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25 Mai 2018

New Work: Definition und Denkfehler

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New Work: Definition und Denkfehler

Die Zukunft hat inzwischen die Arbeitswelt erreicht. New Work nennt sich der Trend und die rasante Entwicklung in Richtung moderner Arbeitsweise. Ein Thema, das allgegenwärtig und in aller Munde ist. Viele verfolgen New Work mit großer Begeisterung und wachsendem Interesse für das, was noch kommt. Wie werden sich die Veränderungen auf die Arbeit und auch Arbeitnehmer auswirken? Welche neuen Ideen setzen sich durch, welche schaffen es nicht? Und welche Abläufe, die bisher als selbstverständlich galten, werden vielleicht schon bald abgelöst und gelten dann als veraltet? Experten sind sich sicher, dass New Work und der rasante technologische Fortschritt das Arbeitsleben komplett umkrempeln könnten. Wir schauen uns an, was sich hinter dem großen Begriff New Work verbirgt, welche Entwicklungen schon jetzt zu beobachten sind und wie es mit New Work für zukünftige Generationen der Arbeitswelt voraussichtlich weitergehen wird.

New Work Definition: Was ist die neue Arbeit?

Ursprünglich prägte der austro-amerikanische Sozialphilosoph Frithjof Bergmann den Begriff New Work: Da sich die Arbeitswelt wandelt, habe die Menschheit die Chance, sich von der Knechtschaft der Lohnarbeit zu befreien. Die Werte der Neuen Arbeit definierte er als:

  • Selbstständigkeit
  • Freiheit
  • Teilhabe an der Gemeinschaft

Im Moment sieht es ganz danach aus, als würde Bergmann recht behalten. Inzwischen ist der Wandel in vollem Gange und New Work heute ein Synonym für neue innovative Ansätze der Gestaltung von Arbeit, die die Grundsätze des Philosophen im weitesten Sinne berücksichtigen.

Allerdings herrscht oftmals auch Verwirrung, was nun wirklich New Work ist. Das liegt auch daran, dass die Grenzen nicht ganz klar gezogen werden und sich verschiedene Bereiche überschneiden. Das sieht auch Lars Vollmer, Unternehmen und Mitbegründer von intrinsify.me, so.

Der hehre Gedanke von Frithjof Bergmann vermischt sich neuerdings kreuzwild mit den Ideen von Digitalisierung, Arbeiten 4.0 und hipper Startup-Kultur. New Work bildet in vielen Köpfen ein diffuse Wolke, in der Menschen irgendwie anders arbeiten. Menschlicher. Im Hoodie statt im Anzug. Im Home-Office, digital vernetzt und hochflexibel. Auf Augenhöhe, ohne Hierarchien, geduzt, selbstbestimmt und human, demokratisch und sinngetrieben. Mit Sitzsäcken, Tischkicker und Müslibar und eigentlich am liebsten in einer Garage, sagt Vollmer.

Er sieht darin auch eine Gegenbewegung zum kalten und kapitalistischen Taylorismus des letzten Jahrhunderts. New Work als Ende der Von-oben-herab-Hierarchien, Schluss der strikten Anweisungen, denen detailliert gefolgt werden muss und raus aus den winzigen Büronischen in grauen Betonklötzen. Eine Befreiung ganz im Sinne des Erfinders.

New Work: Arbeit wird mobil, flexibel und dezentralisiert

New Work wird oft als die Arbeitsweise der Zukunft verstanden. Doch diese lässt sich auch in der Gegenwart bereits in vielen Unternehmen beobachten – und zwar weit über die reine Gestaltung der Arbeitsplätze hinaus. Die Veränderungen zeigen sich nicht nur darin, wo gearbeitet wird, sondern besonders auch wie die Arbeit erfolgt.

Schon jetzt müssen Kollegen in vielen Bereichen nicht mehr im gleichen Büro sitzen, um gemeinsam produktiv zu sein. Vor noch gar nicht so langer Zeit kaum vorstellbar, heute absolute Normalität. In großen Unternehmen und Konzernen ist bereits jetzt absehbar, dass Teams aufgrund der voranschreitenden Globalisierung immer häufiger über den gesamten Erdball verteilt sein und trotzdem ohne Probleme gemeinsam arbeiten können. So formt New Work das Team-Modell der Zukunft mit mehr Freiheiten und Möglichkeiten.

Das wird einerseits die Bürowelt nachhaltig verändern, andererseits auch das Miteinander von Kollegen. Denn wenn zunehmend mehr Arbeit mobil, eigenständig und vor allem ortsunabhängig erledigt wird – wofür brauchen Unternehmen dann noch Großraumbüros, die eine Menge Geld kosten?

Wer nun die Kehrseite des New Work fürchtet und glaubt, dass Arbeitsplätze vollkommen abgeschafft werden, kann beruhigt sein. Auch in absehbarer Zukunft wird es weiterhin klassische Arbeitsplätze geben. Schon aus psychologischer Sicht, denn Mitarbeiter bauchen einen festen Hort und eine Anlaufstelle, um sich mit einem Unternehmen identifizieren zu können. Es wird somit auch weiterhin im Interesse von Unternehmen sein, einen solchen Ort zu gestalten.

Große Änderungen sind jedoch in der Gestaltung dieser Arbeitsplätze zu erwarten. Wie der Arbeitsplatz der Zukunft aussehen könnte, testen erste Firmen bereits unter dem Arbeitstitel New Workspace. Dieser hat mit traditionellen Büroräumen nicht mehr allzu viel gemein. Stattdessen besteht das Büro der Zukunft aus flexiblen Bürolandschaften und bietet Arbeitnehmern je nach Bedürfnislage eine Auswahl unterschiedlicher Arbeitsplatzangebote: Ungestört telefonieren in der Telefonbox, in aller Ruhe nachdenken in der Quiet Zone oder sich mit anderen in geschützten Bereichen austauschen.

Allerdings darf weiterhin darüber diskutiert werden, ob diese Art der New Work wirklich immer besser ist und ausschließlich Vorteile mitbringt. So beschreibt auch Lars Vollmer leicht ironisch Hier ist Arbeit hip, sind Büros trendy, versprüht von der Kreativ-Couch bis zum hauseignen Café im Atrium jedes Detail puren Lifestyle. Krawatten trägt schon lange keiner mehr. Stattdessen führt man den eigenen Bürohund am Morgen in Sneakers zum frei wählbaren Arbeitsplatz. 

New Work: Viele Vorteile durch Flexibilität

New Work ist auf dem Vormarsch und es spricht vieles dafür, dass gerade Arbeitnehmer aber auch Unternehmen von den Entwicklungen profitieren. Im Kern geht es schließlich darum, dass Mitarbeiter mehr Freiräume und Gestaltungsmöglichkeiten erhalten und dass neue technologische Innovationen eingesetzt werden, um die Arbeit zu vereinfachen und zu modernisieren.

Somit wirken sich die Neuerungen auch auf die Personalführung und die Rolle des Vorgesetzten aus. Dieser ist weniger da, um den Mitarbeitern über die Schulter zu gucken, diese zu kontrollieren und Anweisungen zu geben, sondern um die Organisation zu übernehmen, Verantwortungen zu verteilen und den Überblick zu behalten, wenn Projekte an vielen Stellen gleichzeitig bearbeitet werden.

Dabei rücken auch virtuelle Teams in den Fokus, indem beispielsweise Meetings nicht vor Ort, sondern per Konferenzschalte durchgeführt werden: Egal ob Teammeetings, One-to-Ones, Feedbackgespräche – alles kein Problem.

Der wahrscheinlich größte Vorteil sind aber die völlig neuen Möglichkeiten, eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie umzusetzen. Die Work Life Balance bekommt mehr Aufmerksamkeit und durch New Work können Karriere und Familienplanung besser zusammengebracht werden. Eine Diskussion, die vor allem die Generation Y prägte, die das Ziel verfolgen, ein ausgeglicheneres Verhältnis der beiden Bereiche zu realisieren.

Insbesondere für berufstätige Eltern ist es heutzutage oft schwer, beides miteinander zu kombinieren. Dank Homeoffice-Lösungen und immer ausgefeilteren Optionen zur virtuellen Zusammenarbeit könnte dieses Problem bald der Vergangenheit angehören.

  • Keine Pendelei mehr
  • Arbeitsphasen und Freizeitphasen könnten sich abwechseln
  • Mehr Mitarbeiter kommen in den Genuss flexibler Arbeitszeiten und moderner Arbeitszeitmodellen


Doch all das verlangt natürlich zum einen eine gute Koordination innerhalb der Teams – Meetings müssten etwa zu bestimmten Kernzeiten stattfinden. Und zum anderen kann eine zunehmende Verschmelzung von Leben und Arbeit dazu führen, dass der Arbeitnehmer der Zukunft überhaupt nicht mehr abschalten kann. Vielleicht aber auch umso besser, weil ihm durch das Plus an Flexibilität viel Druck von den Schultern genommen wird, und er arbeiten kann, wenn die Ideen sprudeln, und nicht, wenn es der Chef für gut befindet.

Und auch Unternehmen freuen sich über New Work, denn mit der neuen Arbeit steigt auch die Produktivität und verbessert das Ergebnis des Arbeitgebers. Oder etwa nicht?

Führt New Work automatisch zu besserer Leistung?

Es ist die Wunschvorstellung, die der gesamten New Work Entwicklung noch ein zusätzliches Extra verleiht. Neben der gestiegenen Zufriedenheit von Mitarbeitern, dem mordernen Arbeitsumfeld und dem Nutzen neuer Technologien steigt ganz nebenbei auch noch die Produktivität. Das beste Nebenprodukt, das wirtschaftliche Unternehmen sich wünschen könnten.

Aber gibt es einen solchen Zusammenhang wirklich? Lars Vollmer zweifelt daran und erklärt Dahinter steht die Überzeugung, Arbeit müsse „schön“ sein. Eben so, dass die Mitarbeiter sich im Büro ungefähr genauso wohlfühlen wie auf der heimischen Couch oder im Lieblingscafé. Und die logische Folge dieser glücklichen Mitarbeiter ist Unternehmenserfolg. Genau darin sieht Vollmer jedoch einen Trugschluss.

Seiner Ansicht nach folgt der Erfolg eines Unternehmens in erster Linie daraus, wie gut dieses seine Arbeit macht und die Erwartungen von Kunden zufriedenstellen kann. New Work richtet sich also nicht danach, einen schöneren und einfacheren Arbeitsplatz zu schaffen, sondern sorgt dafür, dass eine Firma wirtschaftlich bleiben und sich gegen die Konkurrenz durchsetzen kann. Erst wenn das gelingt, steigt auch der Unternehmenserfolg.

Wenn sich die Arbeit radikal verändert, und das tut sie derzeit vielerorts, dann nicht deshalb, weil sich die Chefs überlegt haben, wie sie die Arbeit anders gestalten können, sondern weil das Kundenproblem anders gelöst werden muss, damit der Kunde noch kauft. Und wenn die Menschen im Unternehmen nun die Arbeit so organisieren, dass das Produkt in seiner Kosten-Nutzen-Relation dem Wettbewerb überlegen ist, wenn sie schneller, geschickter und produktiver zusammenarbeiten, dann wird das Unternehmen erfolgreich sein, beschreibt Vollmer die Zusammenhänge.

Der wahre Erfolgsfaktor ist damit nicht New Work an sich, sondern wie diese genutzt wird. Das soll die vielen Vorteile der neuen Arbeitswelt keinesfalls schmälern und natürlich ist es auch im Sinne des Unternehmens, für zufriedene Mitarbeiter zu sorgen – schon um deren Motivation und Loyalität zu steigern.

Geht es rein um den Erfolg, kommt es jedoch das richtige Gleichgewicht und die Nutzung der neuen Entwicklungen an. Erst wenn New Work dazu führt, dass die Fähigkeiten und das Know How im Unternehmen optimal genutzt werden und sich so ein Vorteil am Markt verschafft werden kann, bringt die Veränderung auch Erfolg.

Über die Autorin

Sonja Dietz arbeitet als freiberufliche Journalistin und Social-Media-Redakteurin. Die studierte Germanistin verfügt über eine vertiefte Expertise im Bereich HR-Management. Ihr besonderes Interesse gilt dem Thema Digitalisierung der Arbeitswelt.

Quelle: karriere-bibel

13 April 2018

Sieben Thesen für die neue Arbeitswelt

Posted in Coaching, Führung, Leadership

Erfahrungen des New-Work-Experten Andreas Vollmann

Sieben Thesen für die neue Arbeitswelt

Wenn Andreas Ollmann über neue Arbeits- und Organisationsformen spricht, dann tut er das aus Erfahrung. Mit seiner Agentur Ministry Group probiert er seit fast fünf Jahren aus, wie die Zukunft der Arbeit funktioniert – und wie nicht. Seine New-Work-Erfahrungen hat er für Faktor A in sieben Leitsätzen zusammengefasst.


Ich starte mal gleich mit einer Binsenweisheit: Digitalisierung verändert alles, jede Branche, jeden Job. Das heißt, jeder im Management muss sich und sein Unternehmen darauf einstellen. Niemand kann sagen: „Mit uns hat das alles nichts zu tun.“
Wobei: Natürlich kann man das sagen. Es könnte aber sehr gut sein, dass es Ihr Unternehmen dann schon sehr bald nicht mehr gibt. Denn wir leben in exponentiellen Zeiten. Durch die Digitalisierung wird jede Veränderung prinzipiell einer exponentiellen Entwicklungskurve folgen, die also zuerst unscheinbar und dann sehr extrem ansteigt. Dieser „Hockey Stick“ gilt dabei nicht nur für Businesspläne von Start-ups, sondern eben für uns alle, für jede Veränderung, die durch die Digitalisierung beeinflusst wird.
Das Problem: Die Veränderung bewegt sich lange fast parallel zur x-Achse. Und ist damit deutlich unter dem Radar der etablierten Unternehmen. Aber sobald sie sich erst einmal so weit davon entfernt hat, dass sie die Radarflughöhe überschreitet, verdoppelt sich der Effekt mit jeder zusätzlichen Zeiteinheit. Das heißt: Wenn es wehtut, kann es schon zu spät sein, um noch zu reagieren. Diese Dynamik sind viele unserer Unternehmen aus ihren Märkten nicht gewohnt.


Hierarchiefreie Teams bei der Ministry Group

Bei der Ministry Group haben wir vor mehreren Jahren einen Restrukturierungsprozess gestartet, der uns erlauben soll, uns auf diese Zeit einzustellen. Konkret: Wir haben zum Beispiel 2013 eine Struktur geschaffen, die aus crossfunktionalen, eigenverantwortlichen und hierarchiefreien Teams besteht. Wir haben diese Teams „X-Teams“ genannt. Diesen Teams haben wir möglichst viel Entscheidungsspielraum gegeben. Und sie aus dem Management als „Serviceteam“ unterstützt.

Wir sind mit einem sehr freien Ansatz gestartet, haben den Teams viel Freiraum gegeben. Zu viel, wie wir bald lernten: Wir haben unterschätzt, wie sehr wir Menschen durch unser heutiges Bildungssystem geprägt sind, das nicht unbedingt Eigenverantwortung, Mut oder Experimentierbereitschaft fördert. Wir waren auch zu radikal, was die Themen Hierarchiefreiheit und Eigenverantwortung angeht. Wir haben den Begriff Hierarchie bewusst verneint. Um zu erreichen, dass sich die Menschen bei uns mit Alternativen zur klassischen Hierarchie beschäftigen.
Aber wir haben einige damit überfordert. Wir haben dann im Lauf der Zeit unsere Konzepte überprüft und angepasst. Und sind heute auf einem guten Weg. Die Erfahrungen der letzten drei Jahre haben uns als Organisation weitergebracht. Wir haben in dieser Zeit eine Menge Erfahrungen gesammelt. Und viel gelernt.

Sieben Thesen zu „New Work“

Unsere wichtigsten Erkenntnisse habe ich in den folgenden sieben Thesen zusammengefasst. Sie alle drehen sich um neue Arbeits- und Organisationsformen, also das, was Frithjof Bergmann „New Work“ nennt. Über jede einzelne These kann man stundenlang diskutieren – hinterlassen Sie daher gerne Ihre Meinung bei den Kommentaren am Ende des Textes.

1. Warum gibt es Ihr Unternehmen eigentlich?

Alle Unternehmen können sagen, was sie tun. Die meisten Unternehmen werden auch kein Problem damit haben, zu sagen, wie sie es tun. Aber der Kommunikationsexperte Simon Sinek hat absolut recht, wenn er fordert: „Start with why“ – fangen Sie mit dem Warum an. Definieren Sie, warum es Ihr Unternehmen gibt – und warum es auch im 21. Jahrhundert existieren sollte. Warum Sie und Ihre Mitarbeiter morgens in die Firma kommen sollten. Das ist der Kern Ihrer unternehmerischen Existenz. Ohne sich dieses Kerns bewusst zu werden, kommen Sie vom Weg ab.

2. Gehen Sie in die Bibliothek, aber suchen Sie kein Handbuch

Für „New Work“ gibt es kein Handbuch. Es gibt Ansätze, gemeinsame Prinzipien und Werte, aber jedes Unternehmen muss seinen eigenen Weg finden. Vergessen Sie vermeintliche Heilsbringer wie Holocracy, den Spotify-Weg oder die Methode Semco. Studieren Sie diese – und fragen Sie sich, was Sie daraus mitnehmen können. Aber sehen Sie sie als das, was sie sind: Lösungen, die für ein Unternehmen passen. Solange Sie nicht Spotify sind, hilft Ihnen der Spotify-Weg in Reinform wahrscheinlich nicht. Sie brauchen Ihren eigenen Weg, der zu Ihnen und Ihrem Unternehmen passt.

3. Die Hierarchie ist tot. Lang lebe die Hierarchie!

Bei Ministry haben wir für unsere Teamstruktur den Begriff „hierarchiefrei“ benutzt. Ganz bewusst, um zu provozieren. Machtpyramiden zementieren Strukturen, befördern die falschen Menschen (nämlich Machtmenschen), unterbinden das Mitdenken der „Untergebenen“, machen Unternehmen starr. Und das ist in einer hochagilen Umwelt tödlich. Was wir brauchen: wahre Führung. Menschen, die mit Begeisterung anderen Menschen helfen wollen, besser zu werden.
Führung heißt dienen. Und diese Führung wechselt in einer Gruppe – je nach Thema. Bei dem einen Thema führe ich. Weil ich es gut kann, mich auskenne, mich stark involvieren möchte. Bei einem anderen Thema folge ich. Dafür brauchen wir Strukturen, Systeme und letztlich auch andere Entlohnungsstrukturen. Und wir brauchen ein klares Bekenntnis, wie „Führung“ und wie „Folgen“ genau aussieht.

4. Voller Durchblick: radikale Transparenz

Alle im Unternehmen tätigen Personen haben das Recht, zu wissen, wie es dem Unternehmen geht. Und zwar möglichst umfassend. Natürlich gibt es Dinge, die erst einmal nur kleine Gruppen kennen und diskutieren sollten. Aber das meiste in einem Unternehmen sollte möglichst allen bekannt sein. Urlaubstage, betriebswirtschaftliche Kennzahlen, Gehälter, auch Pläne und Vorhaben. Dann können alle damit arbeiten.

5. Eigenverantwortung und Vertrauen

„Angestellte wie erwachsene Menschen zu behandeln, sollte zum gelebten gesunden Menschenverstand gehören. Gleichwohl ist es nicht gelebte Praxis.“ (Jurgen Appelo) Warum eigentlich nicht? Warum verzichten so viele Unternehmen auf so viel wertvolle Köpfe? Ich glaube, weil Führungskräfte nicht vertrauen. Und da sind wir beim Kern dessen, was das sogenannte neue Arbeiten ausmacht: Es geht um Vertrauen. Menschen, die Vertrauen bekommen und sich mit ihrer Firma identifizieren, werden dieses Vertrauen nicht ausnutzen. Mehr noch: Menschen haben ein sehr feines Gespür dafür, was sie sich zutrauen können und wo sie Hilfe brauchen.
Schaffen Sie darum ein System, das dafür sorgt, dass Ihr Unternehmen sich kontinuierlich entwickeln und an Marktveränderungen anpassen kann. Dazu müssen alle Teile Ihres Unternehmens in der Lage sein, in ihrem direkten Umfeld Veränderungen anzustoßen und durchzuführen. Das ist nicht einfach. Und man muss dafür eine Menge neuer Entscheidungswege üben. Und als Führungskraft muss man loslassen und vertrauen.

6. Wir brauchen (k)eine Fehlerkultur

Fehlerkultur ist ein furchtbares Wort. Ich hasse es. Sprache ist da übrigens auch entlarvend: Wir sprechen davon, dass jemand „Fehler macht“. Aber: Niemand „macht“ Fehler aktiv. Fehler passieren. Und der, dem sie passieren, ärgert sich darum meist mehr als jeder andere. Außerdem ist das Wort Fehlerkultur zu sehr auf Negatives fokussiert. Es geht nicht um Spaß an Fehlern, sondern um Spaß am Lernen. Lernen ist wichtig. Damit meine ich nicht Erwachsenenbildung, Klassenzimmer und Vorträge. Es geht darum, Spaß an Experimenten zu entwickeln, regelmäßig anzuhalten und zurückzublicken und aus dem zu lernen, was man getan hat. Ich glaube also: Wir brauchen eine Lernkultur!

7. Wir brauchen Zeit – und Geduld

Alle angesprochenen Veränderungen brauchen Zeit. Zeit, damit das System „Unternehmen“ lernt. Veränderungen, wie sie hier nötig sind, lassen sich eben nicht von heute auf morgen per Befehl von oben einführen. Hier muss überzeugt werden, und alle Teile des Systems müssen lernen. Und Lernen braucht eben Zeit. Also fangen Sie besser heute als morgen damit an.
Sie begeben sich übrigens auf einen Weg mit einem beweglichen Ziel. Facebook sagt von sich: „This journey 1% finished.“ Und zwar schon seit Jahren. Das meint: Es geht darum, auf den Weg zu gehen, nicht um die Erwartung des Ankommens. Sie werden nie „ankommen“ im Sinne eines faustischen „Verweile doch! Du bist so schön!“. Und das ist die gute Nachricht: Als Faust das sagte, war er tot.

Über den Autor

Andreas Ollmann ist geschäftsführender Gesellschafter der digitalen Kommunikationsagentur Ministry Group in Hamburg. Er beschäftigt sich intensiv mit der Frage, wie wir künftig arbeiten werden. Jährlich veranstaltet er mit Gleichgesinnten die Konferenz New Work Future.

Quelle: Faktor A - Das Arbeitgebermagazin

06 April 2018

Wie werden wir morgen arbeiten?

Posted in Trends, Führung, Leadership

Fragen an Prof. Jutta Rump

Wie werden wir morgen arbeiten?

In Zeiten der Digitalisierung verändern sich Berufsbilder, Wettbewerber und Geschäftsmodelle. „Employability-Management“ lautet darum das Gebot der Stunde. Prof. Dr. Jutta Rump erklärt im Interview mit Faktor-A, was das für Arbeitgeber bedeutet.

„Was jemand heute gelernt hat, wird nicht für die nächsten 50 Jahre halten", sagt Prof. Jutta Rump, Direktorin des Instituts für Beschäftigung und Employability in Ludwigshafen im großen Faktor-A-Interview. In Zeiten der Digitalisierung veränderten sich Berufsbilder, Wettbewerber und Geschäftsmodelle. „Employability-Management“ laute darum das Gebot der Stunde.

Es wird automatisiert, was sich automatisieren lässt: Maschinen, Methoden, Prozesse, Büros, Fabriken, Lagerhallen. Berufsbilder verändern sich rasant, an der Schnittstelle von Mensch und Maschine entstehen neue Berufe, andere verschwinden ganz. Befristete Beschäftigung, Teilzeit, Leiharbeit, Selbstständigkeit und vieles mehr drohen das bisherige Normalarbeitsverhältnis zu verdrängen. Immer neue Wettbewerber und Geschäftsmodelle kommen auf den Markt. In dieser Welt des Wandels wird der Arbeitnehmer selbst zur einzigen Konstante und zum Garanten für Beschäftigungsfähigkeit – sowohl für seine eigene als auch für die des Unternehmens. Will er in der neuen Arbeitswelt mitspielen, muss er einerseits selbst für seine Arbeitsmarktfitness sorgen, andererseits sind Betriebe, die Beschäftigungsfähigkeit fordern, in der Verantwortung, diese zu fördern.

Faktor A: Um in der digitalen Arbeitswelt klarzukommen, genügt es längst nicht mehr, dass Beschäftigte fachlich gut ausgebildet sind. Es braucht sogenannte überfachliche Kompetenzen. Welche sind das?

Prof. Dr. Jutta Rump: Das sind Lernbereitschaft und -fähigkeit, Veränderungsbereitschaft und -fähigkeit, die Fähigkeit, mit Schnelligkeit und Komplexität umgehen zu können und mit einer Fülle von Daten. Es bedeutet aber auch, Entscheidungen zu treffen, wenn sich alles rasend schnell verändert – und das nicht nur als Führungskraft. Man braucht aber auch Revidierbarkeitskompetenz. Wenn man merkt, das war jetzt nicht die beste Entscheidung, muss man neu prüfen und beschließen. Das A und O ist das Selbstmanagement: sich klarmachen, dass man in einer Welt von Arbeiten 4.0 zum Unternehmer in eigener Sache wird. Der Arbeitnehmer mit seiner Beschäftigungsfähigkeit ist ein Vermögenswert, das ist sein Sicherungsanker. Damit das auch langfristig funktioniert, muss er daran arbeiten und sich selbst managen. Dazu gehört ein großes Maß an Eigenverantwortlichkeit.

Sind das nicht alte Hüte? Wieso sind diese gerade jetzt so entscheidend?

4.0 steht für Dynamik, steigende Veränderungsgeschwindigkeit, Komplexitätszuwachs, Vernetzung untereinander. Um sich da zurechtzufinden, braucht es mehr als nur fachliches Wissen. Das ist Nummer eins. Zweitens ist zu überlegen: Welche Jobs und Tätigkeiten sind denn sicher? Und an welcher Stelle werden Kollege Roboter und Kollege Algorithmus die Arbeit tun? Sicher sind Jobs, die stark vernetzt sind, also wo Wissensarbeiter ihr Know-how mit dem von anderen Spezialisten verbinden, Regeln brechen und so neues Wissen erzeugen. Es sind immer Aufgaben, in denen es vor allem auf die überfachlichen Kompetenzen ankommt. Um sich beschäftigungsfähig und arbeitsmarktfähig zu halten, muss man in diese Kompetenzen investieren.

Das wichtigste Ausbildungsfach heißt demnach Selbstständigkeit und Eigenverantwortung?

Ja, es heißt vor allem Mitdenken! Verantwortung übernehmen. Sich klarmachen, dass die einmal abgeschlossene Berufsausbildung nicht ein Leben lang hält. Die Sicherheit eines Arbeitsplatzes gibt es nicht mehr, und die Gewissheit eines Beschäftigungsverhältnisses? Ich bin nicht sicher. Viele Menschen machen sich permanent darüber Gedanken, ob das Auto in einem perfekten Zustand ist. Bringen sich die Leute eigentlich auch regelmäßig selbst zur Inspektion?

Welchen Unterschied machen die Branche und die Hierarchie?

Es gibt keinen Unterschied in den überfachlichen Kompetenzen. Egal ob jemand in der Produktion, im Handel oder in der Gesundheitswirtschaft tätig ist, ob als Führungskraft oder nicht: Es ist eine grundlegende Haltung, eine Einstellungssache.

Wovon genau sprechen wir, wenn wir von Beschäftigungsfähigkeit, Employability, reden?

Beschäftigungsfähigkeit hat drei Elemente: 1. Qualifikation und Kompetenzen: was eine Stelle jetzt und in Zukunft vom Arbeitnehmer verlangt. 2. Motivation: Am besten sollte ein Mensch, der employable ist, auch einen inneren Antrieb haben für das, was er tut – so was wie Identifikation. 3. Gesundheit: Die Förderung von Employability hat einen Bezug zur präventiven Gesundheitsförderung. Neben dem körperlichen Wohlbefinden stehen der Umgang mit mentalen Belastungen und der Abbau von negativen Stresssituationen im Blickpunkt.

ICH KANN MIR NICHT MEHR VORSTELLEN, DASS JEMAND GLAUBT, DASS DAS, WAS ER GELERNT HAT, FÜR DIE NÄCHSTEN 50 JAHRE HÄLT.

PROF. DR. JUTTA RUMP, DIREKTORIN DES INSTITUTS FÜR BESCHÄFTIGUNG UND EMPLOYABILITY

Was denken Sie, wie tief ist die Erkenntnis im Bewusstsein von Unternehmen und Mitarbeitenden gereift, ihre Beschäftigungsfähigkeit zu sichern?

Wenn ich die letzten 15 Jahre Revue passieren lasse, ist diese Erkenntnis deutlich gereifter als früher. Bei den Großkonzernen taucht das Thema Employability mittlerweile überall auf. Selbst in Betriebsvereinbarungen ist das schon manifestiert. Auch bei Mitarbeitern ist es angekommen. Vielleicht nutzen sie eher den Begriff der Arbeitsfähigkeit. Vielen ist klar, dass sie an diesem Wert beständig arbeiten müssen. Ich kann mir nicht mehr vorstellen, dass jemand glaubt, dass das, was er gelernt hat, für die nächsten 50 Jahre hält.

Und wie sieht das in kleinen und mittelständischen Unternehmen aus?

Gerade KMU, die im Wettbewerb miteinander stehen, haben das Thema Fachkräftemangel und attraktiver Arbeitgeber entdeckt und wissen ganz genau, dass sie nur wettbewerbsfähig bleiben, wenn sie Leute haben, die die beste Leistung bringen. Sie wissen, dass sie in diese Leute investieren müssen, nicht nur im Sinne von Kompetenzen, sondern auch in Gesundheit und Motivation, damit die von innen brennen. Die Realität hat gerade KMU mit einer unglaublichen Geschwindigkeit und Kraft auf das Thema gebracht.

Welches wären erste Schritte eines Unternehmens hin zur Entwicklung einer Employability-Kultur?

Unternehmer müssen sich fragen, wo sie mit ihrem Betrieb in fünf Jahren stehen. Was ist die Vision? Wie ist der Stand heute, und wie lassen sich Lücken schließen? Das kann ein Einzelunternehmer genauso machen wie der Handwerksmeister mit zehn Leuten, genauso wie ein mittelständisches Unternehmen mit 50 Leuten oder der produzierende Bereich mit 200 Leuten. Wir wissen, dass sich unglaublich viel bewegt. Wir haben relativ verlässliche Informationen, wohin es sich entwickelt, und die Frage, was das für den eigenen Betrieb bedeutet, muss man sich ernsthaft stellen. Sonst wird man nur reagieren, nur hinterherhechten.

Was genau beinhaltet Employability-Management?

Es braucht ein Unternehmenskonzept, Einzelaktivitäten sind hier nicht ausreichend. Firmen müssen alle relevanten Unternehmensfelder einbeziehen, die Aktivitäten zur Steigerung der Employability aufeinander abstimmen, miteinander verknüpfen und Wechselwirkungen berücksichtigen. Konkret betrifft das die Unternehmenskultur, Personalentwicklung, Vergütung, Führung, Gesundheitsmanagement, Arbeitsorganisation, Werdegänge und Controlling.

WAS MACHT DEN WERT VON UNTERNEHMEN IN EINER WISSENS- UND INNOVATIONSGESELLSCHAFT AUS? NICHT DIE MASCHINE UND NICHT DAS BANKKONTO, SONDERN DER MITARBEITER

PROF. DR. JUTTA RUMP, DIREKTORIN DES INSTITUTS FÜR BESCHÄFTIGUNG UND EMPLOYABILITY

Welchen Vorteil haben Arbeitnehmer, welchen Unternehmen?

Der Gewinn für den Arbeitnehmer liegt in der Beschäftigungssicherung. Zugleich gibt es ihm eine gewisse Beweglichkeit auf dem Arbeitsmarkt. Wenn er nämlich feststellt, dass es im angestammten Arbeitsumfeld enger wird, kann er sich in anderen Bereichen schneller zurechtfinden. Er ist vielleicht zunächst geschockt über diese Entwicklung, dann aber auch schneller wieder sortiert. Das ist ein ganz erheblicher Vorteil. Drittens: Er zeigt mehr Selbstbewusstsein. Wer das hat, weist ein hohes Maß an Gelassenheit auf. Das ist auf dem Arbeitsmarkt superwichtig.

Und die Unternehmen?

Der Unternehmer hat eine Belegschaft, die er flexibler einsetzen kann, eine Belegschaft, mit der er in die Zukunft starten kann, die mit ihm auch Ungewissheit aushält, ohne in Lähmung zu verfallen. Dadurch hat er einen höheren Vermögenswert. Denn was macht den Wert von Unternehmen in einer Wissens- und Innovationsgesellschaft aus? Nicht die Maschine und nicht das Bankkonto, sondern der Mitarbeiter. Ich frage KMU immer: Was würdet ihr tun, wenn die Leute ab morgen keine Lust mehr hätten, zu euch zu kommen? Seid ihr dann noch handlungsfähig? Wir reden über den größten erfolgskritischen Faktor, den KMU haben. Den müssen sie managen.

Das alles setzt aber voraus, dass sich KMU selbstbewusste, mitdenkende Mitarbeiter wünschen …

Manchmal sagen mir Unternehmer, sie hätten in ihre Mitarbeiter investiert. Und jetzt seien diese viel selbstbewusster und redeten dauernd ins Geschäft rein. Das gefalle ihnen gar nicht, außerdem seien diese Beschäftigten schneller auf dem Sprung. Das lohne sich doch gar nicht. Meine Gegenfrage an die Unternehmer lautet dann: Können Sie es sich leisten, es nicht zu tun?

FÜHRUNGSKRÄFTE BRAUCHEN LEADERSHIP-SKILLS, DIE FÄHIGKEIT, MENSCHEN INSPIRIEREN ZU KÖNNEN, ZUZUHÖREN UND SICH EINZUFÜHLEN.

PROF. DR. JUTTA RUMP, DIREKTORIN DES INSTITUTS FÜR BESCHÄFTIGUNG UND EMPLOYABILITY

Das heißt, Führung muss gewaltig umdenken?

Damit die Mitarbeiter nicht so schnell auf dem Sprung sind und sich der Return on Investment rentiert, müssen sich Firmenlenker und Führungskräfte Gedanken machen, wie sie mit selbstbewussteren Leuten umgehen. Die wollen mitreden, ja, aber das ist doch gut und sogar eine Entlastung, das gibt doch viel mehr Möglichkeiten. Employability geht mit einer zunehmenden Partizipation einher, ja sogar mit einer zunehmenden Demokratisierung.

Was empfehlen Sie konkret?

Führungskräfte müssen all das können, was ich bereits genannt habe. Außerdem sollten sie Macht abgeben, Eigenverantwortung und Autonomie fördern sowie die Managementkompetenzen beherrschen, die notwendig sind, um partizipativ zu führen. Und sie brauchen Leadership-Skills, die Fähigkeit, Menschen inspirieren zu können, zuzuhören und sich einzufühlen. Das hat viel mit der Persönlichkeit zu tun.

Wenn ich mich als Beschäftigter weiterentwickeln möchte, wie gehe ich vor?

Das Gespräch mit dem Chef suchen: „Ich möchte mich weiterbilden, gibt’s Möglichkeiten, mein Profil auszuweiten, zum Beispiel mit Job-Enrichment, Job-Enlargement, Job-Rotation?“ Sich fragen, ob die eigene Qualifikation noch dem aktuellen Stand entspricht, Stellenanzeigen lesen, im Internet surfen, Begrifflichkeiten checken. Wer all das tut, handelt gleichzeitig eigenständig und verantwortungsbewusst. Dazu gehört auch, in Balance zu bleiben, sich nicht zu überfordern und nicht schon in jungen Jahren auszubrennen.

Und wenn sich mein Unternehmen selbst noch gar nicht auf den Weg gemacht hat?

Die harte Antwort lautet: Dann muss man es losgelöst von seinem Arbeitgeber tun. Fehlt dem diese Einstellung, ist das keiner, mit dem man alt wird. Leute, die ihren Weg konsequent bis zu diesem Punkt gegangen sind, die werden auch was anderes finden.

Unabhängig vom Alter?

Bis 55 Jahre ist der Arbeitsmarkt mittlerweile schon beweglicher geworden.

OB JEMAND EMPLOYABLE IST, HÄNGT VON DER INNEREN HALTUNG AB, ABER NICHT GRUNDSÄTZLICH VOM BIOLOGISCHEN ALTER.

PROF. DR. JUTTA RUMP, DIREKTORIN DES INSTITUTS FÜR BESCHÄFTIGUNG UND EMPLOYABILITY

Ist da ein größeres Bewusstsein seitens der Unternehmen für die Kompetenzen älterer Arbeitnehmer gewachsen?

Ja. Einer der zentralen Gründe ist, dass es Weiterbildung inzwischen bis zum Renteneintrittsalter gibt. Zweitens: Die, die vor zehn, 15 Jahren noch das Defizitmodell des Alters vertreten haben, sind alle selbst gealtert. Der Personalchef ist jetzt selber 50, und für ihn kann das ja nicht stimmen – so seine Wahrnehmung. Drittens ist mittlerweile überall angekommen, dass die psychologische Forschung das Defizitmodell nicht aufrechterhalten kann. Ob jemand employable ist, hängt von der inneren Haltung ab, aber nicht grundsätzlich vom biologischen Alter.

Wenn sich das durchgesetzt hat, wieso hat es die Zielgruppe 45 plus dann immer noch schwerer, einen Jobwechsel zu vollziehen als Jüngere?

Die Frage ist, ob die Passgenauigkeit zwischen Aufgabe und Profil gegeben ist. Oft scheitert es auch an Gehaltswünschen. Das zu verdienen, was der Jüngere dafür bekommt, ist für viele Ältere „out of the range“. Das Unternehmen sagt dann, die Seniorität ist jetzt nicht so wertvoll. Ich bekomme einen, der halb so alt ist, für die Hälfte, und noch dazu ist der formbar und anpassungsfähiger.

Wie gehen Sie mit Ängsten um, also wenn Arbeitnehmer befürchten, aufgrund des digitalen Wandels ihren Arbeitsplatz zu verlieren oder den Anschluss zu verpassen?

Derzeit wird diskutiert, dass sich die Chancen auf dauerhafte Beschäftigung für einige „durchschnittlich“ Qualifizierte, die mittleren Qualifikationsstufen, reduzieren könnten. Die bisher als selbstverständlich betrachtete Annahme, dass mit der Entwicklung neuer Technologien die Nachfrage nach qualifizierten Arbeitskräften steigt und die Nachfrage nach niedrig Qualifizierten sinkt, scheint nicht mehr zu gelten. Denn aktuelle Forschungsergebnisse zeigen veränderte Zusammenhänge. So wird es danach bei vielen Tätigkeiten, die bisher von Beschäftigten mit mittlerem Qualifikationsniveau bearbeitet werden und die eine manuelle und/oder kognitive, teilweise auch hochkomplexe Routineaufgabe darstellen, zu einer Substitution durch die Technik kommen.

DER BLICK ZURÜCK IN DIE VERGANGENHEIT KANN NIEMALS DIE LÖSUNG FÜR DIE ZUKUNFT SEIN.

PROF. DR. JUTTA RUMP, DIREKTORIN DES INSTITUTS FÜR BESCHÄFTIGUNG UND EMPLOYABILITY

Da steht einiges auf der Roten Liste. Doch es entstehen ja auch neue Jobs, die mit kreativer Denkarbeit und Innovation zu tun haben …

Was Menschen Angst macht, ist, dass das alte Qualifikationsprofil nicht mehr zum neuen Job passt. Das heißt, Unternehmen müssen die Menschen stufenweise qualifizieren: Wenn einerseits Jobs wegfallen, können sie sie nur Stück für Stück an neue Aufgaben heranführen. Um diesen Wandel sozialverträglich zu gestalten, möglichst ohne Verlierer, braucht es Investition, Zeit und Konzepte.

Sehen Sie auch Grenzen der Beschäftigungsfähigkeit?

Der Erfolg eines Unternehmens hängt heute mehr denn je davon ab, ob die Mitarbeiter ihre Talente einbringen können. Doch mehr als 70 Prozent der Beschäftigten kennen diese nicht. Für die Arbeitswelt ist das schlecht. Wenn Arbeitnehmer das nicht wissen, werden sie derartige dynamische Welten so stressig empfinden, dass sie sich wie ein Hamster im Rad vorkommen, sie sehen den Wald vor lauter Bäumen nicht und suchen nach Ankerpunkten, und sei es den Blick zurück in die Vergangenheit. Doch der kann niemals die Lösung für die Zukunft sein. Von daher ist die Frage: Was ist mit den Menschen, die wollen, aber nicht können – aus gesundheitlichen Gründen, weil ihre Lebenssituation es ihnen im Moment nicht ermöglicht, warum auch immer? Hier muss das Subsidiaritätsprinzip einer Gesellschaft wirken. Wenn es Menschen gibt, die nicht können, ist es Aufgabe einer Gesellschaft, der Sozialgemeinschaft, ihnen dennoch eine Perspektive zu bieten.

Steckbrief

Prof. Dr. Jutta Rump ist Spezialistin für Megatrends in der Arbeitswelt und die sich daraus ergebenden Konsequenzen für Unternehmen, Organisation und Führung.

Quelle: Faktor A - Das Arbeitgebermagazin

15 März 2018

Wie sich Menschen organisieren, wenn ihnen keiner sagt, was sie tun sollen

Posted in Hör-/Buchtipp, Trends, Führung, Leadership

Neuestes Buch von Lars Vollmer über mehr Erfolg und Agilität

Wie sich Menschen organisieren, wenn ihnen keiner sagt, was sie tun sollen

Ein motivierendes und höchst wirkungsvolles Buch für alle, die Strukturen und Methoden aus dem Industriezeitalter überwinden wollen und sich mehr Erfolg und Agilität in Gesellschaft und Wirtschaft wünschen.

Verantwortung und Freiheit wecken Kreativität

Der Reflex, der in jedem Unternehmen, jeder Organisation, jeder Gruppe wach wird, sobald Menschen zusammen arbeiten und etwas erreichen wollen, ist: Wer ist zuständig und wer verteilt weitere Zuständigkeiten? Und wie selbstverständlich bilden sich daraus Hierarchien und Abteilungen.

Statt sich diesen starren Strukturen unterzuordnen, inspiriert Lars Vollmer zu mehr Initiative, Verantwortung und der Überlegung, wie es gelingen kann, Organisationen voller Agilität und Freiheit zu gestalten, Denn der Unternehmer und Honorarprofessor der Leibniz Universität Hannover weiß: Wenn Menschen freiheitlich leben und arbeiten, entsteht echter Nutzen für Kunden und Gesellschaft auf den Märkten des 21. Jahrhunderts. Und dies bewirkt Freude an der Arbeit und wahre Wirksamkeit.

Vom Business-Theater zur Selbstorganisation

Dass Menschen in Unternehmen mehr Theater spielen, dafür aber aufgrund starrer Pläne, Meetings und Vorgaben nicht die Möglichkeit erhalten, echte Arbeit zu leisten, hat der Vordenker Lars Vollmer in seinem Spiegel-Bestseller „Zurück an die Arbeit. Wie aus Business-Theatern wieder echte Unternehmen werden“ bereits deutlich gemacht. Dass dieses Business-Theater und die dafür verantwortlichen tayloristischen Strukturen abgeschafft gehören, ebenso.

Es blieb die Frage: Wie organisieren sich Menschen eigentlich, wenn starre Führungsrollen ausbleiben und ihnen niemand mehr sagt, was genau sie tun sollen?

Freude an der Arbeit durch Eigenverantwortung

Anhand überraschender Beispiele aus Gesellschaft und Wirtschaft macht sich Vollmer nun in seinem neuen Buch siebeneinhalb aufrüttelnde Gedanken über eben jene Entwicklung, die Menschen vollführen, wenn ihnen keine Führungskraft Zeit-, Ziel- oder sonstige Pläne vor die Nase setzt. 

In Zeiten von Modernisierung, Digitalisierung und New Work liefert Vollmer eine Ode auf die Selbstorganisation und agiles Arbeiten und vermittelt wertvolle Gestaltungsprinzipien, um Eigenverantwortung zu fördern und echte Freude an der Arbeit zu erlangen.

Über den Autor Lars Vollmer

Lars Vollmer, 46, ist promovierter Ingenieur und Honorarprofessor der Leibniz Universität Hannover. Als Unternehmer und Mitbegründer von intrinsify.me, einem offenen Thinktank für die neue Arbeitswelt und moderne Unternehmensführung, kennt er die Verstrickungen im Unternehmeralltag aus eigener Erfahrung. Er gilt als einer der führenden Management-Vordenker der neuen Generation. Als gefragter Redner und Autor plädiert er dafür, Unternehmen, Führung und Arbeit völlig neu zu denken.

Kaufen können Sie das Buch z.B. amazon

 

Interview mit Lars Vollmer zu seinem Buch

Im Dezember 2017 war Lars Vollmer zu Gast bei der Talkshow »Chefsache« des Baden-Württembergischen Senders Regio-TV. Interviewt wurde er von dessen Geschäftsführer, Rolf Benzmann zu den Thesen meines neuen Buches....

22 Februar 2018

Mitarbeiterführung: Knapp vorbei ist auch daneben

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Das fragile Gut Mitarbeiterbindung und seine Tücken

Mitarbeiterführung: Knapp vorbei ist auch daneben

Eine gute Mitarbeiterführung ist die hohe Kunst des Managements, auch in Zeiten der Digitalisierung und Globalisierung. Sie zu beherrschen, wird sogar immer entscheidender. Schließlich sitzt ein Teil der Belegschaft großer Konzerne zig Flugmeilen entfernt. Manche Tätigkeiten sind längst ausgelagert und werden von Freelancern erledigt, die in ihrer Rolle dennoch wichtig für das Gefüge des Unternehmens sind. Hinzu kommt das Ringen um Fachkräfte, die es in der vielbeschworenen Generation Y auf besondere Weise anzusprechen gilt. Unternehmer und Führungskräfte stehen vor etlichen Herausforderungen beim Arbeiten 4.0. Dazu zählen gerade mit Blick auf die wichtige Mitarbeitergewinnung und –bindung insbesondere Führungsstil und Unternehmenskultur.

MITARBEITERFÜHRUNG: WENN WORTE UND TATEN AUSEINANDERKLAFFEN

„Die Menschen mögen deine Worte hören, aber was sie fühlen, ist deine Haltung“, sagt der US-amerikanische Führungsexperte John C. Maxwell. Und dieses Empfinden ist in Fragen der Mitarbeiterführung nicht zu unterschätzen. Denn Gefühle setzen bei Menschen mehr in Gang als 1000 Worte. Ein Beispiel aus der Praxis: Ein großer Konzern feiert Jubiläum. Mitarbeiter, Geschäftspartner, Gäste und Kunden sind zum gemeinsamen Fest geladen. Zur Unterhaltung der Gäste und Kunden tritt ein weltbekannter Popstar auf. Der Zutritt zur Konzertarena bleibt den Mitarbeitern jedoch verwehrt, Absperrgitter trennen die Spreu vom Weizen. Die zuvor geäußerten Dankesworte der Chefs an die Belegschaft bekommen hier einen schalen Beigeschmack. Denn worauf beruht der langjährige Erfolg des Konzerns? Allein auf dem Verdienst der Gäste und Kunden? Wohl kaum. Die wichtigste Ressource eines Unternehmens sind die Menschen. Doch diese wurden hier nicht im gleichen Maß gewürdigt wie Kunden und Gäste. Dabei lassen sich ohne sie keine Ziele realisieren und Erfolge schaffen. In vielen Chefetagen wird diese Teamleistung noch allzu oft außer Acht gelassen.

Das Bild vom Elfenbeinturm trifft leider noch häufig zu. Chefs, die weit oben abgeschirmt von der Belegschaft sitzen und nicht nur durch ihr Gehalt den Bezug zur Basis verlieren, signalisieren: Wir da oben, ihr da unten. Und diese Wirkung erzielen auch die Absperrgitter bei der Jubiläumsfeier: Ihr seid es nicht wert, einen Weltstar live zu erleben. Das bleibt nur unserer Führungsriege, Kunden und externen Gästen vorbehalten. Ungeschickter lässt sich in Sachen Mitarbeiterbindungkaum agieren. Wie soll sich ein Mitarbeiter hier wertgeschätzt fühlen, wie soll er sich an dem gemeinsamen Erfolg freuen, wenn ihm der Genuss der Früchte verwehrt bleibt? „Führen ist die Kunst, den Schlüssel zu finden, der die Schatztruhe des Mitarbeiters aufschließt“, sagt Anselm Grün, Pater und Autor. Im Fall des Konzerns ist eher noch ein Vorhängeschloss hinzugekommen

MITARBEITERFÜHRUNG: FÜHRUNG IST BEZIEHUNGSARBEIT

Der Aspekt der Beziehungsaufgabe, die jede Führungskraft und jeder Unternehmer gegenüber seinen Mitarbeitern hat, wird oft stiefmütterlich behandelt. Dabei ist sie von großer Relevanz. Die Gallup-Studie macht Jahr für Jahr deutlich: Die emotionale Bindung eines Mitarbeiters ans Unternehmen basiert auf der Art des Umgangs mit ihm. Fühlt er sich als Teil des Ganzen, erfährt er im Arbeitsalltag Einbindung und Mitbestimmung, hat er zudem Entfaltungsmöglichkeiten, dann darf ein Unternehmen auf eine langjährige Beziehung hoffen. Dabei spielen die Führungskräfte eine Schlüsselrolle. Denn sie sind es, die diese Beziehung leben. Dazu gehören Soft Skills wie Einfühlungsvermögen, Dialog- und Kooperationsbereitschaft sowie Respekt. Davon lebt jede Beziehung, ob im Job oder außerhalb davon.

Ebenso gehört es dazu, den anderen für gute Leistungen anzuerkennen, Lob und Wertschätzung zum Ausdruck zu bringen. Eine funktionierende Beziehung lebt von gemeinsamen Zielen, die als gemeinschaftliche Aufgabe betrachtet werden. Sind diese Ziele erreicht, sollten sie auch gemeinsam gefeiert werden – ohne Ausnahme und Einschränkung. Andreas Varnholt, CEO des Alliance Verbands, sagte mir im Interview dazu: „[Unternehmer können von Sportlern lernen,] wenn Ziele erreicht worden sind, diese entsprechend feiern zu können. Denn ohne dieses Feiern, ohne Belohnung wird ein Sportler auf Dauer keinen Spaß an seiner »Quälerei« haben, die ihn zu seinen Zielen führen wird.“ Den Mitarbeitern des anfangs genannten Konzerns wurde die Belohnung in Form eines Weltstars vorenthalten. Wie motiviert werden sie nun die nächsten Ziele anvisieren und an ihre Aufgaben herangehen? Der Konzertbesuch hätte genau jener Schlüssel sein können, der die Schatztruhe des Mitarbeiters aufschließt. Er hätte für gemeinsamen Spaß gesorgt, ein besonderes, alle verbindendes Erlebnis und tolle Erinnerungen geschaffen und Mitarbeiter bestätigt – im Wert ihres Engagements ebenso wie in der Entscheidung, für dieses Unternehmen arbeiten zu wollen. Mitarbeiterbindung par excellence. Gemeinsam Erfolge zu feiern schürt den Teamgeist. Hier sieht auch Varnholt noch Nachholbedarf: „[Es] ist der Teamgeist, den Unternehmen vom Sport lernen können. Denn nur ein gut funktionierendes Team, in dem ein Zahnrad in das andere greift, garantiert letztendlich auch den Erfolg, die Erreichung des Ziels.“

Bei den meisten von uns sorgen Wertschätzung und Anerkennung dafür, dass wir uns stolz, glücklich und wichtig fühlen. Unser Zugehörigkeitsgefühl steigt, unser Selbstvertrauen wird gestärkt, es verleiht uns Selbstsicherheit. Es verbessert die Motivation für weitere Leistungen und unser Verhältnis zu demjenigen, der uns die Anerkennung entgegengebracht hat. Und genau dieses Verhältnis gilt es, zu pflegen. Wer Mitarbeiter dauerhaft zu Höchstleistungen motivieren möchte, sollte wertschätzenden Kontakt zu ihnen halten. Das fängt im täglichen Umgang an und sollte bei der Jubiläumsfeier nicht aufhören.

Mehr zum Thema Führungskompetenz lesen Sie in der Neuauflage von „Kopf gewinnt! Der Weg zu mentaler und emotionaler Führungsstärke“, wo weitere Interviewpartner aus der Welt der Wirtschaft und des Sports Einblick in ihr Selbstmanagement und ihren Führungsalltag gewähren.

Quelle: Blogartikel von Antje Heimsoeth

Das Buch gibt es zum Beispiel hier bei Amazon zu kaufen

14 Februar 2018

Neu im Kino: "Gute Führung - Der Film"

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Zukunft von Führung und Arbeit

Neu im Kino:

Der Dokumentarfilm „Die Stille Revolution“ zeigt einen Vordenker einer neuen Arbeitswelt, die humaner und dabei produktiver ist. Was können Unternehmer und Führungskräfte von ihm lernen?

Was tun Sie, wenn eine Mitarbeiterbefragung ergibt: „Wir brauchen einen anderen Chef“? Schlucken und so weitermachen wie bisher? Bodo Janssen, Geschäftsführer der friesischen Hotelkette Upstalsboom, war in genau dieser Situation. Er bekam 2010 ein vernichtendes Feedback von seinen Mitarbeitern – und beschloss, etwas zu ändern. Er besuchte Seminare in einem Schweigekloster und kam wieder mit einer neuen Vorstellung von Führung. Und mit einem neuen Selbstbild. „Wenn jemand etwas als Führungskraft verändern möchte“, sagt Janssen heute, „dann ist er gut damit beraten, zunächst und ausschließlich bei sich selbst anzufangen.“

Dokumentiert hat diesen zweifachen Wandel Kristian Gründling in seinem Film „Die Stille Revolution“, der jetzt in einigen Kinos gezeigt wird. Der Film wirbt für einen Kulturwandel in der Arbeitswelt, für eine neue Unternehmenskultur, die nicht das Geld, sondern den Menschen in den Mittelpunkt stellt. „Der Zweck ist immer der Mensch“, sagt Bodo Janssen. Dass neben dem Hotelchef noch 60 Gleichgesinnte zu Wort kommen, verleiht dieser Botschaft Gewicht, sodass der Filmtitel nicht zu viel verspricht und hoffen lässt.

Es äußert sich zum Beispiel Peter Bostelmann, „Direktor für globale Achtsamkeitspraxis“ beim Technologiekonzern SAP. Er wird dabei gezeigt, wie er bei einem Meeting meditiert: Ein Dutzend Frauen und Männer in Businesskleidung sitzen um einen Konferenztisch, die Augen geschlossen –  für viele immer noch ein ungewohntes Bild. „Vor zehn Jahren hätte ich darüber gelächelt“, sagt Bostelmann in die Kamera. Heute weiß er, dass Meditieren guttut, dem Menschen und der Arbeit.

Reflexion, Bewusstsein, Sinnhaftigkeit, Freiheit, Entfaltung – das sind Wörter, die im Film immer wieder fallen. Der Gründer der Drogeriemarktkette dm, Götz Werner, zum Beispiel sagt: „Der Verstand fragt, wie’s geht, aber mit dem Bewusstsein kommt die Sinnfrage dazu.“ Nur wenn das Bewusstsein entsteht, etwas Sinnvolles zu tun und für einen sinnvollen Unternehmenszweck zu arbeiten, kann jemand auch zufrieden bei der Arbeit sein. Der ehemalige Finanzminister Hans Eichel spricht die Finanzkrise an. Man habe gesehen, dass es kein gutes Ende nehme, wenn Unternehmen nur noch möglichst viel Gewinn erzielen wollten. Er fragt: „Was ist eigentlich der wirkliche Sinn dessen, was wir da tun?“ Und der Benediktinermönch Anselm Grün, bekannt als Autor spiritueller Bücher, ist überzeugt: „Unternehmen, die Werte beachten, werden auf Dauer wertvoller.“

Der Film zeigt noch viele andere Köpfe, prominent oder nicht, alt oder jung, ob Spezialist für Gong-Meditation, Professorin, Personalleiter, Trendexpertin, Karma-Ökonom, Pferdetrainerin, Ideenhistoriker, Olympiasportler oder Leiter einer Stadtreinigung – leider nur wenige Frauen darunter. Allen gemeinsam ist der Gedanke, dass Arbeit auch anders geht und produktiver, wenn man bereit ist, sich vom veralteten Bild der Machtpyramide zu lösen: oben der Chef, ganz unten der Praktikant.

Bodo Janssen sagt es ganz offen: „Ich war ein Mensch der Zahlen, Daten, Fakten. Ich saß im größten Büro mit dem größten Schreibtisch.“ Erfolgreich war er damit nicht und glücklich auch nicht. „Mein ganzes Leben war eine Maske, immer am Posen.“ Anstrengend sei es gewesen, immer die Chefrolle aufrechtzuerhalten und insgeheim zu wissen: „Das bin ja nicht ich.“ Heute trägt er Dreitagebart und eine Strickweste überm weißen Hemd. Er spricht langsam, unkompliziert, ohne Scheu vor der Kamera. Die folgt ihm bei Spaziergängen übers Feld, am Strand, ins Watt, durch die Säulengänge des Schweigeklosters, durch den Wald, sie zeigt ihn am Steuer seines Segelbootes und immer wieder beim Meditieren im Kreise seiner Mitarbeiter. Der Prozess seines persönlichen Wandels wird begleitet von dem Gedanken: „Erst wenn ich mich selbst erkenne, kann ich andere führen.“

Dass der Hotelchef dabei handfeste Absichten verfolgt, verschweigt er nicht: „Ich wollte, dass die Mitarbeiter zufriedener werden, um mehr Leistung zu bringen.“ Und so dokumentiert der Film auch den Wandel des Unternehmens. 2013 erarbeiten sie alle gemeinsam in ihrem Hotel in Varel, Ostfriesland ein neues Leitbild für die Hotelgruppe. Jeder darf mitreden – das erleben die Mitarbeiter, wie sie sagen, als größte Veränderung.

Mehr Umsatz, weniger Krankmeldungen

Im Januar 2016 fahren Janssen und die Azubis nach Tansania und erklimmen gemeinsam den Kilimandscharo. Sie haben lange dafür trainiert, quälen sich nun die 5895 Meter nach oben und erreichen tatsächlich den Gipfel. „Man kriegt so oft gesagt, was man nicht kann“, sagt eine Auszubildende in die Kamera. „Jetzt sehen wir mal, was wir alles können.“ Das ist mehr als Teambuilding, hier hat scheinbar ein Umdenken begonnen. Die Experten im Film liefern dazu die Theorie, wenn sie von „Wertschöpfung durch Wertschätzung“ sprechen und von „Potenzial entfalten, nicht Ressourcen ausnutzen“.

Und noch ein emotionales Projekt wird von der Kamera begleitet: eine Fahrt nach Ruanda im Februar 2016, wo die Hotelgruppe die von Reiner Meutsch gegründete Stiftung „Fly & Help“ beim Bau von Schulen unterstützt. Zur Eröffnung einer dieser Schulen sind ungefähr 20 Mitarbeiter und Bodo Janssen angereist, die Aufnahmen zeigen sie inmitten von Einheimischen, es ist ein großes Fest. Eine leitende Angestellte sagt: „Wenn man Wohltätiges in der Arbeitszeit tut, bekommt die Arbeit einen anderen Stellenwert“, und man glaubt ihr das.

Am Ende, wie um noch die letzten Zweifler zu überzeugen, packen die Filmemacher dann doch noch wirtschaftliche Kennzahlen aus. Krankmeldungen bei Upstalsboom: stark gesunken. Umsatz: verdoppelt. Bewerbungen: gestiegen. Weiterempfehlungen von Hotelgästen: gestiegen. Der Film an sich folgt keiner erkennbaren Struktur, die Flut von Zitaten ist schwindelerregend, und Rückschläge oder kritische Stimmen im Unternehmen scheint es nicht gegeben zu haben. Dennoch zeigt „Die Stille Revolution“ sehr eindrücklich: Ein Wandel ist möglich.

Filmvorführungen: am 12.2. in Berlin, bundesweiter Filmstart am 22.3., hier können auch separate Vorstellungen gebucht werden.

Quelle: Faktor A - Das Arbeitgebermagazin

TRAILER - Die Stille Revolution

02 Februar 2018

Das Start-up WeWork erobert Londoner Büros

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Coworking Spaces

Das Start-up WeWork erobert Londoner Büros

Der Coworking-Space-Betreiber ist in London der größte Anbieter gewerblicher Bürofläche. Das Konzept des geteilten Arbeitsplatzes wird auch in Deutschland immer beliebter.

Das amerikanische Coworking-Start-up WeWork ist der zweitgrößte Büronutzer in London geworden – nach der britischen Regierung. Mit 242.000 Quadratmetern Bürofläche übertrifft WeWork sogar Giganten wie die Deutsche Bank und Amazon in der Hauptstadt des Vereinigten Königreichs, schreibt das britische Finanzblatt „Financial Times“.

WeWork wurde vor acht Jahren von den Amerikanern Adam Neumann und Miguel McKelvey in New York gegründet. Seitdem ist das von Softbanks Vision Fund finanzierte Unternehmen enorm gewachsen; im August wurde es zuletzt mit 20 Milliarden Dollar bewertet.

Überraschend rasantes Wachstum

Mittlerweile ist WeWork mit 207 Standorten in 64 Städten in der ganzen Welt vertreten; in Deutschland bisher in Berlin, Frankfurt, München und Hamburg. Gerade in Großstädten wie London oder New York wird das Unternehmen immer dominanter auf dem Immobilienmarkt. Die Strategie: Bürogebäude kaufen oder mieten, um sie schließlich als stylische geteilte Büros anzubieten. Dieses Modell scheint gut zu funktionieren: WeWork meldete, dass bis Ende letzten Jahres 175.000 Menschen auf der ganzen Welt in ihren Räumlichkeiten arbeiteten.

Das rasante Wachstum des Unternehmens hat viele in der Immobilienbranche überrascht. Allein in London verdoppelte sich WeWorks Bürofläche im letzten Jahr. Laut „Financial Times“ belegt das Unternehmen dort doppelt so viel Büroraum wie Google, das nur 121.000 Quadratmeter über fünf Jahre gemietet hat. Zum Vergleich: Amazon und die Deutsche Bank mieten 930.000 Quadratmeter beziehungsweise 837.000 Quadratmeter in London.

In Zukunft kommt auch der Brexit WeWork zugute. Besonders internationale Banken könnte das flexible Büromodell ansprechen. Denn so könnten sie langfristige Mietverträge vermeiden, solange Unsicherheit darüber besteht, wo die Angestellten künftig arbeiten sollen.

Mehr als nur ein Büro

WeWork sieht sich aber als weitaus mehr als ein Untervermieter. Die Büros punkten mit Einrichtung im Hipster-Stil und Networking-Veranstaltungen. Auch das Getränk Kombucha wird kostenlos zur Verfügung gestellt. „WeWork setzt vor allem auf den sozialen Aspekt. Es gibt zum Beispiel eine Dachterrasse, um auch mal die Kollegen zu treffen“, sagt Shannon Doyle vom Biotech-Start-up Smart Flora, das das WeWork-Büro in London Fields mitnutzt. Es werden Vorträge, Kurse und Wettbewerbe organisiert, damit die Arbeitnehmer sich kennenlernen und eine Gemeinschaft bilden. Es geht also nicht nur um schicke Sofas, sondern um den Kontakt mit anderen innovativen Unternehmen. Von dem Austausch untereinander sollen sie alle profitieren.

Während sich das Modell in erster Linie an junge Tech-Start-ups gerichtet hatte, zieht es heute Unternehmen aus den unterschiedlichsten Branchen an. Mit verschiedenen Modellen und Tarifen können sich Selbständige, Start-ups und Großunternehmen ihren eigenen Büroraum zusammenstellen – vom einfachen „Hot Desk“, einem Arbeitsplatz ohne festen Tisch, bis hin zu privaten Büros, einem eigenen Stockwerk oder einem ganzen Gebäude. Über ein Fünftel der Kunden sind Unternehmen mit mehr als 1000 Angestellten, darunter General Electric, Samsung und MasterCard.

Das Erfolgsmodell Coworking haben sich inzwischen auch andere Start-ups zu eigen gemacht. In London sind 20 Prozent aller gemieteten Büroräume von Anbietern flexibler Arbeitsräume belegt. Das Konzept des geteilten Arbeitsplatzes wird auch in Deutschland immer beliebter. In Berlin gibt es inzwischen um die dreißig Coworking-Büros, in Frankfurt sind es zwanzig – WeWork ist hier noch ein Anbieter von vielen.

Quelle: FAZ.NET

03 Januar 2018

Müssen wir Arbeit neu definieren?

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Moderne Arbeitswelt

Müssen wir Arbeit neu definieren?

New Work ist mehr als ein Buzzword. Es ist die zentrale Herausforderung der modernen Arbeitswelt, der Sie sich stellen müssen. Denn ohne ein klares Verständnis davon, was Arbeit für Sie und für Ihre Teams bedeutet, fährt der Zug ohne Sie ab. Keine Angst, der New Work-Experte Martin Bergmann sorgt dafür, dass Sie dann in der 1. Klasse sitzen.

Wir arbeiten, um zu leben? Acht Stunden im Büro und dann ab in den Feierabend oder 5 Tage warten bis auf’s Wochenende? Eben nicht mehr. Die neue Arbeitswelt macht uns klar: Wir wollen vor allem mit unserer ‘Arbeit’ dazu beitragen, dass wir glücklich sind”, erklärt New Work-Experte Martin Bergmann von improwe. Sich in diesen Zeiten intensiv mit New Work auseinanderzusetzen, kann Ihrer Karriere, vor allem aber auch Ihrem Leben einen völlig neuen Schub verleihen. Denn gerade als Führungskraft gewinnen Sie einen klaren Blick auf die Bedürfnisse Ihrer Mitarbeiter. Die es Ihnen mit noch besserer Leistung danken werden.

Musterlösungen? Vergessen Sie’s!

New Work beschreibt die neue Arbeitswelt, mit ihren rasend schnellen Veränderungen von Lebens- und Gesellschaftsformen, von Arbeitsbedingungen. Der Sie im schlimmsten Fall einfach unterliegen. Oder die Sie als Führungskraft aktiv mitgestalten können. In der New Work gibt es keine einfachen Rezepte. Getreu dem Motto: „Nehmen Sie eine Portion Freiheit, reichern Sie sie mit ein wenig Bedeutung an und garnieren Sie das Ganze mit einer Prise Selbstbestimmung.“ Wäre ja auch zu schön. New Work-Experte Martin Bergmann erläutert: „Es ist nun mal so, dass es bei New Work um eine grundsätzliche Auseinandersetzung mit den Bedürfnissen von Menschen geht. Da ist kein ‚Plop, das mach’ ich jetzt mal so …’. Vielmehr müssen Sie zunächst ein Mindset entwickeln, das Transparenz, Offenheit und Innovation kennt, und es ihnen ermöglicht, über Sinnhaftigkeit und Selbstbestimmung nicht nur zu diskutieren, sondern diese auch zu leben.“

Grundlagen der New Work

Wir Menschen, unsere Lebens- und Gesellschaftsformen und damit auch unsere Arbeitswelten verändern sich. Früher langsam, heute rasant. Entscheidend ist, dass wir unsere Tätigkeiten stets unabhängiger von Zeitpunkt, Raum und Fachkompetenz erledigen können. Das erfordert zum einen Fähigkeiten, die früher weniger gefragt waren, weckt aber gleichzeitig auch Bedürfnisse, die nicht mehr einfach so befriedigt werden können.

Die Frage nach dem Sinn der Arbeit

Einer der zentralen Punkte in der New Work ist die Frage nach der Sinnhaftigkeit unserer Arbeit. Und diese Frage spielte auch in Ihrem Leben mit Sicherheit eine durchgehend wichtige Rolle.

  • Was willst Du denn mal werden – fragen wir das Kind.
  • Schon überlegt, was Du studieren möchtest – das zentrale Thema in der Jugend.
  • Was fange ich mit meinen Qualifikationen an – fragen sich Studierende.

Die Arbeit ist zentraler Bestandteil Ihres Lebens, und damit auch Ihrer Lebenszufriedenheit. Martin Bergmann erläutert: „Welchen Beruf hätten Sie gewählt, wenn Sie als Kind entschieden hätten? Häufig waren es da noch Berufe mit großem gesellschaftlichen Nutzen. Denn in uns allen besteht der Wunsch, die eigene (Lebens-) Zeit sinnvoll zu nutzen.“

Das Bedürfnis nach sinnhafter Arbeit ist also nicht neu, neu ist vielmehr, dass dieses Bedürfnis endlich zunehmend Beachtung auf der Seite der Arbeitgeber findet. Bergmann konkretisiert: „Ein Mensch, der Sinn in seiner Arbeit sieht, ist glücklicher, identifiziert sich stärker mit seinem Arbeitgeber und hat Freude daran produktiv zu sein. Stellen Sie sich vor, Ihre Mitarbeiter und sie selbst fühlen sich so. Ist es eine Utopie? Nein, es ist eine erreichbare Zukunft.“

So machen Sie Sinnstiftung im Team begreifbar

  • DO: Sprechen und reflektieren Sie über Sinnstiftung. Fragen Sie sich selbst und Ihre Mitarbeiter, wo sie eigentlich den Sinn ihrer Arbeit sehen? Wichtig dabei:
  • DON’T: Sinnstiftung geschieht nicht von außen, sondern nur von jedem Menschen selbst. Öffnen Sie daher den Gesprächsraum, schlagen Sie aber bitte keine ihnen logisch erscheinenden Argumente vor.

Selbstbestimmung – Schlüssel zur New Work

Freuen Sie sich über Selbstbestimmung? Natürlich. Es ist ja auch komfortabel, nicht darüber nachdenken oder entscheiden zu müssen, was Sie wie, wann und wo erledigen. In der New Work geht es nicht darum, dass nun alle Mitarbeiter alles selbst entscheiden dürfen, sondern vielmehr darum, dass Sie als Führungskraft jedem einzelnen Mitarbeiter passende Freiheitsgrade einräumen, die diesen nicht überfordern, sondern einen Nutzen haben. Lassen Sie einen Mitarbeiter, der an neuen Ideen und an deren Umsetzung tüftelt, selbst entscheiden, wo und wann „gearbeitet“ wird, um so die besten Ergebnisse zu erhalten.

New Work-Experte Bergmann führt aus: „Selbstbestimmt zu arbeiten bedeutet nicht, egoistisch zu handeln, sondern seine Arbeitsbedingungen auf seine Bedürfnisse ausbalancieren zu dürfen. Im Sinne der Tätigkeit UND des Menschen.“

3 Tipps, mit denen Sie New Work etablieren können

  1. Überlegen Sie, in welchen Grenzen Sie im Team Selbstbestimmung ermöglichen können. Bitte denken Sie dabei nicht an SICH, sondern an die Arbeit und die Ergebnisse, die dabei im Fokus stehen. Nur weil Sie sich wünschen, dass Ihre Mitarbeiter jeden Tag im Büro sind, bedeutet das nicht, dass diese Situation auch die besten Ergebnisse erzielt.
  2. Trauen Sie sich etwas. Schaffen Sie „Test“-Situationen, in denen Sie mal mehr, mal weniger Freiraum geben. Werten Sie die Ergebnisse aus. Besprechen sie diese im Team und leiten Sie daraus entsprechende Freigiebigkeit ab.
  3. Helfen und entwickeln Sie, indem Sie die Seiten wechseln. Wie organisieren Sie Ihre Arbeit selbst? Was müssen Sie bedenken, wenn Sie nicht im Büro, sondern im Arbeitszimmer zuhause agieren.

Was Sie nicht tun sollten

Scheren Sie nicht alle über einen Kamm. Nur weil ein Mitarbeiter Schwierigkeiten damit hat, sich an definierte Absprachen zu halten, wenn er im Homeoffice arbeitet, müssen nicht alle anderen auch darunter leiden. Machen Sie Unterschiede, und zwar leistungsbezogen.

Über den Autor

Jörg Peter Urbach ist Autor, Redakteur und Blogger aus Sprachleidenschaft. Seit mehr als 25 Jahren schreibt er. Für Print und Online. Konzepte. Geschichten. Fachartikel. Als langjähriger Chefredakteur des Portals wissen.de und des Brockhaus Digital weiß er, wie man Leser begeistert und Themen findet. Sein Portfolio finden Sie unter UrbacH – text. und kommunikation.

Quelle: Experteer-Magazin

11 Dezember 2017

3 Leadership-Skills, die über Ihren Erfolg entscheiden

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Die Digitalisierung erfordert neue Kompetenzen

3 Leadership-Skills, die über Ihren Erfolg entscheiden

Die Digitalisierung erfordert neue Kompetenzen – auch im Automotive Bereich. Welche das sind (und was David Hasselhoff damit zu tun hat)? Ein Gespräch mit Joachim Krieg bei Audi.

Was David Hasselhoff mit der Mobilität der Zukunft zu tun hat

Ein Sportwagen, der ganz von alleine über die Autobahn rast – der Gas gibt, bremst, überholt – und dabei selbstständig denkt und spricht? Was klingt wie eine Folge aus der hasselhoff’schen Kultserie Knight Rider, kommt der Realität schon jetzt ziemlich nahe. In der Automobilbranche brodelt es – dank vernetzter Fahrzeuge, Autopilot und Co. Doch es sind nicht nur alternative Mobilitätskonzepte, die die Branche herausfordern. Denn neue Technik erfordert neue Kompetenzen. Neue Unternehmensfelder erfordern neue Unternehmensstrukturen. Und neue Mitarbeiter erfordern ein neues Führungsverhalten. Was hätte The Hoff wohl mit seinem Kit angefangen, hätte er ihn nicht zu handhaben gewusst?

3 Leadership-Skills, die jede Führungskraft heute braucht

Joachim Kraege leitet den Bereich Organisation/Consulting bei Audi und weiß, was auf Führungskräfte im Automobilsektor zukommt. Die müssen nämlich einerseits dafür sorgen, dass ihre Teams die richtigen Fähigkeiten besitzen, um dem Unternehmen beim Thema Elektromobilität eine Pole Position zu sichern. „Das Anforderungsprofil an Kandidaten ist in Zeiten der Digitalisierung sehr hoch“, sagt Kraege. „Bereiche wie Big Data, Cloud Computing und Machine Learning werden im Hinblick auf die Mobilität der Zukunft immer wichtiger.“

Andererseits stehen Manager in der Verantwortung, ihr eigenes Führungsverhalten auf den Prüfstand zu stellen. „Führungskräfte müssen heute in zwei Welten leben: zum einen in der Fachwelt mit ihren neuen Anforderungen, zum anderen in der modernen Führungswelt“, so Kraege. Wie das funktioniert? Mit viel Flexibilität – und einem Bewusstsein für essentielle Führungskompetenzen wie diese:

1. Anpassungsfähigkeit

Die Arbeitswelt ist in stetigem Wandel. Gerade daher sei es wichtig, agil zu arbeiten und sich schnell an neue Situationen, Projekte und neue Führungsanforderungen anzupassen, erklärt Kraege. Auch der Kommunikationsstil von Führungskräften muss flexibel sein und sich am jeweiligen Gesprächspartner orientieren, weiß Kommunikations- und Führungsexpertin Friederike von Mirbach. „Denn alteingesessenen Klienten erreicht man schließlich ganz anders als einen jungen Mitarbeiter.“

2. Kooperative Führung

Führungskräfte müssen in der Lage sein, die Bedürfnisse der Generationen Y und Z, den Mitarbeitern der Gegenwart und nahen Zukunft, zu verstehen. Und die fordern eine wertschätzende Führung auf Augenhöhe, die ihnen Spielraum für eigenverantwortliches Arbeiten lässt.

3. Weitsicht

Die Digitalisierung verändert vieles – und zwar schnell. Daher sei es nicht nur wichtig, flexibel auf Veränderungen zu reagieren, sondern auch, in die Zukunft zu schauen, so Audi-Manager Joachim Kraege. „Jede Führungskraft steht in der Verantwortung zu sehen: Wo steht mein Team gerade? Wo will ich mit meinem Team hin? Was muss ich tun und wen muss ich schulen und weiterbilden, um dorthin zu kommen?“

Führungskompetenz à la Darwin

„Es ist nicht die stärkste Spezies, die überlebt, auch nicht die intelligenteste. Es ist diejenige, die sich am ehesten dem Wandel anpassen kann.“ Das erkannte der Evolutionsforscher Charles Darwin bereits vor über 150 Jahren.

Und dieses Konzept gilt auch für Manager, die in Zeiten des digitalen Wandels erfolgreich führen wollen. Auch sie müssen lernen, sich an die veränderten Rahmenbedingungen anzupassen und sich von tradierten Führungsmodellen zu lösen. „Audi ist zwar mit dem klassischen Top-Down-Management groß geworden“, so Kraege. Doch neue, flexible Arbeitsprozesse (und insbesondere die Führung der jungen Generationen von Mitarbeitern) ließen sich nicht mehr mit starrem Hierarchiedenken vereinbaren.

Denn Tatsache ist: Autoritäre Ansagen finden bei den jungen Generationen immer weniger Gehör. „Führungskräfte müssen mit ihren Mitarbeitern eine Augenhöhe finden“, erklärt Kommunikationsexpertin von Mirbach. „Sie müssen den Austausch mit dem Team suchen, Dialog führen und ihre Offenheit für neue Perspektiven zeigen. Nur so werden sie auch als Führungspersönlichkeiten wahrgenommen.“

Quelle: experteer-Magazin

07 Dezember 2017

Evolution der smarten Führung

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Thorsten Petry, Prof. für Strategie, Organisation und Personalmanagement

Evolution der smarten Führung

Moderne Unternehmenskulturen brauchen interne Social-Media-Plattformen. Mit digitalen Werkzeugen sind vernetzte Zusammenarbeit und Vertrauen  möglich. Trotzdem müssen sich Menschen auch weiterhin real begegnen.

Im Zeitalter der Digitalisierung ist unsere Umwelt vielschichtig, mehrdeutig, widersprüchlich und wird von sprunghaften Veränderungen erschüttert. Unsere Welt lässt sich treffend als VUCA-Umwelt bezeichnen.

VUCA, ein Akronym aus dem amerikanischen Militärjargon, steht für Volatility (Sprunghaftigkeit), Uncertainty (Unsicherheit), Complexity (Komplexität) und Ambiguity (Mehrdeutigkeit). Und damit für die Zeichen unserer Zeit.
Bereits seit 2010 untersuchen wir an der Hochschule RheinMain im Rahmen der Enterprise-2.0-Studienreihe fortlaufend den aktuellen Stand und die zeitliche Entwicklung des Einsatzes von Social-Media und Social-Collaboration-Plattformen in deutschen Unternehmen. An der aktuellen Studie haben 145 Studienteilnehmer verschiedener Funktionsbereiche, Branchen und Unternehmensgrößen teilgenommen.

Mit der Abkürzung zum Ziel

Verändert sich ständig das Umfeld, wird Führung zunehmend schwieriger. Wie kann sie dennoch gelingen? Durch VOPA+. Auch bei VOPA+ handelt es sich um eine Abkürzung. Sie steht für Vernetzung, Offenheit, Partizipation, Agilität plus Vertrauen. Eine zunehmende VUCA-Umwelt erfordert eine „VOPA+“-Führung.

In einem dynamischen und komplexen Umfeld ist das Prinzip des Versuch und Irrtums, des Trial and Error, oft erfolgreicher als detaillierte Analyse und Planung. Führung muss zwar beweglicher und agiler sein, Führungskräfte müssen aber weiterhin eine grundsätzliche Richtung vorgeben. Sie sollten mit Lösungsansätzen experimentieren und aus den gemachten Erfahrungen – inklusive Fehlern – lernen.

Vor dem Hintergrund der ständigen Veränderungen unserer Zeit wäre es vermessen zu glauben, dass Unternehmen noch rein zentral steuerbar sind. Führungskräfte kommen in unserer schnelllebigen Zeit rasch an die Grenzen ihrer Aufnahme- und Verarbeitungsfähigkeit. Genau aus diesem Grund sollten Führungsaufgaben viel stärker verteilt und die gesamte kollektive Intelligenz im Unternehmen genutzt werden.

Eine Voraussetzung für die höhere Beteiligung und Selbststeuerung der Mitarbeiter ist eine ausgeprägte Vernetzung innerhalb der Unternehmen. Deswegen müssen Chefs die Bildung von Netzwerken fördern und die Zusammenarbeit jenseits von Abteilungen, Regionen oder Funktionen unterstützen.

Eine Führungskraft sollte im Digitalzeitalter offen kommunizieren, offenes Feedback geben und auch selbst offen für Kritik sein. Wenn Führung vernetzter, offener, partizipativer und agiler werden soll, dann müssen Führungskräfte ihren Mitarbeitern vertrauen. Das gilt sowohl im Hinblick auf deren Motivation als auch deren Kompetenzen.

Raumschiff Enterprise 2.0

Die Entwicklung einer VOPA+, also einer auf Vertrauen basierten Führungskultur, ist ein zentraler Aspekt der digitalen Transformation. Doch wie kann eine solche Kultur gefördert und unterstützt werden?

Ein Ansatz ist die Etablierung von Social-Collaboration-Ansätzen, also die Vernetzung der Mitarbeiter durch soziale Medien innerhalb eines Unternehmens. Denn: Je größer die Auswirkungen der Digitalisierung sind, desto stärker setzen sich Unternehmen mit dem Thema der vernetzten Zusammenarbeit auseinander. Das ist auch das Ergebnis der aktuellen Studie Enterprise 2.0 der Hochschule RheinMain.

Das Schlagwort Enterprise 2.0 ist angelehnt an den Begriff des Web 2.0 als Evolutionsstufe des Internets, die auf nutzergenerierten Inhalten und multilateraler Interaktion basiert (Social Media). Enterprise 2.0 steht damit für den Einsatz von Social Media zur Verbesserung der unternehmensinternen Kommunikation und Zusammenarbeit.

Enterprise-2.0-Ansätze zielen auf die Entwicklung einer „VOPA+“-Kultur. Sie sollen Mitarbeiter stärker vernetzen und ihnen eine offene Kommunikation und einen offenen Informationszugang ermöglichen. Das ist eine geeignete Basis für eine ausgeprägte Beteiligung aller Mitarbeiter und ermöglicht schnelles und flexibles Arbeiten und Entscheiden. Die Ergebnisse der Studie zeigen: Virtuelles Arbeiten kann eine agilere Unternehmenskultur entstehen lassen, abteilungsübergreifende Zusammenarbeit unterstützen und zu einem partizipativen Führungsstil führen.

Lücke zwischen Anspruch und Wirklichkeit

Die Studienergebnisse zeigen aber auch, dass zwischen Erwartungshaltung und Wirklichkeit eine zum Teil erhebliche Lücke klafft. Gerade im Hinblick auf eine stärker ausgeprägte Agilität und einen partizipativeren Führungsstil sind die Erwartungen in vielen Unternehmen nicht erfüllt.

Zwar beurteilen 70 Prozent der Unternehmen ihre Enterprise-2.0-Maßnahmen als „erfolgreich“, allerdings nur zehn Prozent davon als „sehr erfolgreich“. Die Veränderung der Führungskultur in Unternehmen ist und bleibt ein langwieriger Prozess, der mehrere Jahre in Anspruch nimmt und eine kontinuierliche Arbeit am Wandel erfordert.

Ohne echte Begegnung kein Vertrauen

Social Collaboration- beziehungsweise Enterprise-2.0-Plattformen sind nur ein Baustein der digitalen Transformation von Unternehmen. Sie sollten als Teil eines größeren Transformationsprogramms betrachtet werden. Zur Unterstützung einer „VOPA+“-Kultur eignen sich auch partizipative Workshopmethoden wie Open Space, World Café oder Barcamp und agile Managementansätze wie Scrum, Design Thinking oder Lean Startup.

Eines sollte man allerdings nie vergessen: Die Vernetzung darf nicht allein über Social-Media-Plattformen stattfinden. Menschen müssen sich auch weiterhin physisch begegnen. Ansätze wie Early Bird Café oder Learning Lunch, also regelmäßig angebotene Lern-, Vernetzungs- und Austauschplattformen zu unterschiedlichen Tageszeiten und Themen, sind eine Möglichkeit. Denn: Der Mensch braucht weiterhin die physische Anwesenheit anderer Menschen.

Zum Autor

Thorsten Petry ist Professor für Strategie, Organisation und Personalmanagement an der Hochschule RheinMain. Er arbeitet auch als Managementberater, Projektleiter, Trainer und Referent.

Quelle: Xing-News

20 Oktober 2017

Zukunftsfähig führen. Die Erfolgsformel

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Zukunftsfähig führen. Die Erfolgsformel

Deutsche Chefs führen nicht zukunftsorientiert – und verspielen damit den Respekt ihrer jungen Angestellten. Denn die erwarten, dass Vorgesetzte ihre Werte verstehen und sich darauf einstellen. Was müssen Manager tun, um ihr Team langfristig erfolgreich zu halten?

Die zunehmende Vernetzung und Digitalisierung, gesellschaftliche Umbrüche und auch die Erwartungen der anspruchsvollen Generation Y machen ein Festhalten an traditionell-hierarchischen Strukturen zum Knock-out-Kriterium. Vorausschauende Chefs setzen sich darum heute schon mit ihrem Führungsstil auseinander, lernen ihr Verhalten den neuen Situationen anzupassen und testen neue Formen der Zusammenarbeit. Doch nun zeigt eine repräsentative Studie des Instituts für Demoskopie Allensbach, dass es mit der zukunftsorientierten Führung deutscher Chefs gar nicht so gut bestellt ist. Wie kann das sein? Wir haben mit Prof. J. Menno Harms, ehemaliger HP-Chef und Vorsitzender der Stiftung Zukunftsfähige Führung, gesprochen.

45 Prozent der jungen Angestellten finden ihren Chef unzuverlässig
278 Führungskräfte und 273 Nachwuchskräfte aus Wirtschaft und öffentlicher Verwaltung wurden im Herbst 2015 für die Studie befragt. Auffälligstes Ergebnis: Junge Arbeitnehmer schätzen ihre Vorgesetzten deutlich kritischer ein als die Vorgesetzten selbst – und das bei zentralen, zukunftsrelevanten Aspekten. Während zum Beispiel 84 Prozent der befragten Chefs finden, dass sie Absprachen zuverlässig einhalten, sind nur 55 Prozent der befragten jungen Angestellten der gleichen Meinung. 70 Prozent der Chefs finden, dass sie Veränderungen im Arbeitsumfeld erfolgreich begründen könnten – von den Nachwuchskräften sehen das nur 38 Prozent so. Selbstbild und Fremdbild weichen also stark voneinander ab. Dabei wäre gerade Zuverlässigkeit eine wichtige Eigenschaft von Vorgesetzten, um Vertrauen aufzubauen und ihr Team sicher in die Zukunft zu führen.

Führungskräfte haben Probleme mit kooperativen Führungsmodellen
Zudem sind offenbar viele Führungskräfte noch immer in tradiertem Verhalten und alten Strukturen verhaftet. Die Studie zeigt: Es dominiert nach wie vor das Modell einer hierarchischen Führung. Nur 38 Prozent der befragten Nachwuchskräfte bescheinigen ihrem direkten Vorgesetzten, offen für Kritik zu sein. Auch die Förderung von Mitarbeitern ist noch keine Selbstverständlichkeit: Nur gut jede dritte Nachwuchskraft fühlt sich von ihrem Chef in der Umsetzung der eigenen Fähigkeiten und Potenziale begleitet und unterstützt.

Ebenfalls alarmierend: Die mangelnde Sicherstellung flexibler Arbeitszeiten und die schlechte Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben sind für junge Angestellte ein zentrales Hemmnis, später selbst Führungsverantwortung übernehmen zu wollen. Wie sollen sich Unternehmen so für die Zukunft wappnen? Langfristiges Wirtschaften kann nicht funktionieren, wenn die Nachwuchsförderung vernachlässigt wird. Kein Wunder also, dass jede fünfte Nachwuchskraft das Führungsverhalten des eigenen Chefs für nicht zukunftsfähig hält.

Eine lohnende Investition in die Zukunft
Nutzen Sie die Chance und beginnen Sie, Ihre Arbeitsweise und Verhalten kritisch zu reflektieren. Führungskräfte, die dies heute in Angriff nehmen, investieren sinnvoll in die Führungszukunft ihrer Organisation. Seien Sie sich auch bewusst, dass Ihre Mitarbeiter Sie womöglich anders wahrnehmen, als Sie es sich wünschen. Gleichen Sie beide Perspektiven regelmäßig miteinander ab. Seien Sie empathisch dabei, hören Sie hin, wenn die potenziellen Führungskräfte der Zukunft ihre Bedürfnisse äußern. Es gibt viele Möglichkeiten, Arbeitsbedingungen motivierend zu gestalten – und Work-Life-Balance steht nicht im Widerspruch zu erfolgreicher Arbeit! Das ist leider eine Annahme, die noch in den Köpfen vieler Chefs verankert ist. Haben Sie stattdessen Mut und Vertrauen in das Potential Ihrer Mitarbeitenden. Ich bin überzeugt: Wenn Führungskräfte sich aktiv weiterentwickeln, spiegelt sich das auch in der Organisation wider. Sie fördern damit die Innovationskraft im Team und machen es fit für die Zukunft.

Auftraggeber der Studie ist die Initiative Zukunftsfähige Führung (IZF) e.V., die von engagierten Führungskräften aus Wirtschaft und Zivilgesellschaft 2013 in Stuttgart gegründet wurde. Zweck der Initiative ist es, den Erfahrungsaustausch zwischen Führungskräften zur konkreten Umsetzung zukunftsfähiger Führung zu fördern sowie zur öffentlichen Diskussion und Anerkennung von bewährter Führung anzuregen.

Informationen zum Gastautor:

Prof. J. Menno Harms ist Vorsitzender der Initiative Zukunftsfähige Führung (IZF) e.V. Bis 2004 war er Vorsitzender der Geschäftsführung der Hewlett Packard GmbH in Böblingen, bis heute ist er Vorsitzender des Aufsichtsrats. Seit 2001 lehrt er als Honorarprofessor an der betriebswirtschaftlichen Fakultät der Universität Stuttgart. Zudem ist er geschäftsführender Gesellschafter der Menno Harms GmbH, International Management Services in Stuttgart.

Quelle: Experteer Magazin, 20. September 2017

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