meist nur nach einem Grundsatz festgelegt: Wann können alle Teilnehmer? Das ist natürlich wichtig, um sicherzustellen, dass das gesamte Team oder zumindest diejenigen, für die das Treffen wichtig ist, anwesend sein können.

Eine Frage, die viel zu selten im Vorfeld gestellt wird, lautet hingegen: Ist die Uhrzeit wirklich sinnvoll? Denn es kann einen großen Unterschied machen, ob das Meeting nach der 10 bis 12 Regel am Vormittag oder um 16:30 Uhr am späten nachmittag stattfindet.

Zwischen 10 und 12 Uhr sind die Kraftreserven noch deutlich größer, die Konzentration ist auf einem Höhepunkt und es fällt deutlich leichter, sich mit komplexen Themen zu beschäftigen. Am späten Nachmittag sind die mentalen Reserven bereits aufgebraucht, der Feierabend ist bereits im Hinterkopf und Konzentration ist nahezu unmöglich.

Jeff Bezos selbst sagt dazu, dass er alle Meetings, die wichtig sind und ihn geistig fordern, nach der 10 bis 12 Regel ansetze. So treffe er bessere Entscheidungen, was in seiner Funktion als CEO von enormer Bedeutung ist.

Doch auch andere Positionen profitieren von der 10 bis 12 Regel. Ob nun Geschäftsführer oder Angestellter – wer sich voll und ganz konzentriert, analytisch denkt und engagiert sowie motiviert am Meeting teilnimmt, bringt dieses voran und erzielt am Ende bessere Ergebnisse.

Weitere Vorteile der 10 bis 12 Uhr-Regel sind:

  • Andere Termine können entsprechend gelegt werden
    Durch die 10 bis 12 Regel entsteht schnell eine entsprechende Routine, so dass es seltener zu Terminkonflikten kommt. Jeder weiß Bescheid, dass diese Uhrzeiten – falls möglich – freizuhalten sind und können die eigene Tages- und Wochenplanung daran ausrichten.
  • Teilnehmer sind besser vorbereitet
    Werden wichtige Meetings nach der 10 bis 12 Regel festgelegt, können sich alle Beteiligten besser darauf vorbereiten. Nicht nur der Termin ist im Vorfeld klar, sondern auch, dass es um entscheidende Themen geht, die Vorbereitung erfordern.

Tipps: So nutzen Sie die 10 bis 12 Uhr-Regel für sich

Die einfachste Möglichkeit, um von der 10 bis 12 Regel zu profitieren, ist natürlich die schlichte Übernahme des Konzepts. In Zukunft planen Sie, wichtige Meetings zwischen 10 und 12 Uhr zu legen, um die Qualität der Besprechungen und der darin erzielten Ergebnisse zu verbessern.

Allerdings können Sie noch mehr tun, um von der 10 bis 12 Regel zu profitieren. Es gibt einige Punkte, die Sie beachten sollten und vor allem, sollten Sie die Idee auf Ihre eigenen Bedürfnisse und Anforderungen anpassen. Mit den folgenden Tipps holen Sie das Maximum aus der 10 bis 12 Regel heraus:

Finden Sie Ihren persönlich besten Zeitpunkt

10 bis 12 Uhr ist für Jeff Bezos die optimale Uhrzeit und funktioniert für viele Arbeitnehmer als Zeitpunkt hoher Konzentration und Leistungsfähigkeit. Für Sie muss dies aber nicht zwangsläufig gelten. Möglicherweise sind Sie eine Stunde vorher oder später viel konzentrierter und treffen bessere Entscheidungen.

Manche sind in den frühen Morgenstunden besonders erfolgreich, andere laufen erst nachmittags zur Hochform auf. Hinterfragen Sie sich selbst, beobachten Sie Ihre Gewohnheiten und Ihre Leistungskurve. So kann aus der 10 bis 12 Regel für Sie vielleicht eine 8:30 bis 10:30 Uhr Regel werden.

Setzen Sie Prioritäten

Damit die 10 bis 12 Regel funktioniert, benötigt es Disziplin und Prioritäten. Im Arbeitsalltag können zu jedem Zeitpunkt wichtige Themen aufkommen.

Hier ist es besser, sich auf die 10 bis 12 Regel zu besinnen und eine endgültige Entscheidung auf den nächsten Tag zu verlegen. Statt um 18 Uhr eine schlechte Entscheidung kurz vor Feierabend zu treffen, sollten Sie sich am folgenden Vormittag noch einmal damit auseinandersetzen. Kaum etwas lässt sich nicht um einen halben Tag verschieben.

Passen Sie Ihren Tagesablauf an

Wird ein Meeting von 10 bis 12 Uhr angesetzt, sollten Sie Ihren Tag entsprechend planen. Wie viel Zeit bleibt Ihnen vorher? Was sollten Sie in dieser Phase bereits erledigen und wie bereiten Sie sich auf die wichtige Besprechung vor?

Auch im Anschluss sollten Sie den Tagesablauf anpassen. Welche Auswirkungen kann das Meeting haben? Ergeben sich daraus möglicherweise ToDos, um die Sie sich kümmern müssen? Es kann sinnvoll sein, entsprechende Freiräume zu lassen, um nach einem wichtigen Meeting direkt mit der Umsetzung beginnen zu können.

Kommunizieren Sie im Team

Als CEO von Amazon kann Jeff Bezos erwarten, dass sich alle nach seiner 10 bis 12 Regel richten. In anderen Fällen kann es sinnvoll sein, offen mit dem Team zu kommunizieren. Geht es um eine wichtige Entscheidung als Führungskraft, ist es sinnvoll, das Meeting entsprechend anzupassen.

Handelt es sich hingegen um ein regelmäßiges Meeting, bei dem Fortschritte besprochen und Ideen gesammelt werden, sollten möglichst alle Teilnehmer konzentriert sein und sich in einer kreativen Phase befinden.

Über den Autor

Nils Warkentin studierte Business Administration an der Justus-Liebig-Universität in Gießen und sammelte Erfahrungen im Projektmanagement. Auf der Karrierebibel widmet er sich Themen rund um Studium, Berufseinstieg und Büroalltag.

Quelle: Karrierebibel

17 Januar 2020

Sind Ihre Bewerbungsunterlagen modern oder oldschool?

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Sind Ihre Bewerbungsunterlagen modern oder oldschool?

Zugegeben: Bewerber haben es heutzutage nicht einfach. Der Arbeitsmarkt wandelt sich schnell und mit ihm auch der Bewerbungsprozess. Was gestern noch „in“ war, ist heute schon „out“. Wie sieht also eine moderne Bewerbung aus und welche Unterlagen entlarven Sie hingegen als „oldschool“?

Dass es keine einheitlichen Bestimmungen zum Thema Bewerbung gibt, macht die Sache nicht einfacher. Einmal erhalten Sie das Jobangebot vielleicht direkt nach einem kurzen Smalltalk auf der Jobmesse, das andere Mal müssen Sie hingegen vollständige Bewerbungsunterlagen einreichen und den klassischen Bewerbungsprozess durchlaufen. Eventuell müssen Sie sogar in ein Assessment Center oder zum zweiten und dritten Vorstellungsgespräch gehen. Je nach Unternehmen, Position & Co kann eine Bewerbung also unterschiedlich aussehen. Sie sind nun endgültig verwirrt? Dann sollen folgende Tipps für Sie Licht ins Dunkel bringen.

Was macht eine moderne Bewerbung aus?

Nehmen wir an, Sie möchten sich initiativ oder auf eine Stellenausschreibung bewerben und reichen dafür eine schriftliche oder Online-Bewerbung ein. Was entscheidet dann darüber, ob Ihre Unterlagen modern oder „oldschool“ sind? Die Anforderungen an Jobsuchende lauten heutzutage: Bewerber müssen sich selbst vermarkten, kreativ sein und eine Geschichte erzählen. Stichwort: Storytelling. Was Ihre Bewerbung also benötigt, sind ein roter Faden sowie ein Alleinstellungsmerkmal. Das klingt in der Theorie jedoch einfacher als es in der Praxis ist.

Diese Bewerbungsunterlagen sind veraltet

Auf die Bewerbungsunterlagen bezogen, bedeutet das: Sie können viele unnötige Anhänge oder Details weglassen, wenn sie nicht zum roten Faden passen. Niemand möchte mehr handschriftliche Erzählungen Ihrer Biographie oder einen handgeschriebenen Lebenslauf – es sei denn, das wird explizit gefordert. Zur Debatte steht außerdem, ob überhaupt noch ein Anschreiben notwendig ist. Immer mehr Unternehmen akzeptieren mittlerweile auch Bewerbungen ohne Anschreiben. Und sogar anonyme Bewerbungen werden immer häufiger berücksichtigt. Ein Bewerberbild? Auch das benötigen Sie also mittlerweile nicht mehr unbedingt. Was von den klassischen Bewerbungsunterlagen dann noch übrig bleibt, sind eigentlich nur der Lebenslauf sowie relevante (!) Zeugnisse, Zertifikate und weitere Anhänge.

Modernität hängt auch vom Unternehmen ab

Bei einem modernen Unternehmen können Sie somit die klassischen „oldschool“ Bewerbungsunterlagen guten Gewissens weglassen und sich stattdessen auf kreativere Art und Weise von der Konkurrenz abheben. Allerdings ist Modernität eine Frage des Unternehmens. Viele traditionelle Betriebe oder internationale Großkonzerne legen nach wie vor Wert auf Standardbewerbungen mit Anschreiben, Lebenslauf, Foto & Co.

Für Sie bedeutet das: Passen Sie Ihre Bewerbung an das jeweilige Unternehmen an. Präsentiert es sich modern und aufgeschlossen, punkten Sie mit einer kreativen Bewerbung eher als mit der langweiligen Bewerbungsmappe. Ist es hingegen eher traditionell ausgerichtet, fahren Sie mit dieser Bewerbungsmappe die sichere Schiene – am besten sogar nach DIN5008 gestaltet. Doch auch dann sollten Sie auf abgedroschene Floskeln wie „Ich bin auf Ihre Stellenausschreibung aufmerksam geworden, weil…“ verzichten. Werden Sie dennoch kreativ, erzählen Sie eine Geschichte, werden Sie als Persönlichkeit greifbar und behalten Sie einen roten Faden bei. Die Bewerbung soll vielleicht klassisch, keinesfalls aber langweilig sein.

Wie sieht dann aber die „newschool“ Bewerbung aus?

So weit, so gut. Aber wenn Sie nun nach einer Alternative zur „oldschool“ Bewerbung suchen, fragen Sie sich vielleicht: Wie kann eine solche aussehen? Eine moderne Bewerbung mag noch auf dem klassischen Lebenslauf basieren, wenn auch in gekürzter Form mit rotem Faden. Doch vor allem geht es darum, als Persönlichkeit herauszustechen. Ihrer Kreativität sind dabei kaum Grenzen gesetzt: Bewerbungen über Twitter gehören mittlerweile ebenso zum Alltag eines Recruiters wie das Durchstöbern von Bewerberblogs, auffällige Guerilla-Bewerbungen oder CVs, die als Infografiken gestaltet sind. Es gibt also nicht die eine „newschool“ Bewerbung – aber sicher ist, dass Sie mit der klassischen Bewerbung als „oldschool“ entlarvt werden!

Quelle: Xing-news

20 Dezember 2019

Warum Agilität allein nicht glücklich macht

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Schöne neue Arbeitswelt

Warum Agilität allein nicht glücklich macht

Automatisierung und Digitalisierung verändern die Arbeitswelt massiv. Viele Entscheider setzen deshalb allzu schnell auf neue Konzepte wie Agilität und Design Thinking.

In etlichen Unternehmen jagt derzeit eine Veränderung die nächste. Die Abstände werden immer kürzer, zugleich steigen die Anforderungen an Organisationen und ihre Mitarbeiter stetig. Um dem Druck standzuhalten, scheinen neue, agile Methoden oder auch Design-Thinking-Konzepte gerade recht zu kommen. Welcher Entscheider will schon dafür verantwortlich sein, dass der eigene Verantwortungsbereich auf die Forderungen nach Veränderung nicht reagiert hat? Also werden Hypes wie die sprichwörtliche Sau durchs Dorf getrieben, bis (spätestens) im nächsten Jahr eine neue Sau auftaucht, die die alte vergessen lässt.

Der Glaube an die Methoden-Gurus und ihrer Anhänger ist häufig mit allzu simplen Versprechen verbunden: Aussagen wie "Selbstorganisierte Teams brauchen keine Führung", "Agil geht alles schneller" oder "Eine neue Büroumgebung mit Kicker und Coffee-Bar macht eine neue Kultur" verbreiten sich schnell.

Zusätzlich werden erfahrene und auch neue Manager von Emotionen getrieben: Der Angst, das Falsche zu entscheiden, aber auch der Angst um die eigene Position. "Kann ich noch mithalten, wenn ich nicht 'agil' handle? Ist meine Position, bin ich möglicherweise obsolet?" All das vernebelt den Blick auf die Fakten und treibt Entscheider in den Aktionismus.

Viel Aufwand - wenig Ergebnis

Ein Aktionismus, der Unternehmen teuer zu stehen kommt. So verschlingen Neuerungen in der Organisation, die Einführung neuer Methoden oder der Umbau der Büros erhebliche Budgets. Deutsche Unternehmen investierten 2018 allein über 31 Milliarden in externe Beratungsleistungen, Tendenz steigend. Change Management und Business Development waren thematische Spitzenreiter. Demgegenüber verfehlen rund 70 Prozent der Change-Vorhaben die gesteckten Ziele.

Noch dramatischer ist die Wirkung auf die Mitarbeiter. Deren Motivation sinkt mit jeder nutzlosen oder unfokussierten Veränderung - bis hin zum Phänomen des Organizational Change Fatigue (OCF), einer resignativen beziehungsweise extrem passiven Einstellung gegenüber Veränderungen. Im Ergebnis liegt die Wahrscheinlichkeit für einen Unternehmenswechsel bei unmotivierten Mitarbeitern um 87 Prozent höher als bei den motivierten Kollegen. Laut LinkedIn wechseln 13 Prozent der Softwareentwickler derzeit mindestens einmal jährlich den Job. In Zeiten eines Bewerber-Marktes sind das verheerende Zahlen, Unternehmen müssen hier dringend gegensteuern. Das ist keine schöne neue Arbeitswelt. Aber was tun?

Mut zur Souveränität

Ein erfolgreicher Ausstieg aus dem Methodenwahn braucht mutige und souveräne Entscheider, denn sie müssen Hypes genauso wie die eigene Überzeugung und Entscheidungsmechanismen kritisch hinterfragen. Schließlich sind sie nicht nur Verursacher des Status quo, sondern auch die Treiber von Veränderung. Wie kann also eine nutzbringende, nachhaltige Entscheidung für neue Methoden oder Organisationsformen gelingen?

Zunächst geht es darum, Ursache und Wirkung zu unterscheiden: Was ist das originäre Problem? Und was nur oberflächliches Symptom? Diese Fragen gehen im Alltag allzu häufig unter. Allerdings wird eine Behandlung von Symptomen allein keine nachhaltige Veränderung bewirken. Im Gegenteil: Scheinlösungen werden nur Scheinergebnisse bewirken, Ressourcen verbrauchen und Mitarbeiter weiter demotivieren. Es muss also die Ursache-Wirkungs-Kette geklärt werden. Dazu hat sich die "5x Warum-Methode" von Toyoda Sakichi bewährt.

Ein Beispiel: In einem Unternehmen sind die Projektlaufzeiten zu lang, zukünftig soll alles schneller werden. Agiles Projektmanagement scheint die Methode der Wahl zu sein. Die weitere Analyse der Ursachen zeigt indes ein anderes Bild:

  • WARUM dauern Projekte so lang? Weil die Mitarbeiter zu wenig Zeit für die Projekte haben.
  • WARUM haben die Mitarbeiter zu wenig Zeit? Weil sie in zu vielen Projekten zeitgleich involviert sind und auch Tagesgeschäft leisten müssen.
  • WARUM laufen so viele Projekte parallel? Weil die Führungskräfte alle Projektanträge genehmigen. Weil alles dringend ist.
  • WARUM tun die Führungskräfte das? Weil sie sich nicht unbeliebt machen wollen.
  • WARUM ist das so?

Hier liegt die Antwort dann auf einer anderen Ebene, nämlich der der Unternehmenskultur, der Kompetenzen und Freiräume der Führungskräfte. Nur Trainings zum Thema agiles Projektmanagement abzuhalten, hätte das Problem nicht gelöst. Eine Ursachenanalyse liefert - auch wenn sie weh tut - die Grundlage für eine nachhaltige Veränderung.

Unterschätzte Irrtümer

Geht man den Fehlern beim Einführen neuer Methoden auf den Grund, tauchen drei Aspekte immer wieder auf. Jede Veränderung, jede neue Methodik benötigt:

  • Ressourcen, und die müssen geplant werden. Agilität bedeutet zum Beispiel nicht den Verzicht auf Ressourcenplanung. Oder wo sollen die Mitarbeiter für "agiles" Arbeiten herkommen?
  • klare Entscheidungen über das WAS, WER und WIE und das WAS, WER und WIE NICHT. Also auch zu den Projekten, die starten beziehungsweise auch nicht starten können.
  • die Unterstützung auf allen Ebenen - also auch der Geschäftsführung.

Ziele häufig ausgeblendet

Die Frage nach den Zielen wird häufig ausgeblendet. Was soll mit den Veränderungen erreicht werden? Machen wir das, weil ALLE es tun? Doch sicher nicht. Vielmehr muss die Frage lauten: Zahlen die Ziele für die neue Methode, die neue Organisationsform auf den Unternehmenszweck ein? Neben den konkreten Zielen brauchen Veränderungen gerade in der aktuellen VUCA-Welt Stabilität und Leitlinien, die allen Beteiligten Orientierung und Sicherheit vermitteln sowie einen Rahmen liefern. Im Sinn einer nachhaltigen Einführung von Agilität, Design Thinking & Co. sind sie zunehmend ein wirtschaftlicher Erfolgsfaktor.

Doch wie können Unternehmen nun aus der Vielzahl der aktuellen Hypes die passende Methode auswählen? Entscheidend ist die eigene Objektivität. Also der Blick auf Daten, Fakten und Zusammenhänge - statt der Glaube an die subjektiv geprägte Meinung. Zudem müssen Entscheider nicht nur den Veränderungsbedarf im Unternehmen oder dem eigenen Bereich erkennen, sondern auch die Bereitschaft haben, die eigenen Überzeugungen kritisch zu hinterfragen. Sympathie, Antipathie und Animositäten gehören zur rationalen Auswahl.

In der Praxis haben sich einige Werkzeuge für mehr Objektivität im Tagesgeschäft bewährt:

  • Murder your darlings!
    Dieser eigentlich an Schriftsteller gerichtete Rat lässt sich perfekt übertragen. Zücken Sie an all den Stellen konsequent den Rotstift, die Ihnen besonders am Herzen liegen, die aber keinen wirklichen Mehrwert haben.

  • Disconfirmation
    Der Confirmation Bias ist ein Phänomen, das gute Entscheidungen behindert. Denn Informationen werden häufig so ausgewählt, dass sie die eigene Meinung, das eigene Weltbild bestätigen. Alles andere wird ausgeblendet. Prüfen Sie also Ihre Glaubenssätze und Entscheidungskriterien.
  • Sparring
    Im Sport an der Tagesordnung, fehlt sie Entscheidern häufig: die Außensicht. Manager tendieren dazu, im eigenen System zu bleiben. Also: Lassen Sie sich die Meinung sagen - auch und gerade, wenn Sie sie nicht hören wollen.

Auswahl mit Überblick

Veränderung generiert nur Nutzen, wenn sie passgenau erfolgt. Und dazu ist ein Überblick über mögliche Methoden und Organisationsformen erforderlich, die Kenntnis der jeweiligen Vor- und Nachteile und der Kosten. Wichtig auch: was bedeutet die Veränderung für das Unternehmen, die Mitarbeiter, Kunden und andere Stakeholder? Um diese Fragen beantworten zu können, müssen valide Informationen gesammelt werden - und nicht nur angebliche Erfolgsstories. Aussagekräftiger sind immer Erfahrungen, bei denen nicht alles rund gelaufen sind.

Als Entscheidungshilfe zur Methodenauswahl hat sich die Stacey-Matrix in Verbindung mit dem Cynefin-Modell bewährt. Abhängig von der Klarheit des Ziels, der Anforderungen und des Umsetzungsweges wird dabei die Aufgabenstellung als einfach, kompliziert, komplex oder chaotisch bewertet und daraus entsprechende Methoden abgeleitet. So wird klar, dass beispielsweise Best Practices nur bei einfachen Aufgaben hilfreich sind. Komplexe oder chaotische Anforderungen benötigen agile Lösungen.

Über die Autorin
Sabine Dietrich ist Management-Beraterin für Multiprojektmanagement, Projektmanagement, Führungskräfte-Entwicklung sowie Autorin. Im Jahr 2009 gründete sie ihr eigenes Beratungsunternehmen.

Quelle: Xing-News - cio.de

15 November 2019

Wieso rigide Planung der Karriere keinen Aufschwung gibt

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Wieso rigide Planung der Karriere keinen Aufschwung gibt

Klassische Karriere-Vorstellungen haben in der heutigen Arbeitswelt ausgedient: Auf Einzelerfolge kommt es nicht mehr an. Umso mehr geht es jetzt darum, die persönlichen Ziele zu schärfen. So kommen Sie vorwärts.

Keine Zeit verlieren, nichts dem Zufall überlassen, schnell auf der Karriereleiter nach oben klettern: Ein geradliniger Aufstieg durch die Bildungs- und Führungsebenen ist oft Teil der klassischen Vorstellung von Karriere.

Doch lässt sich die Karriere immer nach den eigenen Vorstellungen meißeln? Karriere-Experten raten beim Berufsweg von rigider Planung ab.

Dabei spielen Veränderungen in den Unternehmenskulturen der heutigen Arbeitswelt eine wichtige Rolle.

Ende der linearen Karriere

Berufstätige müssen sich bewusst machen, dass Karriere sehr unterschiedlich aufgefasst werden kann und dass der direkte Weg in die Führungsetage nicht das einzige Modell ist, sagt zum Beispiel Coach und Beraterin Stephanie Borgert.

Diese Vorstellung vom linearen Aufstieg werde immer unwahrscheinlicher, da sich auf der Seite der Unternehmen zunehmend neue Formen von Zusammenarbeit und Organisation entwickeln.

Auf gemeinsame Wertschöpfung und agile Strukturen werde inzwischen mehr Wert gelegt als auf Einzelerfolge und Hierarchien. Karrierepläne seien eher als Schleifen zu denken, nicht als konstanter Aufstieg.

So starten Sie neu
Schritt 1: Keine festen Stationen planen

Für Wirtschaftspsychologin und Business-Coach Eva Schulte-Austum ist Karriere eher der Weg zu einem Ziel, weniger eine Abfolge von festen Stationen.

Dieses Ziel müssen Beschäftigte dabei so konkret wie möglich formulieren: Viel Geld zu verdienen – das reiche nicht aus.

Vielmehr müsse man sich klar machen:

  • Warum existiert das Ziel?
  • Und welches Motiv verbirgt sich dahinter?
  • Finanzielle Sicherheit, Selbstverwirklichung oder einfach nur die Erfüllung gesellschaftlicher Erwartungshaltungen?
  • Sind es überhaupt die eigenen Motive, die man verfolgt?

Aus dem geklärten Warum könne sich dann das Wie ergeben. Dann fällt einem der weitere Weg leichter.

So starten Sie neu
Schritt 2: Eigene Motive prüfen, mit Unvorhergesehenem rechnen

„Vielen wird das Fehlen eines derartigen Ziels aber erst spät in ihrer Laufbahn bewusst”, sagt Schulte-Austum.

Oft passiert das, nachdem Ereignisse einen Strich durch die Karriereplanung machen: Enttäuschung über ausbleibende Erfolge oder Beförderungen, schwierige Chefs und Kollegen, Krankheit oder Entfremdung vom Arbeitsplatz, aber auch Veränderungen im familiären Umfeld wie Nachwuchs oder plötzliche Todesfälle.

Wie geht es dann weiter? Schulte-Austum versucht dann in der Arbeit mit ihren Kunden Ziele und Motive zu konkretisieren und zu stärken.

Es bedarf einer tiefgehenden Selbstreflektion, da sind sich die Experten einig, um klare Ziele zu formulieren und Vertrauen in deren Gelingen zu entwickeln.

So starten Sie neu
Schritt 3: Präferenzen festlegen

Der Karriereberater Dieter Krautwald empfiehlt, sich frühzeitig an einem klaren Profil zu orientieren. Für alles offen zu sein, führe bei der Karriereplanung eher selten zum Glück.

ei der Profilierung hilft er darum mit einer Typologie der Karrierekonzepte, die sich an individuellen Präferenzen orientiert.

Während die einen klassische Karrierevorstellungen von Aufstieg, Einfluss, Macht oder Expertise bevorzugen, finden sich im spiralen oder transitorischen Karrierekonzept öfter die Wünsche jüngerer Leute nach Abwechslung, Selbstverwirklichung, Vernetzung und kurzfristigen Verweildauern wieder.

Wer sich bewusst macht, dass es verschiedene Karrieretypen gibt, der profitiert davon. Am Ende komme es darauf an, ob ein Unternehmen zu den eigenen Vorstellungen passt.

Quelle: karriere.de

25 Oktober 2019

Performance Ratings – wie aussagekräftig sie wirklich sind

Posted in Coaching, Führung, Leadership

Performance Ratings – wie aussagekräftig sie wirklich sind

Leistungsbeurteilungen von Angestellten sind in fast jedem Unternehmen Praxis. Doch ihre Aussagekraft ist umstritten. Was das für darauf basierende Managemententscheidungen bedeutet.

Die Performance von Mitarbeitern zu bewerten ist für die meisten Unternehmen eine Selbstverständlichkeit. Das Ziel von Performance Ratings ist es geeignete Konsequenzen abzuleiten, welche zu einer Leistungssteigerung beitragen und damit letztlich die Unternehmensperformance erhöhen. Performance Ratings dienen zudem oftmals als Grundlage für die Auszahlung von variabler Vergütung, für Beförderungen oder spezielle Programme zur Leistungssteigerung. Somit ziehen sie weitreichende Konsequenzen für die Bewerteten nach sich – positiv wie negativ. Umso wichtiger ist es, dass Performance Ratings die tatsächliche Leistung der Mitarbeiter widerspiegeln. Genau das ist jedoch häufig das Problem. Manager, Mitarbeiter und HRler sehen den aktuellen Performance Management Prozess in ihrem Unternehmen überwiegend als ineffektiv oder nicht akkurat genug an.

Beurteilungsfehler schmälern die Validität von Performance Ratings

Auch die Wissenschaft kritisiert die Validität von „klassischen“ Performance Ratings, bei denen die Bewertung lediglich auf einer einzelnen Einschätzung (meist des Managers) basiert. Der Grund liegt unter anderen in individuellen, verzerrten Bewertungsmustern der Bewertenden. Beispielsweise tendieren manche Manager dazu, all ihre Mitarbeiter eher streng oder eher milde zu beurteilen. Bei strengen Bewertern fließen schon geringe Mängel stark in die Beurteilung ein und gute Leistungen werden kaum gewichtet (Strengefehler), wodurch insbesondere leistungsstarke Mitarbeiter bestraft werden. Bei einer zu milden Bewertung erhält jeder Mitarbeiter unabhängig von der tatsächlichen Leistung eine gute Bewertung (Mildefehler). Dies führt wiederum zu einer Benachteiligung der Leistungsträger, da sich deren Performance nicht ausreichend von der Performance leistungsschwächerer Mitarbeiter differenzieren lässt. Im Gegensatz dazu scheuen sich manche Bewerter davor Extremurteile abzugeben, da diese meist mit schwerwiegenderen Konsequenzen verbunden sind als mittlere Urteile. Deshalb neigen sie dazu, alle Mitarbeiter relativ neutral zu bewerten (Tendenz zur Mitte).

Ein weiteres Problem stellt der zugrundeliegende Beurteilungszeitraum der Performance dar. Idealerweise sollten Performancebeurteilungen auf Daten basieren, die über einen längeren Zeitraum erhoben wurden. Leider passiert es häufig, dass Manager kürzlich vergangene Performance stärker gewichten als länger zurückliegende Performance, da ihnen diese präsenter ist. Man spricht hier vom Recency-Effekt. Werden nicht alle leistungsrelevanten Verhaltensweisen in die Performancebewertung eines Mitarbeiters einbezogen, können verzerrte Ratingergebnisse die Folge sein.

Wie stark Performance Ratings durch individuelle Bewertungstendenzen beeinflusst werden, wurde unter anderem von Scullen, Mount und Goff (2000) in einer groß angelegten Studie untersucht. Knapp 4.500 Manager wurden auf bestimmten Performance Dimensionen von zwei Vorgesetzten, zwei Kollegen und zwei Mitarbeitern bewertet. Die Ergebnisse zeigen, dass die Bewertungen zu einem großen Teil auf individuelle Unterschiede in der Wahrnehmung der Bewerter zurückzuführen sind. Die eigentliche Performance hingegen beeinflusst die Ratings kaum. Somit scheinen Performance Ratings nicht die tatsächliche Performance des Bewerteten zu messen, sondern bilden vielmehr die individuellen Rating Tendenzen des Bewertenden ab.

Die Anwendung von 360° Feedback kann die Aussagekraft von Performance Ratings steigern

Als Konsequenz haben einige Unternehmen klassische Performance Ratings abgeschafft und stattdessen neue Systeme eingeführt. Ein Ansatzpunkt ist es herkömmliche Rating Kategorien abzuschaffen, um Rating Tendenzen entgegenzuwirken. Anstatt die Teamleiter nach den Fähigkeiten ihrer Teammitglieder zu fragen, sollen sie nun die eigenen Intentionen in Bezug auf die Personen einschätzen. Diese weisen im Gegensatz zur Bewertung von Fähigkeiten eine deutlich höhere Konsistenz auf. Eine zu bewertende Aussage im Performance Review kann beispielsweise lauten: Ich möchte sie/ihn in meinem Team haben, weil andere Kollegen gerne mit ihr/ihm zusammenarbeiten.

Netflix setzt seit der Abschaffung von formalen Reviews auf informelles „360° Feedback“. Bei einem 360° Feedback werden grundsätzlich verschiedene Ressourcen zur Leistungsbewertung herangezogen, welche beispielsweise die bewertete Person selbst, Manager, (Team)Kollegen und Mitarbeiter einbeziehen. Die verschiedenen Meinungen sollen differenzierte und vielseitige Eindrücke über den Bewerteten ermöglichen. Während bei Netflix zunächst ein anonymes Softwaresystem verwendet wurde, erfolgte im Laufe der Zeit ein Wechsel zu unterschriebenem Feedback, wobei auch viele Teams ihr 360° Feedback face-to-face abhalten. Auch die Forschung bestätigt, dass 360° Feedback die Performance der Mitarbeiter steigern und zu einer Verhaltensänderung führen kann (Hazucha, Hezlett, & Schneider, 1993; Atwater, Rousch, & Fischtal, 1995; Smither et al., 1995).

Fazit

Klassische Performance Ratings stehen in der Kritik, da sie häufig nur auf einer einzelnen und häufig verzerrten Bewertung basieren. Da Performance Ratings einen großen Einfluss auf die variable Vergütung, Beförderungen oder Kündigungen besitzen, sollten sie auch die tatsächliche Leistung des Mitarbeiters abbilden. Um die Validität von Performance Ratings zu erhöhen, nutzen Unternehmen verschiedene Lösungsansätze. Neben einer Anpassung der Bewertungsfragen ist auch 360° Feedback eine sinnvolle Möglichkeit, um aussagekräftige Performance Bewertungen zu erhalten. Vorsicht ist jedoch geboten, wenn das 360° Feedback mit der Vergütung verknüpft wird. Ausschlaggebend für den Bonus ist dann auch die Bewertung der eigenen Kollegen, was die Gültigkeit der Performance Bewertung beeinflussen kann.

Über den Autor

Leon Jacob berät Unternehmen bei der Entwicklung von modernen und zweckmäßigen Lösungen im HR Management. Mit umfassender Projekterfahrung in den Bereichen Vergütungs-und Talent-Management zählt er zu den führenden Experten für die Entwicklung integrierter HR-Lösungen entlang des gesamten Mitarbeiterlebenszyklus. Er ist Co-Autor des Buches „Die Kunst Talente talentgerecht zu entwickeln“, einer Studie für wertebasiertes und selbstgesteuertes Talent Management.

Literatur:

  • Atwater, L.E., Roush, P., & Fischthal, A. (1995). The influence of upward feedback on self and follower ratings of leadership.
  • Hazucha, J.F., Hezlett, S.A., & Scheinder, R.J. (1993). The impact of 360-degree feedback on management skills development.
  • Scullen, S. E., Mount, M. K. & Goff, M. (2000). Understanding the latent structure of job performance ratings.
  • Smither, J.W., London, M., Vasilopoulos, N.L., Reilly, R.R., Millsap, R.E., & Salvemini, N. (1995a). An examination of the effects of an upward feedback program over time.

Quelle: Human Ressource Manager

18 Oktober 2019

Agile Performance Reviews – wie funktioniert das?

Posted in Trends, Coaching, Führung, Leadership

Agile Performance Reviews – wie funktioniert das?

Subjektiv, unflexibel, zweifelhafter Nutzen: Performance Reviews sind ungeliebte Tradition in vielen Unternehmen. Wie es anders geht, erfahren Sie hier.

In Deutschland sind verschiedene Formate unter dem Begriff der „Performance Reviews“ im Einsatz: Leistungs- und Potenzialbeurteilungen, Mitarbeitergespräche sowie Rückmeldungen zum Status beziehungsweise zu den Ergebnissen von Zielsetzungen. Fast immer finden sie einmal im Jahr statt, haben verpflichtenden Charakter und sind im „Top-Down-Modus“ angelegt. Eine Rückmeldung der Mitarbeiter an die Führungskraft ist bisher selten vorgesehen. In gut zwei von drei Unternehmen gibt es diese Ansätze, die Verbreitung steigt mit der Größe der Unternehmen.

Warum Sie Ihre Reviews unter die Lupe nehmen sollten

Es gibt viele Gründe, warum diese Modelle weiterentwickelt werden sollten:

  • Der jährliche Austausch über Performance, Qualifizierungsbedarf und Potenzial steht oft nicht mehr im Einklang mit der Dynamik im Geschäft.
  • In der Praxis basieren die Ansätze oft auf veralteten Kompetenzmodellen und blicken damit in die Vergangenheit statt auf zukünftige Anforderungen.
  • Die Beurteilung an festen, in der Regel für ein Unternehmen einheitlichen Set von Kompetenzen, ist zu starr, wird der Führungsvielfalt im Unternehmen nicht gerecht und schränkt Führungskräfte zu sehr ein. Dies gilt insbesondere, wenn Sie zusätzlich noch Verteilungsvorgaben oder Abstimmungsrunden für die individuellen Ergebnisse machen.
  • Die Ansätze fördern „Einzelkämpfer“, immer mehr Unternehmen setzen aber auf die Entwicklung der Teamkultur.
  • Der Jahresturnus überfordert Führungskräfte in der objektiven Beurteilung von Leistung und Potenzial. Hinzu kommen Erkenntnisse aus der kognitiven Psychologie, dass unser Gehirn gerade in Beurteilungsfragen sehr subjektiv ist und bei der Analyse fast nur kurzfristige und leicht verfügbare Daten und Eindrücke verarbeitet (und nicht die komplette Leistung im betrachteten Jahr).
  • Führungskräfte sehen wenig Nutzen bei hohem Aufwand. Mitarbeiter wiederum wünschen sich häufiges Feedback und fühlen sich in den Schulnotenmodellen der Leistungsbeurteilung oft ungerecht behandelt.
  • Die Feedback-Kultur wird nicht wirklich entwickelt, dafür finden die Gespräche zu selten statt.
  • Die aktuelle Praxis legt keinen Fokus auf zeitnahe und kontinuierliche Verbesserung, eine positive Kosten-Nutzenrechnung ist fraglich und basiert auf einem überholten Führungs- und Organisationsmodell (Top-Down, One-Size-Fits-All).

Dreiteiliges Gesprächsformat als erfolgversprechende Alternative

Positive Ergebnisse verspricht ein Grundgerüst eines dreiteiligen Gesprächsformats zwischen Mitarbeitern und Führungskraft:

1. Erwartungen

Hierbei werden kurzfristige To-Do´s, wichtige Meilensteine und kurzfristige Ziele besprochen (ohne formale Zielvereinbarung). Die Führungskraft erläutert den Beitrag des Mitarbeiters für das Team und die Strategie des Unternehmens. Festgelegt wird, wie die Führungskraft den Mitarbeiter und das Team in den Punkten optimal unterstützen kann.

2. Feedback

Aus meiner Sicht sollte Feedback immer wechselseitig, konstruktiv und auf Augenhöhe sein. Ich empfehle ein Format, bei dem nicht Feedback gegeben, sondern erbeten wird. Konkret tauschen die Gesprächspartner im Vorfeld des Termins die Punkte aus, zu denen der Feedbacknehmer vom Gegenüber eine Rückmeldung haben möchte. Ideal ist es, wenn man sich bei der Vorbereitung des Gesprächs zudem überlegt, wie der Gesprächspartner auf die adressierten Themen reagieren könnte. Der Vorteil dieses Modells ist, dass man Klarheit über die Themen hat. Denn Ungewissheit über Inhalte und Art des Feedbacks führt dazu, dass beide Gesprächspartner Vorbehalte oder sogar Angst vor Feedback haben. Neurowissenschaftliche Erkenntnisse bestätigen den hier geschilderten Ansatz als weniger angstbelegt. In der Praxis hat sich gezeigt, dass dann sogar eher die Themen besprochen werden, die für das Team und das Unternehmen wirklich wichtig sind.

3. Entwicklung

In dieser Rubrik werden aktuelle Qualifizierungs- und Trainingsnotwendigkeiten besprochen sowie mögliche Entwicklungsschritte des Mitarbeiters. Die Rolle von Führungskräften ändert sich in Richtung „Lerncoach“. Als Lerncoach bespricht die Führungskraft mit dem Mitarbeiter, wie erfolgreich eine Qualifizierung gewesen ist, sorgt durch Nachfrage auch dafür, dass Lernfortschritte erzielt werden. Daneben beurteilt sie insbesondere die Fortschritte bei den Soft Skills, die erfolgskritisch in den anstehenden Veränderungen für das Unternehmen sind (wie Veränderungsbereitschaft, Teamfähigkeit, Teilen von Wissen, kommunikative Kompetenz, unternehmerisches Denken, Kundenorientierung…).

Neue Rollen von Führungskräften in agilen Unternehmen

Ihr neues Modell sollten Sie verpflichtend einführen, da gerade die Themen Feedback und Lerncoach sich erst über das regelmäßige Anwenden und Üben entwickeln. Es sollte in der oben beschriebenen Dreiteilung mindestens einmal im Quartal stattfinden. In dynamischen Unternehmen macht es aber auch Sinn, Erwartungen und Feedback isoliert öfter zum Thema zu machen. Gute Erfahrungen habe ich damit gemacht, einen Reformansatz erst in einem Pilotbereich zu etablieren.

Der Lerncoach ist eine neue Rolle für Führungskräfte und entspricht den veränderten Anforderungen an Führung in digitalen und agilen Unternehmen. Er ist eine Antwort auf die Frage, wozu Führungskräfte in der digitalen Ökonomie gebraucht werden. Führungskräfte werden gegenüber den bestehenden Ansätzen insofern gestärkt, als Abstimmungsrunden oder Steuerungsvorgaben wegfallen (auch in der Schnittstelle zum Talentmanagement). Und: Durch die Ansätze des Lerncoachs und Feedbacks ist es möglich, auch in hierarchisch aufgebauten Unternehmen agile Prinzipien einzuführen.

Über den Autor

Klaus Peren hat nach langer operativer HR-Verantwortung in verschiedenen Management-Funktionen bei der Deutschen Telekom und beim Arbeitgeberdachverband BDA die HR-Strategieberatung 360Compass gegründet. 360Compass begleitet Unternehmen in Transformationsphasen, bei der Weiterentwicklung zentraler Themen wie Performance-Management, Kulturentwicklung und der Verhandlung mit Sozial-/Betriebspartnern.

Quelle: Human Ressource Manager 

30 August 2019

Ganz legale Tuning-Tipps für den Lebenslauf

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So kommen Sie ans Ziel

Ganz legale Tuning-Tipps für den Lebenslauf

Das „Curriculum Vitae“ ist die Visitenkarte des Bewerbers. Die Versuchung, die aufzuhübschen, ist groß. Aber lügen im Lebenslauf ist gefährlich – und strafbar. Wir zeigen Ihnen die Top 7 legalen Tuning-Tipps für den Lebenslauf.

Nicht jeder tut es, aber viele: Laut Umfragen manipulieren fast 50 Prozent aller Bewerber ihren Lebenslauf, um sich ins ein besseres Licht zu rücken. So prahlen zum Beispiel ein Drittel mit Verantwortung und Aufgaben, die sie in vergangenen Jobs gar nicht gehabt haben. Bei den Sprachkenntnissen geben sich fast 20 Prozent sicherer als sie eigentlich sind. In Sachen letztes Gehalt mogeln sich 10 Prozent reicher, bei Fachkenntnissen und erreichten Bildungsabschlüssen übertreiben mindestens fünf Prozent.

Spätestens hier kann es übel werden, wenn diese Fälschungen auffliegen. Denn darum handelt es sich im gesetzlichen Sinne. Der Lebenslauf ist ein Dokument, in dem man mit seiner Unterschrift die Richtigkeit aller Angaben bestätigt. Eine Urkundenfälschung kann mit bis zu fünf Jahren Haft oder einer happigen Geldstrafe geahndet werden. Aber, keine Angst: In diese Gefahr müssen Sie sich nicht begeben, wenn Sie darauf achten wollen, dass Ihre Bewerbung auch wirklich alle Ihre Stärken richtig zur Geltung kommen lässt. Wie das gelingt, verraten wir in 7 ganz legalen Tuning-Tipps für den Lebenslauf.

#1 Stil:

Schon mit den richtigen, geschickten Formulierungen also einer guten Rhetorik können Sie ihre Kenntnisse und Fähigkeiten entscheidend aufwerten. Adjektive wie „maßgeblich“ oder „entscheidend“ unterstreichen die Bedeutung Ihrer Arbeit. Bringen Sie Ihre Kernkompetenzen prägnant auf den Punkt so prägen Sie sich beim Personalentscheider ein. Profi-Tipp: Verzichten Sie auf nichtssagende Füllworte, so genannte „Buzzwords“ wie sie auch manchmal umgekehrt in Stellenausschreibungen vorkommen.

#2 Stärken:

Apropos Kompetenzen: Sie sollten natürlich vor allem jene Stärken und spezifischen Kenntnisse hervorheben, die für die Stelle besonders gefragt sind – oder interessant werden können. Es ist gar nicht so leicht seine Fähigkeiten richtig auszuspielen und sich dabei von der Masse abzuheben. Sie haben sich ja natürlich mit dem Wunschjob schon intensiv befasst und möchten dennoch keine 08/15-Bewerbung senden. Hier hilft es, sich in Sachen Personal Branding schlau zu machen, um sich als Bewerber als starke Marke zu präsentieren.

#3 Goodies:

Sie haben ein paar Extras zu bieten? Dann raus damit: Längere Auslandsaufenthalte können Sie beispielsweise als Sprachreise verkaufen. Auch die Organisation eines Charity-Turniers in ihrem Tennis-Club könnte dazu gehören. Perfekte Sprachkenntnisse sowie interkulturelle Kompetenzen sind neue Job-Kompetenzen, auch bekannt als Soft Skills. Die Auslandserfahrung kann für Bewerber also zum entscheidenden Pluspunkt werden.

Übrigens: Persönliches preisgeben, oder lieber nicht? Hobbies können vorkommen, solange sie Dynamik (Sport) und Intelligenz (Literatur, Schach) nahelegen – und dem Personalchef nicht Angst vor längeren Ausfallzeiten machen (Apnoe-Tauchen, Wingsuit-Diving).

#4 Lücken:

Ein paar freie Stellen im Lebenslauf sind heutzutage nicht unbedingt mehr ein furchtbarer Makel, im Gegenteil: Elternzeiten oder Sabbaticals werden in modernen Unternehmen voll akzeptiert. Wenn Sie zusätzlich während dieser Zeiten Weiterbildung betrieben haben oder selbstständigen Projekten nachgegangen sind, signalisieren Sie dem Personaler, dass Sie sich konsequent auf den Wiedereinstieg vorbereiten. Auch Arbeitslosigkeit kann mit solchen Angaben ins Positive gewandelt werden.

#5 Berufserfahrung:

Wer noch über wenig Berufserfahrung verfügt, sollte sich selbst mit seinen Stärken in den Vordergrund stellen. Sie sind doch als Angehöriger der jungen Generation bestimmt ein Ass in digitalen Themen oder besitzen wertvolle IT-Kenntnisse, oder? Haben sicher Erfahrung an Uni oder Schule mit digitalen Projekten gesammelt – mit Hausarbeitsforen, Cloudcomputing oder Web-Blogs. Wenn es nicht zu prahlerisch klingt, beeindrucken solche Dinge gerade ältere Chefs immer noch.

#6 Jobhopping:

Früher wurde Nibelungentreue zu einer einzigen Firma als Nonplusultra einer Berufslaufbahn angesehen, bis vor einigen Jahren galten Job-Wechsel alle fünf, sechs Jahre als akzeptabel. Heute sind Lebensläufe, in denen unterschiedliche Stationen im Wechsel von zwei, drei Jahren auftauchen, immer normaler. Wichtig ist es, Ihr „Jobhopping“ glaubhaft begründen zu können. Im Zweifel kann man Stichworte wie „Orientierungsphase“ , „Schwerpunktwechsel“ oder „Befristung“ zusätzlich anfügen – oder den Personaler betont auf positive Arbeitszeugnisse hinweisen.

#7 Kündigungen:

Sie sind nicht verpflichtet, von sich aus Details einer Kündigung zu schildern. Gab es zum Beispiel eine „personenbedingte Kündigung“ muss das im Lebenslauf nicht erwähnt werden – außer, der Arbeitgeber fragt explizit danach. Sind sie allerdings „Opfer“ einer Massenentlassung oder einer betriebsbedingten Kündigung geworden, sollten Sie das hingegen auf jeden Fall vermerken.

Quelle: Xing-News

23 August 2019

Design Thinking: Denkst du noch oder baust du schon?

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Artikel von Thomas Haskamp, Muriel Boukaz in "Zukunft der Arbeit"

Design Thinking: Denkst du noch oder baust du schon?

„Ist das wirklich das Gelbe vom Ei?“ fragte letztens eine Kollegin, nachdem sie einen Design Thinking Workshop absolviert hatte. In diesen zwei Tagen hat sie die Methode das erste Mal kennengelernt und anhand einer Problemstellung angewandt. Das Buzzword Design Thinking ist in aller Munde und zeigt bei der Suche auf Google knapp 35 Millionen Suchergebnisse an (zum Vergleich: Christiano Ronaldo, Überfußballer unserer Zeit schafft gerade mal 6 Millionen mehr). Doch was ist Design Thinking überhaupt? Uebernickel et. al (S.16, Design Thinking – Das Handbuch, 2015) formulieren es folgendermaßen: „Design Thinking ist eine Innovationsmethode, die auf Basis eines iterativen Prozesses nutzer- und kundenorientierte Ergebnisse zur Lösung von komplexen Problemen liefert.“ Entstanden im Silicon Valley um Ingenieuren nutzerzentriertes Produktdesign näherzubringen, wird es heute nicht nur für Produktdesign, sondern auch für Service-, Prozess- und Geschäftsmodellentwicklung verwendet.

Um nicht den Anschluss an die momentan erfolgreichsten Unternehmen weltweit zu verlieren – die aktuell so gut wie alle aus dem Silicon Valley kommen – versuchen sich die deutschen DAX-Konzerne in der Anwendung der Methode. Viele erhoffen sich dadurch neue, disruptive Ideen zu entwickeln. Hinzu kommt die spezielle Arbeitsweise, die stark auf interdisziplinäre Kollaboration und visuelles Arbeiten setzt. Spielerisches Prototyping soll die durch den eintönigen Büroalltag verlorengegangene Kreativität fördern und Produkte, Services und Geschäftsmodelle erlebbar machen. Dies trifft genau den Nerv unserer schnelllebigen Zeit. Aufgrund von VUCA (Volatility – Uncertainty – Complexity – Ambiguity) verändern sich Märkte und Produkte radikal. Entsprechend müssen sich Unternehmen an das veränderte Wettbewerbsumfeld schnell adaptieren um nicht den Anschluss zu verlieren. Design Thinking verspricht eine Antwort auf diese Herausforderungen.

Was macht Design Thinking so erfolgreich?

#Reflection in Action

Aufgrund jahrelanger Berufserfahrung wird ein Mitarbeiter sehr wertvoll für das Unternehmen, gleichzeitig entwickeln sich über die Jahre zahlreiche implizite Annahmen, wie Produkte oder Services am Markt wahrgenommen werden. Um dieser Gefahr entgegenzuwirken, versucht die Methodik explizit definierte Annahmen mittels greifbarer Prototypen mit Kunden zu testen. Dadurch werden Annahmen validiert und blinde Flecken reduziert.

#Playful Fun

Die spielerische Komponente im Design Thinking Prozess ist einer der wichtigsten Erfolgsfaktoren der Methode. Die frühe Umsetzung von Ideen in Prototypen fördert die Kreativität und versetzt einen in die Rolle eines Kindes. Mit Legobausteinen, Schere und Papier können die meisten Ideen erlebbar gemacht werden und auch der strukturierteste Excel-Spezialist wird zum Architekt seiner eigenen Vorstellungskraft.

#Disrupt Silo

Gerade bei Organisationsformen, die aus unterschiedlichen Abteilungen bestehen (Silo), besteht die die Gefahr, Verantwortung für Fehler anderen zuzuschreiben. Durch die interdisziplinäre Zusammenarbeit von Teams und das Vermeiden von vorschnellen Urteilen arbeitet Design Thinking dem bewusst entgegen. Das gemeinsame Erarbeiten der Lösung fördert ein einheitliches Problemverständnis und schafft die Grundlage für integrative Ansätze.

Bei allem Hype – Vorsicht vor Stolpersteinen!

#Company Aliens

Im traditionellen Unternehmenskontext wirkt die Methodik häufig wie ein Fremdkörper. Die bunten Post-its an den weißen Wänden und die gebastelten, bunten Prototypen passen nicht in das cleane und unpersönliche Open Office der Gegenwart. Das Spielerische beisst sich mit dem professionellen Auftreten, welches die Unternehmen darstellen möchten. Design Thinking Apostel wollen Farbe, neue Ideen und vor allem, eine neue Kultur im Unternehmen etablieren. Dadurch werden bestehende Unternehmenspraktiken bewusst hinterfragt und teilweise auch attackiert. Das schweißt beide Seiten jeweils zusammen. Hierdurch werden Methoden gegebenenfalls schnell als Ideologie wahrgenommen. Die „visionär“-denkenden Design Thinker können auf ein traditionelles Umfeld zunächst arrogant und überheblich wirken, wenn sie selbsternannt ins „gelobte Land“ führen.

#One-size fits all

Clustering, Know’s & Don’t Know’s, Personas, Common to Qualifier Framework, Benchmarking etc. – Design Thinking liefert zahlreiche Werkzeuge die im Rahmen des Prozesses zum Einsatz kommen. Dabei besteht die Gefahr, dass die Werkzeuge zum Selbstzweck werden und ein sportlicher Wettbewerb entsteht. Die Werkzeuge sollen im Prozess unterstützen und nicht am Denken hindern. Aus diesem Grund gilt es genau zu evaluieren, welche Werkzeuge welches Ziel verfolgen sollen.

Design Thinking – Mehr als nur eine Methode!

Alles in allem ist aus unserer Perspektive Design Thinking ein vielversprechender Ansatz für die Probleme der modernen Welt. Im Zeitalter von Globalisierung und Digitalisierung sind Arbeitsformen notwendig, die auf Collaboration setzen. Dabei werden wertschöpfende und kreative Denkprozesse gefordert und gefördert welche nicht durch Maschinen ersetzbar sind. Die Notwendigkeit agile Prozesse und Methoden in den Arbeitsalltag zu integrieren stellt viele Unternehmen, bzw. deren Mitarbeiter vor Herausforderungen. Design Thinking kann dabei eine – nicht die eine – Antwort darauf sein.

Die Kunst liegt im Detail. Unsere Erfahrung innerhalb der letzten Monate hat uns darin bestätigt.

Es geht nicht nur darum bereitgestellte Tools abzuarbeiten, sondern den Mehrwert und die Idee dahinter zu verstehen. Und so würde ich meiner Kollegin zur initial gestellten Frage „Ist Design Thinking wirklich das Gelbe vom Ei?“ antworten: Ja, ist es wenn man es richtig macht! Das erfordert viel Schweiß und ist sehr zeitintensiv.

Über die Autoren:

Thomas Haskamp studiert aktuell im Master of Arts in Business Innovation an der Universität St. Gallen (HSG). Er absolviert diesen als Double Degree in Kombination mit einem Master of Organisational Change & Consulting an der Rotterdam School of Management (RSM) . Vor diesem machte er seinen Bachelor in BWL/E-Business an der Leuphana Universität Lüneburg. Er sammelte Praxiserfahrungen im Mittelstand, Konzernen und der Beratung. In seiner Freizeit engagiert er sich für Fragen der Bildungsgerechtigkeit und reist sehr gerne.

Muriel Boukaz studiert momentan an der Universität St.Gallen (HSG) im Masterstudiengang Business Innovation. Zusätzlich arbeitet Sie in einem Schweizer KMU im Bereich Raumgestaltung und befasst sich dabei mit den Lern- und Arbeitswelten der Zukunft.

Voraus geht ein Bachelorstudium in Betriebswirtschaft, welches ebenfalls an der HSG absolviert wurde. Auslandaufenthalte in Brasilien, Frankreich und auf Weltreise bereichern Ihre multikulturelle Erfahrung. Beruflich hat Muriel Erfahrung bei einer Schweizer Grossbank und in der Unternehmensberatung gesammelt. In Ihrer Freizeit engagiert Sie sich in einem studentischen Verein, moderiert Veranstaltungen (u.a. Hannover Messe) und macht viel Sport.

Die Autoren sind Teilnehmer des einjährigen Design Thinking Kurses an der Universität St. Gallen (HSG) und der Beitrag spiegelt nur die Meinung der Autoren wieder. In Zusammenarbeit mit der University of Stanford – die als Geburtsstätte von Design Thinking gilt – wird der Kurs durchgeführt. Als Teil des globalen Sugar Networks (u.a. Karlsruhe Institute of Technology (KIT), Porto Design Factory, TU München, Linköping, Hasso-Plattner-Institut (HPI), Kyoto Institute of Technology) bearbeiten die Studierenden über einen Zeitraum von einem Jahr in internationaler Zusammenarbeit eine Fragestellung eines Partnerunternehmens (BMW, Merck, Swisscom, Daimler, Osram, Roche, SAP, Deutsche Telekom, …).

Quelle: ZukunftderArbeit

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