Articles tagged with: Videokonferenz

01 September 2023

Digitales Vorstellungsgespräch: Tipps für Unternehmen

Posted in Coaching

Digitales Vorstellungsgespräch: Tipps für Unternehmen

Digitale Vorstellungsgespräche sind mit der Coronapandemie in beinahe jedem Betrieb angekommen. Auch darüber hinaus werden uns digitale Technologien begleiten. Doch was unterscheidet das Gespräch per Video vom persönlichen Kennenlernen? Wo liegen Vorteile, wo Nachteile – und was sind Punkte, auf die jedes Unternehmen achten kann? Faktor A hat mit zwei Expertinnen gesprochen.

„Im digitalen Gespräch geht viel verloren“, sagt Jutta Boenig. Die Beraterin aus Überlingen am Bodensee unterstützt seit mittlerweile 30 Jahren Unternehmen und Führungskräfte in Personalfragen. „Durch die physische Präsenz erfahre ich viel mehr über die Person, die mir gegenübersitzt: Wie bewegt sie sich, was strahlt sie aus?“ Gleichzeitig ist sich Boenig sicher, dass digitale Vorstellungsgespräche die Pandemie überdauern werden: „Es wird wohl zu einer Mischform kommen, besonders die Erstgespräche werden weiterhin digital oder per Telefoninterview stattfinden.“

Denn wo es früher normal gewesen sei, Bewerber:innen auch aus anderen Bundesländern und sogar weltweit für den Erstkontakt anreisen zu lassen, sprechen viele Gründe für die digitale Variante: Es spart allen Beteiligten Zeit, es müssen weder Flug noch Übernachtung bezahlt werden. „Und es ist ja auch deutlich klimafreundlicher“, fügt Boenig an.

Die Hamburger Karriereberaterin Martina Maushake, die vor allem die Seite der Bewerber:innen berät, sieht noch einen weiteren entscheidenden Vorteil: „Wer sich beruflich neu orientieren möchte, kann digitale Gespräche in seinen Arbeitstag integrieren.“ Vorher habe es einen halben oder ganzen Urlaubstag bedeutet, einen Gesprächstermin wahrzunehmen. Heute hingegen sei dies einfach von zu Hause aus möglich.

Es spricht also vieles dafür, dass uns digitale Vorstellungsgespräche auch in Zukunft begleiten werden. Dass sie weniger Aufwand bedeuten, aber gleichzeitig auch Herausforderungen bieten, darin sind sich die Expertinnen Boenig und Maushake einig. Aber welche sind das konkret? Und wie können sowohl Unternehmen als auch Bewerber:innen sich bestmöglich vorbereiten?

Die technische Generalprobe

Üben, üben, üben – das gilt bei Bewerbungsgesprächen sowohl für die Arbeitgeber:innen als auch die Bewerber:innen. Zusätzlich sollte bei der digitalen Version im Vorfeld eine technische Generalprobe gemacht werden. Boenig schlägt drei Proben vor, um sich verschiedene Fragen stellen zu können: „Klappt alles? Wie sehe ich aus? Wie komme ich an?“ Der erste Eindruck sei bei digitalen Gesprächen noch wichtiger als bei einem Treffen in Präsenz, denn man könne ihn im Verlauf nicht durch seine Körpersprache oder nonverbale Kommunikation korrigieren. Karriereberaterin Maushake ergänzt: „Je nach technischer Ausstattung bieten sich ein Headset oder das interne Mikrofon des Computers an.“ Daher gilt auch hier: im Vorfeld ausprobieren! Unsere allgemeinen Tipps für den gelungenen Auftritt in Videokonferenzen sind auch für Online-Vorstellungsgespräche hilfreich.

Störungsquellen eliminieren und vorbereitet sein, aber Perfektionismus ablegen

Das Handy lautlos stellen, den Kolleg:innen oder Mitbewohner:innen Bescheid geben, dass man nicht gestört werden möchte: Störungsquellen sollten möglichst ausgeschlossen werden. „Und falls doch mal etwas schiefgeht: So ist das Leben!“, sagt Maushake. Ihr eigener „virtueller Flitzer“ sei ihre Katze, die sich naturgemäß nicht an Termine hält. Unvermeidbare Störungen könne man auch ins Gespräch integrieren, um die Atmosphäre etwas aufzulockern. Auf ein digitales Vorstellungsgespräch bereitet man sich im Übrigen genauso gut vor wie auf ein reales: Recruiter:innen wie Bewerber:innen sollten alle nötigen Unterlagen am Platz haben und ein Glas Wasser für den Frosch im Hals bereitstellen.

Der Gesprächsbeginn: aufwärmen!

Apropos auflockern: In digitalen Vorstellungsgesprächen neigen Arbeitgeber:innen dazu, direkt mit beruflichen Fragen einzusteigen und so die Anspannung der Bewerber:innen eher noch zu verstärken. „Das ist in Präsenz anders“, sagt Boenig. „Wenn ich als Bewerberin in ein Unternehmen komme, dann nehme ich Dinge wahr, zu denen ich einen Bezug herstellen kann.“ Das könnten beispielsweise Bilder von Orten sein, an die man selbst schon einmal gereist ist. Während physische Gespräche dann oft mit einem solchen Thema begännen, falle diese Aufwärmphase im digitalen Raum oft weg. Boenigs Vorschlag: zuerst über Interessen sprechen, die auf dem Lebenslauf vermerkt sind. Martina Maushake hat noch einen weiteren Tipp zur Auflockerung. Die klassische Frage, ob man gut hergefunden habe, könne man auf den digitalen Raum übertragen: „Hat denn alles mit der Technik geklappt?“ Beide Expertinnen sind sich einig: Um wirklich etwas voneinander erfahren zu können und sich kennenzulernen, ist eine entspannte Gesprächsatmosphäre eine wichtige Voraussetzung. Deshalb gilt beim Gespräch wie beim Sport: zuerst aufwärmen.

Über die Gesprächssituation sprechen

Weil digitale Gespräche teilweise mit Herausforderungen verbunden sind, können diese auch offen adressiert werden. „Die Gesprächsführenden können daher einladende Fragen stellen. Zum Beispiel: ‚Wie hat Ihnen der Ablauf bisher gefallen?‘ “, schlägt Martina Maushake vor. Und dann ist da noch die Sache mit der Kamera. „Eigentlich wird den Bewerber:innen ja geraten, in die Kamera zu schauen – aber dann sehen sie die Leute nicht“, erzählt Maushake. Die Lösung: offen ansprechen. „Es wird schon viel Druck aus der Situation genommen, wenn die Bewerber:innen hören, dass sie nicht permanent in die Kamera schauen müssen.“

Und was ist mit Homeoffice?

Die digitalen Gespräche sind nicht die einzigen Änderungen in der Arbeitswelt, die auch nach der Pandemie bleiben werden. Viele Unternehmen werden weiterhin zumindest teilweise im Homeoffice arbeiten. Daher könne man darauf konkret Bezug nehmen, sagt Jutta Boenig. Die Fragen sollten dabei aber offen gestellt werden: „Wie fänden Sie es, nur einen Tag im Monat ins Büro zu kommen?“ Boenig ist dabei wichtig: „Es gibt introvertierte Menschen, die lieber ausschließlich von zu Hause aus arbeiten und dort auch besser funktionieren. Das sollte kein Ausschlusskriterium sein.“

Virtueller Eindruck vom Unternehmen

Wenn das Gespräch gut verlaufen ist, können Sie im Anschluss, zum Beispiel mit der Tabletkamera, virtuell durch die Arbeitsräume führen, denn nicht nur das Unternehmen möchte einen Eindruck von der Bewerberin und dem Bewerber erhalten, sondern auch umgekehrt. Informieren Sie dazu vorab alle Kolleg:innen, die eventuell in die digitale Büro- oder Werkstatt-Tour miteinbezogen werden. Gibt es ein Video von den Räumlichkeiten im Betrieb, können Sie auch das gemeinsam mit den Bewerber:innen anschauen. Unter Umständen ist es sogar angebracht, mögliche spätere Teammitglieder kurz vorzustellen.

Martina Maushake ist seit über 15 Jahren als Coach und Beraterin in der beruflichen Neuorientierung und Karrierewegplanung selbstständig. Zuvor hat sie Erfahrungen u. a. als Personalberaterin und als Arbeitsvermittlerin bei der Bundesagentur für Arbeit gesammelt. Jutta Boenig ist Inhaberin und Geschäftsführerin der Boenig Beratung in Überlingen. Mit ihrem Team begleitet sie Menschen und Organisationen in Veränderungsprozessen.

Quelle: Faktor A - Das Arbeitgebermagazin

24 März 2023

Konflikte in Online-Meetings lösen

Posted in Coaching

11-Punkteplan

Konflikte in Online-Meetings lösen

Mehr Teams denn je finden sich in Online-Meetings wieder. Wie in der echten Begegnung können sich auch hier Beteiligte angiften oder anschweigen. Allerdings kommen remote ein paar neue Konfliktherde hinzu. Wie erkenne ich diese? Wie spreche ich Konflikte an, wenn jeder vor seinem Rechner sitzt? Mediatorin Annette Vorpahl gibt Tipps für Führungskräfte.

1. Woran entzünden sich Konflikte in Online-Meetings?

Die häufigsten Ursachen beruhen auf der Technik, der Situation oder der Kommunikation. So mancher Mitarbeitende ist mit der Technik überfordert, obwohl diese so einfach zu bedienen scheint. Es fehlt die Onlineaffinität und manchmal auch die Bereitschaft, sich darauf einzulassen. Zweitens die Situation: Homeoffice schien zunächst eine praktikable und notwendige Lösung, die Arbeit unter Pandemiebedingungen fortführen zu können. Doch nicht jeder ist freiwillig dabei. Umstände wie Homeschooling, die parallele Arbeit des Partners in denselben vier Wänden oder der fehlende Small Talk mit Kolleginnen und Kollegen zerren an den Nerven.

2. Welchen Einfluss hat die Kommunikation?

Sie bietet die größte Angriffsfläche. Durch unpersönliche Chats und E-Mails entstehen schneller Missverständnisse und Falschinformationen, als wenn Menschen direkt und persönlich miteinander reden. Eine Nachricht wird als Bevormundung empfunden, jemand wird häufiger nicht informiert und fühlt sich ausgeschlossen. In der virtuellen Kommunikation kann der Großteil der Botschaft schnell verloren gehen: alles, was wir durch unseren Tonfall, die Mimik und Gestik unbewusst mitteilen. Eben das, was die Beziehungsebene ausmacht.

3. Führt auch das Verhalten in virtuellen Meetings zu angespannten Situationen?

Dafür gibt es viele Beispiele: Ein Teammitglied schaltet sich grundsätzlich nicht mit seinem Bild zu, ein anderes erscheint nie zur virtuellen Kaffeepause, Teilnehmende kommen zu spät, sie arbeiten nebenbei. Der Vorgesetzte klinkt sich öfter vorzeitig aus der Videokonferenz aus. Virtuelle Meetings sind außerdem anstrengender als Präsenztreffen, denn die Teilnehmenden müssen aufmerksamer sein und sich auf den Punkt konzentrieren. Daher sollten diese Treffen kürzer sein, es braucht Regeln für die Videokonferenz und eine klare und strukturierte Moderation. Der Pause kommt eine besondere Bedeutung zu.

4. Sollten Mitarbeitende ihre Zwists nicht grundsätzlich erst mal selbst klären?

Während sich Kolleginnen und Kollegen auf dem Flur oder in der Küche in der Regel über das eine oder andere private Thema austauschen, bevor sie einen Ärger ansprechen, ist die Hemmschwelle online viel höher – auch, weil da gleich viele Ohren mithören. Bei virtuellen Teams sind deshalb eine besondere Wachsamkeit und Gespür gefragt sowie ein offener Umgang miteinander, damit Unstimmigkeiten zeitnah angesprochen werden können. Für viele Führungskräfte sind Konflikte immer noch eine lästige Angelegenheit: Es geht um Ergebnisse und gute Zahlen. Dabei machen Konflikte Probleme bewusst, ermöglichen Veränderung und vertiefen Beziehungen zwischen Menschen – die Voraussetzung für eine gelingende Zusammenarbeit.

5. Was ist das Gefährliche, wenn Konflikte unbearbeitet bleiben?

Werden sie unter den Teppich gekehrt und bleiben lange Zeit unausgesprochen, können sie zu regelrechten Kriegen heranwachsen. Dann wird es schnell destruktiv und geht nicht mehr um die Sache, sondern um die Person. Bei sehr eskalierten Konflikten muss eine externe Fachperson einbezogen werden.

6. Warum sind Konflikte in virtuellen Meetings schwerer zu erkennen?

Wir können online nicht auf alle Sinne zugreifen. Wir sehen zum Beispiel nur das Gesicht und den Oberkörper. Je größer das Team im Meeting ist, desto schwieriger wird es außerdem, den Einzelnen im Blick zu behalten: Ist der andere noch aufmerksam? Hat jemand bereits innerlich abgeschaltet?

7. Auf welche konkreten Anzeichen kann ich achten?

Ob sich Unmut breitmacht oder sogar ein Konflikt schwelt, lässt sich unter anderem an zwei Merkmalen feststellen: Während die einen immer mehr reden, laut werden und sich aufregen, verstummen die anderen und sagen nichts mehr. Oft vermeiden Menschen auch den Blickkontakt, sie schauen weg oder verdrehen gar die Augen, wenn sie sich unbeobachtet fühlen. Möglicherweise zeigen sie kein Interesse mehr am Thema. Im schlimmsten Fall verlassen sie das Meeting einfach.

8. Was kann ich tun, wenn ich diese Anzeichen wahrnehme?

Es ist wichtig, um die genannten Symptome zu wissen, sie zu erkennen und Teammitglieder aktiv wieder ins Boot zu holen. Zum Beispiel kann ich einzelne Personen direkt ansprechen: „Tom, mich würde deine Meinung zum Thema interessieren.“ Oder ich schicke der Person eine private Chat-Nachricht. Die Führungskraft muss nicht immer Moderatorin oder Moderator sein, so kann sie sich besser aufs Beobachten konzentrieren. Moderatorinnen und Moderatoren sollten sich ein paar Formulierungen überlegen, die sich rein auf die Wahrnehmung beziehen, zum Beispiel: „Mir fällt auf …“ oder: „Ich merke …“

9. Wie spreche ich als Führungskraft einen Konflikt an?

Wenn die Stimmung dauerhaft angespannt ist oder ein Streit eskaliert, sind Sie in Ihrer Rolle als Konfliktmoderatorin oder -moderator gefragt. Vor jeder Konfliktklärung müssen erst einmal die Ursachen klar sein. Vorausgesetzt Sie selbst sind nicht am Konflikt beteiligt, sprechen Sie mit den beteiligten Konfliktparteien zunächst einzeln – am besten per Videotelefonie. So erkennen Sie nonverbale Signale zumindest teilweise. Folgende Fragen können hilfreich sein: Liegt es an den Rahmenbedingungen, also an der Technik, am Ort, am Raum, der Zeit? Hängt das Problem mit der Aufgabe zusammen? Oder ist der Konflikt persönlicher Art: Gibt es Reibereien zwischen zwei Personen, zwischen Gruppen innerhalb eines Teams?

10. Wie gehe ich im Gespräch mit den Konfliktparteien vor?

Prüfen Sie zunächst für sich, ob Sie eine neutrale Haltung als Vermittler einnehmen können. Wenn Sie unsicher sind, sollte ein HR-Experte oder externer Konfliktberater die Streitschlichtung leiten. Ansonsten bitten Sie beide Seiten zeitnah zum Gespräch. Zunächst werden ein paar Regeln geklärt: Jeder schaltet sein Video ein, man hört sich zu, lässt sich ausreden, beobachtet statt zu bewerten, verzichtet auf Vorwürfe – und ganz wichtig: verpflichtet sich zur Vertraulichkeit. Alles, was besprochen wird, bleibt bei den Teilnehmenden. Dann nennen Sie Anlass und Ziel des Gesprächs. Fragen Sie jede Seite: „Was ist aus Ihrer Sicht passiert?“ „Was stört, was belastet?“ Sie achten darauf, dass beide Seiten etwa gleich lange Redeanteile haben.

11. Wie kommt man zu einer Lösung?

So ein Gespräch wird häufig von allen Seiten als unangenehm empfunden, und man sucht gern schnell nach Lösungen. Aber erst wenn sich beide Seiten wirklich gegenseitig verstanden fühlen, kann mit der Suche begonnen werden: Was soll sich ändern? Woran würden Sie merken, dass der Konflikt beendet ist? Und: Was ist jeder bereit, dafür anders/neu zu tun? Am Ende steht eine Vereinbarung, die nach einer gewissen Zeit überprüft werden kann.

5 Tipps, um Konflikten online vorzubeugen

  • Sorgen Sie für Austausch! Informelle, virtuelle Treffen sind wichtig und notwendig, als Verabredung zur Mittags- oder Kaffeepause oder auf einen Feierabenddrink.
  • Führen Sie ein Kick-off-Meeting ein! Es hat sich bewährt, wenn sich die Teammitglieder erst mal zehn bis 15 Minuten austauschen können, bevor der offizielle Teil startet.
  • Greifen Sie zum Telefonhörer oder sprechen per Videochat mit Ihren Mitarbeitenden, statt nur E-Mails zu versenden! Das ist persönlicher. Fragen Sie nach dem Befinden im Homeoffice, berichten Sie von eigenen Erfahrungen. Zeigen Sie sich ansprechbar.
  • Fördern Sie den Austausch von Wissen über Projektstatus, neue Herausforderungen und Entwicklungen! Unklare Arbeitsaufträge, fehlende Transparenz über Arbeitsfortschritte und Ziele erzeugen Frust. Setzen Sie digitale Werkzeuge ein, um Aufgaben zu planen und deren aktuellen Stand zu erfahren.
  • Nutzen Sie eine Checkliste für die gelingende Zusammenarbeit zwischen allen Beteiligten! Sie ermöglicht, immer wieder neu zu überprüfen, wo das Team bezogen auf den Umgang miteinander sowie die Aufgabenerfüllung steht, aber auch, ob die Führung ihren Job macht. Gemeinsam reflektieren Sie mit dem Team den aktuellen Ist-Stand im Vergleich zum gewünschten Zustand. Sie und das Team erkennen Probleme, aber auch Fortschritte und Lösungswege.
Die Autorin: Annette Vorpahl ist Supervisorin und Coach in Bad Homburg. 
 

28 Mai 2021

Guter Auftritt in der Videokonferenz

Posted in Coaching

Tipps für digitale Meetings

Guter Auftritt in der Videokonferenz

Videokonferenzen gehören zum Alltag im Homeoffice. Wissenschaftlerin Claudia Peus gibt Tipps, wie sie gelingen, was man macht, wenn der Postbote klingelt, und wie wichtig der Hintergrund wirklich ist.

In vielen Firmen finden Meetings bereits seit vielen Monaten nur noch per Video statt. Das bringt besondere Herausforderungen mit sich. Claudia Peus ist Professorin an der TUM School of Management und forscht zum Thema Führung im digitalen Zeitalter. Im Interview verrät sie, was es braucht, damit die virtuellen Arbeitstreffen reibungslos funktionieren.

Faktor A: Wann sollte man ganz grundsätzlich eine Videokonferenz einberufen, und wann ist nach wie vor der Griff zum Hörer die bessere Alternative?

Claudia Peus: Das hängt davon ab, wie viele Personen involviert sind. Mit mehreren Personen ist ein Video immer leichter, weil die so wichtige nonverbale Kommunikation über die Mimik und Gestik übertragen wird. Die Forschung zeigt eindeutig, dass auf diese Weise der größere Teil der Botschaft transportiert wird. Außerdem kann man besser diskutieren, wenn es die Möglichkeit gibt, durch ein Handzeichen seinen Redebeitrag anzukündigen. Bei Telefonkonferenzen ist es viel schwieriger, sich abzustimmen, wer wann etwas sagt. Im Gespräch mit einer einzigen Person, die man schon lange kennt und zu der man viel Vertrauen hat, kann es dagegen sinnvoller sein, zu telefonieren, weil man sich dann tatsächlich manchmal noch schärfer auf den Inhalt konzentriert und sich nicht beispielsweise durch den Hintergrund ablenken lässt.

Apropos Hintergrund: Viele – sowohl Angestellte als auch Führungskräfte – hatten vor dem ersten Lockdown kein Büro zu Hause. Sie arbeiten jetzt in Zimmern, die dafür zweckentfremdet wurden. Wie wichtig ist es, auch dort Seriosität zu vermitteln, oder ist es sogar sinnvoll, private Einblicke zu geben?

Zunächst ist wichtig, dass man nach wie vor professionell wirkt. Wenn man das komplette Chaos und das ungemachte Bett im Hintergrund sieht, dann trägt das nicht zur Akzeptanz als Führungskraft bei. Die Forschung zum Thema „authentische Führung“ zeigt, dass es wichtig ist, dass eine Führungskraft ganz klar weiß, wofür sie steht, das klar kommuniziert und entsprechend lebt. Das gilt auch im Homeoffice. Gleichzeitig zeigt die Forschung, dass kleine Dinge, die nicht perfekt sind, die Authentizität in der Wahrnehmung der Mitarbeiter erhöhen. Ein unordentlicher Schreibtisch oder Kinderbilder im Hintergrund können deshalb dazu führen, dass die Mitarbeiter den Chef oder die Chefin als Menschen besser kennenlernen und sich stärker identifizieren können.

Bedeutet das, dass es auch in Ordnung ist, wenn die Kinder im Video-Meeting auch mal dabei sein möchten?

Da hat sich die Wahrnehmung komplett geändert. In Deutschland haben wir ja traditionell eine sehr starke Trennung zwischen Berufs- und Privatleben. Diese Annäherung hat jetzt ein bisschen stärker stattgefunden. Ich erlebe allerdings auch, dass es da schon große Unterschiede zwischen Unternehmen gibt.

Und wie verhält man sich am besten, wenn der Postbote klingelt?

Das hängt vom Meeting ab, also sowohl von der Zielsetzung als auch von der Anzahl der Teilnehmer. Bei Videokonferenzen ist es noch wichtiger als sonst, klar zu kommunizieren, bei welchem Agendapunkt es um Information, um Diskussion und wann es um Entscheidungen geht.
Ein häufiges Problem ist, dass das den Teilnehmenden gar nicht klar ist. Wenn es um eine Entscheidung geht und jeder im Team mitsprechen soll, dann ist es ungünstig, wenn Einzelne das Meeting verlassen. Wenn es aber um Informationen geht, die einen selbst nicht betreffen, dann halte ich es für unproblematisch, kurz wegzugehen.

„BEI VIDEOKONFERENZEN MÜSSEN DIE SPIELREGELN NOCH DEUTLICHER KOMMUNIZIERT WERDEN ALS BEI REALEN MEETINGS.“

Sie haben schon das Thema „nonverbale Kommunikation“ angesprochen. Was seit Corona in vielen Firmen wegfällt, sind die Gespräche in der Teeküche und an der Kaffeemaschine. Lassen sich diese ebenfalls virtuell ersetzen?

Viele Firmen haben inzwischen virtuelle Lunches und digitale Coffee Breaks eingeführt, damit man sich so austauschen kann, wie man das auch im normalen Leben machen würde. Generell kann ich Führungskräften gerade in diesen Zeiten, in denen die psychische Belastung wirklich hoch ist, empfehlen, in kurze informelle Austauschrunden mit den Mitarbeitern zu gehen. Und auch zu signalisieren: Ich bin für euch da, und ihr seid mir auch als Menschen wichtig.
Darüber hinaus zeigt die Forschung ganz klar, dass ein wichtiger Punkt für den Erfolg von virtuellen Meetings der Small Talk am Anfang ist. Entsprechend ist meine Empfehlung, gezielt am Anfang ein paar Minuten für Small Talk einzuplanen.

In fast jedem Meeting gibt es Teilnehmer, die sehr zurückhaltend sind, und andere, die gerne viel reden. Wie gehe ich als Führungskraft mit dieser Herausforderung um?

Generell gilt: Bei einer Videokonferenz müssen die Spielregeln noch viel deutlicher kommuniziert werden als bei einem realen Meeting. Die Führungskraft hat die Aufgabe, klarzumachen: Was ist das Ziel des Meetings? Wer ist dabei? Wie meldet man sich – hebt man die Hand oder schreibt man in den Chat? Und die Führungskraft muss dann darauf achten, dass alle Teammitglieder involviert sind.
Gerade wenn das Vertrauen noch nicht so groß ist und das Team neu ist, bietet es sich auch an, einen Moderator aus dem Team zu bestimmen. Die Führungskraft ist im Meeting häufig sehr stark für die Inhalte zuständig, sodass es schwierig sein kann, alle Inhalte, die Reaktionen und die Zeit im Blick zu haben. Ein Moderator kann die Führungskraft dabei unterstützen.

Ein Blick in die Zukunft: Sicherlich werden uns Videokonferenzen nicht in dem gleichen Ausmaß erhalten bleiben, aber werden wir dadurch trotzdem die eine oder andere Dienstreise langfristig ersetzen?

Davon bin ich fest überzeugt. Der Irrsinn, dass man für kurze Meetings, einen kurzen Vortrag oder Austausch ein, zwei oder sogar mehrere Tage unterwegs ist und große Strecken zurücklegt, wird so sicherlich nicht fortgesetzt werden. Sich online zu treffen ist zum einen sehr viel klimaschonender, erhöht aber auch die Vereinbarkeit von anspruchsvollen Berufen und Familie, weil man eben nicht tagelang unterwegs, sondern trotzdem abends zu Hause ist.

Zur Person

Claudia Peus ist Professorin für Forschungs- und Wissenschaftsmanagement an der TU München. Seit 2017 ist sie außerdem geschäftsführende Vizepräsidentin für Talentmanagement und Diversity und seit Dezember 2019 Gründungsdirektorin des TUM Institute for Life Long Learning. Zu ihren Forschungsthemen zählen Führung und Führungskräfteentwicklung im digitalen Zeitalter, das Management von Forschungsorganisationen sowie Diversity in Organisationen. 2020 wurde Peus in die Liste „Germany’s Most Inspiring Women“ aufgenommen.

 

Tipps für die Videokonferenz

  • Neue Technik ausprobieren
    Nichts bringt einen mehr aus dem Konzept, als wenn die Technik streikt. Probieren Sie deshalb ein neues Tool vor dem Meeting in Ruhe aus, und testen Sie die Funktionen.
    Die richtige Kleidung
    Kleiden Sie sich am besten wie im Büro. Aber Achtung: Vermeiden Sie dabei Karos oder kleine Muster, sonst flimmert das Bild.
  • Die Teilnehmerzahl begrenzen
    Je weniger Personen an einer Videokonferenz teilnehmen, desto leichter lässt sie sich gestalten. Mehr als acht Teilnehmer sollten es nicht sein, um effizient zu arbeiten und klare Ergebnisse zu erzielen.
  • An Regeln halten
    Kamera an, Ton aus: Wenn das für alle gilt, halten sie sich auch daran. Gerade in größeren Runden ist es störend, wenn alle ihr Mikro angeschaltet haben. Idealerweise gibt die Führungskraft vor, wofür der Chat genutzt werden soll.
  • Meetings nicht unnötig in die Länge ziehen
    Videokonferenzen fordern die volle Aufmerksamkeit der Beteiligten. Sie sollten daher maximal 60 bis 90 Minuten lang sein, andernfalls ist eine Pause sinnvoll.
  • Auf die eigene Körperhaltung achten
    Wer als Führungskraft überzeugen will, sollte nicht vornübergebeugt vor dem Monitor hängen. Besser ist es, wenn der Blick geradeaus gerichtet ist.
  • Im richtigen Licht erscheinen
    Ungünstig ist, wenn Teilnehmer das Fenster in ihrem Rücken haben. Stattdessen sollte das Licht idealerweise von vorne strahlen, noch besser sind mehrere Lichtquellen im Raum.
  • Protokoll schreiben
    Nach einem Meeting sollte einer der Teilnehmer ein Protokoll erstellen und an die anderen versenden. So haben alle schriftlich, welche Infos mitgeteilt und welche Entscheidungen getroffen wurden. Auch To-dos können so festgehalten werden.

 

Quelle: Faktor A - Das Arbeitgebermagazin