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22 September 2023

Kompetent mit Kompetenzmodellen arbeiten

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Kompetent mit Kompetenzmodellen arbeiten

Was Sie im Recruiting und in der Personalentwicklung bei der Arbeit mit Kompetenzmodellen beachten sollten, erläutert Ronald Franke, Geschäftsführer von LINC. Und er gibt Best-Practice-Tipps für die Erstellung professioneller Kompetenzmodelle.

Kompetenzmodelle sind Teil jeder professionell aufgestellten Personalabteilung. Allerdings variiert das Wissen zur Erstellung und Nutzung solcher Modelle doch beträchtlich. Daher finden Sie im Folgenden einige Erläuterungen und Hinweise für eine erfolgreiche Arbeit mit Kompetenzmodellen in der Personalauswahl und Personalentwicklung.

Was ist überhaupt ein Kompetenzmodell?

Einfach ausgedrückt ist ein Kompetenzmodell eine Liste von Kompetenzen, die in einem Unternehmen besonders relevant sind und gefördert werden sollen. Die Kompetenzen können auf verschiedene Hierarchieebenen aufgeteilt (zum Beispiel erste und zweite Führungsebene) oder spezifischen Jobprofilen zugeordnet werden.

Ein professionelles Kompetenzmodell enthält darüber hinaus Verhaltensanker, die beschreiben, wann eine Kompetenz bei einer Person als stark ausgeprägt anzusehen ist und durch welche (beobachtbaren) Verhaltensweisen dies deutlich wird. Erst durch diese Zuordnung konkret beobachtbarer Verhaltenselemente wird es möglich, die abstrakten Kompetenzbegriffe objektiv zu erfassen und erfolgreich mit ihnen zu arbeiten.

Warum eigentlich Kompetenzen?

Interessant ist die Frage, warum für solche Modelle auf Kompetenzen zurückgegriffen wird. Denkbar wären zum Beispiel auch Modelle, die sich an den Big Five Persönlichkeitsmerkmalen oder den Handlungsmotiven der Mitarbeiterinnen / Mitarbeiter orientieren. Einige Unternehmen etablieren auch reine Verhaltenskodexe, wie zum Beispiel Führungsleitlinien. Diese dienen aber eher als Handlungsempfehlung für in bestimmten Kontexten handelnden Personen (wie zum Beispiel Führungskräften).

Kompetenzen eignen sich im Gegensatz zu Charaktereigenschaften oder Motiven als direkte Basis für PA- und PE-Maßnahmen, da sie durch Lernen und Erfahrung erweiterbar sind. Die Big Five sowie die Motive sind dagegen bei einem erwachsenen Menschen zeitlich relativ stabil und verändern sich nur über lange Zeitspannen. Trotzdem ist es sehr sinnvoll, die Big Five Charaktereigenschaften der Mitarbeiterschaft zu kennen, da die Kompetenzen hier genau wie individuelle Verhaltens- und Denkmuster ihren Ursprung nehmen.

Wie können die richtigen Kompetenzen für ein Kompetenzmodell gefunden werden?

Zunächst einmal der Basistipp: Nutzen Sie keine zu langen Kompetenzlisten in Ihrem Modell. In der Praxis sind schon Kompetenzmodelle mit bis zu 74 Kompetenzen aufgetaucht. Eine solche Anzahl an Kompetenzen führt dazu, dass die einzelnen Begriffe relativ beliebig und austauschbar werden.

Nachfolgend noch einige weitere Best-Practice-Tipps für die Erstellung professioneller Kompetenzmodelle:

  • Sämtliche Kompetenzen sollten sich auf einem ähnlichen Abstraktionsniveau bewegen. Es ist zum Beispiel nicht sinnvoll, eine so zugespitzte Kompetenz wie Präsentationskompetenz neben sehr breite Kompetenzen wie Führungskompetenz oder Planungskompetenz zu setzen.
  • Differenzieren Sie in Ihrem Modell persönliche Kompetenzen ( zum Beispiel Reflexionsvermögen), soziale Kompetenzen ( zum Beispiel Konfliktkompetenz) und fachliche Kompetenzen ( zum Beispiel Präsentationskompetenz).
  • Für die Auswahl der passenden Kompetenzen können Sie zum Beispiel im Unternehmen vorhandene Jobprofile heranziehen. Gehen Sie diese Profile durch und leiten Sie aus den zentralen Aufgaben die benötigten Kompetenzen ab. Alternative Quellen sind die primären Ziele und Herausforderungen Ihres Unternehmens in der Zukunft oder die oben bereits angesprochenen Führungsleitlinien.
  • Sie können bei der Auswahl auch auf bereits bestehende, umfassende Kompetenzlisten zurückgreifen, die sich in der einschlägigen Literatur zuhauf finden lassen. Dabei ist zu beachten, dass es im Bereich der Kompetenzen kein allgemeingültiges wissenschaftlich fundiertes Modell gibt, wie dies zum Beispiel im Bereich der Charaktereigenschaften mit den Big Five der Fall ist.

Wofür ist ein Kompetenzmodell einsetzbar?

Ein professionell entworfenes Kompetenzmodell hat den Vorteil, dass sich verschiedene PA- und PE-Maßnahmen einheitlich aus diesem Modell ableiten lassen. So können zum Beispiel die Kompetenzen für ein Jobprofil im Zuge einer Recruitingmaßnahme genauso aus dem Modell entnommen werden wie die Anforderungen an zukünftige Führungskräfte im Unternehmen. Alle im Unternehmen, die mit Auswahl- oder Entwicklungsaufgaben betraut sind, können sich somit an einem einheitlichen Modell orientieren, wodurch die Basis für faire und professionelle HR-Maßnahmen geschaffen wird.

Praxisbeispiel: Einsatz eines Kompetenzmodells im Rahmen eines Entwicklungsprogramms für Nachwuchsführungskräfte

In einem mittelständischen Unternehmen sollen diejenigen Potentialträger identifiziert und entwickelt werden, denen zugetraut wird, in Zukunft als Führungskräfte im Unternehmen zu fungieren. Dies ist für das Unternehmen von besonderer Bedeutung, da es sich schwer damit tut, Führungskräfte von außen ins Unternehmen zu holen und dauerhaft zu halten. Mit Hilfe eines zuvor definierten, einheitlichen Kompetenzmodells wird es möglich, auf einer objektiven Basis zu entscheiden, welche Kompetenzen für erfolgreiche Führung in diesem Unternehmen möglichst stark ausgeprägt sein sollten.

Der erste Schritt des Programms besteht dann darin, mittels eignungsdiagnostischer Verfahren (Persönlichkeitsanalyse plus Einzel-Assessment-Center) die passenden Kandidatinnen / Kandidaten zu identifizieren. Die in das Programm aufgenommenen Teilnehmerinnen / Teilnehmer erarbeiten im nächsten Schritt gemeinsam mit einem Coach einen individuellen Entwicklungsplan, in dem diejenigen Kompetenzen adressiert werden, die für einen nachhaltigen Führungserfolg noch ausgebaut werden sollten. Je nach identifizierten Kompetenzbereichen partizipieren die Teilnehmerinnen / Teilnehmer außerdem an weiteren PE-Maßnahmen wie zum Beispiel Trainings, E-Learning oder Mentoringprozessen.

Zur Person

Dr. Ronald Franke ist Gründer und Geschäftsführer der LINC GmbH(Lüneburg Institute for Corporate Learning). Als Psychologe, systemischer Coach und Dozent beschäftigt er sich leidenschaftlich mit der modernen Psychologie und der Frage, mit welchen Erkenntnissen und Lösungen sie dabei helfen kann, einige der bedeutendsten Themen unserer Zeit anzugehen. Die LINC GmbH konzipiert und erstellt digitale Instrumente zur Erfassung, Darstellung und Entwicklung von Persönlichkeit mit dem Ziel, die Brücke zwischen Wissenschaft und Praxis zu schlagen, um einen signifikanten Beitrag zur Professionalisierung im Bereich der Persönlichkeitsentwicklung zu leisten.

Quelle: hrjournal.de

03 Februar 2023

New Work braucht neue Kompetenzmodelle

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New Work braucht neue Kompetenzmodelle

Alte Kompetenzmodelle wurden auf das Industriezeitalter ausgelegt. Wer in die Zukunft möchte, muss die Modelle auf neue Fähigkeiten und Kompetenzen ausrichten, erklärt L&D-Experte und Kolumnist Dominique René Fara.

In vielen Organisationen entscheiden Kompetenzmodelle über die Ausrichtung des gesamten Unternehmens. Was an Weiterbildungen angeboten wird, hängt davon ab, welche Kompetenzen gestärkt werden sollen. Welche Menschen gesucht und rekrutiert werden, wird ebenfalls am Kompetenzkatalog ausgerichtet.

Veraltete Kompetenzmodelle bringen uns nicht in die Zukunft

Auf den Punkt gebracht: Die Mitarbeitenden in unseren Organisationen werden dorthin entwickelt, wohin unsere Kompetenzmodelle uns den Weg weisen. Haben wir also veraltete Kompetenzmodelle, so entwickeln wir Menschen für die Vergangenheit und stellen auch Leute ein, die uns zurück in die Vergangenheit anstatt in die Zukunft ziehen.

Die erschreckende Realität: Viele Kompetenzmodelle sind noch auf alte Organisationsformen und -strukturen – ich nenne sie gerne liebevoll "Tanker" - ausgerichtet. Werte wie "Veränderungsbereitschaft", "Offenheit für Zufälle" oder "Kundenorientierung" finden sich hier zwar wieder – meinen aber etwas völlig anderes als heute.

  • Veränderungsbereitschaft: In traditionellen Organisationen ("Tanker") ist das die Fähigkeit, eine positive Rolle in der Veränderung des Tankers zu spielen. Beispielsweise bei einer Organisationsumstrukturierung sollen die Menschen so schnell wie möglich wieder Leistung erbringen und sich nicht zu lange von der Umstrukturierung ablenken lassen. In einer modernen, flexiblen Organisation wie einem Startup ("Schnellboot") geht es um bedeutendere Veränderungen. Es kann z. B. sein, dass von einem Tag auf den nächsten die Kundenausrichtung geändert werden muss, weil das Geschäftsmodell sonst nicht funktioniert.
      
  • Offenheit für Zufälle: In traditionellen Organisationen hat man Projektmanagement so betrieben, dass möglichst alle Zufälle ausgeschlossen werden. Zufälle waren eine Bedrohung für den Weg. In Schnellbooten kann man nicht so intensiv planen. Dafür sind die Situationen zu komplex und das Team wäre viel zu langsam. Deswegen braucht es hier eine wirkliche Offenheit für Zufälle - also die Kompetenz, aus zufälligen Entwicklungen entstehende Chancen zu erkennen und wahrzunehmen.
       
  • Kundenorientierung: Auch wenn diese Kompetenz in der Vergangenheit immer wieder in Kompetenzmodellen auftauchte, so war damit doch faktisch die Fähigkeit gemeint, interne Kunden und deren Wünsche zu verstehen und entsprechend zu handeln. Wenn beispielsweise ein Produkt entwickelt wurde, so sind Kernentscheidungen im Top-Management getroffen worden. Somit hatte man immer den "Kunden Top-Management" im Blick. In einem Schnellboot ist es viel deutlicher, dass einzig und alleine die Endkunden darüber entscheiden, wie erfolgreich die Organisation ist. Daher ändert sich der Fokus der Kundenorientierung weg vom internen Management hin zum Endkunden.

Das sind nur drei Beispiele aus den insgesamt 20 Teamkompetenzen, die wir im Forschungsprojekt "Agil Hybrid" in einem Kompetenzmodell für Teams zusammengestellt haben. 20 Kompetenzen, das sind ganz schön viele. Doch das entscheidende Detail: Es sind TEAM-Kompetenzen. Anders als im Industrie- und im Wissenszeitalter zählen heutzutage nicht mehr einzelne Talente, sondern komplexe, perfekt aufeinander abgestimmte Teams. Diese starken Systeme werden den Einzeltalenten den Rang ablaufen.

Bundesministerium für Bildung und Forschung fördert Weiterentwicklung

Auch die Bundesregierung geht davon aus, dass wir uns in Deutschland schneller weiterentwickeln müssen. Darum hat das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) das Projekt zur "Zukunft der Arbeit" für drei Jahre unterstützt, mit dem es neue Geschäftsmodelle vorantreiben will. Wir - das sind die HHL Leipzig, die HKA, die MLU Halle-Wittenberg, Blanc & Fischer, Kölling Glas, SupraTix, Viessmann und die Wilo SE - haben uns dafür beworben und durften das Projekt "Agil Hybrid" mit BMBF-Fördermitteln vorantreiben. Das Ziel: Kompetenzen für die Haustechnik-Branche zu entwickeln, die auf digitale Geschäftsmodelle ausgelegt sind und es mit der starken Konkurrenz aus Asien und Nordamerika aufnehmen können.

Die Kompetenzen der Zukunft sind Teamkompetenzen

Doch schon bald merkten wir, dass stattdessen ein ganzheitliches Modell für alle Branchen und alle Organisationen, die sich auf die Herausforderungen der Zukunft vorbereiten wollen, entsteht. Daraus erarbeiteten wir zuerst die beispielhaften Tanker und Schnellboote und für die Schnellboote schließlich die oben erwähnten 20 Teamkompetenzen.

Unserer Meinung nach sind die Schnellboote die Organisationssysteme der Zukunft. Sie können vom großen Tanker ablegen, sich flexibel bewegen und selbstständig neue Projekte vorantreiben. Um dies möglich zu machen, dürfen und müssen die Teammitglieder selbst Verantwortung übernehmen und schnell Entscheidungen treffen. Denn solche Schnellboote sind wesentlich erfolgreicher bei der Entwicklung neuer Geschäftsmodelle als die großen Corporate-Organisationen.

Arbeitswelt im Wandel

Ein weiteres Fazit: Immer, wenn es darum geht, selbstverantwortliche Teams zu entwickeln, die auch in Krisensituationen schnell mit neuen Bedingungen zurechtkommen, braucht es diese Schnellboote. Es wird auch in Zukunft die traditionellen Organisationsformen geben, jedoch sind diese nur sinnvoll für schon funktionierende Geschäftsmodelle. Denn bei bestehenden Geschäftsmodellen kommt es darauf an, den Fokus auf starke Prozesse zu legen. Das sind bekanntermaßen die Stärken der Tanker – zumindest, solange es nicht zu viele Richtungswechsel gibt.

Viele der aktuellen Aufgaben in Organisationen sind allerdings hochgradig operativ und strukturierbar – und werden in Zukunft von modernen Technologien übernommen werden. Menschliche Arbeitskräfte werden hier in absehbarer Zeit überflüssig. Ein Grund mehr, um sich auf ebenjene Aufgaben zu fokussieren, die auch in Zukunft noch von Menschen ausgeführt werden. Und das wird, da bin ich mir sicher, zum großen Teil in kleinen Schnellbooten passieren.

 

Zur Kolumne: Die Beiträge dieser Kolumne stammen von Mitgliedern des Roundtables Corporate Learning. Hier treten leitende Köpfe aus Personalwesen und Personalentwicklung vieler deutscher Unternehmen (zum Beispiel Adidas, Axa, Bayer, BASF, Festo, Funkemediengruppe, HP, Ikea, Lanxess, Lufthansa, Otto Group, SAP, Swiss-Post, Telekom, VW, Wilo u.v.m.) regelmäßig in Austausch. Offen werden aktuelle Erfolge und Schwierigkeiten vorgestellt und diskutiert. Geleitet und moderiert wird der Austauschkreis von Dr. Sina Faeckeler (Axa) und Dominique René Fara.

Quelle: haufe.de