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25 November 2022

Jetzt kommt die ehrgeizige Generation Z – und löst die verweichlichten Millennials ab

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Work-Life-Balance ist out

Jetzt kommt die ehrgeizige Generation Z – und löst die verweichlichten Millennials ab

Die heutige Jugend strebt nach Karriere, Prestige und gutem Lohn. Auch an Selbstvertrauen mangelt es nicht, wie eine Studie zeigt.

Dieses junge Paar sprengt die üblichen Normen: Mit 14 bewirbt sich Yaël Meier spontan beim Schweizer Fernsehen und bekommt die Hauptrolle in einem Spielfilm. Nach der Matura mit 17 Jahren zieht sie von zu Hause aus und startet eine Karriere als Schauspielerin und Journalistin – allein auf Tiktok zählt sie 200 000 Follower. Mit 19, das war im letzten Jahr, gründet sie zusammen mit ihrem Freund Jo Dietrich eine eigene Agentur. Sie beraten Firmen darin, wie sie die junge Generation am besten erreichen.

Auch Jos Leben verläuft im Zeitraffer: Noch während der Agenturgründung ist er Student. Gerade hat der 24-Jährige sein letztes Semester an der London School of Economics abgeschlossen. Zuvor hatte er als Startup-Scout innovative Firmen aufgespürt. Ab Sommer gibt er eine Vorlesung an der Hochschule Luzern. Das Magazin «Forbes» zählt Jo und Yaël zu den 30 einflussreichsten Personen unter 30 in der Schweiz.

Als wäre das nicht genug: Seit Januar sind sie Eltern eines Sohnes. Was treibt die beiden an in ihrem rastlosen Leben? «Wenn wir eine Idee haben, überlegen wir nicht lange und setzen sie einfach um», sagt Jo Dietrich. Er vergleicht das mit dem Kompass des Kapitäns Jack Sparrow im Film «Pirates of the Caribbean»: Dieser zeigt nicht nach Norden, sondern in die Richtung, wo sein Herz hinwill.

Startups vernetzen sich über Tiktok

«Unsere Generation erhält über Social Media Inspirationen aus der ganzen Welt», so Dietrich. «Doch statt nur von tollen Zielen zu träumen, wollen wir diese auch erreichen.» Im Kollegenkreis sei der Aufbau eines eigenen Geschäfts ein Riesenthema. Auch auf Tiktok habe sich eine Szene von Startups entwickelt, die sich untereinander vernetzen.

Diese junge Generation bringe frischen Wind in die Arbeitswelt, sagt Leo Marty, Schweiz-Chef der Beratungsfirma Universum. Aus der Befragung von mehr als 11 000 Studenten an 78 Schweizer Hochschulen beobachtet er zudem einen interessanten Wandel: Auf die weniger ambitionierten Millennials folgt nun die zielstrebige Generation Z.

Die Millennials umfassen die Jahrgänge 1981 bis 1996. Ihre Prägung erfolgte um die Jahrtausendwende – daher ihr Name. Dagegen ist die Generation Z nach 1997 geboren; derzeit sind sie also 24 oder jünger. «Charakteristisch für die Generation Z sind ihr Ehrgeiz und ihre Tatkraft. Erfolg und ein kompetitives Umfeld haben für sie eine grosse Bedeutung», sagt Marty. Ein gutes Einkommen, Verantwortung und Prestige sind ihnen wichtig im Job. Dagegen legen die Millennials mehr Wert auf sogenannte weiche Faktoren wie flexible Arbeitsbedingungen und eine attraktive Work-Life-Balance.

 

 

Weil die Millennials nach Selbstverwirklichung streben, tragen sie den Ruf, weniger ausdauernd zu sein und die Arbeitsstelle häufiger zu wechseln. Das «Time Magazine» bezeichnete sie in einer vielzitierten Titelgeschichte als «The Me Me Me Generation» und beschrieb sie als «bequem, anspruchsvoll, selbstbezogen und oberflächlich».

Der britische Autor und Unternehmensberater Simon Sinek sieht die Ursache für diese angebliche Verweichlichung in der Elterngeneration der Millennials, den Babyboomern: «Ständig haben sie ihren Kindern eingeredet, dass sie etwas Besonderes seien und alles im Leben haben könnten.»

Leo Marty von Universum sieht aber ebenso die Vorzüge der Millennials: «Sie haben uns gelehrt, stärker auf den Sinn unserer Tätigkeit zu achten. Zudem haben sie uns von den festgefahrenen Hierarchien, Normen und Kleidervorschriften im Arbeitsleben befreit.» Doch nun, mit der Generation Z, gehe der Trend wieder zurück zu einem stärkeren Leistungswillen, erklärt Marty: «Ich beobachte eine verbreitete Ungeduld in dieser Altersgruppe: Sie beherrschen die neuen Technologien besser als wir alle – und diesen Vorsprung wollen sie gezielt für ihre Karriere nutzen.»

Die drei Generationen X bis Z

  • X: Die Generation X (Jahrgang 1965 bis 1980) gilt gemeinhin als ambitioniert, individualistisch und pragmatisch. Wichtig ist ihr ein materiell abgesichertes Leben.
  • Y: Diese Generation, oft Millennials genannt, legt Wert auf Selbstverwirklichung, Teamwork und das Leben im Hier und Jetzt – der Job soll Spass machen. Sie umfasst die Jahrgänge 1981 bis 1996.
  • Die 1997 bis 2012 geborene Generation Z ist komplett mit digitalen Technologien aufgewachsen. Sie will etwas erreichen im Leben – trotz oder gerade wegen der unsicheren Zukunft.

Was für unglaubliche Sprünge möglich sind, zeigt die Geschichte der beiden Zürcher Luca Steffen und Jascha Rudolphi. Sie waren gerade 22 und 23, als sie während des Lockdowns vor einem Jahr zu den grössten Importeuren von Schutzmasken in Europa avancierten. Allein dem deutschen Gesundheitsministerium haben sie Schutzausrüstung im Wert von 670 Mio. € verkauft – und damit etablierte Handelsfirmen ausgestochen. 

«Weil bei den Masken eine riesige Knappheit herrschte, kam es auf die Geschwindigkeit an», sagt Steffen. «Uns ist es gelungen, schneller als die Konkurrenz Verträge mit den Lieferanten aus China abzuschliessen.» Für den Transport nach Europa haben die Jungunternehmer mehrere Flugzeuge gechartert – was angesichts des blockierten Luftverkehrs einiges an Improvisationskunst und Risikobereitschaft verlangt habe.

Bereits als Lehrling und Gymnasiast stiegen die beiden ins Geschäft mit Parallelimporten ein. Ihr Startkapital betrug 20 000 Fr. – wofür sie ihr gesamtes Sparkonto plünderten. Der erste Deal war die Einfuhr von 1300 Flaschen Coca-Cola aus Polen, welche sie eigenhändig an Restaurants auslieferten. «Der Anfang war hart», erinnert sich Rudolphi, «wir brauchten ein ganzes Jahr, um den ersten Lieferanten zu überzeugen.»

Doch dann lernten sie rasch, die Preisunterschiede zwischen den verschiedenen Ländern auszunutzen. Sie begannen mit dem Handel von Schokolade, Kosmetika oder Parfum. «Mit Recherchen im Internet finden wir heraus, wenn etablierte Marken in einem Land zu viel für ihre Produkte verlangen.» In kurzer Zeit expandierten sie ihr Geschäft in 30 Nationen. Die geknüpften Kontakte nach China halfen ihnen auch beim Import der Masken.

Junge werden unterschätzt

Dass so junge Leute so dick ins Geschäft kamen, rief Kritiker auf den Plan. Als «Masken-Schnösel» wurden sie in manchen Berichten tituliert. An ihrer Seriosität wurde gezweifelt. Steffen verteidigt sich: «Die deutschen Behörden haben uns attestiert, dass wir verlässlich lieferten und unsere Ausfallquoten zu den tiefsten aller Anbieter gehörten.» Unter den 300 Millionen gelieferten Masken seien vereinzelt Mängel aufgetreten, doch hätten sie diese umgehend ersetzt. Auch ausserhalb des Maskengeschäfts gehörten renommierte Handelsketten zu den langjährigen Kunden.

«Unsere Generation ist mutig und geht neue Wege – trotzdem werden wir oftmals unterschätzt», sagen die beiden. «Doch uns hat diese Skepsis erst recht angespornt. Wir hatten von Anfang an grosse Ziele.»

 Studien zeigen, dass die Generation Z ihre Zukunft weniger zuversichtlich einschätzt als die Jahrgänge zuvor. Leo Marty sieht darin einen Grund für ihren Aktivismus: «Sie wollen ihr Schicksal in die eigenen Hände nehmen und nicht länger zusehen, wie wir Älteren die globalen Probleme vor uns herschieben.» Diese Generation habe realisiert, dass die Zeit bei vielen Fragen wie dem Klimawandel immer knapper werde.

Diese Unrast ist auch bei Yaël Meier und Jo Dietrich spürbar: «Was wir in der Schule und an der Universität lernen, genügt nicht, um uns auf das Leben vorzubereiten. Deshalb wollen viele nebenbei etwas Eigenes aufbauen», sagt Dietrich. Was ihn und seine Altersgenossen antreibe, sei aber ebenso die Lust auf den Wandel: «Für keine Generation vor uns war es so einfach, etwas zu bewegen und ein globales Publikum zu erreichen.» Die Aktivistin Greta Thunberg oder die Sängerin Billie Eilish hätten gezeigt, dass bereits Teenager die Welt erobern können.

Der Wunsch nach Unabhängigkeit war auch für Jascha Rudolphi die Triebfeder: «Hätte es mit der Firma nicht geklappt, so wäre ich womöglich ausgewandert – Hauptsache, ich habe etwas gewagt und ausprobiert.»


Google ist für Junge der attraktivste Arbeitgeber

Aus der Befragung von 11 800 Studenten in 78 Hochschulen kürt Universum alljährlich die beliebtesten Arbeitgeber in der Schweiz. Im neusten Ranking steht Google – einmal mehr – an der Spitze. Dahinter folgen je nach Fachrichtung die Bank UBS, der Elektrokonzern ABB oder der IT-Gigant Microsoft. 

«Die junge Generation ist besser ausgebildet denn je», sagt Leo Marty von Universum. «Deshalb verstärken die Firmen ihr Engagement, um diese Talente für sich zu gewinnen.» Damit die Integration des Nachwuchses auch gelingt, hat der Nahrungsmittelkonzern Nestlé ein Mentoring-Programm geschaffen. «Die jungen Leute arbeiten sehr effizient, sie sind schnell im Denken und innovativ», sagt Sonia Studer, Personalchefin von Nestlé Schweiz. «Damit ihre Initiativen aber nicht ungenutzt verpuffen, helfen ihnen Mentoren dabei, sich in unserer Organisation einzubringen.»

Besonders für Berufseinsteiger sei das Arbeitsumfeld wichtig, bestätigt Marty. «In unserer Befragung hat das Kriterium klar an Bedeutung gewonnen: Gerade in der Corona-Krise hat eine starke Firmenkultur die Motivation gefördert.»

 

Quelle: NZZ-Magazin

 

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18 November 2022

Wie bringt man diese Jungen zum Arbeiten? Arbeitgeber verzweifeln an der Generation Z

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«Quiet quitting» als Lebensphilosophie

Wie bringt man diese Jungen zum Arbeiten? Arbeitgeber verzweifeln an der Generation Z

Viele junge Menschen sind nicht mehr bereit, bis zum Umfallen zu arbeiten. Einen guten Lohn und viel Wertschätzung wollen sie trotzdem dafür. Verdient das nicht sogar Bewunderung?

An jeder Generation arbeiten sich die Älteren ab. Die heutigen Jungen erfordern besonders viele Nerven, und das hat mit ihrem Arbeitsethos zu tun. Ihre Haltung zum Arbeiten lässt sich so zusammenfassen: minimaler Leistungsaufwand bei gleichzeitiger Anspruchshaltung. Oder wie es ein Gastrounternehmer im Gespräch sagt: «Beim Bewerbungsgespräch ist die Drei-Tage-Woche Bedingung, und verdienen will man so viel wie derjenige, der schon einige Jahre Berufserfahrung hat.»

Sieht der junge Mensch, wie der Personalchef die Stirn in Falten legt, packt er seine Sachen zusammen, zieht die Bewerbung zurück und geht.

Die Generation Z gibt zu denken. Mit Generation Z ist die Altersgruppe der zwischen 1995 und 2010 Geborenen gemeint. Sie würden gebraucht, gerade beim derzeitigen Fachkräftemangel, aber sie nehmen die Stelle nur, wenn sie diese zu ihren Bedingungen gestalten können. Sie gestalten die Arbeitswelt um, indem sie die Sinnfrage stellen wie keine Generation vor ihnen: wozu überhaupt arbeiten?

Inzwischen bekennen sich viele junge Leute zum Konzept «quiet quitting», was bedeutet, dass sie ständig im Kündigungsmodus sind. Sie passen sich nur so viel wie nötig an und sind still am Gehen schon ab dem ersten Arbeitstag. Sie sind nicht bereit, Überstunden zu leisten, lesen abends nach fünf keine E-Mails mehr und verweigern sich jeder als Belastung empfundenen Zusatzaufgabe.

«Quiet quitting» als Lebensphilosophie wird auf Tiktok gefeiert, dem Videoportal der Generation Z. Dort zeigen sie ihre Abneigung gegen die «Hustle»-Kultur: So wie sich ihre Eltern oder Grosseltern hetzen liessen – eine solche Schinderei, je nach Sicht auch Hingabe genannt, käme für sie nie infrage.

Hält die Generation, die in den nächsten Jahren in den Arbeitsmarkt kommt, der kapitalistischen Leistungsgesellschaft den Spiegel vor? Haben sie, die das Leben geniessen wollen, sogar recht? Stehen wir am Anfang einer Antiarbeitsbewegung?

Freizeit als zentraler Wert

Wer bei der Arbeit mit ihnen zu tun hat, hat für die revolutionäre Haltung zuerst einmal wenig übrig. HR-Verantwortliche wundern sich, Vorgesetzte sind ungeduldig, ältere Arbeitskollegen genervt. Denn egal, ob man vielleicht Sympathie für die Freizeit liebenden Minimalisten hegt: Letztlich zählt nur das erfolgreiche Geschäft.

Eine Ärztin, sie will anonym bleiben, beklagt sich über das «Kommen und Gehen» ihrer Assistentinnen. Sie vermisst deren Loyalität und spricht von einer Opfermentalität: Bleibe eine der jungen Frauen wegen Menstruationsbeschwerden zu Hause, was zum Normalfall geworden sei, könne sie als Arbeitgeberin nichts machen: «Sonst drohen sie mit Diskriminierungsklagen, sie kennen heute das Arbeitsrecht.» Inzwischen stellt sie nur noch ältere Wiedereinsteigerinnen ein. Diese sind nichts anderes gewohnt, als die Pflichten zu erfüllen. Gut möglich, dass sie abends trotz dem strengen Tag sogar erfüllt nach Hause gehen.

Das hingegen erscheint der jungen Generation wie ein Widerspruch. Erfüllung durch den Beruf? Der Beruf als Teil der Selbstverwirklichung? Wer man ist und wer man sein möchte – dafür genügt man sich nun selbst. Selbstbestätigung holen sie sich in den sozialen Netzwerken. So erzählt eine Kosmetikerin von Lernenden, die vor allem sich selber schminken lernen möchten, um Filme davon auf Youtube zu stellen. Beim Gedanken an die Likes, die es dort gebe, sei das Engagement plötzlich spürbar. Allgemein fehle es am Durchhaltewillen. Sie müssten oft Pausen einlegen, seien schnell erschöpft.

Sie definieren sich nicht mehr über die Arbeit, sondern über die Selbstdarstellung, schreibt Rüdiger Maas in seinem Buch «Generation Z» (2019). Der deutsche Psychologe ist den jungen Menschen zwischen 12 und 27 durchaus wohlgesinnt. Er analysiert bloss die Resultate seiner grossangelegten Generationenstudie: Die Arbeit hat an Wert verloren, Freizeit, Reisen, Mode sind viel wichtiger. Freunde und Familie ebenso – junge Leute vertreten wieder konservativere Werte. Home-Office muss nicht zwingend sein, denn warum vereinbaren, was getrennt gehört?

Statt von Work-Life-Balance spricht man heute besser von Work-Life-Separation. Dabei war Work-Life-Balance lange ein gut klingender Begriff, der von Leuten verwendet wurde, deren Privatleben unter der Arbeitslast zu kurz kam. Nun wird er von der Generation besetzt, deren Berufskarriere noch nicht einmal begonnen hat. Sie sagen bereits beim Einstellungsgespräch, wie unabdingbar eine gute Work-Life-Balance für sie sei.

Maximale Flexibilität verlangt

Mit Betonung auf «Life», merken Michel Péclard und Florian Weber an: Die Gastronomen besitzen mehrere Restaurants in Zürich, und weil viele Stellen als Koch oder im Service unbesetzt bleiben, reiben auch sie sich an der fehlenden Arbeitsmoral der jungen Generation. Deren Unverbindlichkeit mache das Erstellen von Arbeitsplänen zur Kunst. «Am liebsten würden sie heute entscheiden, wie viel sie morgen arbeiten», sagt Weber. «Denn vielleicht müssen sie morgen entspannen.» Man versuche ihnen insofern entgegenzukommen, als man ihre Wünsche von Woche zu Woche berücksichtige. «Sonst hätten wir keine Mitarbeiter mehr.»

Seit Péclard und Weber bei einer krankheitsbedingten Absenz eine ärztliche Zweitmeinung einfordern, würden die Leute viel seltener fehlen. «Wie Babysitter», so kommen sie sich vor. Sie fördern nun gezielt afghanische Mitarbeiter in ihren Betrieben, von denen es schon einige vom Tellerwäscher zum Küchenchef geschafft hätten. «Die sind wenigstens dankbar.»

Die Gastronomen wissen, dass sie sich trotzdem anpassen müssen. Auch im Gastrogewerbe werden die guten Leute abgeworben. Sie überlegen sich also, was man den Arbeitnehmern noch bieten könnte. Einen Zustupf fürs Ski-Abo? Einen Gratis-Stehpaddel-Kurs? Dass man ihnen immer noch mehr geben müsse, damit sie überhaupt arbeiteten – Péclard, der selber zwei Söhne um die zwanzig hat, versteht die Welt nicht mehr.

Rüdiger Maas, der Generationenforscher, erklärt Arbeitgebern wie ihm gerne, was zu tun ist. Heute seien es die Unternehmen, die sich bewerben müssten, schreibt Maas. Den HR-Abteilungen und Führungskräften, an die sich sein Buch wendet, sagt er: Die Firmen sollten sich um die Gunst der Jungen bemühen. Man müsse ihnen die Welt zu Füssen legen, lautet sinngemäss ein Rat, und ein weiterer: «Behandeln Sie selbst die schlechtesten Bewerber gut.»

Denn wenn ein Unternehmen bei den jungen Leuten kein positives Gefühl erzeuge, könne es plötzlich eine Beschimpfung auf seinem Bewertungsportal vorfinden. Die Generation Smartphone, dies ein weiteres Etikett, bewertet andauernd online, was sie sieht, hört und erlebt.

Unverschämt selbstbewusst

Früher war es so: Erhielt man die Stelle nicht, suchte man den Grund für das Versagen bei sich selbst. Schon für die Bewerbung betrieb man einen Aufwand: Die ältere Schwester formulierte das Schreiben noch etwas besser, man lernte das Firmenleitbild auswendig, für das Vorstellungsgespräch kaufte man eine neue Bluse und war dann viel zu früh da. Heute weckt eine Absage kaum mehr Selbstzweifel. Will mich diese Firma nicht, so warten fünfzig andere Firmen auf mich.

Man kann sich dabei sogar Dinge erlauben, für die man früher vor Scham im Boden versunken wäre. Falsch geschriebene Firmennamen, Bewerbungsschreiben voller Rechtschreibefehler. Ein Filmproduzent erzählt von der Präsentation angehender Regisseure. In Powerpoint listeten sie die für sie wichtigen Punkte auf. Beim letzten Punkt blieb er hängen. «Hundezufriedenheit?», fragte er. Sie würden wohl Kundenzufriedenheit meinen? Ups! – die Jungs lachten nur.

An Selbstbewusstsein fehlt es ihnen nicht, und statt sie darum zu beneiden, sind die Älteren irritiert. Es gebe «ein Ungleichgewicht zwischen dem, was sie meinen zu können, und dem, was sie können», sagt der Gastronom Florian Weber. «Wer den eigenen Wert zu kennen glaubt, der fordert auch mehr.» Der Lohn und das Pensum sind das eine, seit der Pandemie kommt die freie Wahl des Arbeitsorts hinzu, ob Home-Office oder Office in Italien, und man fragt vorab nach Aufstiegsmöglichkeiten. Laut der Studie von Rüdiger Maas trauen sich 58 Prozent der Angehörigen der Generation Z eine Führungsposition zu unabhängig vom Bildungsgrad.

Das heisst nicht, dass sie dann nicht auch etwas erreichen. Das Jungunternehmerpaar Yaël Meier und Jo Dietrich hat die Gen-Z-Agentur ZEAM gegründet und erklärt Firmen wie Mercedes-Benz, was die Jungen wollen. Die beiden gehören selber der Generation Z an und stehen seit 2020 auf der «Forbes»-Liste «30 under 30». Im soeben erschienenen Buch «Gen Z. Für Entscheider:innen» schreibt Dietrich: «Mit einem Obstkorb gewinnt man keine jungen Talente.» Denn die jungen Talente, so gibt er zu verstehen, verglichen sich «mit der ganzen Welt».

Für diese Welt zählt ein gutes Arbeitsklima zum Wichtigsten. Spass soll die Arbeit machen. Wertschätzung braucht jeder Arbeitnehmer, die jungen Mitarbeiter benennen sie nun, wenn sie fehlt. Es ist das, was sie von ihren Eltern von Geburt an erhalten haben: das Gefühl, einzigartig zu sein, eine vorbehaltlose Bejahung ihrer Persönlichkeit. Der Name «snowflakes» ist nicht nett gemeint: Wer in Watte gepackt werde, heisst es, zeige wenig Widerstandskraft, wenn einmal ein rauerer Wind wehe.

Achtsames Arbeitsklima erwünscht

Den Angehörigen der Generation Z dürfte die Mühe der Älteren wenig anhaben. Die Macht wird sich ohnehin zu ihnen verschieben, den Jungen gehört die Zukunft. Sie prägen die Arbeitskultur bereits mit. Das ist gerade bei jungen Unternehmen spürbar. Die Zürcher Digitalmarketingagentur Webrepublic begann vor wenigen Jahren als Startup und ist vom kleinen Gründungsteam auf 240 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter angewachsen, Durchschnittsalter 32. Auch hier formulieren Bewerber, die frisch von der Uni kommen, ihre klaren Lohnvorstellungen. Könnt ihr mir später eine Ausbildung zahlen?, fragen sie: Was könnt ihr mir sonst noch bieten?

Sara Monteiro, Personalchefin der Agentur, bewundert diesen Mut. Sie selber, eine Millennial, hätte sich das nie getraut. Deshalb versteht sie die Leute, die sich hochgearbeitet hätten, Tag und Nacht im Einsatz gewesen seien und jetzt mit Befremden sähen, wie stark sich die Jungen abgrenzten: bei der Arbeitszeit und durch das Arbeiten von irgendwo. Das verändert das Zusammengehörigkeitsgefühl.

Das «emanzipierte Verhalten» der Generation Z gefällt Sara Monteiro. So brächten die Zwanzigjährigen etwa eine Sensibilität für Gendergerechtigkeit mit, von der alle im Büro profitierten. So wüssten sie, wie diskriminierend es sei, jemanden auf sein Äusseres zu reduzieren – und sei es durch ein Kompliment. Sie zeigten viel mehr Selbstachtsamkeit und fragten bereits beim Einstellungsgespräch, was man denn für die psychische Gesundheit der Mitarbeiter tue.

So sind sie gewappnet für den Fall, dass sie sich dann vielleicht doch einmal übernehmen.

Quelle: NZZ - Neue Zürcher Zeitung

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30 September 2022

Auf dem Weg ins postagile Zeitalter?

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New-Work-Barometer

Auf dem Weg ins postagile Zeitalter?

New Work und Agilität haben vieles gemeinsam: Es handelt sich um dehn­bare Begriffe. In der Praxis können Menschen in ­Orga­ni­sa­tionen die beiden Konzepte nicht deut­lich von­einander trennen. Gleich­zeitig mangelt es Unter­nehmen an Nach­weisen, dass die dahinter­stehenden Methoden wirken. Der Beliebtheit tut das keinen Abbruch, wie das dies­jährige New-Work-Barometer zeigt. 

 17 Softwareentwickler – darunter Jeff Sutherland und Ken Schwaber, die Erfinder des Scrum Frameworks, oder Ken Beck, bekannt für die agile Methode "Extreme Programming", – taten sich im Februar 2001 zusammen. Sie formulierten vier Leitsätze für agiles Arbeiten: Das "agile Manifest" war geboren. Auch der Begriff New Work hat schon einige Jahre auf dem Buckel: Frithjof Bergmann hat sein Konzept in der 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts entwickelt und 2004 in seinem Buch "Neue Arbeit, neue Kultur" zusammengefasst. 

Beide Begriffe sind populärer denn je, wie das diesjährige New-Work-Barometer (NWB) zeigt. Schon bisher analysierte die Studie, was Unternehmensvertreterinnen und -vertreter in Deutschland unter New Work verstehen und welche Maßnahmen Organisationen unter dem Label einsetzen. Die Befragung führt die SRH Berlin University of Applied Sciences jährlich in Kooperation mit dem Personalmagazin als Medienpartner und HRpepper Management Consultants als Praxispartner durch. Ferner unterstützen das Bundesministerium für Arbeit und Soziales und der Bundesverband der Personalmanager die Datenerhebung. In jedem Barometer werden zusätzlich Daten zu einem Schwerpunktthema erhoben: Nach der Umbenennung von Xing SE in New Work SE (2020) und der Coronapandemie (2021) beschäftigt sich das New-Work-Barometer 2022 nun mit dem Status quo von Agilität und der Rolle des Ansatzes für New Work. 
 

Das Verständnis von New Work bleibt weitgehend stabil 

In jedem Barometer fragen wir vier verschiedene Verständnisse von New Work ab. Diese reichen von dem Konzept Frithjof Bergmanns bis hin zur Annahme, dass es bei New Work um Homeoffice und Arbeitszeitflexibilisierung gehe.

  • Bergmann: "New Work hat das Ziel, das gegenwärtige Lohnsystem zu überwinden. Menschen sollen der Arbeit nachgehen, die sie wirklich, wirklich wollen und mit technologischer Unterstützung Produkte selbst herstellen, die sie zum täglichen Leben brauchen."
  • New Work Charta: "Jenseits isolierter Maßnahmen und Einzelmethoden konzentriert sich die Essenz von New Work in fünf Prinzipien, die sich im unternehmerischen Alltag widerspiegeln: Freiheit, Selbstverantwortung, Sinn, Entwicklung und soziale Verantwortung."
  • Psychologisches Empowerment: "New Work sind verschiedene Maßnahmen, die die Zielsetzung haben, das psychologische Empowerment der Mitarbeitenden zu steigern; das heißt das Erleben von Sinnhaftigkeit, Selbstbestimmung, Einfluss und Kompetenz am Arbeitsplatz."
  • Arbeitszeit- und Arbeitsortautonomie: "New Work beinhaltet vor allem Initiativen, die Arbeitsort- und Arbeitszeitautonomie in Organisationen fördern. Durch New Work wird mobiles Arbeiten und Homeoffice in Organisationen ermöglicht."

In Abbildung 1 sind die Ergebnisse dargestellt. Auf der Skala von 1 bis 7 erreicht das ursprüngliche Verständnis von Frithjof Bergmann die niedrigsten Zustimmungswerte und diese Werte sind weiter gesunken. Die sozialutopischen und politischen Ideen von Bergmann finden demnach immer weniger Zustimmung in Deutschland. Die übrigen Werte sind zwischen dem Jahr 2021 und 2022 stabil geblieben. Die höchste Zustimmung erreicht das Verständnis, dass es sich bei New Work um Maßnahmen handelt, die das psychologische Empowerment steigern. Ein signifikanter Unterschied zur zweitplatzierten New Work Charta besteht aber nicht. Nicht weit dahinter landet die "Homeoffice"-Definition. In Deutschland scheinen deutlich mehr Unternehmen New Work mit Arbeitsplatz- und Arbeitszeitautonomie zu assoziieren als mit Frithjof Bergmann. 

 

New Work is back

Im New-Work-Barometer geht es außerdem um Praktiken, die Menschen in Organisationen mit New Work assoziieren. Die Teilnehmenden nehmen eine Einschätzung vor, wie stark bestimmte Methoden für sie zum Thema New Work gehören und ob diese in ihrer Organisation zum Einsatz kommen. Zwischen den Jahren 2020 und 2021 verringerte sich die Einsatzhäufigkeit für fast alle Maßnahmen. Einziger Gewinner war das Homeoffice mit deutlichen Zugewinnen. Andere Praktiken stürzten regelrecht ab. Die agile Projektarbeit fiel deutlich von 69,1 auf 48,6 Prozent Verbreitung. Genauso stark verringerte sich der Einsatz der agilen Führung (63,2 Prozent 2020 versus 45,6 Prozent 2021) oder Kanban (49,7 Prozent 2020 versus 33 Prozent 2021). Deswegen ist es besonders relevant zu prüfen, wie verbreitet die "New-Work-Praktiken" im Jahr 2022 mit weniger pandemischen Restriktionen sind.

Die Ergebnisse für die Jahre 2021 und 2022 sind in Abbildung 2 dargestellt. Praktiken mit nur einem Balken haben wir 2022 erstmals in die Befragung aufgenommen. Zunächst ist eine Erholung der Einsatzhäufigkeiten bei vielen "New-Work-Methoden" zu verzeichnen. Von den 30 Maßnahmen, die sowohl im Jahr 2022 als auch im Jahr 2021 zum Zug kamen, sind 23 nun häufiger eingesetzt worden (76,7 Prozent). Größere relationale Verluste haben lediglich Jobsharing, Barcamps und Shared Leadership zu verzeichnen mit einem Minus von etwa 15 Prozent ihrer Einsatzhäufigkeit. Dagegen erleben andere Maßnahmen hohe Zuwächse. Der Einsatz von New Pay hat sich zum Beispiel fast verdoppelt. Deutlich dazugewonnen haben auch die offenen Bürokonzepte. Mit einer Verbreitung von 46 Prozent beschäftigen sich mittlerweile fast die Hälfte der Unternehmen mit diesem Thema. Hier scheinen goldene Zeiten für Innenarchitekten und Büromöbeldesigner anzubrechen. 

 

Auch drei Newcomer erreichen hohe Platzierungen: Selbstorganisation, offene Fehlerkultur und rollenbasiertes Arbeiten. Sie wurden integriert, weil Teilnehmende sie in vorherigen Barometern häufig als fehlend benannten. Alle drei scheinen tatsächlich eine starke Relevanz in der Praxis zu besitzen. Den Spitzenplatz besetzen aber weiterhin Arbeitsort- und Arbeitszeitautonomie und (siehe Abbildung 3). Einsam führt das Thema die Liste an und konnte sich noch einmal um 13,4 Prozent steigern. Nachdem die Industrialisierung die Trennung von Arbeits- und Wohnstätte im 19. und 20. Jahrhundert in fast allen Berufen durchgesetzt hat, klopft die Arbeit wieder laut an die heimische Haus- oder Wohnungstür und scheint bereitwillig eingelassen zu werden. Die Deutschen arbeiten wieder vermehrt so wie ihre Vorfahren im Mittelalter. Dieser Trend, den Corona stark beförderte, stabilisiert sich. Die relevanten Zukunftsfragen der Vuka-Welt werden Unternehmen mit dem Thema Homeoffice alleine aber nicht lösen können (siehe dazu das NWB 2021). Es dürfte auch noch einige Zeit dauern, bis sich das Arbeiten zu Hause und vor Ort in allen Unternehmen und Branchen harmonisiert hat.

Der Anfang eines postagilen Zeitalters?

Das diesjährige Schwerpunktthema beschäftigt sich mit dem Spannungsverhältnis zwischen Agilität und New Work. Die Ergebnisse des Vorjahres ließen den Schluss zu, dass Agilität seinen Zenit überschritten hat. Gibt es Indikatoren für eine postagile Zukunft, in der sich der Ansatz grundsätzlich verändert? Auch darum ging es in der diesjährigen Befragung.

Fest steht: Agilität ist ein ähnlich dehnbarer Begriff wie New Work mit verschiedenen Ebenen: Am einen Ende geht es um die agile Organisation, also den Grad der Agilität des Unternehmens und dessen Kultur als Ganzes. Am anderen Ende steht die des Individuums, also die agilen Verhaltensweisen der Mitarbeitenden. Die agile Führung hat auf dieser Ebene ihren Platz. Dazwischen liegt die Teamebene, die mit der agilen Projektarbeit und Methoden wie Scrum besondere Aufmerksamkeit bekommt und am häufigsten erforscht wird. 

In Abbildung 3 sieht man zunächst, dass agile Führung, agile Projektarbeit und Kanban sich in ihrer Einsatzhäufigkeit nach dem Absturz in 2021 wieder erholt haben. Während aber die agile Führung nur leichte Zugewinne zu verzeichnen hat (0,4 Prozent), fällt die Steigerung bei der agilen Projektarbeit (10,4 Prozent) und Kanban (7,6 Prozent) deutlich aus. Weiterhin fragten wir alle Teilnehmenden, wie sich der Einsatz von agilen Methoden in ihrem Unternehmen in den nächsten zwölf Monaten entwickeln wird. Auf einer siebenstufigen Skala von (-3 = starke Abnahme) bis 3 (starke Zunahme) liegt der Mittelwert bei 0,97. Die Befragten gehen somit von einem leichten Zuwachs aus. Da etwa die agile Projektarbeit bereits weit verbreitet ist (siehe Abbildung 3), könnte vielen Unternehmen eine weitere Zunahme schwerfallen. Zwischen den Einsatzabsichten und der Unternehmensgröße besteht keine signifikante Korrelation.

Die Zukunftstauglichkeit von Agilität zeigt auch die breite Ablehnung der Aussage, dass das agile Manifest und Agilität veraltet seien und Probleme von Organisationen in der Zukunft nicht lösen könnten. Diese Aussage lehnten 89,3 Prozent der Stichprobe ab. Dagegen stimmten 63,7 Prozent der Teilnehmenden der Aussage zu, dass es Unternehmen ohne die Implementierung von agilen Prinzipien und Methoden in der Zukunft schwer haben werden. Nur 37,5 Prozent stimmten der Aussage zu, dass Agilität ganzheitlich eingeführt werden muss und agile Inseln in Organisationen Schwierigkeiten haben. 

New Work Barometer: Gemischtes Stimmungsbild bei Zufriedenheit

Somit lassen verschiedene Indikatoren im New-Work-Barometer nicht die klare Aussage zu, dass das Thema Agilität in deutschen Unternehmen am Ende steht. Agilität lebt, aber wie lebt es sich, wenn Unternehmen Agilität praktizieren? Um diese Frage zu beantworten, sollten die Teilnehmenden aus bereits agile Methoden einsetzenden Unternehmen angeben, wie zufrieden sie mit dem Einsatz sind.

Dafür wurde eine Skala von -3 (= voll und ganz unzufrieden) bis + 3 (= voll und ganz zufrieden) genutzt. Der Mittelwert liegt lediglich bei 0,52. Zudem zeigt sich Varianz in den Daten: Einigen sehr zufriedenen Unternehmen stehen auch einige sehr unzufriedene gegenüber. So haben etwa 7,2 Prozent der Befragten die Stufen -3 und -2 gewählt. Schaut man sich diese Unternehmensvertreterinnen und -vertreter etwas genauer an, dann unterscheiden sie sich in zwei Punkten von der Gesamtstichprobe: Es sind häufiger Führungskräfte, und es finden sich doppelt so viele Unternehmen aus der Finanzbranche in der Gruppe der sehr Unzufriedenen wie im gesamten Datenpool. Zumindest eine kleine bis mittlere Korrelation besteht auch bei der Unternehmensgröße (ρ = -0,23, p < .01). Das heißt, je größer die Unternehmen sind, desto weniger zufrieden sind sie.

Korreliert man die Antworten zum Einsatz in den nächsten zwölf Monaten mit der Zufriedenheit, so ergibt sich ein mittelstarker Zusammenhang (r = -.33, p < .01). Je unzufriedener die Unternehmen sind, desto weniger Einsatz ist in den nächsten zwölf Monaten geplant. Weiterhin gaben die Teilnehmenden an, wie viele Prozent der Belegschaft von agilen Maßnahmen betroffen sind. Dies waren durchschnittlich 41,3 Prozent der Belegschaften. Die hohen Werte sind wahrscheinlich damit zu erklären, dass von der agilen Führung sehr viele Menschen betroffen sein können. Auch hier zeigt sich eine signifikante Korrelation mit der Einsatzzufriedenheit. Je zufriedener die Unternehmen mit dem Einsatz von agilen Methoden sind, desto breiter setzen sie diese auch ein (r = .48, p < .01).

Agilität zielt vorwiegend auf Leistung und Innovation ab 

Abbildung 2 zeigt, mit welcher Zielsetzung Unternehmen aus Sicht der Teilnehmenden agile Methoden einsetzen. Die Kategorien sind an eine aktuelle Metaanalyse angelehnt, in der der Erstautor gemeinsam mit Jan Koch alle weltweit durchgeführten Studien zur Wirksamkeit von agiler Projektarbeit statistisch ausgewertet hat.

Wie in Abbildung 2 ersichtlich, werden agile Methoden nur selten mit der Zielsetzung eingesetzt, die psychische Gesundheit der Mitarbeitenden zu fördern. Dagegen stehen ganz klar wirtschaftliche Ziele im Fokus. Agile Methoden sollen die Leistung und die Innovation der Mitarbeitenden und Teams steigern. Dies entspricht auch den Ergebnissen der Metaanalyse, in der dieses Ergebnis auch gezeigt werden konnte. Überraschend sind die verhältnismäßig niedrigeren Werte für das psychologische Empowerment als Zielsetzung der agilen Methoden.

Zwar scheint dieses als Ziel von New Work sehr weit verbreitet zu sein (siehe Abbildung 1). Dennoch nehmen nur etwa ein Drittel der Befragten das als Ziel für den Einsatz der agilen Methoden wahr. Unter Umständen könnte die Unzufriedenheit, die in einigen Unternehmen mit agilen Methoden bestehen, auch mit einer partnerschaftlichen Zielsetzung von Effizienz und stärkerer Humanisierung verringert werden. Wie bei der Einführung vieler anderer Methoden und Transformationen ist es sinnvoll, nicht nur das "Optimizing", sondern auch das "Satisfying" der Mitarbeitenden im Blick zu haben.

Um die Frage zu beantworten, wie sich das Verhältnis zwischen New Work und Agilität gestaltet, stellten wir den Teilnehmenden verschiedene Aussagen zum Thema Agilität vor. 62,7 Prozent der Befragten stimmten hier der Aussage zu, dass Agilität und New Work nicht klar zu trennen seien und agile Methoden ein Teil der New-Work-Agenda sind. Nur 13,9 Prozent waren der Meinung, dass Agilität nicht zu New Work gehört und die Begriffe klar getrennt werden sollten. 52,8 Prozent finden, dass zu große Schritte in Richtung Agilität, die nicht dem Reifegrad der Organisation entsprechen, auch zu Rückschritten beim Thema New Work insgesamt führen können. Die Ergebnisse sind somit deutlich: Agilität wird in Deutschland als Teil von New Work betrachtet. Die beiden Begriffe verstehen Mitarbeitende als zusammengehörig.

Fazit: mehr Aktionismus als Agilität

New Work steht immer wieder als vermeintlicher Hype in der Kritik – als Containerbegriff, in den jeder hineinwerfen kann, was er oder sie möchte. Dennoch hat sich die Verbreitung und Wahrnehmung in den Unternehmen weitestgehend stabilisiert. Lediglich Frithjof Bergmann wird mit seiner Sozialutopie in Deutschland immer irrelevanter. Das kann man beklagen, aber eventuell hat der 2021 verstorbene New-Work-Vordenker mit seinem politisch-philosophischen Ansatz nur wenig praxistaugliche Innovationsimpulse anzubieten. Auch mag die Abschaffung oder zumindest Reduzierung der Lohnarbeit viele Unternehmensvertreter nicht gerade begeistern, da es faktisch auf den Wechsel des Gesellschaftssystems hinausläuft. Dass die Menschen in Organisationen aber zumindest noch eine gewisse humanistisch orientierte Grundbasis bei dem Thema wahrnehmen, zeigen die hohen Zustimmungswerte für die New Work Charta und das Empowerment-Verständnis, die zudem konkrete Handlungsempfehlungen für die Praxis bereithalten. 

Die Ergebnisse des diesjährigen New-Work-Barometers deuten zudem darauf hin, dass sich das Thema New Work von der Coronakrise erholt hat. Im Lockdown war es für viele Unternehmen schwer, neue Arbeitspraktiken zu implementieren. Entsprechende Budgets wurden im Krisenmodus häufig erst einmal eingefroren. Diese Blockade hat sich mit Lockerung der Coronamaßnahmen offensichtlich gelöst. Das ist gut so, denn New Work darf nicht nur Homeoffice sein. 

Wer sich schon freute, dass nun das postagile Zeitalter angebrochen sein soll, und glaubte, das Thema Agilität aussitzen zu können, wird enttäuscht. Auch mehr als 20 Jahre nach der Veröffentlichung des agilen Manifests beschäftigen sich Unternehmen mit Agilität und wollen es auch weiterhin tun. Agilität wird zudem als Teil von New Work verstanden, auch wenn das einigen New-Work-Puristen nicht gefallen mag. Aber die Schwammigkeit des Begriffs, die dem von New Work ähnelt, könnte eine Zeichen dafür sein, dass es Erneuerungsbedarf gibt. Mit Blick auf eine volatile und komplexe Welt scheint diese Beschäftigung auch theoretisch keine schlechte Idee zu sein. Doch eine belastbare Evidenz besteht für den Einsatz noch nicht. Gerade einmal 33 Studien konnten wir weltweit in unserer Metaanalyse identifizieren, die sich quantitativ mit der Wirksamkeit von agiler Projektarbeit beschäftigen. Davon lassen nur ein Bruchteil kausale Schlüsse zu. Wäre Agilität ein Impfstoff, dann wären wir noch nicht einmal in Stufe 1 der Prüfung angekommen. 

"Postagil" wäre also gemessen am momentanen Status quo vor allem diese kritische Note und die Forderung nach neuen Denk- und Handlungsmöglichkeiten: Wir müssen wissen, warum und unter welchen Voraussetzungen Agilität wirkt und wann nicht. Erste Forschungsergebnisse zeigen beispielsweise, dass Menschen mit gewissen Persönlichkeitsausprägungen (wie hohem Sensation Seeking) mehr von agiler Projektarbeit profitieren als andere (siehe Koch & Schermuly, 2021a). Auch scheinen Konstellationen zu bestehen, in denen agile Projektarbeit eher anmutet, schädlich zu sein (Koch & Schermuly, 2021b). Vielleicht kann mit solchem Wissen auch die Unzufriedenheit beim Einsatz abgeschwächt werden, die vor allem in der Finanzbranche zu herrschen scheint. 

Dennoch setzen Unternehmen breit auf Agilität. Hier könnte durchaus ein gewisser Aktionismus ursächlich sein, weil die Konkurrenz vermeintlich schon so agil ist. Die ING bezeichnet sich beispielsweise als "erste agile Bank Deutschlands" und zeigt diese Aussage auf ihrer Internetseite neben einem Bild von Menschen, die turnen und als Clown verkleidet sind. Zahlreiche Medien haben über die ING und ihre Transformation berichtet. Doch was hier scheinbar gelingt, muss nicht bei anderen Organisationen funktionieren. Der Weg in die Zukunft der Arbeit und durch die Vuka-Welt ist vielfältig und bleibt es auch.

Über die Studie
Am diesjährigen New-Work-Barometer haben 581 Unternehmensvertreter teilgenommen – über 100 mehr als im Vorjahr. Die Befragten arbeiten mehrheitlich in der Industrie (14,8 Prozent), im IT-Bereich (14,6 Prozent) und in der Beratungsbranche (13,6 Prozent). Gegenüber dem Jahr 2021 hat sich vor allem der Anteil der Teilnehmenden aus der Beratungsbranche verringert. Am häufigsten kamen sie aus größeren KMU (251 bis 1.000 Beschäftigte: 20 Prozent) und Unternehmen mit 1.001 bis 10.000 Beschäftigten (24,8 Prozent). 54,9 Prozent der Befragten waren Führungskräfte (davon fast 70 Prozent im HR-Bereich). 59,7 Prozent bezeichneten sich als weiblich (39,4 Prozent männlich, 0,9 Prozent divers). Bei der Interpretation der Daten ist zu beachten, dass nur ein Teil der Teilnehmenden auch an den Barometern  zurückliegender Jahre teilgenommen hat. Die Stichproben sind über die Jahre nicht identisch. Da es sich jährlich um eine Neuerhebung handelt, können Trends nicht nur inhaltlichen Veränderungen anzeigen, sondern auch an unterschiedlichen Stichproben liegen.

Literatur

Koch, J., & Schermuly, C. C. (2021a). Who is attracted and why? How agile project management influences employee’s attraction and commitment. International Journal of Managing Projects in Business, 14(3), 699–720. 

Koch, J., & Schermuly, C. C. (2021b). Managing the crisis: How COVID-
19 demands interact with agile project management in predicting ­employee exhaustion. British Journal of Management, 32(4), 1265-1283.

Dieser Beitrag ist erschienen in Personalmagazin Ausgabe 9/2022 mit dem Schwerpunkt "New-Work-Barometer". Lesen Sie das gesamte Heft auch in der Personalmagazin-App.

Quelle: haufe.de

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16 September 2022

Hybrides Arbeiten: Den „Proximity Bias“ ausbremsen

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Hybrides Arbeiten: Den „Proximity Bias“ ausbremsen

Führungskräfte müssen unabhängig vom Arbeitsort Chancengleichheit ermöglichen, sagt Brian Elliott, Future Forum. So verringern sie Risiken hinsichtlich des „Proximity Bias“.

Hybrid Work ist zum weltweit vorherrschenden Arbeitsmodell geworden. Alleine in Deutschland sind 56 Prozent der Wissensarbeiterinnen / -Arbeiter in hybriden Strukturen tätig. Dies zeigen die jüngsten Ergebnisse der globalen Pulse-Studie des Future Forum, ein von Slack und seinen Partnern Boston Consulting Group, MillerKnoll und MLT ins Leben gerufener Think-Tank, der Unternehmen dabei unterstützt, die Arbeit in der digitalen Arbeitswelt neu zu gestalten.

Die Studie – die vierteljährlich veröffentlicht wird und auf einer Umfrage unter mehr als 10.000 Wissensarbeitenden in den USA, Australien, Frankreich, Deutschland, Japan und Großbritannien basiert – gibt ein Bild über die aktuelle Arbeitssituation: In Deutschland arbeiten derzeit lediglich 32 Prozent aller Wissensarbeiterinnen / -Arbeiter jeden Tag im Büro. Gleichzeitig zeichnet sich im Hinblick auf die Präferenzen und Wünsche der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ein eindeutiger Trend ab. 82 Prozent der Befragten in Deutschland geben an, dass sie hybrid oder sogar komplett remote arbeiten möchten. Nahezu alle deutschen Befragten (95 Prozent) wünschen sich zudem eine flexible Zeiteinteilung.

Wunsch nach Flexibilität bei Arbeitszeiten und Arbeitsort

Für Unternehmen sollten diese Ergebnisse ein Weckruf sein. Sie dürfen nicht den Fehler machen, Flexibilität nur als Notwendigkeit anzusehen, die man Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern gewähren muss. Stattdessen sollten Führungskräfte sowohl die freie Wahl des Arbeitsortes als auch die freie Zeiteinteilung als entscheidende Wettbewerbsvorteile erkennen. Denn nach der Vergütung ist Flexibilität der zweitwichtigste Faktor für die Zufriedenheit der Belegschaft. 50 Prozent der Büroangestellten in Deutschland sind bereit, sich beruflich neu zu orientieren, eine Zahl, die sich auf 69 Prozent erhöht, wenn sie mit der Flexibilität ihres Unternehmens nicht zufrieden sind. Unternehmen, die eine hybride Arbeitskultur unterstützen, reduzieren dadurch also auch aktiv die Mitarbeiterfluktuation.

Und auch im „War for Talents“ auf dem Arbeitsmarkt profitieren Arbeitgeber, die auf Flexibilität setzen, da sie aus einem deutlich größeren Talent-Pool schöpfen können – zum einen weil sie die Forderungen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nach Flexibilität erfüllen, zum anderen weil Einschränkungen im Hinblick auf den Arbeitsort wegfallen. Es geht also längst nicht mehr nur um die Debatte ‚remote versus Büro‘. Die Zukunft der Arbeit ist nicht ‚entweder – oder‘, sondern muss beide Modelle berücksichtigen und Mitarbeitenden unabhängig vom Arbeitsmodell die gleichen Chancen bieten. Vor allem Letzteres ist jedoch in vielen Unternehmen bisher nicht gegeben.

Wachsende Sorge vor “Proximity Bias”

Knapp 60 Prozent der Befragten in Deutschland geben zudem an, dass sie sich Sorgen über ihre berufliche Laufbahn machen, wenn sie dauerhaft oder größtenteils remote arbeiten. Einer der Hauptgründe dafür ist der sogenannte „Proximity Bias“ also das Phänomen, dass Mitarbeiterinnen / Mitarbeiter, die ihren Vorgesetzten örtlich näher sind, als bessere Arbeitskräfte wahrgenommen werden.

Denn obwohl im Zuge der Pandemie die Möglichkeiten für Hybrid und Remote Work stark ausgebaut worden sind, werden Mitarbeiterinnen / Mitarbeiter im Homeoffice oft noch benachteiligt beziehungsweise werden Mitarbeiterinnen / Mitarbeiter im Büro bevorzugt – vor allem in Unternehmen, die nach wie vor von einer Präsenzkultur und persönlichen Treffen geprägt sind.

Spontane Meetings werden häufig ohne Teammitglieder im Homeoffice abgehalten oder bestimmte Benefits kommen nur den Mitarbeiterinnen / Mitarbeiter vor Ort zugute. Die Nachteile treffen vor allem die Gruppen, die vermehrt im Homeoffice arbeiten, etwa Frauen oder Eltern. Diese entscheiden sich vermehrt für flexible Arbeitsregelungen – und somit gegen die Arbeit im Büro. So sind weltweit mehr Frauen als Männer remote tätig (23 Prozent gegenüber 17 Prozent) und auch berufstätige Väter und Mütter entscheiden sich häufiger für Remote- und Hybrid-Arbeitsmodelle als kinderlose Arbeitnehmende (71 Prozent gegenüber 61 Prozent).

Trotz der Risiken hinsichtlich des “Proximity Bias” geben Führungskräfte weitaus häufiger als Mitarbeitende ohne Führungsverantwortung an, dass sie mindestens drei Tage pro Woche im Büro arbeiten möchten (62 Prozent gegenüber 47 Prozent). Führungskräfte müssen hier umdenken und zukünftig als Vorbild in Sachen Hybrid Work agieren, indem sie eine flexible Arbeitsweise aktiv vorleben, statt durch verstärktes Arbeiten im Büro das Narrativ der „besseren Arbeit durch persönliche Präsenz“ zusätzlich zu stützen.

Kein Zurück zur vollständigen Büropräsenz

Eines ist klar: Die Zukunft der Arbeit ist hybrid. Es wird keine vollständige Rückkehr ins Büro an fünf Tagen die Woche geben. Nur wenn Unternehmen es schaffen, die Vorurteile gegenüber neuen Arbeitsmodellen auszuräumen, können sie Chancengleichheit unter ihren Mitarbeiterinnen / Mitarbeitern schaffen und sich langfristig als attraktiver Arbeitgeber positionieren. Führungskräfte müssen dafür individuell und regelmäßig weitergebildet werden. Denn nur Vorgesetzte, die Leistung an Ergebnissen und nicht an der Arbeitszeit festmachen, regelmäßig und konsequent Feedback geben sowie den Austausch innerhalb und zwischen Teams suchen, können ihre Angestellten in einem hybriden Arbeitsmodell bestmöglich unterstützen und so ihr volles Potenzial ausschöpfen.

Über den Autor

Brian Elliott ist Executive Leader und Senior Vice President des Future Forum, einem Konsortium, das von Slack ins Leben gerufen wurde, um Unternehmen dabei zu unterstützen, die Arbeit in der neuen digitalen Welt von Grund auf neu zu gestalten.

Quelle: hr-journal.de

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02 September 2022

Hybride Arbeitsweisen: So geht’s richtig

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Hybride Arbeitsweisen: So geht’s richtig

Tom Hirschbach-Taddey, Senior Manager Collaboration Specialists, und Katrin Hartmann, Head of People & Communities (HR), Cisco Deutschland, erläutern, wie Unternehmen funktionierende hybride Arbeitsweisen einführen können.

Nach dem Ende der Homeoffice-Pflicht zeigt sich immer klarer, dass sich hybride Arbeitsweisen auf breiter Front durchsetzen. Damit sie funktionieren, gibt es zwei wichtige Voraussetzungen: die richtige Technik und die passende Unternehmenskultur. Nur wenn beide Aspekte stimmen, ist Hybrid Work erfolgreich.

Mehr als drei Viertel der Mitarbeitenden in Deutschland möchten mindestens einen Tag in der Woche von zu Hause aus arbeiten, nur 16 Prozent wieder Vollzeit im Büro. Das ergab eine Umfrage von Cisco. Dieser Wunsch bringt auch den Unternehmen deutliche Vorteile.

So zeigt eine weitere Studie, dass hybride Arbeitsweisen das Wohlbefinden, die Work-Life-Integration und die berufliche Leistung der Mitarbeitenden verbessert. Doch gleichzeitig ist nur jeder/jede Fünfte der Meinung, dass sein Unternehmen „sehr gut“ auf die Zukunft des hybriden Arbeitens vorbereitet ist.

Technische Infrastruktur und Unternehmenskultur entscheidend

Führungskräfte, IT- und People & Communities (HR)-Abteilungen haben also noch einiges zu tun, damit Hybrid Work auch wirklich reibungslos funktioniert. Dabei sind zwei Punkte entscheidend: die technische Infrastruktur und die Unternehmenskultur. Bei der Technik geht es nicht nur um eine hochperformante und ausfallsichere Verbindung im Homeoffice, sondern auch um moderne Desksharing-Systeme und Collaboration-Tools im Büro, die allen Mitarbeitenden einen gleichwertigen Platz bei Diskussionen, Brainstormings und Besprechungen ermöglichen.

Gleichzeitig muss aus People & Communities (HR)-Perspektive das Unternehmen eine starke offene Kultur leben. Dabei stehen die Stärken der Mitarbeitenden im Vordergrund und Fehler sind erlaubt. Sie bietet einen vertrauensvollen Umgang und gleichzeitig eine umfassende Unterstützung für die individuellen Situationen der Mitarbeitenden (zum Beispiel Mental-Health-Aktivitäten, Wellbeing-Initiativen, berufliches und privates Coaching).

Hybride Arbeitsweisen: Die geeignete Technik

In der Pandemie stand aus technischer Sicht die zuverlässige Anbindung der Homeoffice-Arbeitsplätze im Fokus. Doch selbst nach zwei Jahren sagen 45 Prozent der deutschen Mitarbeitenden, dass regelmäßige Probleme mit der Konnektivität die Remote-Arbeit hemmen, so eine Cisco-Studie.

Hier können Unternehmen ihren Angestellten helfen, indem sie Hardware-Pakete mit integrierter Software für das Homeoffice bereitstehen. Dann erhalten sie bei Bedarf PC, Headset, Mikrofon, Kamera und Router aus einer Hand, die zentral von der IT-Abteilung aus der Ferne verwaltet werden kann. So muss sich der Mitarbeitende nicht mehr um den Betrieb kümmern – gleichzeitig profitiert das Unternehmen von hoher Sicherheit und effizienten Arbeitsabläufen.

Aber auch das Büro muss sich verändern, da durch die hybride Arbeitsweise nicht mehr jeder/jede Mitarbeitende einen festen Arbeitsplatz braucht. Im Gegenteil: Flexibles Desksharing ist das Gebot der Stunde. Doch für gemeinsam genutzte Schreibtische muss die Anmeldung des/der Mitarbeitenden an den Geräten viel einfacher funktionieren als bisher. Bei modernen Systemen gelingt dies zum Beispiel durch Scannen eines QR-Codes oder das simple Andocken von Laptop oder Smartphone und spezielle „Check-In“-Devices.

Den persönlichen Arbeitsbereich mitnehmen

So ermöglichen es neue Technologien, den persönlichen Arbeitsbereich überallhin mitzunehmen. Nach der Anmeldung können Nutzerinnen und Nutzer ihre persönlichen Kalendertermine und letzten Anrufe in ein gemeinsam genutztes Schreibtischgerät spiegeln und dieses für den Tag reservieren. Für ein modernes Büro-Erlebnis sorgen weitere hilfreiche Innovationen wie einfachere Touch-Raumbuchung, In-Room Navigation, Digital Signage und Sensoren für Temperatur und Luftqualität.

Die Auswertung der Nutzung von Räumen und daraus verwertbare Analysen zur Optimierung von Flächen bieten dabei einen unternehmerischen Mehrwert in der Gestaltung von Meeting-Umgebungen. Außerdem lassen sich hochqualitative Lösungen für hybride Meetings bereitstellen, wie Whiteboards und Videokonferenzsysteme in Büros oder smarte All-in-One-Lösungen für das Homeoffice.

Hybride Arbeitsweisen: Die passende Unternehmenskultur

Damit diese Systeme auch genutzt werden, muss das Unternehmen jedoch zwei Voraussetzungen erfüllen: ein umfassendes Change Management (inklusive Trainings für alle Mitarbeitenden) sowie die Förderung der flexiblen Zusammenarbeit durch eine entsprechende Unternehmenskultur. Beim Change Management ist es wichtig, die Belegschaft von Anfang an mitzunehmen und auf ihre jeweiligen Bedürfnisse einzugehen. Klare Vereinbarungen und Use Cases können den konkreten Nutzen im Alltag zeigen und Communities den gemeinsamen Austausch intensivieren.

Eine moderne Unternehmenskultur basiert vor allem auf gegenseitigem Vertrauen und Ergebnisorientierung. Für eine Vertrauenskultur braucht es offene Kommunikation, Empathie der Führungsmannschaft, Flexibilität für alle Lebensphasenmodelle der Mitarbeitenden und die Möglichkeit, Fehler zu machen.

Alle Bereiche des Unternehmens sind auf diese Ziele auszurichten – ob in Vertrieb, Entwicklung oder Marketing. Zentral ist dabei, dass diese Leitlinien von der Führungsetage vorgelebt werden und Mitarbeitende motiviert sind, die neuen Freiheiten zu nutzen. Dieser Prozess funktioniert nicht über Nacht. So sind über mehrere Jahre neue Ziele zu setzen, um nach und nach die Kultur zu verändern. Denn klar ist: Vertrauen kann man nicht verordnen, es muss erlebt und dann verinnerlicht werden.

Zusammenhalt in der hybriden Arbeitswelt sicherstellen

Eine weitere Frage lautet, wie Unternehmen den Zusammenhalt in einer hybriden Arbeitswelt sicherstellen. Hier müssen neue Formate entwickelt werden, die den Vorstellungen und Wünschen der Belegschaft entsprechen. Das heißt: Unternehmen, die erste Schritte weg von der kompletten Präsenzkultur gehen möchten, sollten zunächst in kleinen Teams hybride Meetings testen, bevor Sie direkt mit virtuellen Town-Halls starten. Grundsätzlich gilt: Ein Schritt nach dem anderen und nicht alle Tools und Formate gleichzeitig ausrollen, sodass sich Mitarbeitende an die neuen Möglichkeiten gewöhnen können.

Darüber hinaus sollten Führungskräfte und HR-Abteilung immer ein offenes Ohr für individuelle Wünsche und die persönliche Situation der Mitarbeitenden haben. Vor allem bei Remote Workern sind regelmäßige Nachfragen nötig und die Zusage, dass auch kritische Themen angesprochen werden dürfen, ohne Nachteile fürchten zu müssen. Denn nur wenn ein Mitarbeiter / eine Mitarbeiterin sich im Unternehmen wohlfühlt, wird er/sie dauerhaft bleiben.

Folgende Studie von Cisco könnte auch von Interesse sein: 100 Tage nach Ende der Homeoffice-Pflicht.

Über die Autoren

Tom Hirschbach-Taddey ist Senior Manager Collaboration Specialists bei Cisco Deutschland. Er hat über 22 Jahre Erfahrung in den Bereichen Führung, strategische Planung und Entwicklung von Zukunftstechnologien. Seit mehr als 15 Jahren ist er in Führungspositionen mit Personalverantwortung tätig.

Katrin Hartmann ist seit Februar 2021 Leiterin People & Communities bei Cisco Deutschland. Sie verfügt über 24 Jahre HR-Erfahrung in der IT-Branche und bringt eine umfassende, vielfältige und integrative Perspektive auf HR, Karriere, Talententwicklung, Employer Branding und vieles mehr mit.

Quelle: hr-journal

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26 August 2022

Homeoffice, Büro oder Cowork

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Neue Arbeitswelten

Homeoffice, Büro oder Cowork

Homeoffice und Büro reichen in Zukunft nicht mehr aus. Beim Softwareanbieter DATEV hat der „third place“ eine große Bedeutung.
Ausschließlich im Homeoffice zu arbeiten oder jeden Tag ins Büro zu fahren ist nach der Pandemie nur noch für wenige vorstellbar. Neue Ideen müssen her: Um die kümmert sich beim Softwareanbieter DATEV Rainer Schubert: Er ist „Leiter Entwicklung neuer Arbeitswelten“ und erklärt, welche Rolle ein „dritter Ort“ spielt – und wie man sich mit New Work die Fachkräfte sichert.

Faktor A: Wie sieht die Arbeitswelt momentan beim Unternehmen DATEV aus?

Rainer Schubert: Die gerade von vielen Unternehmen praktizierte Aufteilung zwischen fester Büropräsenz und Homeoffice-Tagen gibt es bei uns nicht: Eine Quote zu verordnen, wie viel Zeit unsere Mitarbeitenden an welchem Arbeitsort verbringen sollen, passt nicht zu unserer offenen Unternehmenskultur. Wir überlassen es den Teams selbst, für sich sinnvoll einzuschätzen, wie oft sie sich in Präsenz sehen sollten und an den Standort kommen. Es kann also durchaus sein, dass das eine Team regelmäßig Zeit am Standort verbringt. Ein anderes Team kommt dafür zwei oder drei Wochen gar nicht ins Büro und dann vielleicht eine Woche lang jeden Tag. Diese Freiheit wollen wir den Menschen schenken, gleichzeitig darf die Produktivität natürlich nicht leiden. Wir wollen mit unserem Ansatz das Team und wie es am effektivsten arbeiten kann in den Mittelpunkt stellen.

Ganz oft sind also weniger Mitarbeiter in der Unternehmenszentrale. Wie haben sich die Büros dadurch verändert?

Es gibt weniger (aber noch ausreichend) Einzelarbeitsplätze. Dafür gibt es viele Zonen für die Zusammenarbeit, in denen Teams an einem Ort neben Arbeitsplätzen auch Kommunikations-, Projekt-, Kreativ- und Rückzugsorte finden. Zusätzlich gibt es die große „Community Hall“ mit Arbeitsplätzen, Meeting-Flächen – und Barista. Hier treffen sich morgens viele unserer Mitarbeitenden bei einem Kaffee, bevor sie an einen Arbeitsplatz im Coworking-Space oder in eine Homezone an unserem IT-Campus gehen. Es ist toll, wie viele neue Netzwerke sich auf diese Weise gebildet haben, auch unter vorher fremden Kollegen. Der Ort bewirkt, dass sich Menschen persönlich austauschen und auch wieder an den Standort kommen.

Unternehmenszentralen, Standorte und Büros verändern sich also, aber müssen sich dadurch auch neu definieren. Welche Funktion müssen sie in Zukunft erfüllen?

Feste Standorte bleiben weiterhin wichtig, weil wir einen Identifikationsort brauchen. Die Teamidentifikation, die informelle Kommunikation und der soziale Austausch haben in der Pandemie sehr gelitten. Umso mehr brauchen wir jetzt einen Ort, an dem sich die Mitarbeitenden wohlfühlen und an dem das Miteinander und die Kollaboration wieder gefördert werden. Der Standort muss in Zukunft also ein Kommunikations-Identifikations-Community-Ort sein, an dem Mitarbeitende das Gefühl haben, heimzukommen in das Unternehmen. Für die meisten ist der Standort also ein Ort für die Zusammenarbeit im Team – manche möchten hingegen weiter jeden Tag auch für die Einzelarbeit ins Büro kommen, weil sie sich eine klare Trennung zwischen Privatem und Beruf wünschen. Das zeigt, wie vielfältig und individuell die Menschen sind. Deshalb ist es so wichtig, dass wir einen großen Blumenstrauß an Arbeitsmöglichkeiten anbieten. Jede und jeder soll sich sein eigenes Setting heraussuchen, das er oder sie zum guten Arbeiten benötigt.

Der dritte Ort: Vorteile des Homeoffice ohne dessen Nachteile

Welche Rolle spielt in dem Angebot der „dritte Ort“, also ein weiterer Arbeitsort neben Büro und Homeoffice?

Bei uns spielt der „third place“ eine große Rolle. Die meisten von uns haben sicherlich auch negative Implikationen im Homeoffice bemerkt. Bei mir persönlich war der Bewegungsmangel ein großes Thema. Es gab Tage, da bin ich keine tausend Schritte gegangen. Für viele kommt dann die Einsamkeit dazu, bei anderen springen die Kinder um den Schreibtisch herum. Dann gibt es Gegenden, in denen die Internetanbindung einfach unzureichend ist. All diese Herausforderungen führen in Verbindung mit dem Wunsch, nicht lange fahren zu müssen, zwangsläufig zum Thema „third places“. Diese sollen nicht in Konkurrenz zu unseren Standorten stehen, aber ebenfalls die Vorteile des Homeoffice bieten – zum Beispiel die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, Work-Life-Balance und Nachhaltigkeit durch eingesparte Fahrtwege.

Wie setzt DATEV das konkret um?

Im Moment setzen wir „third places“ mit Coworking-Spaces gleich, weil unsere Mitarbeitenden einen professionellen Arbeitsplatz brauchen: Sie sollen sich, salopp gesagt, nicht irgendwo auf eine Holzkiste setzen und arbeiten. Wir haben eine Fürsorgepflicht, die wir sehr ernst nehmen, und müssen auch die Arbeitsstättenverordnung berücksichtigen. Sie soll die Sicherheit und Gesundheit unserer Mitarbeitenden gewährleisten. Unsere Idee ist: Wir wollen ein Coworking-Netz in der Metropolregion Nürnberg initiieren. Mit dem Ziel, dass jede Mitarbeiterin und jeder Mitarbeiter innerhalb von 15 Minuten einen geeigneten dritten Arbeitsort erreichen kann. Deshalb läuft bereits unser Pilotprojekt mit aktuell fünf Coworking-Spaces.

Insgesamt gibt es aber leider immer noch zu wenige öffentliche Coworking-Spaces. Die Coworking-Verbände und Kommunen realisieren zwar, dass es einen Bedarf gibt. Aber auch andere Unternehmen in der Region müssen noch entdecken, dass Coworking-Spaces für sie eine sinnvolle Ergänzung sein können. Wir allein können keinen ausreichenden Bedarf für ein flächendeckendes Netz generieren, wenn Mitarbeitende im Schnitt etwa zweimal in der Woche in einem Coworking-Space arbeiten.

Welche Optionen der „neuen Arbeitswelten“ gibt es außerdem für die Mitarbeitenden bei DATEV?

Tatsächlich wird von unseren Mitarbeitenden Workation – also die Verknüpfung von Urlaub und Arbeit – immer wieder nachgefragt. Solange ein professioneller Arbeitsplatz und Internet vorhanden sind, können unsere Beschäftigten von jedem Ort in Deutschland aus arbeiten – ob es das Ferienhaus an der Nordsee oder die Skihütte in den Alpen ist. Da der Datenschutz unser größtes Gut ist, müssen die Mitarbeitenden aber jede Arbeitssituation entsprechend einschätzen. Sitzen sie beispielsweise in einem öffentlichen Café, müssen sie genau bedenken, mit welchen Daten sie gerade umgehen und ob jemand Drittes beim Telefonat zuhören oder auf den Bildschirm sehen kann.

Zusätzlich öffnen wir unsere 24 Niederlassungen auch als Homebase für remote Arbeitende – wenn zum Beispiel Beschäftigte aus Nürnberg einen Städtetrip in Hamburg mit ihrer Arbeit verbinden wollen. Weil das remote Arbeiten im Ausland arbeits- und sozialversicherungsrechtlich schwierig ist, begrenzen wir das Konzept der Workation bisher auf Deutschland.

So erhält DATEV Zugang zu Fachkräften

Homeoffice, Coworking, Workation: Beeinflussen diese neuen Arbeitskonzepte auch, ob man in Zukunft noch die umkämpften Fachkräfte für sich gewinnen kann?

Auf jeden Fall. Nicht jede Fachkraft möchte auch nach Nürnberg umziehen. In Berlin sitzen zum Beispiel Softwareentwickler-Teams im Coworking-Space Betahaus. Unsere IT-Fachkräfte können also in Berlin bleiben, gleichzeitig sind wir als Arbeitgebende in der dortigen IT-Szene sichtbar. Wenn plötzlich der Softwareentwickler für Steuerberater, Wirtschaftsprüfer und Rechtsanwälte mit im Betahaus sitzt, merken viele, dass es ja vielleicht doch ganz cool ist, was wir als DATEV machen. Darüber hinaus haben wir auf diese Weise Zugang zur IT-Start-up-Szene und sind am Puls der Zeit. Außerdem bietet unser Angebot die Chance, Fachkräfte zu halten, die schon bei uns sind: Einige unserer Mitarbeitenden möchten ihren Lebensmittelpunkt wieder dahin verlagern, wo sie herkommen, oder in den ländlicheren Bereich ziehen, weil sie Kinder haben und dort der Wohnraum für Familien attraktiver ist.

Für DATEV haben die neuen Arbeitswelten viele Vorteile. Was raten Sie Unternehmen, die auch diesen Weg gehen wollen?

Erstens: Jedes Unternehmen hat seine eigene Kultur. Es bringt daher nichts, fertige Arbeitskonzepte eins zu eins der eigenen Organisation überzustülpen. Jedes Unternehmen muss sich dieses Hemd so zurechtschneidern, dass es passt. Zweitens: alle Mitarbeitenden mitnehmen. Klar ist es nicht möglich, einen solchen Umbau basisdemokratisch zu entscheiden – aber Unternehmen sollten die Ideen und Optimierungsvorschläge ihrer Mitarbeitenden hören. Alle einzuladen, sich an dem Prozess zu beteiligen, wie wir künftig arbeiten wollen, sollte oberstes Gebot sein.

 

ZUR PERSON

Rainer Schubert ist „Leiter Entwicklung neuer Arbeitswelten“ bei DATEV und kümmert sich um innovative Arbeitsformen und neue Konzepte. Mit seinem Team hat er das Pilotprojekt „Coworking-Spaces in der Metropolregion Nürnberg“ umgesetzt und einen Coworking-Space innerhalb der Zentrale etabliert. Zuvor war Rainer Schubert mehrere Jahre als Teamleiter Facility Management/Belegungs-, Einrichtungs- und Umzugsmanagement für die Ausstattung der Standorte verantwortlich. Das Unternehmen DATEV mit Sitz in Nürnberg bietet Software- und Cloud-Lösungen für steuerliche Beraterinnen und Berater des Mittelstands. Es hat mehr als 8.300 Mitarbeitende und erzielte im Geschäftsjahr 2021 einen Umsatz von 1,22 Milliarden Euro.

Quelle: Faktor A - Das Arbeitgebermagazin

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12 August 2022

Die Zukunft des Büros

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Moderne Arbeitsplätze

Die Zukunft des Büros

Die Frage, wie und vor allem wo wir arbeiten, zielt ins Herz unseres Verständnisses von Arbeit. Und die Antwort darauf verändert sich ständig: Während zu Zeiten der Pandemie das Homeoffice und digitale Arbeitsplätze eine ideale Lösung darstellten, ist nun vielerorts die Rückkehr des Büros zu beobachten. Doch muss sich dessen Architektur einem neuen Verständnis von Arbeit anpassen? Und gibt es überhaupt ein einfaches Zurück zum Büro?

Vor der Coronapandemie schien die Sache klar zu sein: Wahre Produktivität gibt es nur im Büro. Durch die fast flächendeckende Umstellung auf Homeoffice wurde dieser Glaube widerlegt. Denn tatsächlich waren viele Menschen im Homeoffice sogar produktiver als im Büro. Gleichzeitig gilt nach wie vor, dass das Büro ein Ort des Wissens und damit auch ein Ort der Macht ist. Der Anteil der Erwerbstätigen, die ständig oder teilweise im Büro arbeiteten, lag im Jahr 2020 laut einer Studie des Industrieverbands Büro und Arbeitswelt bei mehr als 70 Prozent. Das Büro als gemeinschaftlicher Ort nimmt eine wichtige Funktion im Leben vieler Menschen ein. Das Arbeiten zu Hause war für viele mit sozialer Isolation gleichbedeutend. Allein darum wird es zu einer „Rückkehr“ in die Büros kommen.

Dass ein Büro zum attraktiven Ort für die Mitarbeitenden wird, sollte zentrales Anliegen der Arbeitgeber:innen sein. Ein angenehmer Arbeitsplatz, zu dem man gerne kommt, ist ein wichtiger Faktor, wenn es um Produktivität und Kreativität geht. Das erklärt, warum auch große Technologiekonzerne wie Amazon, Apple oder Google aktuell massiv in neue Immobilienprojekte investieren.

Dahinter steht ein Wandel des Arbeitsbegriffs selbst, genauer gesagt, dem der Wissensarbeit. Diese ist schließlich mehr als nur eine Tätigkeit, die am Computer erledigt wird – ansonsten würde der Ort, an dem gearbeitet wird, keine bedeutende Rolle spielen. Das neue Verständnis von Wissensarbeit ist enger mit dem Büro verknüpft, in dem Menschen zusammenkommen, sich wohlfühlen, sich miteinander austauschen und auch Arbeiten am Computer erledigen. Diesem neuen Arbeitsbegriff muss sich die Büroarchitektur anpassen.

Das Ende des Büroturms

Die Hochhausarchitektur ist das Symbol für das alte Verständnis von Arbeit. Die hohen Bürotürme stehen repräsentativ für die hierarchisch strukturierte Organisation und zweckorientiertes Arbeiten. Nach dem neuen Verständnis müssen Büros in Zukunft jedoch eher flach, offen und vernetzt sein, damit sie zu einem sozialen Ort werden, der den Austausch befördert.

„DIE BÜROARCHITEKTUR MUSS SICH EINEM NEUEN ARBEITSBEGRIFF ANPASSEN.“

Wie stark sich das Verständnis von Arbeit bereits verändert hat, zeigt das Neubauprojekt, das Siemens derzeit in Berlin-Spandau umsetzt. Die Planung für die Siemensstadt datiert auf die Zeit vor der Pandemie und wurde während der Pandemie grundlegend infrage gestellt. Den ursprünglich geplanten Turm wird es ebenso wenig geben wie die vorgesehene Aufteilung in klassische Büros. Vielmehr entstehen Gemeinschaftsflächen, Konferenzräume sowie Räume für soziale Kontakte. Die Arbeitsplätze, die es geben wird, werden größer.

Was zeichnet das Büro der Zukunft aus?

Das Büro der Zukunft muss mit den Arbeitsbedingungen konkurrieren, die Menschen zu Hause vorfinden. Aspekte wie die Akustik, die im Großraumbüro keine Rolle spielten, gewinnen nun an Bedeutung. Rückzugsräume für konzentriertes Arbeiten sollten eine lärmarme Arbeitsumgebung bieten, bei denen auch Details wie die Tischgröße oder Zimmerpflanzen bedacht werden. Büroarchitektur und Arbeitsprozesse sollten sich gegenseitig befördern.

Der Wegfall des Pendelns wurde laut Statista Global Consumer Survey von vielen Menschen als großer Zugewinn von Lebensqualität erlebt. Büros werden darum künftig vermehrt nach ihrer Lage und Erreichbarkeit bewertet. In Zukunft wird es gemäß einer Studie vom Verband Deutsches Reisemanagement zudem weniger Geschäftsreisen als früher geben und gleichzeitig mehr Online-Meetings, die im Büro ungestört möglich sein müssen.

Die Geschäftsmodelle der Unternehmen verändern sich. Das Bürogebäude der Zukunft muss flexibel sein und sich neuen Anforderungen anpassen können. Dazu gehören auch frei wählbare Arbeitsplätze und -zonen, sodass Mitarbeitende den Arbeitsplatz passend zur Tätigkeit und Aufgabe wählen können.

Das Büro aus HR-Perspektive

Da der arbeitende Mensch bei den Überlegungen zum Büro der Zukunft verstärkt in den Fokus rückt, wird die HR-Perspektive in diesem Zusammenhang aufgewertet. Denn das Büro als Gemeinschaftsort stiftet künftig vermehrt Identität und ist darum in Zukunft wichtiger denn je, wenn es darum geht, Talente zu gewinnen und langfristig an das Unternehmen zu binden. Einer der Schlüssel bei der Gestaltung des Büros der Zukunft ist es, den Angestellten zuzuhören und sie zu fragen, was sie brauchen. Insbesondere für die jüngeren Generationen sind dabei auch Fragen des Klima-, Umwelt- und Gesundheitsschutzes bei Gebäuden ein immer wichtiger werdender Aspekt.

Was kann das Büro, was das Homeoffice nicht leisten kann?

Bei der Gegenüberstellung von Homeoffice und Büro muss auch gefragt werden, welche Vorteile Letzteres gegenüber den eigenen vier Wänden hat. Allen voran sind hier die Arbeitssicherheit und die Datensicherheit zu nennen, die der Arbeitgeber gewährleisten muss. Kein anderer Ort als das Büro erlaubt es mehr, kontrollierte Bedingungen zu erhalten und die Arbeitskultur bewusst zu gestalten. Es bietet zudem weniger Ablenkungen, wie beispielsweise durch Paketboten, Haushaltstätigkeiten oder andere private Aufgaben. Nicht zuletzt ermöglicht gerade ein gemeinsamer Arbeitsort einen ungezwungenen Austausch und direkte Kommunikation mit Kolleg:innen.

Fazit: Das Büro als Ort des Austauschs

Das Büro und seine Architektur stellten lange Zeit einen Ort dar, der gestaltet war, um effektive Arbeit zu ermöglichen und zu kontrollieren. Heute ändern sich die Rolle und das Selbstverständnis der Angestellten sowie deren Bedürfnisse grundlegend. Selbstbestimmung, Achtsamkeit, Gesundheit am Arbeitsplatz und Aspekte des neuroergonomischen Arbeitens gewinnen immer stärker an Bedeutung. Das Büro muss sich diesen neuen Anforderungen anpassen, um als Ort der Arbeit relevant zu bleiben.

Dabei ist die Erkenntnis ausschlaggebend, dass die Architektur und das Design der Arbeitsumgebung direkt mit der Leistungsfähigkeit der Mitarbeitenden zusammenhängen. Als das Büro jüngst mit dem Homeoffice konkurrierte, wurde der Verbesserungsbedarf offensichtlich. Im digitalen Zeitalter ist Wissen nicht mehr an einen konkreten physischen Ort gebunden, sondern virtuell jederzeit und überall verfügbar. In Zukunft muss das Büro mindestens ebenso attraktiv für Arbeitnehmer:innen sein wie das Arbeiten von zu Hause oder anderen Orten. Nur wenn es gelingt, das Büro in diesem Zuge zu einem Ort des Austauschs, der Kreativität und der Generierung neuer Ideen zu machen, wird es zu einem Revival des Büros als wichtigem Ort der Arbeit kommen.

Quelle: Faktor A Das Arbeitgebermagazin

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27 Mai 2022

Tele Haase Steuergeräte Ges.m.b.H. - Ein Unternehmen auf dem Weg in die Zukunft

Posted in Trends, Führung, Leadership

Ein Gastbeitrag von Markus Stelzmann in Führungsforschung

Tele Haase Steuergeräte Ges.m.b.H. - Ein Unternehmen auf dem Weg in die Zukunft

Im Jahr 2017 wurde an dieser Stelle über das Wiener Unternehmen TELE erstmals berichtet und kurz danach wurde ein hierauf bezogenes Interview mit mir geführt. Interessant ist TELE für viele gewesen und geblieben, die sich mit alternativen Formen des Organisierens, des Führens und der Zusammenarbeit in Organisationen beschäftigen. Der Medienhype hält bis heute an. Die Entwicklung ist natürlich seitdem weitergegangen. Vieles hat sich bewährt, aber auch Ambitioniertes musste wieder aufgegeben werden. Darüber möchte ich heute berichten, meine Lehren mit Ihnen teilen, Empfehlungen aussprechen und den Blick erneut nach vorne richten.

Wird unsere Welt nun immer komplexer und „unplanbarer“, oder hat sich nur die Geschwindigkeit der notwendigen Reaktion erhöht, auf das sich permanent verändernde Umfeld? Eine spannende Diskussion, aber derzeit ohne größeren Nährwert für die sich transformierenden Unternehmen, beziehungsweise Organisationen. Gerade in der Pandemie wuchs in Unternehmen das Bewusstsein, dass Authentizität und Integrität, die Übereinstimmung aus Absicht und Handeln, eine Lösung für die Zukunft sein können. Selbst in der derzeit gelebten kognitiven Dissonanz scheint es vielen Unternehmen bewusst zu werden, dass mindestens eine gründliche Bestands-, beziehungsweise Zustandsaufnahme notwendig sein könnte, um festzustellen, ob man noch in der Lage ist, auf die Fragen der Zukunft eine Antwort zu finden. Mittlerweile ist es offensichtlich, dass Unternehmen auf Anforderungen wie:  Klimaneutralität, Fachkräftemangel, Digitalisierung, neues Menschenbild, oder Organisationsstruktur nicht mehr nur mit den klassischen Antworten basierend auf dem tayloristischen Gedanken reagieren können. 

 

Quelle - den vollständigen Artikel können Sie weiterlesen unter leadership insiders

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18 März 2022

Das hybride Büro: Chance und Herausforderung zugleich

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Personalmanagement

Das hybride Büro: Chance und Herausforderung zugleich

Das hybride Büro bringt viele Chancen mit sich, von denen neben dem Unternehmen auch die Umwelt profitieren kann – vorausgesetzt, es ist gut durchdacht.

Das hybride Büro bringt zahlreiche Vorteile mit sich. Da für Mitarbeitende der Arbeitsweg öfter entfällt, bleibt ihnen zum Beispiel mehr Zeit, um Beruf und Familie miteinander zu vereinbaren. Arbeitgebende profitieren wiederum, weil weniger teure Bürofläche benötigt wird. Einer PwC-Studie zufolge lohnt sich das sogar schon ab einer Reduktion von nur acht Prozent. Kein Wunder also, dass laut einer Umfrage von IDC mehr als ein Drittel der Unternehmen zukünftig darauf setzen wollen. Doch das hybride Arbeitsmodell bringt auch einige Herausforderungen mit sich – und diese müssen unbedingt im Vorfeld beachtet werden, damit es in der Praxis auch wirklich funktionieren kann.

Neues Modell, neue Herausforderungen

Mit dem Einrichten der Homeoffice-Plätze und der Reduzierung der stationären Fläche ist die Umsetzung des hybriden Büros noch lange nicht getan. Da nicht mehr alle Mitarbeitenden einen festen, ihnen zugewiesenen Arbeitsplatz haben, kann das neue Modell nämlich schnell im Chaos enden. Die Verteilung manuell zu organisieren, wäre jedoch sehr zeitaufwendig und fehleranfällig. In der Folge könnte es zu Überbelegungen kommen oder aber der zugewiesene Schreibtisch entspricht nicht den individuellen Bedürfnissen des Mitarbeitenden. Im schlimmsten Fall resultieren beide Szenarien in einem hybriden Büro, in dem es nicht möglich ist, produktiv zu arbeiten – und das gilt es unter allen Umständen zu vermeiden.

Was es braucht, um die verfügbare Fläche smarter zu organisieren, ist ein zentrales System, mit dem sich Buchungsüberschneidungen genauso wie die Zuteilung unpassender Arbeitsplätze vollautomatisch verhindern lassen. Dabei kann es helfen, zahlreiche zusätzliche Faktoren wie die unterschiedlichen Ansprüche der Mitarbeitenden miteinzubeziehen. Nehmen wir zum Beispiel an, eine Vertriebsmitarbeiterin benötigt am Vormittag ein Einzelbüro, weil sie ungestört eine Präsentation vorbereiten muss. Am Nachmittag soll sie diese im Abteilungsmeeting vortragen und braucht dementsprechend einen größeren Raum. Mithilfe eines zentralen Systems lässt sich all das effizient und ganz ohne Leerstände organisieren. Ähnliches gilt natürlich auch für Mitarbeitende, die auf einen barrierefreien Arbeitsplatz angewiesen sind. Manche benötigen aber auch nur ausnahmsweise ein Büro mit Drucker oder arbeiten einfach gerne an einem Schreibtisch mit Fenster.

Das hybride Büro in der Praxis

Ein Standort, an dem das bereits umgesetzt wurde, ist die Forschungseinrichtung CERN. Hier sind rund 10.000 Mitarbeitende und Gastwissensschaffende angestellt, die nur gelegentlich vor Ort sind. Dort haben sie die Möglichkeit, per App ihren Schreibtisch flexibel zu buchen und dabei auch Sonderwünsche wie beispielsweise einen Fensterplatz auszuwählen. Beim Betreten des Raumes werden sie automatisch eingecheckt. Geschieht dies nicht, wird der Raum wieder zur Buchung freigegeben, wodurch sich die Auslastung optimieren lässt. Mitarbeitende können außerdem einsehen, wer an diesem Tag an welchem Arbeitsplatz sitzt. Dieser Raumbezug erleichtert die Navigation vor Ort ungemein, sollte doch einmal der Bedarf für ein persönliches Gespräch bestehen.

Aber auch anderen – wie beispielsweise der HR-Abteilung – fällt es auf diese Weise leichter, die Auslastung im Auge zu behalten. Gerade hinsichtlich der anhaltenden Pandemie ist das äußerst wichtig. Diese hat dazu geführt, dass Unternehmen überhaupt erst dazu gezwungen waren, sich mit alternativen Modellen auseinanderzusetzen und macht auch weiterhin Kontaktbeschränkungen erforderlich. Deshalb gilt, die Mitarbeitenden, die nicht oder zumindest nicht immer ins Homeoffice ausgelagert werden können, vor Ort so zu verteilen, dass das Infektionsrisiko für sie möglichst gering ist. Zum einen lassen sich mit digitalen Hilfsmitteln jene Schreibtische identifizieren, die belegt werden können, um gleichzeitig die Abstandregelungen einzuhalten. Zum anderen kann die maximale zulässige Zahl an Mitarbeitenden, die je nach aktuellem Infektionsgeschehen variiert, besser geregelt werden. Ist diese erreicht, kann das System automatisch einen Riegel vorschieben, indem es keine weiteren Buchungen zulässt.

Großes Potenzial für mehr Nachhaltigkeit

Doch die Möglichkeiten gehen noch weit darüber hinaus: Gerade hinsichtlich des Klimawandels kann das digital organisierte, hybride Büro Unternehmen dabei unterstützen, Ressourcen einzusparen und sich dadurch dauerhaft nachhaltiger aufzustellen. Da der Arbeitsweg öfter entfällt, lässt sich der CO2-Ausstoß stark reduzieren. Laut eines Gutachtens des Instituts für angewandte Arbeitswissenschaft wären das bei nur einem Tag Homeoffice pro Woche schon 850 Millionen Kilogramm Kohlendioxid pro Jahr. Doch auch im Büro können Ressourcen und damit Kosten ganz unmittelbar eingespart werden: Mithilfe einer smarteren Organisation der Arbeitsplätze können Mitarbeitenden so verteilt werden, dass ganze Stockwerke oder Gebäudeabschnitte nicht belegt werden. So kann mehr Fläche freigehalten werden, die nicht beheizt werden muss – und Energie wird eingespart.

Auch externe Geodaten, die sich zum Beispiel auf Staus oder das Wetter beziehen, können berücksichtigt werden. So ist das System in der Lage, zu prognostizieren, ob eine größere Gruppe Mitarbeitender später eintreffen wird oder bei Schnee eher kurzfristig zuhause bleibt. Dadurch fällt es auch der Kantine leichter, ressourcenschonender zu planen. Ohne ein zentrales System müsste dafür gesorgt werden, dass für jede Eventualität genügend Lebensmittel verfügbar sind, was nicht selten dazu führt, dass große Mengen weggeworfen werden müssen. Wenn das Kantinenteam jedoch stets den Überblick darüber behalten kann, wie viele Mitarbeitende an diesem Tag vor Ort zu Mittag essen, können die entsprechenden Mengen vorbereitet werden.

Am Ende sollte es beim hybriden Büro immer darum gehen, den Mitarbeitenden einen Arbeitsplatz zu schaffen, an dem sie optimale Arbeitsbedingungen vorfinden und sich wohlfühlen. Nur so werden die optimalen Voraussetzungen für produktives und innovatives Arbeiten geschaffen.

Über den Autor

Jürgen Schomakers studierte Wirtschaftsgeographie mit dem Schwerpunkt Geoinformatik und arbeitet heute bei Esri, einem Produzenten von GIS-Software, Location Intelligence und Mapping. In seiner aktuellen Position als Managing Partner ist er vor allem für die technologische Strategie des Unternehmens verantwortlich und legt seinen Fokus auf interkulturelles Management, IT-Strategie für Unternehmen, Geschäftsumwandlung und Change Management.

Quelle: Human Ressources Manager

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25 Februar 2022

Ist die Gen Z zu altmodisch für die moderne Arbeitswelt?

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Ist die Gen Z zu altmodisch für die moderne Arbeitswelt?

Mit der Gen Z müssen sich Unternehmen auf eine neue Arbeitshaltung einstellen, sagt Simone Seidel, Director People Central Europe bei Sage.

Die Generation Z unterscheidet sich in vieler Hinsicht von bisherigen Generationen. Auf Homeoffice legen sie keinen großen Wert. Wichtig sind den 16- bis 24-Jährigen stattdessen flexible Arbeitsstrukturen, die ihnen zugleich aber auch das Gefühl von Stabilität, Orientierung und Ordnung vermitteln – und vor allem eines: eine klare Trennung zwischen Berufs- und Privatleben. Um die Digital Natives 2.0 in all ihrer Widersprüchlichkeit aber auch mit all ihren Chancen für sich zu gewinnen, müssen Unternehmen neue Anreize und Arbeitsmodelle bieten.

Homeoffice ist beliebt. Laut einer Umfrage im Auftrag des Karriereportals LinkedIn unter rund 1.000 Beschäftigten in Deutschland haben die Angestellten vor allem den Mix aus der Arbeit im Büro und zuhause zu schätzen gelernt: Fast die Hälfte der Befragten (48 Prozent) bevorzugt diese hybride Variante. Wieder dauerhaft in die Firma zurückkehren, wollen dagegen nur knapp 29 Prozent.

Eine Altersgruppe steht dem Thema Homeoffice allerdings eher skeptisch gegenüber. Und das sind überraschenderweise die 16-bis 24-Jährigen, die Generation Z. Gerade die „Digital Natives 2.0“, die mobile Anwendungen so selbstverständlich nutzen wie keine Generation vor ihnen, lehnen die Arbeit in den eigenen vier Wänden mehrheitlich ab: Fast die Hälfte (47 Prozent) würde lieber ausschließlich im Büro arbeiten. Eine Mischung aus Büro und Homeoffice wünschen sich nur 29 Prozent.

Ambivalentes Verhältnis zu flexiblen Arbeitsweisen

Ein Grund für diese ablehnende Haltung: Als Schüler beziehungsweise Studenten hatten viele Jugendliche mit dem Pandemie-bedingten Fernunterricht Probleme. Vor allem das Gefühl der sozialen Isolation und die daraus resultierende mangelnde Motivation machten ihnen zu schaffen. Diese Erfahrungen sollen sich nach Ansicht dieser Altersgruppe im Arbeitsleben nun nicht wiederholen. Das hat eine im US-Fachblatt Nature veröffentlichte internationale Studie von Microsoft ergeben, für die fast 61.000 Beschäftigte von Dezember 2019 bis Juni 2020 befragt wurden.

Demnach empfinden 60 Prozent der 16- bis 24-jährigen Homeoffice als große Herausforderung. 70 Prozent erwarten zwar, dass ihr Arbeitgeber die Möglichkeit für Remote Work grundsätzlich bietet, wollen aber gleichzeitig viel Zeit mit den Kollegen im Büro verbringen. Ein Widerspruch, der das generell ambivalente Verhältnis der Gen Z zu flexiblen Arbeitsweisen beschreibt: Die jungen Beschäftigten erwarten, dass sich Unternehmen als fortschrittliche Arbeitgeber präsentieren, auch wenn sie die entsprechenden Angebote kaum wahrzunehmen gedenken.

Generation der Widersprüche

Ein ähnlich widersprüchliches Bild zeichnet die Studie „Future of Work“, für die im Auftrag der HR-Plattform Zenjob im Mai 2021 rund 1.200 Vertreter der Gen Z in Deutschland befragt wurden. Demnach wünscht sich die Hälfte der jungen Erwachsenen zwar feste Arbeitszeiten. Gleichzeitig legt aber jeder zweite Befragte großen Wert auf Flexibilität im Arbeitsalltag. Autonomie hat grundsätzlich einen hohen Stellenwert für die Gen Z: 83 Prozent der Umfrageteilnehmer wollen die Möglichkeit haben, ihre Arbeitszeit selbst einzuteilen, um nach dem eigenen Rhythmus arbeiten zu können. Von der Selbstorganisation sind die jungen Beschäftigten jedoch oft überfordert. Die Hälfte der Befragten erklärte, dass ihnen diese nicht immer gelinge. Entsprechend groß ist der Wunsch nach festen Arbeitsstrukturen im Büro vor Ort.

Als entscheidender Aspekt gilt zudem die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben (69 Prozent). Klar definierte Arbeitszeiten und ein pünktlicher Feierabend gewinnen wieder an Bedeutung. Denn die jungen Arbeitnehmer wissen, dass Arbeiten im digitalen Zeitalter überall und jederzeit möglich ist und sie damit Gefahr laufen, dass ihr Leben nur noch aus Arbeit besteht. Viele wünschen sich daher „flexible feste Strukturen“. Das können beispielsweise fixe Arbeitszeitkontingente sein, die sie dann aber im eigenen Rhythmus erfüllen.

Homeoffice gilt als Karrierebremse

Die Zurückhaltung der ganz Jungen beim Thema Homeoffice hat aber noch einen weiteren Grund, wie die Umfrage von LinkedIn zeigt: Gut die Hälfte der Befragten zwischen 16 und 24 Jahren befürchtet, dass sich Homeoffice negativ auf ihre Karriere auswirken könnte. So haben viele Vertreter der Gen Z Bedenken, dass sie während der Tätigkeit zuhause von Vorgesetzten weniger wahrgenommen und bei Beförderungen übergangen werden könnten.

Auch die fehlende Möglichkeit, von Kollegen zu lernen, wurde häufig genannt. Unter den Angestellten zwischen 35 und 44 Jahren machen sich dagegen nur 37 Prozent Sorgen um ihre Karriere, und bei den über 55-Jährigen ist es gerade einmal ein Viertel. Die Gründe hierfür sind einleuchtend: Ältere Mitarbeiter sind meist schon gut vernetzt im Unternehmen, zudem ist ihnen der Aufbau der eigenen Karriere oft nicht mehr so wichtig, da sie hier bereits ein gutes Stück vorangekommen sind oder diese Planungen inzwischen abgeschlossen haben.

Hohe Erwartungen an den Arbeitgeber

Auch in grundsätzlichen Fragen hat die Generation Z hohe Erwartungen an ihre Arbeitgeber: Neben einem sicheren und unbefristeten Arbeitsplatz wünschen sich die jungen Beschäftigten moderne Technik sowie Feedback in Echtzeit – egal ob auf eine Bewerbung oder auf eine erledigte Aufgabe im Büro. Sie wollen Verantwortung tragen, aber nicht zu viel. Sich lebenslang an ein Unternehmen zu binden, können sie sich nur schwer vorstellen, und zu Überstunden sind sie weniger bereit als die Generationen vor ihnen.

Die ohnehin schon großen Herausforderungen für Personaler bei der Gewinnung von Fachkräften könnten sich mit den ab 1999 Geborenen und ihren hohen, teils widersprüchlichen Erwartungen daher noch verschärfen. Denn diese Altersgruppe tritt in einer Zeit ins Berufsleben ein, in der den Unternehmen der Nachwuchs ausgeht. Sie kann es sich leisten, anspruchsvoll zu sein und vertritt ihre Bedingungen entsprechend selbstbewusst. Einige Unternehmen haben auf die Anforderungen der Generation Z bereits reagiert. So verzichtet die Deutsche Bahn im Recruiting mittlerweile auf Bewerbungsanschreiben, und selbst Branchen mit traditionell hoher Arbeitsbelastung – etwa Unternehmensberatungen – bieten bereits Teilzeitstellen an.

Fazit

Die Generation Z ist für Unternehmen sehr wertvoll. Die sogenannten Digital Natives 2.0 sind noch stärker als die Millennials in einer Always-Online-Welt aufgewachsen und können wesentlich zur Digitalisierung von Unternehmensprozessen und Geschäftsmodellen beitragen. Allerdings ist diese Generation auch von Widersprüchen geprägt, die das Recruiting und die Mitarbeiterbindung erschweren. Die einzige Chance, diese Herausforderungen zu bewältigen, besteht darin, diesen jungen Menschen genau zuzuhören, ihre Bedürfnisse zu kennen und sehr gezielt darauf einzugehen – und zwar über ihren gesamten Mitarbeiterlebenszyklus hinweg. Und das fängt bereits beim Recruiting an.

Über die Autorin

Simone Seidel hat bei Sage die Position des Director People Central Europe inne. Schwerpunkte ihrer Arbeit sind unter anderem die Auswirkung der Digitalisierung auf die Mitarbeitermotivation und unternehmerische Transformationsprozesse hin zu einer People Company.

Quelle: hr journal

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11 Februar 2022

Vielfalt belebt das Geschäft

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Diversity Management

Vielfalt belebt das Geschäft

Dass es für Unternehmen durchaus gewinnbringend sein kann, wenn Minderheiten die Mehrheit bei ihnen bilden, belegen zahlreiche Studien. Ihre Erkenntnis: Wertschöpfung entsteht durch Wertschätzung. Warum? Weil Vielfalt Innovationen fördert – vorausgesetzt, sie wird in den Firmen gelebt und ist Teil der Unternehmenskultur.

Juristin, promoviert, mehrsprachig, wortgewandt – Michaela Dudley wäre vermutlich für viele Arbeitgeber eine interessante Kandidatin für Führungsaufgaben. Einerseits. Andererseits: Dudley ist schwarz. Sie ist 60. Und sie ist eine Transfrau. Drei Eigenschaften, von denen bereits eine vermutlich genügen würde, damit manche Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber sie vom Bewerbungsverfahren ausschließen – vorausgesetzt, sie würde nach einem Job suchen, was sie nicht tut. Längst hat sie ihr Anderssein zu ihrem Job gemacht.

Dudley arbeitet nicht nur als Kabarettistin und Journalistin, sondern auch als Diversity-Beraterin. Gebucht wird sie von Unternehmen wie der Deutschen Bahn, dem Mitteldeutschen Rundfunk oder der Führungsakademie der Agentur für Arbeit. „Sie erkennen, dass ich gleich mehrfach von Diskriminierung betroffen bin“, sagt Dudley. „Und drei verschiedene Rednerinnen in einer Person zu haben, ist natürlich drei Mal so attraktiv.“

In Dudleys Vorträgen und Workshops geht es um die eigenen, oft unbewussten Vorurteile, die sogenannten unconscious bias, aber auch um die Vorteile von Vielfalt. Themen, mit denen man sich auch bei Ikea intensiv beschäftigt. Seit 2006 gibt es in der deutschen Dependance des Möbelkonzerns die Position Equality, Diversity & Inclusion Manager; Nicole Peper ist als People & Culture Managerin an Bord und betont: „Diversity ist fester Bestandteil unserer DNA. Neben dem Thema Vielfalt steht für uns heute gleichberechtigt das Thema Chancengleichheit.“ Was man bei Ikea darunter versteht? Gleiche Bedingungen für alle Mitarbeitenden, gleiche Bezahlung für gleichwertige Arbeit und gleiche Chancen auf Weiterentwicklung. „Zahlenmäßige Diversity ist für uns erst der Anfang“, sagt Peper. „Echte Diversity und Inklusion ist unserer Ansicht nach erst erreicht, wenn wir die individuellen Unterschiede unserer Mitarbeitenden als selbstverständliche Bereicherung unserer Teams und unseres Geschäfts begreifen.“

Gesellschaft verändert sich, Belegschaft auch

Auch deshalb gehörte Ikea zu den ersten Unterzeichnern der 2006 von vier Unternehmen gegründeten Initiative Charta der Vielfalt. Inzwischen ist daraus ein Verein mit mehr als 4000 Mitgliedern geworden. Sie alle – kleine Betriebe wie große Konzerne – haben eine Selbstverpflichtung unterschrieben. Ihr gemeinsames Ziel: „ein wertschätzendes Umfeld für alle Mitarbeitenden zu schaffen – unabhängig von Alter, ethnischer Herkunft und Nationalität, Geschlecht und geschlechtlicher Identität, körperlichen und geistigen Fähigkeiten, Religion und Weltanschauung, sexueller Orientierung und sozialer Herkunft.“ Denn die Gesellschaft in Deutschland hat sich verändert – und das spiegelt sich in den Belegschaften wider.
Das gilt auch für die Deutsche Bahn. Menschen aus vier Generationen arbeiten dort; sie stammen aus mehr als 100 Kulturkreisen und stehen den unterschiedlichsten Religionen nahe. 14 Prozent der Mitarbeitenden sind unter 30 Jahre, 42 Prozent älter als 50. Und diese Vielfalt wird weiter zunehmen: wegen des demografischen Wandels, wegen des Fachkräftemangels, wegen der Pluralisierung der Lebensentwürfe und Arbeitsformen. Also hat die Bahn die konzernweite Initiative „Einziganders“ ins Leben gerufen – und entschieden, die verschiedenen Minderheiten nicht länger als Nachteil zu betrachten, sondern als Vorteil. „Unsere Vielfalt macht uns stark“, sagt Personalvorstand Martin Seiler. Nur Vielfalt, ist man inzwischen im Konzern überzeugt, macht es möglich, alle Potenziale am Arbeitsmarkt zu erschließen.

Positive Wirkung von Vielfalt

Tatsache ist: Organisationen haben auch gar keine andere Wahl, wenn sie im nationalen und internationalen Wettbewerb bestehen wollen, urteilt Aletta Gräfin von Hardenberg, langjährige Geschäftsführerin des Vereins Charta der Vielfalt. Auch sie sieht in der Diversität vor allem Chancen: „Sie beeinflusst das Arbeitsklima positiv, bindet Fachkräfte an die Organisation und trägt grundsätzlich zu einer Verbesserung des Images bei – ein wichtiger Faktor, um die besten Nachwuchskräfte zu gewinnen.“ Darüber hinaus profitierten große wie kleine Firmen von gemischten Teams, da sie innovative Lösungen und produktivere Ansätze böten. 

Wie eng Vielfalt und Geschäftserfolg zusammenhängen, zeigt auch eine internationale Studie der Unternehmensberatung McKinsey von 2020. Ihr Ergebnis in Kurzfassung: „Je diverser, desto erfolgreicher.“ Firmen mit einer hohen Genderdiversität haben demnach eine um 25 Prozent höhere Wahrscheinlichkeit, überdurchschnittlich profitabel zu sein; bei Unternehmen mit multiethnischen Führungsteams liegt dieser Anteil sogar bei 36 Prozent. Denn entscheidend sei, so McKinsey-Partnerin und Diversity-Expertin Julia Sperling, dass im Management möglichst verschiedene Stimmen gehört und unerwartete Fragen gestellt werden. Die Kommunikation sei dann intensiver, allerdings auch kontroverser: „Diversität schafft keine Harmonie, sondern erfordert Energie“, sagt Sperling. „Es ist deutlich einfacher, Entscheidungen in einer homogenen Gruppe zu treffen, in der ohnehin alle einer Meinung sind.“
Chancengleichheit nur mangelhaft umgesetzt

Doch dass konstruktiv geführte Konflikte kreativ und produktiv sein können – davon scheinen die Führungskräfte zumindest in Deutschland wenig überzeugt zu sein. Wie sonst ließe sich das Resultat einer etwa zeitgleich durchgeführten Studie der Online-Jobplattform Stepstone und der Handelsblatt Media Group erklären, in der es heißt, dass drei von vier Berufstätigen selbst Erfahrungen mit Diskriminierung gemacht haben, mehr als 60 Prozent aktuell keine Chancengleichheit bei Bewerbungen sehen und jeder Zweite die Integration und Förderung von Menschen mit Behinderung negativ bewertet. Auch die Einstellungs- und Aufstiegskriterien von Frauen und Älteren werden kritisch bewertet. Einer anderen Studie zufolge beobachteten 47 Prozent der Führungskräfte, dass Mitarbeitende aufgrund ihrer sozialen Herkunft im Unternehmen nicht ausreichend berücksichtigt wurden. Dabei ergänzt seit 2006 das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz Artikel 3 des Grundgesetzes, das Benachteiligung und Diskriminierung verhindern und beseitigen soll.

„WER AM EINGANG ZUM BETRIEB EINEN TEIL SEINER PERSÖNLICHKEIT ABGEBEN MUSS, WIRD NIEMALS FUNKEN SPRÜHENDE IDEEN PRODUZIEREN KÖNNEN.“
ALETTA GRÄFIN VON HARDENBERG

Und eigentlich sind Deutschlands Unternehmen auch überwiegend vom Nutzen der Diversität überzeugt, stellte eine Studie der Charta der Vielfalt Ende 2020 fest: Zwei Drittel der mehr als 500 befragten Führungskräfte und HR-Verantwortlichen sehen konkrete Vorteile im Diversity Management, das die individuelle Verschiedenheit von Mitarbeitenden nicht nur toleriert, sondern für den Unternehmenserfolg nutzen will. Doch bei der Umsetzung beschlossener Maßnahmen hapert es ziemlich. „Ohnehin“, sagt von Hardenberg, „ist es mit ein paar personalpolitischen Maßnahmen und Projekten in der Regel nicht getan.“ Dafür brauche es eine Strategie, die auf die konkreten Bedürfnisse der jeweiligen Organisation zugeschnitten sei. Diversity ist ihrer Ansicht nach, ein Thema der Unternehmenskultur „und kein Minderheiten-Förderprogramm“. Sie unterstreicht: „Wer am Eingang zum Betrieb einen Teil seiner Persönlichkeit abgeben muss, wird niemals Funken sprühende Ideen produzieren können.“

Tijen Onaran, Gründerin der Organisation Global Digital Women, argumentiert in eine ähnliche Richtung. „Das Ausschlaggebende ist immer: Steht der CEO eines Unternehmens, ob männlich oder weiblich, hinter dem Thema Diversität? Das Commitment seitens des CEO muss vorhanden sein, damit Diversität gelebt und umgesetzt wird.“ Konzerne wie Mittelständler hätten das ihrer Beobachtung nach in weiten Teilen auch bereits verstanden – im Gegensatz zu vielen Start-ups. Die suchten nach Talenten mit einem ähnlichen Mindset. „Das ist aber schon der Grundfehler. Diversität muss von Anfang an in die Unternehmenskultur miteinbezogen werden. Sonst ist eine Etablierung unmöglich.“ Projekte und Produkte seien heute schließlich vielfältiger, größer und internationaler. „Und dafür spielen diverse Teams eine wichtige Rolle“, so Onaran.

Diversity (nur) fürs Image

Immerhin: 40 Prozent der Mitglieder der Arbeitgeberinitiative Charta der Vielfalt beschäftigen eine für Diversity zuständige Person oder sogar eine ganze Abteilung. Damit lässt sich imagemäßig ebenso punkten wie mit neu entwickelten Rankings wie beispielsweise dem „German Diversity Index“ bei Investoren und Talenten. Doch handfest messen lässt sich das Wenigste. Dafür müsste umfangreiches Zahlenmaterial ausgewertet werden; das zu erheben verbietet allerdings der deutsche Datenschutz. Nur Alter, Geschlecht, Religion und Nationalität dürfen Arbeitgeber ermitteln. Sexuelle Orientierung, eine mögliche Behinderung oder die soziale Herkunft sind dagegen tabu.

„Für uns geht es um mehr als Quoten oder die Erreichung einer bestimmten Kennzahl“, sagt Nicole Peper von Ikea. „Wir schauen auf die gesamte Bandbreite – angefangen bei unbewussten Vorurteilen bis hin zur Rekrutierung nach Werten.“ Und sie betont: „Unternehmen, die nicht auf Diversity setzen, laufen Gefahr, die Chance zu verpassen, auch morgen noch am Markt vertreten zu sein.“
Überraschenderweise sei ausgerechnet die konservative Wirtschaft ähnlicher Ansicht, beobachtet die Keynote-Rednerin und Aktivistin Michaela Dudley. „Oft ist sie es, die eine Lanze für die Zuwanderung bricht. Warum? Weil sie begreift, dass ihr die Leute fehlen und sie die Vielfalt umarmen muss – trotz der Angst mancher Mitarbeitenden, alte Privilegien zu verlieren.“

„UNTERNEHMEN, DIE NICHT AUF DIVERSITY SETZEN, LAUFEN GEFAHR, DIE CHANCE ZU VERPASSEN, AUCH MORGEN NOCH AM MARKT VERTRETEN ZU SEIN.“
NICOLE PEPER

Natürlich weiß auch Dudley, dass das Thema Diversität für einige Betriebe eher PR ist – und kein wichtiger Teil der Personalarbeit. Klar könnte die Entwicklung längst weiter sein, aber: „Es geht allmählich voran.“ Gelegentlich gönnt sich Dudley den Spaß und ruft in den Telefonzentralen von Unternehmen an, die angeblich Wert auf Vielfalt legen, und bittet darum, zu einer Person aus dem Diversity Management durchgestellt zu werden. Immer wieder kommt es dann vor, dass die Person am anderen Ende der Leitung nicht nur den Namen nicht kennt, sondern auch nicht weiß, was Diversity überhaupt ist. „Das zeigt, dass manches von dem, was in den Führungsetagen beschlossen wird, in der Montagehalle überhaupt nicht ankommt.“ Für die „Diva in Diversity“, wie sich Dudley selbst nennt, bleibt also noch genug zu tun.

Quelle: Faktor A - Das Arbeitgebermagazin

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04 Februar 2022

Das Büro als Begegnungsstätte

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Arbeiten nach der Pandemie

Das Büro als Begegnungsstätte

Die Coronapandemie hat die Arbeitswelt verändert. Millionen Angestellte wurden 2020 ins Homeoffice geschickt, Prozesse wurden in Rekordzeit digitalisiert, neue Formen der Kommunikation und Zusammenarbeit haben sich etabliert. Am 1. Juli 2021 endete für Unternehmen in Deutschland die Pflicht, Homeoffice anzubieten. Jetzt soll es für viele Beschäftigte zurück ins Büro gehen. Doch wie gelingt die Transformation? Die Basler AG aus Ahrensburg setzt auf ein Hybridmodell und das Büro als Begegnungsstätte.

Den 13. März 2020 wird Anja Sievers-Sack so schnell nicht vergessen. Sievers-Sack ist Head of Human Resources bei der Basler AG, die Komponenten für Computer-Vision-Anwendungen entwickelt. An diesem Freitag bildet sich bei Basler eine Corona-Taskforce aus Vorstand, Verantwortlichen verschiedener Bereiche, IT, Facility-Management, Betriebsrat und Betriebsarzt. „Es war klar: Wer kann, muss ins Homeoffice – und das möglichst schnell“, erinnert sich Sievers-Sack. Die Taskforce entwickelt einen Stufenplan, um die Mitarbeitenden, gestaffelt nach Risikogruppen, ins Homeoffice zu schicken. Schon kurze Zeit später arbeiteten etwa 70 Prozent der Belegschaft von zu Hause aus. Einzig Mitarbeitende der Produktion, die nicht daheim arbeiten können, waren noch vor Ort in Ahrensburg in Schleswig-Holstein. Komplett abgeschottet und mit neuem Schichtsystem, das keine Überlappungen mehr zwischen einzelnen Schichten erlaubt.

Der emotionale Klebstoff löst sich auf

Herbst 2021. Die Basler AG hat die Coronapandemie bislang gut gemeistert und konnte sogar weiterwachsen. Die Arbeit im Homeoffice funktioniert, digitale Workshops und Meetings haben sich schnell etabliert. „Wir hatten schon immer eine starke Unternehmenskultur, und die hat uns sehr gut durch diese Zeit geholfen. In Krisen wächst man über sich hinaus – und genauso war es bei uns“, sagt Sievers-Sack. Und dennoch: Nach eineinhalb Jahren Homeoffice beginnt sich etwas zu verändern. „Der emotionale Klebstoff, der uns die ganzen Monate zusammengehalten hat, löst sich langsam auf“, beschreibt Sievers-Sack es. Das erleben derzeit einige Unternehmen: Das Wirgefühl schwindet, der direkte Austausch und die persönlichen Gespräche fehlen. „Der Bezug zu den Menschen geht verloren. Darunter leidet am Ende auch die Innovationskraft eines Unternehmens“, ist sich Sievers-Sack sicher. Homeoffice als Dauerzustand ist für viele Unternehmen deshalb keine Lösung. Auch bei Basler will man die Mitarbeitenden wieder zurück ins Office holen – jedenfalls zeitweise.
Mitarbeitende fordern Flexibilität ein

Doch wie geht das? Wie sieht der neue Alltag im Büro jetzt aus? Viele Experten sind sich einig: Trotz Ende der Homeoffice-Pflicht wird es kein einfaches Zurück zur Tagesordnung wie vor der Pandemie geben. Das glaubt auch Anja Sievers-Sack. „Die Ansprüche der Mitarbeitenden haben sich durch die Pandemie verändert. Die letzten Monate haben gezeigt, dass vieles auch im Homeoffice möglich ist. Das müssen Unternehmen bei ihrer Back-to-Office-Strategie berücksichtigen und sich etwas einfallen lassen, um die Mitarbeitenden auch wieder für die Arbeit im Büro zu begeistern.“ Ein Zurück zur reinen Präsenzkultur sieht die Personalexpertin nicht. „Wir können das Homeoffice jetzt nicht einfach wieder abschaffen. Die Flexibilität wird von Mitarbeitenden und Neubewerbern eingefordert. Wer sich als familienbewusster Arbeitgeber positionieren und auch zukünftig die besten Talente für sich begeistern möchte, muss die Arbeit im Homeoffice als einen von mehreren Benefits anbieten.“

Das Büro als Begegnungsstätte

Basler setzt auf ein Modell, das die Arbeit vor Ort im Büro und Zeiten im Homeoffice kombiniert. „Wir wollen das Beste aus beiden Welten miteinander verbinden“, sagt Sievers-Sack. Zur Einführung gibt es wieder einen Stufenplan. Die Mitarbeitenden sollen zunächst 20 Prozent der Arbeitszeit wieder im Büro verbringen, perspektivisch soll das Hybridmodell aus 60 Prozent Büro und 40 Prozent Homeoffice bestehen. Das Büro soll dabei als Ort der Begegnung etabliert werden. „Einige Tätigkeiten gehen besser im Homeoffice. Das wollen wir weiter unterstützen“, sagt Sievers-Sack. „Doch manches geht eben auch besser im Büro. Hier findet echter Austausch statt, hier ist Platz für Kreativität, hier entstehen neue Ideen.“ Der Fokus liegt auf den persönlichen Begegnungen.

„WER ZUKÜNFTIG DIE BESTEN TALENTE FÜR SICH BEGEISTERN MÖCHTE, MUSS DIE ARBEIT IM HOMEOFFICE ALS EINEN VON MEHREREN BENEFITS ANBIETEN.“ (ANJA SIEVERS-SACK)

Geplant ist etwa ein neuer Anbau, in dem feste Schreibtische aufgelöst werden sollen. Stattdessen wird es Desksharing geben mit „Heimathäfen“ für jede Abteilung, dazu Projektecken, die Ruhe- und Besprechungsräume sollen weiter ausgebaut werden. „Hier werden wir neue Arbeitsformen ausprobieren und uns in enger Zusammenarbeit mit unseren Mitarbeitenden und dem Betriebsrat auf Lernreisen begeben. Bei der Planung der Bürowelten konnten unsere Mitarbeitenden ihre Erfahrungen aus der Pandemie sehr gut mit einbringen. Wir sehen das Bürogebäude zukünftig als soziale Begegnungsstätte, in der kollaborativ zusammengearbeitet werden kann, in dem es aber auch Bereiche gibt, in denen man vollkommen ungestört ist“, fasst Sievers-Sack es zusammen.

Raus aus der Komfortzone

Für die nötige Sicherheit der Mitarbeitenden ist gesorgt. Die Basler AG orientiert sich bei ihren Corona-Schutzmaßnahmen an den Auflagen des Bundes, stellt kostenlos Tests und Masken zur Verfügung. Auch die Technik steht. „Die IT-Abteilung ist ein enorm wichtiger Part unserer Back-to-Office-Strategie“, erzählt Sievers-Sack. Denn hybrides Arbeiten heißt eben auch, dass es nun zwei Orte geben muss, die technisch voll ausgestattet sind und zwischen denen die Mitarbeitenden unkompliziert wechseln können – das Büro und das Zuhause.
Anja Sievers-Sack von der Basler AG. Sie trägt eine schwarze Brille und blondes kurzes Haar und ist im Porträt zu sehen.

Nun gilt es, die Mitarbeitenden wieder für die Arbeit im Büro zu begeistern. „Wir wollen ihnen Lust aufs Büro machen. Die Mehrheit der Mitarbeitenden will im Rahmen eines hybriden Modells ins Gebäude zurück. Aber natürlich bedeutet das nach so einer langen Zeit für einige eine Umgewöhnung“, sagt Sievers-Sack. Eine Hürde für manche Angestellte ist der Arbeitsweg. „Die Arbeit im Homeoffice ist bequem, das verstehe ich“, sagt Sievers-Sack. „Man verliert Zeit, wenn man wieder einen Arbeitsweg hat. Wir versuchen daher zu verdeutlichen, was man bekommt, wenn man die Komfortzone Homeoffice verlässt. Wir betonen den Austausch, der im Büro möglich ist, und überlegen uns, was wir bieten können, was nur im Gebäude geht. Initiieren kleine Incentives, schaffen Anreize.“ Über das Intranet werden alle Mitarbeitenden auf dem Laufenden gehalten – etwa über Events, Aktionen in der Kantine oder was sonst so im Gebäude passiert oder neu ist. Die im März 2020 gegründete Corona-Taskforce begleitet die Rückkehr ins Büro. „Sie kann bei Unsicherheiten und Fragen angesprochen werden, hat auch eine eigene Seite im Intranet“, erklärt Sievers-Sack. Auch regelmäßige Videobotschaften vom Vorstand wird es weiterhin geben. „Transparenz und Aufklärung sind in diesen Zeiten wichtiger denn je.“
Führungskräfte in der Verantwortung

Das gilt auch für das hybride Arbeiten selbst. Wie funktionieren Meetings, bei denen einige vor Ort im Büro sind und andere zugeschaltet? Wird jeder gleich eingebunden werden? Das sind Fragen, die die Mitarbeitenden jetzt haben. „Hybrides Arbeiten braucht klare Regeln und muss geübt werden“, sagt Sievers-Sack. Sie sieht hier die Führungskräfte in der Verantwortung. „Es ist vor allem ihre Aufgabe, alle Mitarbeitenden abzuholen und einzubinden. Die Führungskräfte müssen Bedenken wahr- und ernst nehmen, aber eben auch die Erwartungen des Unternehmens klar an die Mitarbeitenden kommunizieren, die Vorteile des Zusammenkommens aufzeigen und dafür sorgen, dass hybrid für alle funktioniert und sich niemand außen vor oder abgehängt fühlt.“ Sie ist guter Dinge, dass das bei Basler funktioniert. Auch wegen der Erfahrungen, die alle in den letzten eineinhalb Jahren sammeln konnten. „Wir sehen die Bedenken unserer Angestellten als Herausforderung, aber nicht als echtes Problem.“

Als Unternehmen mutig agieren

Vor allem, weil die, die wieder ins Büro kommen, in der Regel begeistert sind. Von der Spontaneität, den kurzen Dienstwegen, dem persönlichen Austausch. „Wir haben nun schon häufiger gehört, dass jemand sagt: ,Ich wusste gar nicht mehr, wie schön das ist‘“, freut sich Sievers-Sack. „Unsere Erfahrung zeigt: Wer ein bis zwei Mal im Büro war, findet wieder Gefallen daran. Und es sind ja auch gar nicht alle zögerlich. Einige sehnen sich nach dieser langen Zeit im Homeoffice nach Präsenz. Vor allem die neuen Kolleginnen und Kollegen, die während der Pandemie eingestellt wurden und von Tag eins an im Homeoffice saßen. Die möchten jetzt endlich mal ihr Team persönlich kennenlernen.“ Sievers-Sack jedenfalls freut sich auf das Basler-Büro der Zukunft. „Corona war nicht nur schlecht. Durch die Pandemie haben sich viele Chancen für uns als Unternehmen ergeben. Wir haben uns geöffnet, unseren Horizont erweitert und sind mutiger geworden. Und das wollen wir auch bleiben!“

Quelle: Faktor A - Das Arbeitgebermagazin

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03 Dezember 2021

International Remote Working: So gelingt die Umsetzung

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International Remote Working: So gelingt die Umsetzung

Für die effiziente Einführung des virtuellen Zusammenarbeitens über Landesgrenzen hinweg sollten Arbeitgeber zentrale Faktoren berücksichtigen. Was sind die ersten Schritte?

Bedarfsanalyse

Anhand der im ersten Teil der Beitragsreihe dargestellten Überlegungen sollten Unternehmen zunächst eine Bedarfsanalyse anstellen. Was bezwecken wir mit dem Thema International Remote Working? Welche Rolle spielt International Remote Working für uns als Marke, auf dem Arbeitsmarkt, für unsere Mitarbeitende sowie die Bewerberinnen und Bewerber? Wie planen wir die Internationalisierung unserer Geschäftsentwicklung? Teil dieser Analyse kann eine Mitarbeiterbefragung sein. Häufig hat die Geschäftsführung (oder eine von dieser Eingesetzte Projektgruppe International Remote Working) keine genauen Vorstellungen davon, wie viel Flexibilisierung die Mitarbeitenden wollen. Auch eine Bestandaufnahme aktueller Anfragen der Mitarbeiter zu International Remote Working ist hilfreich.

Clustering

Weiter ist es wichtig, zwischen verschiedenen Formen von International Remote Working zu trennen, da administrativer Aufwand, Compliance-Risiken und Kosten unterschiedlich sind. Wie dabei geclustert wird, hängt vom Unternehmen ab. Eine sinnvolle Unterscheidung ist zum Beispiel die Einordnung in kurzfristige/temporäre und langfristige Konstellationen. Auf der einen Seite die tage-/wochenweise Verlängerung des Urlaubs zu Arbeitszwecken („workation“). Auf der anderen Seite das Einstellen von Mitarbeitenden im Ausland, die aus ihrem Heimatland für das deutsche Unternehmen arbeiten sollen. Zu den langfristigen Konstellationen zählt auch die Unternehmensorganisation mit globalen Rollen und länderübergreifenden Mehrfachfunktionen („globale Matrixorganisation“). Zum Clustering gehört auch, dass das Unternehmen sich darüber klar wird, welche Relevanz die einzelnen Gruppen für das Unternehmen haben. Viele Unternehmen starten bei der Umsetzung zunächst mit den Gruppen, die leichter umzusetzen sind und nehmen die komplexeren Gruppen in einem zweiten Schritt in Angriff.

Rechtliche Prüfung

International Remote Working berührt verschiedene Rechtsgebiete: Steuerrecht (Einkommen-/Lohnsteuer und Betriebsstätten/Verrechnungspreise), Sozialversicherung, Arbeits- und Aufenthaltsrecht sowie Datenschutz/Datensicherheit. Die Compliance-Risiken der einzelnen Fallgruppen unterscheiden sich erheblich. Ebenso macht es einen großen Unterschied, ob sich die Fälle innerhalb oder außerhalb Europas abspielen. Eine besondere Herausforderung stellt dabei dar, dass es zu International Remote Working zum Teil noch keine klaren Regelungen beziehungsweise keine einheitliche Praxis der Behörden gibt. Der sensibelste Compliance-Bereich für viele Unternehmen ist in diesem Zusammenhang die steuerliche Frage der Begründung von Betriebsstätten, also die Frage ob ein Arbeitnehmer beziehungsweise eine Arbeitnehmerin, der oder die bei einem Unternehmen in Land A angestellt ist und in Land B arbeitet, in diesem Land B eine Steuerpflicht für das Unternehmen aus Land A auslöst. Zwar gibt es hierzu Regelungen in Doppelbesteuerungsabkommen, nationale Gesetze sowie Grundsätze der OECD. Ob diese aber auch auf Homeoffice-Situationen uneingeschränkt anwendbar sind, ist höchst strittig und von Land zu Land unterschiedlich.

Administrativer Aufwand

Neben der Prüfung der rechtlichen Risiken müssen Unternehmen prüfen, welchen administrativen Aufwand die verschiedenen Fallkonstellationen von International Remote Working für sie bedeuten. Auch hier gibt es erhebliche Unterschiede zwischen den verschiedenen Gruppen. Administrativer Aufwand kann zum Beispiel entstehen durch Lohnsteuerverpflichtungen und Registrierungspflichten im Ausland, rechtliche Prüfungen, das Tracking von Anwesenheitstagen in den betroffenen Ländern, und so weiter. Am Ende steht die Abwägung, ob das Unternehmen den administrativen Aufwand, insbesondere für die Vermeidung rechtlicher Risiken angesichts der Bedeutung bestimmter International Remote Working Konstellationen in Kauf nehmen will.

Umsetzung

Im Rahmen der Umsetzung sind verständliche Regelungen, ein gut strukturierter Genehmigungsprozess mit klaren Verantwortlichkeiten sowie die Kommunikation im Unternehmen entscheidend. Wichtig ist dabei, dass das Unternehmen zwei verschiedene Perspektiven im Blick behält. Zum einen muss es sicherstellen, dass einzelne Beschäftigte durch ihre International-Remote-Working-Tätigkeit keinen Risiken ausgesetzt ist. Dass zum Beispiel der Verbleib in der heimischen Sozialversicherung sichergestellt ist und das entsprechende Formular zum Nachweis bei den ausländischen Behörden beantragt ist. Oder dass die Mitarbeitenden durch ihre Tätigkeit im Ausland nicht steuerpflichtig werden.

Aus Sicht der Unternehmensführung ist wichtig, einen geeigneten Compliance-Management-Prozess aufzustellen, um den gesetzlichen Aufsichts- und Organisationspflichten gerecht zu werden. Bei Verstößen gegen diese Verpflichtung greift gemäß § 130 Gesetz über Ordnungswidrigkeiten (OWiG) eine persönliche Haftung der geschäftsführenden Organe. Daher ist dieser Aspekt der Umsetzung für die Unternehmensleitung von entscheidender Bedeutung. Die Verantwortlichkeit für die Umsetzung liegt häufig bei einer von der Unternehmensleitung eingesetzten Projektgruppe aus HR und den Compliance-Funktionen Steuer und Legal. Stakeholder-Management in Richtung der Unternehmensleitung ist dabei eine der wichtigsten (und häufig auch schwierigsten) Aufgaben.

So gelingt die Umstellung auf International Remote Working

Die Erfahrung der letzten Monate zeigt, dass es sinnvoll ist, das Thema abzuschichten und sich zunächst auf die Umsetzung von weniger aufwendigen oder für das Unternehmen besonders relevanter Formen von International Remote Working zu konzentrieren. Für eine solche Abwägung müssen sich Unternehmen über ihre strategischen Prioritäten im Klaren sein und diese gegen Machbarkeit, Compliance-Risiken und administrativen Aufwand abwägen. Versuchen sich Unternehmen ohne einen solchen langfristigen Plan an einer Umsetzung, so besteht das Risiko, dass sie die Organisation überfordern.

Über den Autor

Dr. Tobias Preising ist Partner Global Mobility Services bei der KPMG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft. Er berät Kunden bei Lösungen auf dem Gebiet der Global Mobility in Bereichen wie unter anderem Mobility Tax, Social Security, Mobility Process Improvement und Organizational Change. Preising verfügt über mehr als 15 Jahre Beratungserfahrung und hat Kunden aus unterschiedlichen Branchen betreut, darunter aus solche aus der Automobilindustrie, Transport und Logistik sowie Financial und Professional Services mit beruflichen Stationen in Deutschland, China und der Schweiz.

 

Quelle: Humanressourcemanager

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26 November 2021

International Remote Working: Die Vorteile für Unternehmen

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International Remote Working: Die Vorteile für Unternehmen

Arbeitgeber sollten sich jetzt überlegen, wie sie die Möglichkeiten virtueller Zusammenarbeit über Landesgrenzen hinweg strategisch für sich nutzen können.

Nach anderthalb Jahren pandemiebedingter Reisebeschränkungen haben viele Menschen dieses Jahr wieder die Möglichkeit wahrgenommen, in den Sommerurlaub zu reisen und im Ausland entspannte Tage zu genießen. Doch anders als in vorangegangenen Jahren haben dieses Mal viele Urlauber neben Badehose und Reiseführer auch den Firmenlaptop, Headset und die wichtigsten Unterlagen vom letzten Projekt im Gepäck. Der Trend zum virtuellen Zusammenarbeiten und damit verbunden die Vermischung von Arbeit und Privatleben, macht auch vor dem Urlaub nicht halt. Personalabteilungen werden überrannt von Anfragen ihrer Mitarbeitenden, die gerne Urlaub und Arbeit verbinden und vom Urlaubsort aus mobil arbeiten möchten. Die Tourismus- und Werbebranche hat hierfür den Begriff Workation geprägt und lockt mit dem Versprechen „Arbeiten, wo andere Urlaub machen“ oder „Netzwerken mit Gleichgesinnten unter Palmen“. Das ist aber nur ein Teilaspekt von International Remote Working – dem mobilen, virtuellen Zusammenarbeiten über Landesgrenzen hinweg. Innovative Unternehmen sind bereits einen Schritt weiter gegangen und haben medienwirksam angekündigt, ihren Mitarbeitenden zukünftig volle Flexibilität bei der Wahl ihres Arbeitsortes zu gewähren. Alle Beschäftigten soll arbeiten können, von wo sie wollen. Was zählt, ist allein das Ergebnis.

Zwischen Workation, dem kurzfristigen Verlängern von Urlaub um ein paar Arbeitstage, und völliger Freiheit in der – auch dauerhaften – Wahl des Arbeitsortes liegen allerdings Welten. Mit den technischen Möglichkeiten des virtuellen Zusammenarbeitens durch Skype, Microsoft Teams und ähnlichen Programmen und der Erkenntnis, das Arbeiten im Homeoffice in vieler Hinsicht besser funktioniert als gedacht, hat sich die Büchse der Pandora geöffnet. Gleichzeitig hat sich in kürzester Zeit bei Beschäftigten der Anspruch entwickelt, dass ein guter Arbeitgeber ihnen eine gewisse Flexibilität bieten muss. Unternehmen müssen sich daher jetzt überlegen, wie sie diese Möglichkeiten strategisch für sich nutzen wollen und wieviel Flexibilität sie wollen und brauchen.

Welche Überlegungen stehen für Arbeitgeber am Anfang?

Am Anfang steht die strategische Überlegung, was das Unternehmen mit der Flexibilität erreichen will. Die Frage nach dem Warum. Hier spielen unterschiedliche Aspekte eine Rolle spielen:

Employer Attractiveness: Immer mehr fordern gerade jüngere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Möglichkeiten zum flexiblen internationalen Arbeiten ein. International Remote Working gibt die Möglichkeit, das starre traditionelle Korsett von Entsendungen und Projekteinsätzen zu verlassen und die persönliche Lebensplanung mit internationalem Arbeiten zu verbinden. Bedürfnisse des Lebenspartners beziehungsweise der Lebenspartnerin lassen sich dabei ebenso berücksichtigen, wie familiäre Bindungen im Ausland. Von einem attraktiven Arbeitgeber erwarten viele Beschäftigten heute, dass er ihnen die Möglichkeit gibt, den Ort des Arbeitsplatzes diesen privaten Bedürfnissen anzupassen. Gerade in Branchen, in denen der Kampf um die besten Talente bereits entbrannt ist, sind Arbeitgeber hier im Zugzwang.

Fachkräftemangel, Kosten und Unternehmenskultur sind zentrale Faktoren

Fachkräftemangel

Für viele Unternehmen kann International Remote Working eine Antwort auf den Fachkräftemangel im heimischen Arbeitsmarkt sein. Interessant ist dies nicht nur für große international aufgestellte Unternehmen, sondern gerade auch für den Mittelstand oder Familienunternehmen. Viele hatten der Vergangenheit zunehmende Schwierigkeiten, auf dem lokalen Markt passende Talente zu finden. Talente aus anderen Ländern waren häufig nicht bereit, eine Stelle zum Beispiel im Ruhrgebiet, der Schwäbischen Alb oder in Niederbayern anzutreten. Selbst deutsche Großstädte wie Hamburg, Köln oder München haben es schwer im Vergleich zu Barcelona, London oder Paris. International Remote Working gibt Unternehmen die Möglichkeit, Talente an ihrem Wohnsitz im Ausland anzuwerben und sie dann von dort für sich arbeiten zu lassen. Ein IT-Experte aus London muss nicht vor Ort in Regensburg leben, um für den dort ansässigen Arbeitgeber zu arbeiten. Längst sind internationale Teams, die überwiegend virtuell zusammenarbeiten, in vielen Unternehmen weit verbreitet.

Kosten

Unternehmen haben erkannt, dass es deutlich günstiger ist, die Arbeit zu den Mitarbeitenden kommen zu lassen, als Mitarbeitende zu ihren Jobs zu bewegen. Durch den fast vollständigen Wegfall von Dienstreisen und neuen internationalen Entsendungen sind die damit verbundenen Kostenblöcke in der Bilanz vieler Unternehmen in den letzten anderthalb Jahren drastisch gesunken. Anstatt Mitarbeitende auf Dienstreisen oder Kurzeinsätze in andere Länder zu schicken, setzen Unternehmen darauf, diese Tätigkeiten soweit wie möglich virtuell zu gestalten. Dies ist branchenabhängig in unterschiedlichem Maße möglich. Das Einsparpotential ebenso wie der Effizienzgewinn sind jedoch enorm. Gleichzeitig spielt hier der Nachhaltigkeitsgedanke eine große Rolle. Für Beschäftigte ebenso wie für Kunden spielt die Ökobilanz von Unternehmen eine immer größere Rolle. Der Verzicht auf Dienstreisen, Projekteinsätze, selbst auf Entsendungen zugunsten von International Remote Working wirkt sich auf die Ökobilanz ebenso positiv aus, wie auf die Kosten.

Unternehmenskultur

Neben diesen Fragen spielt die Unternehmenskultur eine wichtige Rolle. In Deutschland ist die Präsenz- und Officekultur noch stärker ausgeprägt als in anderen Ländern. Am Thema Homeoffice scheiden sich die Geister. Die Diskussionen hierzu wurden in deutschen Unternehmen vor der weltweiten Covid-19-Diskussion erbittert geführt, mit Argumenten, die häufig mehr ideologisch als sachlich geprägt waren. Zwar nutzen jetzt, wo die allgemeine Pflicht zum Homeoffice aufgehoben ist, viele Unternehmen die guten Erfahrungen der letzten 1,5 Jahre und planen für die Zukunft hybride Arbeitsmodelle mit einer Kombination aus Anwesenheit und Homeoffice. Andere Unternehmen jedoch kehren zum Anwesenheitsmodell zurück und wollen Homeoffice auch in Zukunft nur in Ausnahmesituationen oder für bestimmte Mitarbeitergruppen gewähren. Wenn aber im Unternehmen bereits virtuelles Arbeiten aus dem deutschen Homeoffice kritisch gesehen wird, dann wird es für das Unternehmen umso schwerer werden, eine Strategie und Regelungen für International Remote Working aufzustellen. Momentan versuchen hier viele Unternehmen, den zweiten Schritt vor dem ersten zu tun.

Strategische Vorteile aus genauer Analyse ableiten

International Remote Working ist ein neues, vielschichtiges Thema mit enormer strategischer Bedeutung für Unternehmen. Wichtig ist, dass Unternehmen sich zunächst genau überlegen, in welcher Form sie International Remote Working nutzen wollen, wieviel Flexibilisierung die Organisation verträgt und das Business braucht, um sich international zu entwickeln, und was Beschäftige sowie Bewerberinnen und Bewerber von einem attraktiven Arbeitgeber erwarten. Hierzu gibt es innerhalb des Unternehmens häufig konträre Ansichten. HR legt den Fokus zum Beispiel auf Employer Attractiveness, für die Compliance-Funktionen steht die Vermeidung von Risiken und Minimierung des administrativen Aufwands im Mittelpunkt und für das Business ist oft der kurzfristige unternehmerische Erfolg ausschlaggebend. Hier ist es wichtig, alle Stakeholder von Anfang an in Planung und Umsetzung einzubeziehen und offen zu kommunizieren. So kann International Remote Working zu einem strategischen Vorteil für Unternehmen werden.

Im zweiten Teil der Beitragsserie erfahren Sie, wie die Umstellung auf International Remote Working gelingt und was dabei zu beachten ist.

Über den Autor

Dr. Tobias Preising ist Partner Global Mobility Services bei der KPMG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft. Er berät Kunden bei Lösungen auf dem Gebiet der Global Mobility in Bereichen wie unter anderem Mobility Tax, Social Security, Mobility Process Improvement und Organizational Change. Preising verfügt über mehr als 15 Jahre Beratungserfahrung und hat Kunden aus unterschiedlichen Branchen betreut, darunter aus solche aus der Automobilindustrie, Transport und Logistik sowie Financial und Professional Services mit beruflichen Stationen in Deutschland, China und der Schweiz.

Quelle: Humanressourcemanager

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19 November 2021

6 Strategien, wie Unternehmen zukünftig arbeiten wollen

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6 Strategien, wie Unternehmen zukünftig arbeiten wollen

Wie wird die zukünftige Arbeitsrealität aussehen? Thomas Kessler von Locatee hat sich führende Unternehmen angesehen und sechs Strategien abgeleitet.

Getyourguide, Apple, Facebook, SAP: Sowohl die deutsche- als auch die internationale Medienlandschaft füllt sich mit Berichten über die Strategien großer Unternehmen für den zukunftsgerichteten Umgang mit der Arbeitswelt. Zwischen strikten Vorgaben und einem großen Freiraum für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zeigt sich vor allem eines: Jede Strategie ist verknüpft mit dem eigenen Purpose und der eigenen Vision des jeweiligen Unternehmens. Wie gehen Unternehmen nun vor? Locatee hat sich die führenden Unternehmen angesehen und sechs Strategien abgeleitet.

1. Investieren in Technologie

Diese Strategie, die auf Investitionen in neue Technologien und virtuelle Umgebungen vertraut, zielt darauf ab, die Schnittstellen zwischen der physischen und der digitalen Arbeitserfahrung stärker zu verzahnen. Laut einer Studie von Advanced, einem britischen IT-Dienstleister, gehen derzeit knapp 77 Prozent der befragten Entscheidungsträger davon aus, dass die Pandemie eine permanente Digital-first-Einstellung hervorrufen wird.*

Bereits jetzt lässt sich beobachten, wie Tools, die Feedback, Zusammenarbeit und Kollaboration abdecken, aber auch administrative HR-Prozesse, wie Dokumente, Leistung und Entwicklung abbilden, deutlich beliebter werden. Um die physische Distanz und “Zoom Fatigue” zu überwinden, investieren Unternehmen zudem vermehrt in Virtual Reality als Teil der hybriden Arbeitsstrategie. PwC plant damit, digitale Meetings zu optimieren und die Bank of America prüft, wie sich mit dieser Technologie Kundentrainings abdecken lassen. In der Tat lassen wissenschaftliche Studien vermuten, dass virtuelle Umgebungen eine ähnliche Wirkung haben wie physische Umgebungen. Das heißt, dass bestimmte Arbeitsszenarien aus der Ferne simuliert werden können.

Im Gegensatz zu den britischen oder amerikanischen Nachbarn halten sich deutsche Arbeitskräfte im Umgang mit Technologien aber noch zurück, wie eine Umfrage von Locatee und YouGov zeigt.** Auf die Frage, welche technischen Hilfsmittel oder Geräte für wichtig gehalten werden, um die Mitarbeiterinnen / Mitarbeiter zu schützen, sprachen sich nur 28 Prozent der befragten Büromitarbeiterinnen / -mitarbeiter dafür aus, dass digitale Besprechungsräume eine Lösung sein könnten. Die niedrige Zahl lässt vermuten, dass generell eine geringe Vertrautheit mit neuen Technologien besteht.

Da Hybridarbeit ein fester Teil vieler Arbeitsrealitäten wird, dürfen Unternehmen nicht aufhören zu prüfen, wie sich weiter in Technologien investieren lässt. Zum Beispiel um zu verhindern, dass sich Remote-Kollegen durch einen Videocall nicht integriert oder gehört fühlen, während andere Menschen physisch anwesend sind. Anstelle eines großen Flachbildschirms an der Wand können hier zum Beispiel smarte Kameras helfen, die die Teilnehmer auch in Videoboxen darstellen, damit alle gesehen werden können. Auch können immersive Präsentationen eine Möglichkeit sein. Hier wird nicht der Bildschirm geteilt, sondern der Moderator steht wie ein Nachrichtensprecher vor der Präsentation. Hier werden sich in den kommenden Monaten noch weitere Beispiele entfalten. Sie allesamt können dabei helfen, Gleichberechtigung und Sichtbarkeit am Arbeitsplatz – auch von zu Hause aus – zu fördern.

2. Die Rückkehr ermöglichen

Diese entschlossenen Rückkehrer (Resolute Returners) glauben, dass der beste Weg, um die Unternehmenskultur, Innovation sowie das Lernen und die Produktivität zu verbessern, die Rückkehr aller Teams in das Büro ist. Für diese Unternehmen hat Fernarbeit zu viele Nebenwirkungen, die sich nicht dauerhaft in die Arbeitsplatzstrategie involvieren lassen. Zwar müsse das physische Büro auch neu gedacht und geplant werden, aber es bleibt der wichtigste Faktor für den Unternehmenserfolg.

Derzeit sind vor allem große Finanzkonzerne führend in dem Bestreben, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zurück ins Büro zu bringen, zum Beispiel Barclays oder Goldman Sachs. Auch Techunternehmen wie Apple oder das Reisebuchungsunternehmen Getyourguide haben ein vollständiges Homeoffice abgelehnt. Verbunden ist diese Entscheidung stets mit dem Bezug auf die eigene Mission, die einen direkten Austausch vor Ort voraussetzt. Laut der bereits genannten YouGov-Umfrage stimmen Büromitarbeiterinnen / -mitarbeiter dem sogar zu und benennen negative Auswirkungen auf das soziale Miteinander mit den Kollegen (33 Prozent) und weniger effektive Kommunikation innerhalb und zwischen Teams (30 Prozent) als größte Nachteile des Homeoffice.

Allerdings gaben auch 56 Prozent aller Befragten an, dass sie selbst entscheiden möchten, ob sie in das Büro kommen. Die Auswirkungen einer strikten Präsenzpflicht kann aber auch deutlich negative Auswirkungen auf die Belegschaft haben. So ziehen laut Medienberichten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Apple bereits eine Kündigung in Erwägung, da sie keine Entscheidungsfreiheit und Flexibilität genießen. Strenge Vorgaben der Unternehmensführung könnten also sowohl aktive Teammitglieder als auch Bewerberinnen / Bewerber vom Unternehmen abschrecken.

3. Daten analysieren

Neue Situationen erfordern oft die Erhebung von konkreten Daten, um eine klare Ausgangslage für Entscheidungen zu haben. In einer Zeit, in der ein Großteil der Mitarbeitenden nicht vom Büro aus arbeitet und das Büro weitestgehend leer steht, ist dies mehr als plausibel für die nächsten datengetriebenen Schritte. Dies ist nicht nur für klassische Office Companies – wie zum Beispiel LinkedIn – wichtig, sondern auch für Unternehmen mit großem und durch die Pandemie wechselhaftem Kundenkontakt – wie zum Beispiel British Airways.

Beide Unternehmen haben durch interne Programme begonnen, Daten zu sammeln und auszuwerten. Dank der Datenanalysen lassen sich viele Fragen beantworten: Wie werden Räume genutzt? Ergibt der Meeting-Raum Sinn? Wie viel Fläche brauchen wir wirklich? An welchen Tagen ist das Büro besonders beliebt? An welchen nicht? Wo sitzen zu viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf einmal und wo gäbe es noch Platz? Wo müssen wir beleuchten, heizen und Equipment bereitstellen? Wie können wir Energie und Ressourcen sparen? Welche Flächen müssen wir neu denken?

Eine erhebliche Hürde liegt derzeit jedoch noch im fehlenden Vertrauen. Wenn Unternehmen Sensoren, künstliche Intelligenz und maschinelle Lernsysteme einführen, werden schnell Bedenken hinsichtlich Datenschutz oder einer möglichen Überwachung laut. Dennoch spielt der Mensch nach wie vor die entscheidende Rolle in einem System, das auf Daten vertraut. Denn erst wenn diese mit den individuellen Wünschen und Bedürfnissen abgeglichen werden, lassen sich wirklich zukunftsträchtige Weichen stellen.

4. Räume überdenken

Durch das erhöhte Bedürfnis nach Sicherheit und Hygiene, ergibt sich für viele Unternehmen die Chance und auch die Pflicht, die eigenen Räume zu überdenken. In vielen Fällen ist der wichtigste Hauptimpuls, den CO2-Fußabdruck und die Immobilienkosten zu senken. Swiss Re, zum Beispiel, hat sich aktiv dazu entschlossen, das Portfolio um zehn Prozent zu reduzieren, da es nicht genutzt wird. Dadurch sparen sich auch Kosten für Equipment, Klimatisierung, Reinigung und Beleuchtung. Andere überlegen aber auch, wie sich ein dynamisches, teamorientiertes Umfeld schaffen lässt. Das Mineralölunternehmen BP schließt laut Medienberichten sogar sein einstiges Hauptquartier in London, um sich stärker auf Homeoffice einstellen zu können.

Die Räume zu überdenken, scheint in Deutschland noch eine der größten Herausforderungen für die Führungsteams zu sein. Laut der Umfrage von Locatee und YouGov wurden in 41 Prozent aller deutschen Büros noch keine Schritte ergriffen, um die Verbesserung der Arbeitsplatzqualität zu fördern. Die größte Herausforderung liegt hier noch immer in der verfügbaren Datenlage beziehungsweise der fehlenden Erhebung. Wer seine Räume überdenken will, muss verstehen, wo die Auslastung der Arbeitsbereiche stattfindet, warum manche Bereiche nicht genutzt werden und wo dadurch Potentiale entstehen. Wenn es darum geht, den Arbeitsplatz neu zu denken, müssen Arbeitgeber allerdings genau definieren, welche Aufgaben darin eigentlich erfüllt werden sollen. Erst wenn sie das wissen, können sie anschließend erfahren, was ihre Mitarbeitenden dafür brauchen. Erst dann können neu gedachte Räume beide Seiten ineinander vereinen.

5. Wohlbefinden als Faktor etablieren

Im Zuge der Pandemie stellen Unternehmen das Wohlbefinden ihrer Mitarbeiter in den Fokus und handeln mit größtmöglicher Empathie. Dafür haben viele eine “mitfühlenden Führung“ etabliert, um ein offenes Ohr und Verständnis für die Arbeitskräfte zu haben, wo auch immer sie tätig sind. Mental-Health-Programme, flexibles Reagieren auf persönliche Situationen oder Therapieangebote werden auch in Deutschland diskutiert und finden bereits in vielen Unternehmen Einzug. Das kanadische Unternehmen Shopify hat seinen Mitarbeiterinnen / Mitarbeitern mit einem Geldbetrag zum Beispiel die freie und individuelle Gestaltung ihres Homeoffices ermöglicht, um sich den neuen Herausforderungen bestmöglich zu stellen.*** Auch haben Unternehmen vermehrt freie Tage – LinkedIn zum Beispiel eine Woche am Stück – als Urlaub angeboten, um einen privaten Ausgleich zu ermöglichen.

Tatsächlich wünschten sich 28 Prozent der YouGov-Befragten auch mehr Urlaub, als nach Aspekten gefragt wurde, die zur Büroarbeit ermutigen würden. Angebote zur Mental-Health-Unterstützung wählten nur neun Prozent der Befragten. Es bleibt jedoch offen, wie stark Unternehmen nach der Pandemie weiterhin einen Fokus auf Mental Health legen werden. Wer weiterhin auf Homeoffice vertraut, sollte dies aber nicht außer Acht lassen. 27 Prozent der Befragten geben an, dass (permanentes) Homeoffice die Stimmung und die Gesundheit negativ beeinflusst.

6. Freiheiten und Optionen schaffen

In Deutschland haben laut der Umfrage von YouGov und Locatee nur 19 Prozent der Arbeitnehmerinnen / Arbeitnehmer die volle Freiheit zu entscheiden, von wo aus sie arbeiten möchten. Das Work-from-Anywhere-Modell (WFA-Modell) gibt allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die volle Flexibilität und stärkt das Vertrauen der Führungskräfte. Indem ein Unternehmen verschiedene Szenarien schafft, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf ihre persönlichen Vorlieben anwenden können, entsteht ein Umfeld, in dem jeder so arbeiten kann, wie er oder sie es möchte. In diesem Modell sind Büro und Homeoffice nur zwei Kanäle, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wählen können und die je nach Möglichkeit von Satellitenbüros, Aus- und Weiterbildungsstandorte oder Spezialistenstandorte komplementiert werden.

Der schwedische Musikstreamingdienst Spotify ist ein Beispiel für die umfassende Nutzung einer Omni-Channel-Strategie, bei der verschiedene Kanäle genutzt werden können. Gleichzeitig optimiert das Unternehmen aber auch seine Büroräume und schafft neue Orte des Begegnens. Das Softwareunternehmen Salesforce hingegen bietet drei frei wählbare Modelle an: flex, fully remote und officebased.

Es gibt keine Universallösung

 

Diese Grundsteine für zukunftsreiche Arbeitsplatzstrategien zeigen sehr gut, wie unterschiedlich Unternehmen mit der Weichenstellung der zukünftigen Büroarbeit umgehen. Natürlich kann es auch vorkommen, dass ein Unternehmen zwei Strategien verknüpft und daraus erneut einen eigenen Weg beschreitet. Unabhängig davon, welchen Weg ein Unternehmen letztlich wählt, gilt es, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu schützen, zu fördern und ihnen wirklich zuzuhören. Nur so lassen sich auch neue Talente gewinnen und das Unternehmen weiterentwickeln. Die Umfrage unter Büroangestellten zeigt nämlich auch sehr eindrucksvoll, wie unterschiedlich wichtig das Büro in der Zukunft betrachtet wird. Nur wer eine integrierende Arbeitsplatzstrategie aufstellt und kohärent verfolgt, kann die Zukunft des Arbeitens prägen.

Anmerkungen:

*Quelle: The Annual Business Software Trends Report 2020/21 highlights, 2020. Advanced.
** Die verwendeten Daten beruhen auf einer Online-Umfrage der YouGov Deutschland GmbH, an der 2055 Personen zwischen dem 22. und dem 24.06.2021 teilnahmen. Die Ergebnisse wurden gewichtet und sind repräsentativ für die deutsche Bevölkerung ab 18 Jahren.
*** Amy Spurling, Benefits Pro, The cost of remote work: Who’s paying?, 30.08.2021.

Über den Autor

Thomas Kessler ist Mitgründer und CEO von Locatee, der führenden Workplace Analytics Plattform im Corporate Real Estate Sektor. Gemeinsam mit dem CTO Benedikt Köppel hat er Locatee im Jahr 2014 gegründet. Vor der Firmengründung in verschiedenen Unternehmen gearbeitet, so auch bei der Schweizer Grossbank Credit Suisse. Dort sammelte er erste Erfahrungen mit «Smart Working Environments» und erkannte dabei das ungenutzte Potenzial moderner Arbeitsplatzkonzepte, was zur Unternehmensgründung von Locatee führte.

Quelle: hr journal

 

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