23 November 2018
Wie arbeiten wir in 15 Jahren?
5 Dinge, auf die Sie sich vorbereiten sollten?
Was kommt in den nächsten Jahren auf die Welt der Personaler zu? Xing hat zusammen mit Zukunftsforscher Peter Wippermann die wichtigsten Trends erfasst.
Wie arbeiten wir in 15 Jahren? Diese Frage haben wir uns bei Xing anlässlich unseres 15. Jubiläums gestellt. Als wir 2003 als openBC gegründet wurden, existierten noch keine iPhones oder soziale Netzwerke wie Facebook und Twitter, die heute selbstverständliche Begleiter in der Freizeit und im Beruf sind. Die Erfahrung, dass sich die technische Entwicklung immer weiter beschleunigt, prägt heute unser Selbstverständnis und -bewusstsein. Die Kunst bei der Einschätzung für die Zukunft ist es, Maß und Mitte zu finden. Die technischen Möglichkeiten in ihrer Veränderungskraft sollte man weder unter- noch überschätzen. Es ist wichtig, dass sich Personaler zu den drängenden Themen unserer Zeit eine Meinung bilden, damit sie diese gestalten können.
Um ein Gefühl dafür zu bekommen, wie Berufstätige zu den wichtigsten Zukunftsthemen stehen, haben wir mehr als 1.400 Xing-Mitglieder nach ihrer Einschätzung gefragt. Darüber hinaus haben wir gezielt mehr als 170 Personaler um ihre Einschätzung zu einschlägigen HR-Trends gebeten. Herausgekommen ist ein spannendes Stimmungsbild, das wir gemeinsam mit dem Zukunftsforscher Professor Peter Wippermann in unserem „New Work Trendbook“ zusammengefasst haben.
Es gibt fünf Trends, die ich besonders für den Personalbereich hervorheben möchte:
Gig-Working
Wie Musiker werden die Lebenskünstler der Zukunft ihre Arbeit selbstbestimmt gestalten. Sie wünschen sich die volle Kontrolle über Zeiteinteilung und Aufgaben. Gig-Working hat das Potenzial, die klassische Nine-to-five-Tätigkeit langfristig abzulösen. Heute arbeiten von den mehr als 15 Millionen Xing-Mitgliedern bereits mehr als 900.000 freiberuflich. Der Langfristtrend ist deutlich erkennbar. Von den Befragten, die momentan noch angestellt sind, wünscht sich fast jeder Fünfte (18 Prozent), dass er in 15 Jahren überwiegend als Freelancer arbeiten wird. Die größten Motivationstreiber, sich freischaffend zu betätigen, sind flexible Lebensgestaltung (83 Prozent) und die Arbeit an interessanten Themen (70 Prozent). Personalabteilungen werden sich darauf einstellen müssen, in Zukunft einen weitaus größeren Teil ihrer Belegschaft mit Freelancern zu „staffen“, als es heute der Fall ist. Bei den aktuellen Arbeitsmarktzahlen werden Gig-Worker zudem zunehmend anspruchsvoller und können sich die Projekte und Kunden in einem viel stärkeren Maße aussuchen. Darauf müssen Unternehmen mit einem aktiven Managen von Talenten reagieren!
Work-Life-Separation
Die Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit sind in den vergangenen Jahren zunehmend verschwommen. Nun aber steht die Generation Z bereit, die Arbeitswelt zu erobern – und mit ihr kehrt die echte Freizeit zurück. Schon heute wünschen sich mehr als die Hälfte der Berufstätigen aus dem Xing-Netzwerk eine stärkere Trennung zwischen Beruf und Privatleben. Die Generation Z ist familienorientierter als ihre Vorgänger und wird das Work-Life-Blending nicht länger akzeptieren. Um im Wettbewerb um die besten Talente punkten zu können, werden Personaler daher aus eigenem Interesse darauf achten, dass Beruf und Freizeit wieder stärker voneinander abgegrenzt werden.
Workplace Wellbeing
Gesunde Arbeitnehmer sichern die Zukunft von Unternehmen. Damit diese auch fit und belastbar bleiben, muss sich der Arbeitsplatz in 15 Jahren wieder stärker an menschlichen Bedürfnissen orientieren. Der berühmt-berüchtigte Kicker im Büro schafft nur kurzzeitig Entspannung. Entscheidender ist eine umfassend auf das geistige und emotionale Wohlbefinden ausgerichtete Infrastruktur und Büroarchitektur. Mitarbeiter brauchen die Möglichkeit, spezielle Areale aufzusuchen, abhängig von der jeweiligen Tätigkeit, die sie gerade ausüben. Die Gesundheit der eigenen Mitarbeiter ist aber viel mehr als oberflächliche Kosmetik: Dreiviertel (73 Prozent) der befragten Personaler sagen voraus, dass sie in 15 Jahren das Wohlbefinden ihrer Mitarbeiter stärker gewichten werden, wenn es darum geht, den Firmenerfolg zu bewerten. Aktuell wird das nur von einem Viertel der Personalabteilungen berücksichtigt. Der Hintergrund – die Arbeit in einer vernetzten Welt wird zunehmend komplexer. Erholungsphasen für die Berufstätigen sind dringend erforderlich, damit sie leistungsfähig und kreativ bleiben.
Cultural Fit
84 Prozent der von uns befragten Personaler haben schon mal Bewerbern abgesagt, obwohl sie fachlich gut für eine Vakanz geeignet gewesen wären. Der Grund: Die kulturellen Werte von Kandidat und Unternehmen stimmten nicht überein. Dieser Trend wird sich fortsetzen und der kulturelle Match zwischen Unternehmen und Talenten ähnlich wie fachliche Qualifikationen gewichtet werden. Der Cultural Fit entscheidet den Wettbewerb – für Unternehmen, aber auch aus Sicht der jungen Fachkräfte, die ihre Arbeitgeber verstärkt auf die Frage prüfen, ob die Tätigkeit sinnstiftend ist. 69 Prozent der Personaler erwarten daher, dass Unternehmen in 15 Jahren Bewerber systematisch auf kulturelle Passung im Bewerbungsprozess testen werden. Personaler sollten sich daher schon heute intensiv mit der kulturellen Identität ihrer Firma beschäftigen, dieses Wissen systematisieren und in den Bewerbungsprozess einfließen lassen. Wer sich nicht sofort ein aufwändiges Assessment leisten mag, kann auch mit niedrigschwelligen Maßnahmen starten – etwa Feedback von Mitarbeitern in die Kandidatenbewertung einfließen lassen.
Robo Recruiting
Künstliche Intelligenz (KI) wird Personaler künftig im Bewerbungsprozess massiv unterstützen und die Suche nach Mitarbeitern effizienter machen. Das Potenzial ist enorm – nur ein Bruchteil der befragten Unternehmen setzen derzeit im Recruiting KI ein. 87 Prozent der befragten Personaler gehen aber davon aus, dass sie in 15 Jahren einen wesentlichen Anteil bei der Auswahl von Kandidaten haben wird. Allerdings gehen nur vier Prozent davon aus, dass KI den gesamten Recruitingprozess ohne menschliches Zutun erledigen können wird. Diese Einschätzung zeugt von einer souveränen und gleichzeitig offenen Einstellung gegenüber neuen Technologien in der HR, die wir bei Xing teilen. Technologie wird Personaler nicht ersetzen, sondern sie vielmehr unterstützen und von langweiligen Routineaufgaben befreien. Personaler können sich dann auf ihre Kernkompetenz fokussieren: die Auswahl der richtigen Kandidaten.
Was heißt das unterm Strich für HR? Für die nächsten 15 Jahre? Die Digitalisierung sorgt für eine riesige Transformation der Arbeitswelt, die sich in den nächsten Jahren noch einmal rasant beschleunigen wird. Niemand von uns kann in die Glaskugel schauen, aber anhand von Erfahrungswerten, Prognosen und Studien lassen sich Wahrscheinlichkeiten dafür festlegen, welche Trends den Personalbereich wirklich nachhaltig beschäftigen werden. Mit dem ‚New Work Trendbook‘ rücken wir – neben der notwendigen kritischen Auseinandersetzung – auch die Betrachtung von Chancen und Potenzialen ins Zentrum der Diskussion. Klar ist: New Work erfordert auch ein New Recruiting und neue Ansätze in der HR, damit die Chancen auch wirklich genutzt werden können. Intern müssen Personaler die Themen anpacken und die Diskussionen in den Unternehmen an sich reißen. Extern müssen sie die abwartende Haltung (Post-and-Pray) ablegen und zu aktiven Talent Managern werden, die ständig mit ihrem Netzwerk – mit Kandidaten, Freelancern und Mitarbeitern – im Austausch sind, um optimale Talente für ihre Projekte und Stellen zu identifizieren. Nun wünsche ich Ihnen viel Spaß bei der Lektüre und Erfolg bei der Auswahl der Trends, die in ihrem Unternehmen verfolgt werden sollten. Machen Sie sich bereit für die Zukunft!
Über den Autor
David Vitrano ist seit 2016 Vice President Marketing & New Business Sales und Prokurist bei XING E-Recruiting sowie Geschäftsführer des XING E-Recruiting Standorts in Österreich. In dieser Funktion verantwortet er sämtliche Vermarktungs- und Kommunikationsaktivitäten und den Neukundenvertrieb. Dazu gehören im Wesentlichen Lösungen zur Personalgewinnung und Employer Branding. David Vitrano verfügt über ein Diplom in Wirtschaftswissenschaften von der Hochschule in Pforzheim und schloss zudem berufsbegleitend ein Studium an der Steinbeis Universität Berlin (School of Management and Innovation) mit einem MBA ab.