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22 August 2025

Krisenfeste Personalstrategie mit Zeitwertkonten: So sichern Unternehmen ihre Zukunft

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Krisenfeste Personalstrategie mit Zeitwertkonten: So sichern Unternehmen ihre Zukunft

Der demografische Wandel und der Fachkräftemangel erschweren die Personalplanung. Gleichzeitig gewinnen Flexibilität und Work-Life-Balance für Arbeitnehmer an Bedeutung. Altersteilzeit bietet eine Lösung, greift aber oft zu kurz und ist nicht nur teuer, sondern wird oft auch als “ungerecht” empfunden. Eine krisenfeste Personalstrategie mit Zeitwertkonten als Ergänzung zur bAV ermöglicht eine individuellere Gestaltung von Vorruheständen und darüber hinaus der gesamten Lebensarbeitszeit.

In den nächsten Jahren steht die deutsche Wirtschaft vor erheblichen Herausforderungen: Steigende Energiekosten, Lieferkettenprobleme durch politische Streitigkeiten und ein akuter Fachkräftemangel. Laut einer Umfrage aus dem März 2025 sind nur rund drei Prozent der Unternehmen der Meinung, dass es mit der deutschen Wirtschaft aufwärts geht.

Besonders betroffen sind Branchen wie das Gesundheitswesen, der Maschinenbau, IT & Software sowie die Automobilindustrie. Während immer mehr Fachkräfte in den Ruhestand gehen, rückt nur eine kleinere Generation nach. Unternehmen müssen deshalb verstärkt um qualifizierte Mitarbeiter konkurrieren.

Die Folge: Unternehmen müssen nicht nur attraktive Rahmenbedingungen schaffen, sondern auch die Arbeitszeit individuell an die Lebenssituation der Mitarbeiter anpassen.

Herausforderungen und Nachteile herkömmlicher Personalstrategien

Die heutige Arbeitswelt ist dynamisch und verändert sich so schnell wie nie zuvor. Maßnahmen wie kurzfristiger Stellenabbau oder vorzeitige Pensionierungen mit Abfindungen senken zwar schnell Kosten, bergen allerdings große Risiken:

  1. Verlust von Know-how: Erfahrene Mitarbeitende verlassen das Unternehmen schlagartig, das wertvolle Wissen kann nicht weitergegeben werden. Hierdurch entstehen erhebliche Kosten, wenn Nachfolger eingearbeitet werden müssen.
  2. Demotivation der Belegschaft: Durch plötzliche Maßnahmen entstehen Unsicherheit und ein sinkendes Vertrauen in die Unternehmensführung. Diese beeinträchtigen auch die Arbeitsmoral und Motivation.
  3. Eingeschränkte Flexibilität: Entscheidungen wie Pensionierungen lassen sich kaum rückgängig machen und sind unflexibel. Sie eignen sich nicht, um auf schnelle wirtschaftliche Veränderungen zu reagieren.

Entscheidend wird daher sein, mit flexiblen Instrumenten auf die dynamische wirtschaftliche Situation zu reagieren. Das Beispiel Übergang in den Ruhestand zeigt, dass die Altersteilzeit eine erste Stufe der Flexibilität darstellt, jedoch mit einem recht großen Preis. Und dass das Zeitwertkonto die größtmögliche Flexibilität bietet und dabei auch noch wenig Kosten verursacht. Damit einhergehend können auch weitere Beschäftigtengruppen und Auszeitziele realisiert werden.

Erste Stufe der Flexibilität: Altersteilzeit

Die Altersteilzeit ist ein bewährtes Modell für den Übergang in den Ruhestand und seit mehr als 20 Jahren eine etablierte Lösung, um Mitarbeitenden einen sozial abgesicherten Wechsel in den Ruhestand zu ermöglichen. Die Arbeitszeit wird bei älteren Beschäftigten (ab 55 Jahren) reduziert, während das Gehalt durch den Arbeitgeber und staatliche Zuschüsse nahezu ausgeglichen wird. Unternehmen profitieren durch einen schnellen Personalanpassungsprozess.

Das Problem: Die Altersteilzeit bietet Wenigen viel und gerade jüngere Beschäftigte profitieren dabei nicht, wodurch das Instrument personalpolitisch an seine Grenzen stößt. Aus Arbeitgebersicht bietet es eine schnelle Möglichkeit, um auf wirtschaftliche Schwankungen zu reagieren.

Altersteilzeit implementieren: Best Practices

Damit Altersteilzeitmodelle erfolgreich umgesetzt werden können, ist eine rechtliche Gestaltung und finanzielle Absicherung unumgänglich. Alle Regelungen müssen klar definiert sein, um spätere Unstimmigkeiten zu vermeiden. Zudem müssen sie so individuell gestaltet werden, dass sie sowohl zu den Bedürfnissen der Mitarbeiter passen als auch strategische Unternehmensziele erfüllen.

Altersteilzeit ist für Unternehmen geeignet, die kurzfristige Personalanpassungen vornehmen müssen. Sie bietet eine sozialverträgliche Alternative ohne personelle Einschnitte und ermöglicht die Weitergabe von Wissen. Dennoch reicht dieses Modell allein nicht aus, um langfristig nachhaltige Personalstrategien zu gewährleisten.

Krisenfeste Personalstrategie mit Zeitwertkonten: Nachhaltige Ergänzung sowie Alternative zur Altersteilzeit

Mit der Implementierung von Zeitwertkonten können Unternehmen langfristig planen und gleichzeitig attraktive Arbeitsbedingungen schaffen. Mitarbeitende können über Zeit oder Vergütung angespartes Guthaben flexibel für Freistellungsphasen nutzen.

Praktische Vorteile für Unternehmen und Mitarbeitende

  1. Flexibilität und Planungssicherheit: Mit Zeitwertkonten können Unternehmen auf konjunkturelle Schwankungen reagieren, ohne Personal abbauen zu müssen.
  2. Mitarbeiterbindung durch Zeitwertkonten: Durch innovative Modelle steigern Unternehmen ihre Attraktivität für Fachkräfte und mindern die Fluktuation.
  3. Steuerliche und soziale Vorteile: Zeitwertkonten ermöglichen eine effiziente, steueroptimierte und sozial abgesicherte Nutzung angesparter Vermögenswerte.

Praktische Beispiele der Nutzung von Zeitwertkonten

Mitarbeitende können das angesparte Guthaben für eine Vielzahl von Zwecken nutzen, entscheidend ist jedoch die Gestaltung im Unternehmen. Denn nicht jedes Unternehmen möchte alles nutzen. Beispielsweise können Auszeiten angeboten werden, um sich um pflegebedürftige Angehörige oder um die eigenen Kinder zu kümmern. In diesen Situationen wird durch den Wegfall des finanziellen Drucks ein erheblicher Vorteil geschaffen.

Unter anderem kann das Guthaben genutzt werden für:

  • Weiterbildung: Zeitwertkonten können für Weiterbildungsmaßnahmen eingesetzt werden, die beiden Seiten zugutekommen.
  • Vorruhestand: Mitarbeitende können früher aus dem Berufsleben ausscheiden, was den Einstieg jüngerer Nachfolger erleichtert.
  • Teilzeitmodelle mit voller Vergütung: Mitarbeitende können bspw. 3- oder 4-Tage-Wochen umsetzen, ohne finanzielle Einbußen zu erleiden. Und der Arbeitgeber muss keine Mehrkosten fürchten.

Zeitwertkonten in der Praxis: Ein Blick auf die Umsetzung

Die Implementierung von Zeitwertkonten erfordert eine durchdachte Strategie und gute Planung. Zudem müssen digitale Lösungen etabliert werden, welche die Verwaltung erleichtern. Wir empfehlen, in folgenden Schritten vorzugehen:

  • Bedarf analysieren: Welche Mitarbeitendengruppen profitieren am meisten und welche Ziele sollen erreicht werden?
  • Rechtskonforme Gestaltung: Alle steuer- und sozialversicherungsrechtlichen Vorgaben müssen im Modell beachtet werden.

Wichtig: Bei allen Arbeitszeitmodellen sollte der Fokus auf einem geringen administrativen Aufwand und einer einfachen Bedienung liegen. Durch PensTime lassen sich Zeitwertkonten intuitiv und einfach verwalten.

Fazit: Eine nachhaltige Personalstrategie durch Kombinationsmodelle

Altersteilzeit und Zeitwertkonten sind keinesfalls Konkurrenten, sondern lassen sich ideal im Unternehmen kombinieren. Während erstere kurzfristige Entlastungen fördert, legen Zeitwertkonten eine Grundlage für eine langfristige, nachhaltige Personalstrategie mit Krisenfestigkeit. Sie stärken die Attraktivität als Arbeitgeber, binden Fachkräfte langfristig und ermöglichen zudem steuerliche und soziale Vorteile.

Abschließender Tipp: Mit dem Zeitwertkonto-Rechner können Sie bereits heute nachrechnen, mit wieviel Aufwand die persönlichen Ziele der Mitarbeitenden und die Unternehmensambitionen erreicht werden können.

Quelle: hrjournal.de

20 März 2025

Silver Worker: Sind Deutschlands Senioren die Lösung für den Fachkräftemangel?

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Job & Karriere

Silver Worker: Sind Deutschlands Senioren die Lösung für den Fachkräftemangel?

Während Deutschlands Babyboomer in Rente gehen, droht der Arbeitsmarkt zu kippen: Immer mehr Unternehmen können ihre offenen Stellen nicht besetzen. Die daraus entstehende Lücke betrifft fast alle Branchen und verschärft sich durch die demografische Entwicklung. Die Frage wird immer drängender: Könnten ältere Arbeitnehmer, die sogenannten „Silver Worker“, zur Lösung der Krise beitragen? Der Trend deutet darauf hin, dass Deutschlands Senioren auf dem Arbeitsmarkt zunehmend wichtiger werden – aber unter welchen Bedingungen?

Ein Teufelskreis: Der Fachkräftemangel und seine Ursachen

Die aktuelle Lage ist alarmierend. Laut Statistischem Bundesamt wird bis 2035 die Erwerbsbevölkerung um 4 bis 5 Millionen schrumpfen. Vor allem in technischen und pflegerischen Berufen sind die Defizite deutlich spürbar. Die Babyboomer, die in den 1950er- und 1960er-Jahren geboren wurden, gehen in Scharen in den Ruhestand und reißen damit tiefe Lücken. Selbst hochdigitalisierte Unternehmen spüren die Folgen, da Erfahrung und spezialisierte Kenntnisse der Babyboomer-Generation nicht schnell genug durch Nachwuchskräfte ersetzt werden können.

Silver Worker als Chance – Mehr als nur ein Ersatz?

„Silver Worker“ sind Personen ab 55 Jahren, die noch aktiv am Arbeitsmarkt teilnehmen, oft in Teilzeit oder als Berater*innen. Diese Gruppe bringt nicht nur jahrzehntelange Erfahrung mit, sondern auch ein Verständnis für die internen Strukturen und Abläufe, die gerade in größeren Unternehmen oft schwer zu vermitteln sind. Zudem haben Studien gezeigt, dass Silver Worker in der Regel loyaler und belastbarer sind und in Konfliktsituationen mit ruhigerem Kopf reagieren. Könnten sie die Lösung für das Fachkräfte-Dilemma sein?

Ein Blick auf andere Länder zeigt das Potenzial: Japan, dessen Bevölkerung noch älter ist als die deutsche, integriert seit Jahren systematisch ältere Arbeitskräfte. Unternehmen bieten dort verstärkt altersgerechte Arbeitsbedingungen an und profitieren von der Expertise ihrer Silver Worker.

Die Hindernisse: Alter Diskriminierung und starre Arbeitsmodelle

Doch in Deutschland ist der Weg für Silver Worker nicht immer einfach. Trotz Fachkräftemangel sehen sich ältere Arbeitnehmer oft mit Vorurteilen konfrontiert: Sie gelten als wenig belastbar, technikfeindlich und unflexibel. Viele Unternehmen investieren nur ungern in Weiterbildungen für über 55-Jährige, weil sie fürchten, dass sich die Investition nicht „rentiert“. Dabei beweisen Umfragen das Gegenteil: Silver Worker sind oft motivierter, als viele glauben, und bringen nicht nur Wissen, sondern auch Ruhe und Stabilität ins Team.

Die Vorurteile gegen ältere Beschäftigte spiegeln sich auch in den Strukturen vieler Unternehmen wider. Viele Arbeitsmodelle sind auf die sogenannte „Rush Hour des Lebens“ ausgerichtet, also die Lebensphase zwischen 30 und 50 Jahren, in der ein Mensch klassisch am leistungsfähigsten sein soll. Für ältere Arbeitnehmer gibt es dagegen kaum gezielte Angebote wie flexible Arbeitszeiten oder Homeoffice-Optionen, die speziell auf ihre Bedürfnisse angepasst sind. Hier wird oft Potenzial verschenkt.

Silver Worker als Mentoren: Wissenstransfer, der bleibt

Ein weiterer Vorteil der Silver Worker liegt in ihrer Fähigkeit, Wissen weiterzugeben. In einer Zeit, in der der Fachkräftemangel Innovationen und Entwicklung bremst, ist das Know-how der älteren Generation von unschätzbarem Wert. In vielen Unternehmen etablieren sich bereits Modelle, in denen ältere Beschäftigte als Mentoren für jüngere Kollegen fungieren und so den Generationenwechsel aktiv unterstützen. Besonders in Branchen mit komplexen technischen Anforderungen oder langjährigen Kundenbeziehungen, etwa im Maschinenbau oder in der Pharmaindustrie, ist dieser Wissenstransfer Gold wert.

Auch kleinere Unternehmen setzen zunehmend auf diese Erfahrungsträger und entwickeln individuelle Modelle, in denen Senioren in Teilzeit oder als Freelancer ihre langjährige Expertise einbringen.

Rahmenbedingungen schaffen: Was Unternehmen und Politik tun müssen

Damit  Silver Worker wirklich zum Motor gegen den Fachkräftemangel werden, sind klare Anpassungen erforderlich. Neben der Überwindung der Altersdiskriminierung auf dem Arbeitsmarkt brauchen Unternehmen konkrete Maßnahmen, die ältere Beschäftigte aktiv fördern. Das beginnt bei einer inklusiven Unternehmenskultur und endet bei flexibleren Arbeitszeitmodellen.

Doch auch die Politik ist gefragt. Forderungen nach einer schrittweisen Anhebung des Rentenalters werden derzeit kontrovers diskutiert, doch für viele ältere Arbeitnehmer ist der Gedanke, über das Rentenalter hinaus zu arbeiten, eine Möglichkeit aber auch ein Muss zur finanziellen Absicherung und zur gesellschaftlichen Teilhabe. Steuerliche Erleichterungen und Zuschüsse für Weiterbildungen könnten ältere Menschen motivieren, länger im Arbeitsleben zu bleiben.

Einen Schritt in diese Richtung hat die Bundesregierung bereits gemacht: Durch die erleichterte Rentenbesteuerung für Beschäftigte über 63 sollen Anreize geschaffen werden, das Erwerbsleben freiwillig zu verlängern. Hierbei geht es aber nicht nur um die finanzielle Komponente, sondern auch um eine Wertschätzung und Anerkennung, die Silver Worker in vielen Unternehmen bislang vermissen lassen.

Was können Silver Worker langfristig bewirken?

Wenn Unternehmen Silver Worker als vollwertige Arbeitskräfte betrachten und ihre Vorteile aktiv nutzen, kann die demografische Entwicklung eine neue Dynamik entfalten: Anstatt lediglich als Übergangslösung gesehen zu werden, könnten ältere Beschäftigte langfristig eine wertvolle Säule im Arbeitsmarkt werden, die ihre spezifische Expertise einbringt und die jüngeren Generationen stärkt. Silver Worker wären dann nicht nur eine Antwort auf den Fachkräftemangel, sondern ein integraler Bestandteil einer zukunftsfähigen, altersdiversen Arbeitswelt.

Fazit: Die Zeit ist reif für einen Kulturwandel

Der demografische Wandel lässt sich nicht aufhalten, und der Fachkräftemangel wird auch nicht durch kurzfristige Maßnahmen behoben werden. Die Silver Worker sind eine ungenutzte Ressource, die viel Potenzial birgt. Doch damit sie wirklich als Lösung dienen können, braucht es Offenheit, Anpassungen in den Unternehmen und ein Umdenken bei Arbeitgebern und der Gesellschaft. Silver Worker könnten die Arbeitswelt von morgen bereichern – wenn wir ihnen den Platz und die Wertschätzung geben, die sie verdienen.

Quelle: arbeits-abc.de

07 Februar 2025

Mit Workations Arbeit und Urlaub verbinden

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Flexiblität

Mit Workations Arbeit und Urlaub verbinden

Mobiles Arbeiten aus dem Ausland wird immer beliebter, auch zeitweise im Rahmen von Workations. Dieses Modell hat sich inzwischen von der Ausnahmeerscheinung zum Erfolgsmodell gemausert. Allerdings nicht ohne Hürden bei der Umsetzung.

Eine KPMG-Umfrage aus dem letzten Jahr zeigt, dass über 50 Prozent der befragten Unternehmen Remote Work aus dem Ausland ermöglichen – meist in Form von Workations, also dem kurzzeitigen mobilen Arbeiten aus dem Ausland in Verbindung mit Urlaub. Haupttreiber sind Mitarbeiteranforderungen, Fachkräftemangel und die Internationalisierung ihres Geschäfts. Die Verantwortlichen sind sich einig: Der Bedarf wird weiter steigen. Internationale Flexibilität ist für Unternehmen zu einer strategischen Notwendigkeit geworden.

Das zeigt auch die Praxis: Während sich insbesondere Unternehmen aus gesetzlich regulierten Branchen (insbesondere Banken oder Versicherungen) und öffentliche Unternehmen (Universitäten oder kommunale Einrichtungen) in den letzten zwei Jahren noch zurückhaltend zeigten, sind Workation-Angebote auch hier mittlerweile ein „Must-have“ im Kampf um die besten Talente. Insgesamt bauen Unternehmen ihre bestehenden Angebote weiter aus. Während die Anzahl der Arbeitstage im Ausland zwar meist auf maximal 30 Tage im Jahr begrenzt ist, erlauben immer mehr Unternehmen Workations auch in Nicht-EU-Ländern, darunter in der Türkei, Indien oder Brasilien. Von dieser außereuropäischen Ausweitung der Angebote ist auch auf längere Sicht auszugehen. Die erlaubte Standarddauer von 20 bis 30 Tagen hingegen wird aber weiterhin bestehen bleiben, denn dieser zeitliche Rahmen hat sich in der Praxis als bester Kompromiss zwischen Flexibilität, administrativem Aufwand und Vermeidung von steuerlichen und rechtlichen Risiken bewährt.

Flickenteppich steuerlicher Regelungen

Auch für Gesetzgeber und Behörden ist das Thema relevant, das zeigen die rechtlichen Entwicklungen der letzten zwölf Monate. Positiv ist, dass mittlerweile viele Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) Regelungen hierzu enthalten. Zudem erweitert das mittlerweile von fast allen europäischen Staaten unterzeichnete multilaterale Abkommen zur Sozialversicherung die Möglichkeiten zum grenzüberschreitenden Homeoffice und in verschiedenen Ländern, wie Österreich, geben Verwaltungsanweisungen klare Grenzen vor, in denen grenzüberschreitendes Homeworking möglich ist. Viele Länder inner- und außerhalb der EU haben mittlerweile auch Remote-Work- oder Digital-Nomad-Visa geschaffen.

Gleichzeitig entsteht ein Flickenteppich nicht miteinander abgestimmter Regelungen, die in verantwortlichen HR-Abteilungen zu Verwirrung führen. Hierzu ein Beispiel: Der neue Artikel 14 Absatz 1a DBA Luxemburg besagt, dass ein in Deutschland ansässiger Arbeitnehmer, der einen luxemburgischen Arbeitgeber hat und grundsätzlich dort arbeitet, bis zu 34 Tage im Jahr aus seinem deutschen Homeoffice arbeiten darf, ohne dass diese Zeit in Deutschland einkommensteuerpflichtig wird. Offen bleibt aber, ob durch die Homeoffice-Tätigkeit eine Betriebsstätte für den luxemburgischen Arbeitgeber in Deutschland begründet werden kann. Laut multilateralem Abkommen zur Sozialversicherung, unter anderem von Luxemburg und Deutschland unterzeichnet, darf der Mitarbeiter hingegen bis zu 50 Prozent aus dem deutschen Homeoffice arbeiten, ohne dass dadurch die Sozialversicherungspflicht nach Deutschland wechselt. In diesem Fall wäre der Mitarbeiter in Deutschland dann aber einkommensteuerpflichtig.

Risiken individuell bewerten

Besonders herausfordernd ist die Ausweitung der Workation-Angebote auf Nicht-EU-Länder. Im ersten Schritt sollte geprüft werden, ob Doppelbesteuerungs- und Sozialversicherungsabkommen bestehen, das ist – anders als innerhalb der EU – nicht immer der Fall. Bestehen keine, kann das im betreffenden Land ab Tag eins zu Einkommensteuer-, Lohnsteuer- beziehungsweise Sozialversicherungspflichten führen. Auch die Frage, ob in Nicht-EU-Ländern für Remote Work eine Arbeitsgenehmigung erforderlich ist, ist oft nicht einfach zu beantworten, da diese Art der Tätigkeit in den entsprechenden Gesetzen nicht explizit geregelt ist. Viele Unternehmen gehen davon aus, dass – wie beim Urlaub – ein Touristenvisum ausreicht. Tatsächlich wird es häufig auf die Einzelfallentscheidung des zuständigen Immigration Officers ankommen.

In der Praxis wird oft pauschal von „hohem Risiko“ oder „problemlos möglich“ ausgegangen. Unternehmen sollten aber mögliche Risiken rund um International Remote Work kennen und abschätzen können. Ein gutes Beispiel hierfür ist Italien: Viele Unternehmen schließen Workation-Angebote in Italien aufgrund eines dort vermeintlich besonders hohen Betriebsstättenrisikos aus. Abgesehen davon, dass Italien zu den beliebtesten Workation-Ländern bei deutschen Arbeitnehmern zählt und der Ausschluss für Unmut bei den Mitarbeitenden sorgt, ist dies inhaltlich unzutreffend: Im Hinblick auf Workations besteht in Italien kein größeres Risiko als in anderen EU-Ländern auch.

Ausblick

Die Praxis zeigt: Flexible Arbeitsmodelle steigern die Zufriedenheit der Mitarbeitenden und sind aus der modernen Arbeitswelt nicht mehr wegzudenken. Umso wichtiger ist es für Unternehmen, rechtssichere Lösungen zu finden, denn auch Behörden haben das Thema vermehrt auf ihrer Agenda.

Vor allem HR-Mitarbeitende sind gefragt, die rechtlichen Entwicklungen im Blick zu behalten und entsprechende Prozesse in enger Zusammenarbeit mit Compliance-Abteilungen und Business zu integrieren. HR-Toollösungen können zudem dabei helfen, International Remote Work, Dienstreisen, Entsendungen und andere Formen von Mitarbeitermobilität technologiegestützt zu managen.

Über den Autor

Dr. Tobias Preising ist Partner Tax Global Mobility Services bei KPMG. Der promovierte Jurist hat mehr als 17 Jahre Erfahrung im Bereich Global Mobility und berät internationale Unternehmen zu allen Themen rund um Compliance und Prozessgestaltung. Sein Schwerpunkt liegt auf der Beratung zu neuen Mobilitätsformen wie „Work from Anywhere“ und der Transformation der Global-Mobility-Funktion.

Quelle: humanressourcesmanager.de

08 September 2023

Modelle der Viertagewoche: Was Unternehmen beachten sollten

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Modelle der Viertagewoche: Was Unternehmen beachten sollten

In der Debatte um die Einführung einer Viertagewoche geht oft unter, dass es dabei nicht generell um eine verkürzte Arbeitswoche geht. Es gibt unterschiedliche Modelle, die jeweils andere Vor- und Nachteile mit sich bringen können. Wichtige Fragen und Antworten aus Unternehmenssicht.

Die Viertagewoche gilt gemeinhin als Wunschbild von Beschäftigten. Studien zeigen, dass Arbeitnehmende eine Arbeitszeitreduzierung und mehr Flexibilität befürworten – solange sie keine Einbußen beim Lohn hinnehmen müssen (siehe zum Beispiel eine Studie der Hans-Böckler-Stiftung). Die Einschätzungen bezüglich der Machbarkeit auf gesellschaftlicher und organisationaler Ebene klaffen jedoch stark auseinander. Das hat unter anderem damit zu tun, dass die Viertagewoche als Schlagwort für eine verkürzte Arbeitswoche durchgeht. Doch die Viertagewoche lässt sich in unterschiedlichen Formen umsetzen – auch mit einem hohen Grad an Flexibilität.

Welche Arbeitszeitmodelle der Viertagewoche gibt es?

Die Variablen in der Gestaltung einer Viertagewoche sind die Wochenarbeitszeit, die Wahl der Arbeitstage, die Freiwilligkeit oder Vorgabe einer Viertagewoche und die Umsetzung mit oder ohne vollen Lohnausgleich. Dadurch ergeben sich folgende Umsetzungsformen:

Modell 1: Verkürzte Wochenarbeitszeit bei gleichem Lohn (z.B. 100-80-100-Prinzip):
Bei diesem Modell, das Studien in Island und UK untersuchten, verringern Unternehmen die wöchentliche Arbeitszeit, zahlen aber das volle Gehalt weiter. Dies ist zum Beispiel nach dem 100-80-100-Prinzip möglich, das Charlotte Lockhart und Andrew Barnes 2018 in ihrem Unternehmen Perpetual Guardian eingeführt haben und seither in der von ihnen gegründeten Initiative "4 Day Week Global" propagieren. Die Idee: Mitarbeitende erhalten 100 Prozent Lohn für 80 Prozent der Arbeitszeit bei 100 Prozent erreichten Produktivitätszielen. Bei einer 40-Stunden-Woche (8 x 5 Tage pro Woche) würde sich die Arbeitszeit auf 32 Stunden reduzieren (8 x 4 Tage pro Woche). Bei der Lage der Arbeitszeit gibt es verschiedene Ansätze: a) mit fixen Arbeitszeiten (Uhrzeiten) und Arbeitstagen (freier Tag in der Woche ist festgelegt) und b) mit Wahlarbeitszeiten und Wahlarbeitstagen (freier Tag in der Woche ist flexibel).

Modell 2: Viertagewoche bei gleichbleibender Wochenarbeitszeit (Belgisches Modell):
Bei diesem Ansatz bleibt die Wochenarbeitszeit gleich, verteilt sich aber auf vier Tage. Dieses Modell kommt in Belgien zum Einsatz, wo es eine gesetzlich geregelte Viertagewoche gibt. Wenn aus betrieblichen Gründen nichts dagegen spricht, können Beschäftigte dort beim Arbeitgeber beantragen, an vier Tagen die Woche zu arbeiten. Bei einer 40-Stunden-Woche läge dann die tägliche Arbeitszeit nicht bei acht, sondern bei zehn Stunden. Am Gehalt ändert sich in diesem Modell durch die Neuverteilung der Arbeitszeit nichts.

Modell 3: Wahlarbeitszeit mit Vollzeitkorridor bei vollem Lohnausgleich:
Mitarbeitende können die Wochenarbeitszeit reduzieren, wenn sie in weniger Zeit ihre Aufgaben erledigen können. Dies ist dann auch als Viertagewoche denkbar. Wenn sie länger arbeiten müssen oder möchten, ist dies bei Beachtung der Ruhezeiten aber ebenso möglich. Das Gehalt entspricht unabhängig von der gewählten Wochenarbeitszeit einer Vollzeitstelle.   

Modell 4: Wahlarbeitszeit mit Vollzeitkorridor und angepasstem Lohn:
Beschäftigte können in einem bestimmten Rahmen und mit einer gewissen Ankündigungszeit ihre Arbeitszeit in einer Vollzeit-Stelle wählen – und so lebensphasenorientiert anpassen – also auch in Form einer Viertagewoche. Die Verkürzung der Arbeitszeit bewegt sich jedoch in einem begrenzten Rahmen (zum Beispiel zwei Stunden), so dass hier noch von einem Vollzeitäquivalent die Rede sein kann. Meist erhalten Beschäftigte bei einer Reduzierung der Arbeitszeit entsprechend weniger Gehalt.

Modell 5: Verkürzte Wochenarbeitszeit bei angepasstem Lohn (Teilzeitarbeit):
Eine Viertagewoche ist auch als Teilzeitmodell denkbar. Unternehmen verkürzen die Wochenarbeitszeit im Vergleich zu einer Vollzeitstelle deutlich. Dafür passen sie aber auch den Lohn entsprechend an.

Was sind die Vorteile und Chancen einer Viertagewoche?

Höhere Produktivität: Wenn Menschen weniger Stunden arbeiten, können sie unter Umständen das gleiche Arbeitspensum schaffen wie zuvor mit einer längeren Arbeitszeit. Dies ist jedoch von vielen Faktoren abhängig – zum Beispiel der Tätigkeit, der Branche, Kundenanforderungen und dem Umfang der Arbeitszeitreduzierung.

Arbeitgeberattraktivität: Die Viertagewoche hat sich zum Symbol für ein attraktives Arbeitsumfeld entwickelt, was positive Auswirkungen auf Recruiting und Mitarbeiterbindung haben kann – zum Beispiel in Arbeitsbereichen mit hohem Fachkräftemangel wie dem Handwerk.

Nachhaltiges Gesundheitsmanagement: Es gibt Hinweise aus Unternehmen, dass eine Viertagewoche die Zahl der Krankheitstage reduzieren kann. Das kann jedoch je nach Modell der Viertagewoche unterschiedlich sein. Es ist davon auszugehen, dass vor allem Ansätze mit einem hohen Grad an Flexibilität das Wohlbefinden der Beschäftigten fördern können, da sie ihre Auslastung selbst mitsteuern können.

Innovationsfähigkeit: Wenn es gelingt, mit einer Viertagewoche den Stress der Mitarbeitenden zu reduzieren, kann dies auch positive Auswirkungen auf die Kreativität der Beschäftigten haben.

Was sind die Nachteile und Risiken einer Viertagewoche?

Neue Belastungssituationen: Arbeitszeitreduzierung bei gleichbleibenden Aufgaben kann zu größerem Stress, informellen Überstunden oder weniger sozialem Austausch am Arbeitsplatz führen. Bei hoher Flexibilität müssen Mitarbeitende sich selbst zu Timeboxing zwingen, was den Druck zusätzlich erhöhen kann.

Höherer Koordinationsbedarf: Umso flexibler Beschäftigte ihre Arbeitszeit einteilen können, umso größer ist der Abstimmungsbedarf im Team – vor allem, wenn Beschäftigte unterschiedliche Arbeitszeiten und freie Tage wählen.

Gerechtigkeitsdebatten: Wenn nicht alle Beschäftigten eines Unternehmens in einer Form der Viertagewoche arbeiten können, kann es zu Neid und gefühlter Ungerechtigkeit kommen.

Produktionseinbußen und/oder steigende Personalkosten: Nicht in allen Tätigkeiten ist eine Produktivitätssteigerung möglich. Dann müssen Arbeitgebende bei einer Arbeitszeitreduzierung neue Mitarbeitende einstellen, was höhere Personalkosten zur Folge haben kann. Beim Belgischen Modell könnten Unternehmen in Deutschland zudem Auftragsspitzen oder krankheitsbedingte Engpässe schwerer abfangen, da aus arbeitsrechtlichen Gründen zusätzliche Mehrarbeit kaum möglich ist.

Was sind Erfolgsfaktoren für die Einführung einer Viertagewoche?

Das A und O für eine erfolgreiche Einführung der Viertagewoche ist eine gute Analyse der Arbeitssituation, der Wünsche der Mitarbeitenden und der Möglichkeiten, die Arbeitszeit anzupassen. Ein Knackpunkt ist die Wahl des freien Tages. Bei der Analyse können Unternehmen auch Optimierungspotentiale identifizieren, die eine Arbeitszeitverdichtung zulassen – zum Beispiel effizientere Meetings und E-Mail-Kommunikation, Prozessoptimierung, Automatisierung von Aufgaben und verbesserte Zusammenarbeit. Entscheidend ist auch eine klare Kommunikation der Ziele, die das Unternehmen mit der Viertagewoche verfolgt. Führungskräfte verstehen die Arbeitszeit gerne als Kontrollinstrument, weshalb hier besondere Aufmerksamkeit vonnöten ist. Ein partizipatives Projektteam, in das Führungskräfte und Mitarbeitende eingebunden sind, kann die Akzeptanz der Lösung erhöhen.

Was ist bei der Einführung einer Viertagewoche arbeitsrechtlich zu beachten?

Aus arbeitsrechtlicher Sicht steht der Einführung einer Viertagewoche nach Modellen wie dem 100-80-100-Prinzip wenig entgegen. Denn bei der Reduzierung der Arbeitszeit könnten Mitarbeitende theoretisch widersprechen, wenn eine andere Arbeitszeit in ihrem Arbeitsvertrag vereinbart sind. Praktisch wird dies jedoch kaum vorkommen. Problematisch können vor allem Ansätze wie das Belgische Modell sein, bei dem die Wochenarbeitszeit gleich bleibt, aber an vier Tagen stattfinden soll. Dann sind die Höchst-, Pausen und Ruhezeiten des Arbeitszeitgesetzes (ArbZG) zu beachten. Die Arbeitszeiten werden dann sehr statisch und unflexibel. Generell sind die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats und mögliche Änderungen beim Urlaubsanspruch zu beachten (siehe "Am fünften Tage darfst du ruhen").

Quelle: haufe.de