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28 November 2025

Dynamischer Wissenstransfer durch Learnfluencer

Posted in Coaching

Weiterbildung

Dynamischer Wissenstransfer durch Learnfluencer

In Zeiten rasanter technologischer Umbrüche und Fortschritte stellt sich für viele Unternehmen die Frage, wie sie ihre Mitarbeitenden weiterbilden können, sodass deren Wissen immer auf dem neuesten Stand bleibt. SAP hat einen Ansatz in dem Konzept der Learnfluencer gefunden, das sich vor allem im IT-Bereich bewährt hat.

Gerade in der Softwareentwicklung vergeht praktisch kein Jahr, ohne dass neue Programmiersprachen, Frameworks oder Tools auftauchen. Während klassische Schulungsangebote oft zu starr sind und nicht schnell genug aktualisiert werden können, haben sich informelle Austauschformen in vielen Unternehmen als deutlich effektiver erwiesen. Hier kommt das Konzept der „Learnfluencer“ ins Spiel: Personen, die ihr Know-how mit intrinsischer Motivation weitergeben und ihre Kollegen dazu motivieren, ebenfalls aktiv zu lernen.

SAP hat mit den SAP Developer Advocates im Bereich der Softwareentwicklung ein Beispiel dafür geschaffen, wie eine solche Rolle aussehen und im Unternehmensalltag verankert werden kann.

Lebendige Lernkultur

Learnfluencer sind Mitarbeitende, die nicht nur Fachwissen besitzen, sondern es auch gekonnt an andere vermitteln. Anders als in reinen Mentoren- oder Expertenrollen geht es ihnen darum, eine lebendige Lernkultur im Unternehmen zu etablieren und möglichst viele Menschen in den Wissenstransfer
einzubeziehen.

Statt starrer Schulungspläne, die von oben nach unten durchgereicht werden, steht bei ihnen der Austausch auf Augenhöhe im Vordergrund. Sie organisieren beispielsweise interne Workshops, beantworten Fragen in Chat-Kanälen, veröffentlichen Blogartikel oder erstellen kurze Erklärvideos. Der entscheidende Unterschied zu anderen Formen des Wissensmanagements ist dabei die hohe Dynamik: Learnfluencer können spontan auf neue Trends reagieren und das Gelernte direkt aus dem Arbeitsalltag heraus teilen.

Diese Art der Wissensvermittlung führt dazu, dass Kollegen Inhalte besser annehmen. Denn wenn eine Person aus dem eigenen Team Tipps gibt, ist das Vertrauen in deren Praxisnähe meist höher, als wenn externe Trainer für ein bis zwei Tage im Haus sind. Nicht zuletzt trägt eine solche Kultur dazu bei, dass Wissen nicht in Silos verharrt. Vor allem in einer Zeit, in der Fachkräfte wechseln und wertvolles Know-how abwandern könnte, hilft es, wenn mehrere Personen gleichzeitig zu Trägern dieses Wissens werden.

Positiver Einfluss im Arbeitsalltag

Der Mehrwert von Learnfluencern zeigt sich besonders im Arbeitsalltag. Zunächst beschleunigen sie den Wissenstransfer: Mitarbeitende müssen nicht erst auf das nächste Seminar warten, wenn sie sich in ein neues Thema einarbeiten wollen. Sie gehen einfach auf die Kollegen und Kolleginnen zu, die sich als Learnfluencer bereits einen Namen gemacht haben, um sich Tipps zu holen oder gemeinsam an einer Lösung zu arbeiten.

Dieser beidseitige Austausch fördert zudem eine offene Fehlerkultur und wirkt sich positiv auf die Innovationsfreude aus. Darüber hinaus sind Learnfluencer oft wichtige Ansprechpersonen beim Onboarding neuer Mitarbeitender. Da sie bereits Erfahrung in der Vermittlung haben, können sie neue Kolleginnen und Kollegen schnell mit relevanten Informationen versorgen und den Einstieg ins
Unternehmen erleichtern. Studien legen außerdem nahe, dass eine gelebte Lernkultur die Zufriedenheit und Motivation im Team steigert: Wer das Gefühl hat, stetig dazuzulernen und Wissen auch weitergeben zu können, bleibt eher im Unternehmen.

Praxisbeispiel: Die SAP Developer Advocates

Ein Beispiel dafür, wie Learnfluencer im Unternehmenskontext erfolgreich agieren können, sind die SAP Developer Advocates. Dieses Programm wurde bereits vor über 15 Jahren ins Leben gerufen, um Softwareentwickler im SAP-Umfeld gezielt beim Verständnis und der Anwendung von SAP-Technologien zu unterstützen. Seit rund sieben bis acht Jahren liegt der Fokus dabei verstärkt auf Entwicklern bei SAP-Kunden und Partnerunternehmen.

Das Team der Developer Advocates fungiert damit als Bindeglied zwischen dem Unternehmen SAP und der weltweiten Entwickler-Community. Es greift Ideen auf, beantwortet Fragen und leitet ihr Feedback regelmäßig an die Entwicklungsabteilungen weiter. Zurzeit gehören 16 Personen zu den SAP Developer Advocates, verteilt über die ganze Welt – von den USA über Indien bis nach Deutschland. Mit ihrem eigenen Hintergrund als Entwickler bringen sie dabei nicht nur technisches Fachwissen aus Bereichen wie Produktentwicklung oder Beratung mit, sondern verfügen auch über ausgeprägte kommunikative Fähigkeiten.

Um neue Technologien greifbar zu machen, setzt das Team auf vielfältige Formate: Sie veranstalten Tech-Talks und Webinare, schreiben Blogposts, drehen Videos, veröffentlichen Quellcode-Beispiele und
führen praxisorientierte Programmier-Workshops, sogenannte CodeJams, durch. Besonders wichtig ist dabei die Fähigkeit, die Inhalte verständlich aufzubereiten. Statt sich auf Vorträge mit zahlreichen Präsentationsfolien zu beschränken, zeigen die Developer Advocates in Live-Demos, wie sich bestimmte Lösungen konkret umsetzen lassen.

Auf diese Weise entstehen Lerneinheiten, in denen Teilnehmende schnell den Praxisbezug erkennen und das Gelernte selbst anwenden können. Regelmäßige Einsätze auf Entwicklerkonferenzen, in Foren oder in sozialen Netzwerken sorgen dafür, dass ein kontinuierlicher Informationsaustausch stattfindet. Rückmeldungen aus diesen Kanälen fließen wiederum in die Produktentwicklung ein. So entsteht ein Kreislauf, in dem das Feedback der Community direkt Einfluss auf die künftige Produktentwicklung nimmt.

Arbeitsweise mit Multiplikationseffekt

Im Alltag arbeiten die Developer Advocates sehr eigenständig. Sie planen ihre Inhalte und Events eigenständig und reagieren flexibel auf Anfragen aus der Community. Ein großer Teil ihres Erfolgs beruht auf ihrer Fähigkeit, komplexe Themen verständlich zu vermitteln und gleichzeitig durch Feedback den Produktteams wichtige Hinweise für Weiterentwicklungen zu geben. So sind sie nicht nur Wissensvermittler, sondern auch interne Multiplikatoren und Innovationstreiber.

Die Wirksamkeit dieses Ansatzes macht sich am wachsenden Zuspruch bemerkbar. So stiegen die Aufrufe des zugehörigen Youtube-Kanals von rund 22.800 im Jahr 2019 auf über 1,4 Millionen im Jahr 2024. Die Watch Time kletterte dabei von 1.900 auf über 106.000 Stunden, und auch die Abonnentenzahl nahm im selben Zeitraum von 1.000 auf 11.800 jährliche Neuabonnenten deutlich zu.

Die Developer Advocates vergrößerten zudem das thematische Spektrum ihrer Inhalte um Technologien wie Cloud Computing, Low-Code Plattformen und künstliche Intelligenz (KI). Parallel haben sie mehr Präsenzschulungen organisiert. Waren es 2019 noch wenige CodeJams, fanden 2024 bereits über 100 Veranstaltungen statt, die Entwickler zum Mitmachen motivierten.

Learnfluencer im Unternehmen entwickeln

Unternehmen, die vergleichbare Learnfluencer-Programme aufbauen wollen, sollten zunächst potenzielle Learnfluencer in ihrer Organisation identifizieren. Wer nicht nur Fachkompetenz besitzt, sondern auch Freude daran hat, Wissen weiterzugeben, ist ein guter Kandidat. Im nächsten Schritt sollten entsprechende Schulungen in Präsentationstechnik, Didaktik oder digitaler Kommunikation angeboten werden. So können die künftigen Learnfluencer ihre Rolle sicher und souverän ausfüllen.

Ein weiterer zentraler Punkt ist die Schaffung geeigneter Plattformen: Ein Wiki, ein Forum auf einer Kollaborationsplattform oder ein interner Social-Media-Kanal bieten die notwendigen Strukturen, um Wissen auffindbar und zugänglich zu machen. Gleichzeitig muss die Unternehmensführung anerkennen, dass Zeit und Aufwand in solche Rollen investiert werden müssen. Wer seine Arbeit liegen lassen muss, um Kollegen zu schulen, braucht Rückendeckung und entsprechende Ressourcen.

Diese Form der Anerkennung zahlt sich jedoch aus: Mitarbeitende, die andere weiterbringen und regelmäßig konstruktives Feedback geben, tragen entscheidend zur Lernkultur im Unternehmen sowie zur Mitarbeiterbindung bei.

Wie Lernprogramme davon profitieren

Auch in offizielle Lernprogramme lassen sich Learnfluencer sinnvoll integrieren. Statt vornehmlich auf externe Trainer zu setzen, können Firmen ihre eigenen Fachleute einbeziehen. So entsteht eine Verbindung zwischen formeller Weiterbildung und dem praktischen Wissen aus dem Unternehmensalltag. Wenn Learnfluencer bereits in die Planung eingebunden werden, sind die Lerninhalte oft passgenauer und praxisnäher. Neue Inhalte können außerdem leichter aktualisiert werden, weil die internen Experten sich häufig schneller auf aktuelle Entwicklungen einstellen.

Microlearning, Gamification oder interaktive Workshops können den Lernerfolg weiter steigern. Wichtig ist,
dass der Transfer in den Arbeitsalltag nicht verloren geht. Hier ist die Rolle der Learnfluencer besonders wertvoll: Sie begleiten Mitarbeitende auch nach der offiziellen Schulung und stehen für Fragen parat. So wird aus einer einmaligen Veranstaltung ein nachhaltiger Lernprozess.

Learnfluencer als Investition in die Zukunft

Learnfluencer sind in einer Arbeitswelt, in der Wissen rasch veraltet, eine wichtige Säule für unternehmensweites Lernen. Am Beispiel der SAP Developer Advocates wird deutlich, dass solche Rollen sowohl intern als auch extern wirksam sein können: Sie stärken nicht nur die Kompetenz der eigenen Teams, sondern fördern auch den Austausch mit Kunden und Geschäftspartnern. Das ist besonders dann
wertvoll, wenn Feedback aus der Praxis in die Produktentwicklung einfließen soll.

Unternehmen, die eine solche Lernkultur etablieren wollen, benötigen allerdings mehr als nur eine Person mit Fachwissen. Es braucht eine klare Strategie, Schulungen zur Vermittlung von didaktischen Fähigkeiten und Soft Skills sowie technische Plattformen für den kollaborativen Austausch. Wer diesen Weg geht, wird nicht nur von einem schnelleren Wissenstransfer profitieren, sondern auch von motivierten Mitarbeitenden und einer dynamischen Innovationskultur.

Über den Autor

Andre Bechtold ist Senior Vice President und Head of Solution & Innovation Experience bei SAP. In dieser Funktion ist er dafür verantwortlich, Kunden, Partnern und Mitarbeitern Lern- und Schulungsangebote zu Produkten und Lösungen bereitzustellen. Er verantwortet die Lern-, Trainings- und Kunden-Demos bei SAP sowie die SAP Experience Center.

Quelle: humanressourcesmanager.de

17 October 2024

Generalist oder Spezialist: Welchen Typ brauchen wir in den Unternehmen?

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Generalist oder Spezialist: Welchen Typ brauchen wir in den Unternehmen?

Mein letzter Beitrag hier zum Thema Generalisten hat für reichlich Furore gesorgt. Deshalb möchte ich das Thema vertiefen. Schon gleich vorweg: Nicht ein unversöhnliches Entweder-Oder, sondern ein verbindendes Sowohl-als-auch bringt uns weiter. Natürlich brauchen wir nach wie vor viele Spezialisten, also I-Profile, aber wir brauchen mehr T-, H- und X-Typen.

Mit dem Voranschreiten des Fortschritts und dem Aufstieg junger, forscher, agiler Unternehmen entstehen gänzlich neue Geschäftsmodelle, neue Organisationsdesigns, neue Formen der Arbeit, ein neues Führungsverständnis – und völlig neue Berufe wie etwa diese: Smart-City-Entwickler, Roboter-Disponent, 3D-Handwerker, KI-Trainer, Prompt Engineer, Metaverse Creator, Technologie-Ethiker, Circular-Economy-Designer.

Doch auch die werden wieder verschwinden, um noch neueren Berufsbildern Platz zu machen. Und das wird, wie alles andere auch, immer schneller passieren. 85 Prozent der Berufsbilder, die 2030 den Arbeitsmarkt bestimmen werden, gab es bis vor Kurzem noch gar nicht. Das ergab die Untersuchung „Realizing 2030: Die Zukunft der Arbeit“ des Instituts for the Future in Zusammenarbeit mit dem Technologieunternehmen Dell.

Die neuen Berufe gehen multioptional in die Breite

Die neuen Berufe haben vor allem mit Innovieren, Adaptieren, Kombinieren, Experimentieren, Koordinieren, Kollaborieren, Flexibilisieren, Individualisieren und Emotionalisieren zu tun. Sie verlangen Gespür sowohl für die Menschen als auch für die neueste Technologie. Zunehmend zeigt sich, wie schnell man Expertisen aus der Vergangenheit über Bord werfen muss, weil plötzlich alles ganz anders läuft als zuvor.

Fortan werden wir Mitarbeitende brauchen, die multiperspektivisch denken und kombinatorisch handeln, sich ständig weiterentwickeln und, aufbauend auf einem breiten Wissensfundament, Gesamtzusammenhänge verstehen. Grundvoraussetzung dafür und zugleich unverzichtbar ist eine lebenslange, eigeninitiative Lernbereitschaft, um für die sich immer rasanter wandelnde Zukunft gerüstet zu sein.

So sorgen fundiert agierende Generalisten für ihre Employability vor allem auch dort, wo immer performantere künstliche Intelligenzen die reinen Spezialisten zunehmend ersetzen. Sehr oft mithilfe künstlicher Intelligenz als Co-Kreator und Co-Assistenz gelingt es Generalisten mit multiplen Kompetenzen, Initiativen in Gang zu bringen, die Ideen, Wissen und Können auf neue, unkonventionelle Weise miteinander vereinen.

Übergreifende Vernetzung gewinnt stark an Bedeutung

„Wir nähern uns einer postdisziplinären Ära, in der die einzelnen Fachgebiete immer weniger relevant werden und ihre Vernetzung untereinander an Bedeutung gewinnt“, so Ulrich Weinberg, Direktor der School of Design Thinking am Hasso-Plattner-Institut, schon vor Jahren. Vor allem muss sich junge Digitalkompetenz mit langjährigem Erfahrungswissen sowie Bewährtes mit dem notwendigen Neuen verknüpfen.

Die globale digitale Vernetzung, die immer drastischeren Folgen des Klimawandels sowie die Neukombination von Technologien und Industrien in Ecosystemen sorgen für vielerlei Wechselwirkungen, die sich im Vorfeld gar nicht absehen lassen. Ein derart unvorhersehbares Umfeld erfordert maximale Adaptionskompetenz – und damit auch mehr Generalisten mit breit fundiertem Wissen und Können.

Generalisten haben ein gutes Gespür für Komplexität und können Zusammenhänge übergreifend erkennen. Sie vergraben sich nicht in ein Fachgebiet, sondern öffnen sich für verschiedene Disziplinen. Nicht nur in einem, sondern in verschiedenen Netzwerken sind sie aktiv. Insbesondere können sie Rollen wechseln, wenn Randthemen plötzlich zum Mainstream werden. Schauen wir uns in diesem Kontext I, T, H und X einmal an.

I-shaped: tiefes Wissen auf einem einzigen Fachgebiet – die Spezialisten

Spezialisten werden wir definitiv auch weiterhin brauchen, doch ihr Stand ist, wie schon allein der Buchstabe zeigt, nicht besonders stabil. Ihr Wissen ist zwar sehr fundiert und überaus tief, doch wenig breit. Sie sind in einer Art Silodenke verfangen. Nur das, was innerhalb dieser Grenzen liegt, kommt für sie dann auch in Betracht. Die eigene ist die beste aller Lösungen, weil der Spezialist gar keine anderen Lösungen kennt.

Spezialisten agieren oft in einer abgeschotteten Welt. Sie analysieren und analysieren. Und das dauert und dauert. So verplempern sie wertvolle Zeit, die in Zukunft niemand mehr hat. Außerdem hocken sie oft auf Knowhow, das in der Next Economy kaum noch was wert ist. Zu schnelllebig sind die benötigten Expertisen. Wenn Kenntnisse rascher altern als jemals zuvor, dann ist Bestandswissen nur noch marginal sinnvoll.

Niemand ist heute mehr „aus“gebildet. Spezialisten können ihre Position maßgeblich verbessern, indem sie ihr Fachwissen kontinuierlich verbreitern und das I damit stabiler machen, am besten „on the job“ nahezu täglich. Unterstützung bietet die ganze Palette der E-Learning-Programme, zudem Learning Games, Lern-Podcasts, Webinare, Lern-Apps und der fortan maßgebliche Beistand durch persönliche KI-Lernassistenten.

T-shaped: in der Tiefe und auch in der Breite aktiv

Symbolisiert durch das T vereinen T-förmige Profile Fähigkeiten von Spezialisten und Generalisten. Neben ihrer eigentlichen Expertise (senkrechte Linie) haben sie fachübergreifendes Wissen in angrenzenden oder übergeordneten Bereichen (waagerechte Linie), so dass sie ganzheitlicher handeln und vielseitiger einsetzbar sind. Sie denken in Zusammenhängen statt, wie ein Experte, nur einen Ausschnitt zu sehen.

T-förmige Talenttypen sind etwa in der zunehmenden Projektarbeit sehr gefragt, weil sie sich leichter einarbeiten und besser in neue Rollen hineinwachsen können. Auch wenn es um die steigende Bedeutung von Shared Leadership geht, können sie punkten. Dies ist ein immer öfter praktiziertes Modell, bei dem jeder in einem Projektteam je nach Situation und Bedarf mal als Mitarbeitender und mal an Führender operiert.

Eine Sonderform des T-shaped Profils ist das sogenannte Full-Stack-Profil. „Full stack“ bedeutet in etwa „das komplette Paket“. Der Begriff wird vor allem in der IT-Branche verwendet, wo man zum Beispiel Full-Stack Developer kennt: Programmierer, die sowohl Frontends (die Benutzeroberfläche) als auch Backends (die Datenbank) entwickeln. Talente mit einem Full-Stack-Profil finden wir sehr oft auch in Startups.

H-shaped: die Konnektoren zwischen den Welten

„Ich habe zwei Superkräfte“, schreibt eine Leserin auf Linkedin. Sie kann das Big Picture und die darin verwobenen Zusammenhänge erkennen, etwas, das anderen oft verborgen bleibt. Und sie hat „Übersetzungskompetenz“, weil sie sich mit Menschen aus unterschiedlichen technischen Bereichen und Hierarchie-Ebenen unterhalten und deren Wissen und Können miteinander verbinden kann, ohne aneinander vorbeizureden.

Ausgeprägtes interdisziplinares Denken und ein kommunikatives Zusammenbringen mehrerer Abteilungen oder Projekte fehlt leider sehr häufig, wenn zu viele Spezialisten am Werk sind. Insofern sind H-förmige Talenttypen die Brückenbauer im Unternehmen, oft auch Konnektoren zwischen drinnen und draußen. Sie sehen nicht nur den eigenen Beitrag, sondern verstehen, wie alles ineinandergreifen kann, soll und muss.

Sie sind darin geübt, Spezialwissen aus verschiedenen Bereichen zu kombinieren. Kurz, sie sind die, die einen hohen Assoziationsspielraum besitzen. Solche Menschen können mit großer Leichtigkeit in verschiedene Denkweisen schlüpfen. Sie haben die Fähigkeit, ihre Kompetenzbreite auf unterschiedlichste Situationen anzuwenden. Das H-förmige Talenteprofil kann insofern Geburtshelfer für bahnbrechende Innovationen sein.

X-shaped: der Typ, den wir nun immer mehr brauchen

X-förmige Talentprofile verknüpfen völlig verschiedene Disziplinen miteinander. Bestes Beispiel dafür ist die Verkettung der digitalen und mit der grünen Transformation, auch als Twin Transformation bezeichnet. Die, die in beidem eine Vorreiter-Strategie entwickeln, gelten als Twin Transformer oder Twin Performer. Ihnen gehört die Zukunft. Manche glauben sogar, unser Planet sei überhaupt nur so noch zu retten.

Schnittstellen (das Zentrum des X) sind die dynamischsten Orte für Fortschritt und Wandel. Sie gestatten einen Ausbruch aus vorherrschenden Denkmustern und etablierten Vorgehensweisen. Sie bieten beste Gelegenheiten für die Neuverknüpfung von Möglichkeiten. Sie erweitern, wie bei einer Straßenkreuzung, den Horizont. Sie lassen neue Blickwinkel entstehen. Und man kann in neue Richtungen gehen.

Durch Überkreuzbefruchtung treten an Schnittstellen überraschende, faszinierende, außergewöhnliche Ideen zutage, die den Lauf der Dinge stark beeinflussen oder sogar radikal verändern können. Sie ermöglichen das Andocken weiterer Ideen im gesamten System und zugleich die Fortentwicklung an den einzelnen Strängen. Wer solche Schnittstellen findet oder erschafft und clever besetzt, wird quasi unschlagbar.

Wie HR sich auf solche Talentprofile einstellen kann

Zunächst braucht es ein neues Mindset: Wer aus dem monokulturellen Grundgedanken bestehender Silostrukturen und interner Konkurrenz ausbricht, wer Kollaboration, Vernetzung und Co-Kreativität akzeptiert, dann schließlich multidimensionale Business-Ecosysteme etabliert, liegt fortan vorn. Was uns daran vor allem hindern, ist kognitive Zukunftskurzsichtigkeit. Das heißt, wir denken nicht weit genug in die Zukunft.

Die Fachkraft mit 28 dezidierten Anforderungsmerkmalen wird ja meist von einer Abteilung gesucht, die jetzt eine Lücke zu stopfen hat. HR wird dabei zum reinen Aufgabenerfüller. Beide Seiten kümmern sich nicht um die strategischen Aspekte, die in Zukunft relevant sein werden. Genau diese Fachkraft mit ihren Spezialkompetenzen wird nämlich obsolet, sobald Altes verschwindet und Neues entsteht.

Entwicklungsplan

Von daher abschließend hier mein Entwicklungsplan in fünf Schritten:

Schritt 1: Die notwendigen Erkenntnisse zu Themen der Zukunft gewinnen
Schritt 2: Verstehen, was dies für das Unternehmen und HRM fortan bedeutet
Schritt 3: Ein Zukunftszielbild entwickeln, das alle im Unternehmen inspiriert
Schritt 4: Aus dem bislang oft zu reaktiven in ein proaktives Handeln kommen
Schritt 5: Mehr T-, H- und X-Generalisten suchen, finden, fördern und fordern

 

Zur Person

Anne M. Schüller ist Managementdenker, Keynote-Speaker, mehrfach preisgekrönte Bestsellerautorin und Businesscoach. Die Diplom-Betriebswirtin gilt als führende Expertin für das Touchpoint Management und eine kundenfokussierte Unternehmensführung. Zu diesen Themen hält sie Impulsvorträge auf Tagungen, Fachkongressen und Online-Events. 2015 wurde sie für ihr Lebenswerk in die Hall of Fame der German Speakers Association aufgenommen. Beim Business-Netzwerk Linkedin wurde sie Top-Voice 2017 und 2018. Von Xing wurde sie zum Spitzenwriter 2018 und zum Top Mind 2020 gekürt. Ihr Touchpoint Institut bildet zertifizierte Touchpoint Manager und zertifizierte Orbit-Organisationsentwickler aus.
 
Quelle: hrjournal.de
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Das neue Buch der Autorin

Foto Buchcover Zukunft meistern

Anne M. Schüller
Zukunft meistern
Das Trend- und Toolbook für Übermorgengestalter
Gabal Verlag 2024, 232 S., 29,90 €
ISBN: 978-3-96739-181-7

 

22 September 2023

Kompetent mit Kompetenzmodellen arbeiten

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Kompetent mit Kompetenzmodellen arbeiten

Was Sie im Recruiting und in der Personalentwicklung bei der Arbeit mit Kompetenzmodellen beachten sollten, erläutert Ronald Franke, Geschäftsführer von LINC. Und er gibt Best-Practice-Tipps für die Erstellung professioneller Kompetenzmodelle.

Kompetenzmodelle sind Teil jeder professionell aufgestellten Personalabteilung. Allerdings variiert das Wissen zur Erstellung und Nutzung solcher Modelle doch beträchtlich. Daher finden Sie im Folgenden einige Erläuterungen und Hinweise für eine erfolgreiche Arbeit mit Kompetenzmodellen in der Personalauswahl und Personalentwicklung.

Was ist überhaupt ein Kompetenzmodell?

Einfach ausgedrückt ist ein Kompetenzmodell eine Liste von Kompetenzen, die in einem Unternehmen besonders relevant sind und gefördert werden sollen. Die Kompetenzen können auf verschiedene Hierarchieebenen aufgeteilt (zum Beispiel erste und zweite Führungsebene) oder spezifischen Jobprofilen zugeordnet werden.

Ein professionelles Kompetenzmodell enthält darüber hinaus Verhaltensanker, die beschreiben, wann eine Kompetenz bei einer Person als stark ausgeprägt anzusehen ist und durch welche (beobachtbaren) Verhaltensweisen dies deutlich wird. Erst durch diese Zuordnung konkret beobachtbarer Verhaltenselemente wird es möglich, die abstrakten Kompetenzbegriffe objektiv zu erfassen und erfolgreich mit ihnen zu arbeiten.

Warum eigentlich Kompetenzen?

Interessant ist die Frage, warum für solche Modelle auf Kompetenzen zurückgegriffen wird. Denkbar wären zum Beispiel auch Modelle, die sich an den Big Five Persönlichkeitsmerkmalen oder den Handlungsmotiven der Mitarbeiterinnen / Mitarbeiter orientieren. Einige Unternehmen etablieren auch reine Verhaltenskodexe, wie zum Beispiel Führungsleitlinien. Diese dienen aber eher als Handlungsempfehlung für in bestimmten Kontexten handelnden Personen (wie zum Beispiel Führungskräften).

Kompetenzen eignen sich im Gegensatz zu Charaktereigenschaften oder Motiven als direkte Basis für PA- und PE-Maßnahmen, da sie durch Lernen und Erfahrung erweiterbar sind. Die Big Five sowie die Motive sind dagegen bei einem erwachsenen Menschen zeitlich relativ stabil und verändern sich nur über lange Zeitspannen. Trotzdem ist es sehr sinnvoll, die Big Five Charaktereigenschaften der Mitarbeiterschaft zu kennen, da die Kompetenzen hier genau wie individuelle Verhaltens- und Denkmuster ihren Ursprung nehmen.

Wie können die richtigen Kompetenzen für ein Kompetenzmodell gefunden werden?

Zunächst einmal der Basistipp: Nutzen Sie keine zu langen Kompetenzlisten in Ihrem Modell. In der Praxis sind schon Kompetenzmodelle mit bis zu 74 Kompetenzen aufgetaucht. Eine solche Anzahl an Kompetenzen führt dazu, dass die einzelnen Begriffe relativ beliebig und austauschbar werden.

Nachfolgend noch einige weitere Best-Practice-Tipps für die Erstellung professioneller Kompetenzmodelle:

  • Sämtliche Kompetenzen sollten sich auf einem ähnlichen Abstraktionsniveau bewegen. Es ist zum Beispiel nicht sinnvoll, eine so zugespitzte Kompetenz wie Präsentationskompetenz neben sehr breite Kompetenzen wie Führungskompetenz oder Planungskompetenz zu setzen.
  • Differenzieren Sie in Ihrem Modell persönliche Kompetenzen ( zum Beispiel Reflexionsvermögen), soziale Kompetenzen ( zum Beispiel Konfliktkompetenz) und fachliche Kompetenzen ( zum Beispiel Präsentationskompetenz).
  • Für die Auswahl der passenden Kompetenzen können Sie zum Beispiel im Unternehmen vorhandene Jobprofile heranziehen. Gehen Sie diese Profile durch und leiten Sie aus den zentralen Aufgaben die benötigten Kompetenzen ab. Alternative Quellen sind die primären Ziele und Herausforderungen Ihres Unternehmens in der Zukunft oder die oben bereits angesprochenen Führungsleitlinien.
  • Sie können bei der Auswahl auch auf bereits bestehende, umfassende Kompetenzlisten zurückgreifen, die sich in der einschlägigen Literatur zuhauf finden lassen. Dabei ist zu beachten, dass es im Bereich der Kompetenzen kein allgemeingültiges wissenschaftlich fundiertes Modell gibt, wie dies zum Beispiel im Bereich der Charaktereigenschaften mit den Big Five der Fall ist.

Wofür ist ein Kompetenzmodell einsetzbar?

Ein professionell entworfenes Kompetenzmodell hat den Vorteil, dass sich verschiedene PA- und PE-Maßnahmen einheitlich aus diesem Modell ableiten lassen. So können zum Beispiel die Kompetenzen für ein Jobprofil im Zuge einer Recruitingmaßnahme genauso aus dem Modell entnommen werden wie die Anforderungen an zukünftige Führungskräfte im Unternehmen. Alle im Unternehmen, die mit Auswahl- oder Entwicklungsaufgaben betraut sind, können sich somit an einem einheitlichen Modell orientieren, wodurch die Basis für faire und professionelle HR-Maßnahmen geschaffen wird.

Praxisbeispiel: Einsatz eines Kompetenzmodells im Rahmen eines Entwicklungsprogramms für Nachwuchsführungskräfte

In einem mittelständischen Unternehmen sollen diejenigen Potentialträger identifiziert und entwickelt werden, denen zugetraut wird, in Zukunft als Führungskräfte im Unternehmen zu fungieren. Dies ist für das Unternehmen von besonderer Bedeutung, da es sich schwer damit tut, Führungskräfte von außen ins Unternehmen zu holen und dauerhaft zu halten. Mit Hilfe eines zuvor definierten, einheitlichen Kompetenzmodells wird es möglich, auf einer objektiven Basis zu entscheiden, welche Kompetenzen für erfolgreiche Führung in diesem Unternehmen möglichst stark ausgeprägt sein sollten.

Der erste Schritt des Programms besteht dann darin, mittels eignungsdiagnostischer Verfahren (Persönlichkeitsanalyse plus Einzel-Assessment-Center) die passenden Kandidatinnen / Kandidaten zu identifizieren. Die in das Programm aufgenommenen Teilnehmerinnen / Teilnehmer erarbeiten im nächsten Schritt gemeinsam mit einem Coach einen individuellen Entwicklungsplan, in dem diejenigen Kompetenzen adressiert werden, die für einen nachhaltigen Führungserfolg noch ausgebaut werden sollten. Je nach identifizierten Kompetenzbereichen partizipieren die Teilnehmerinnen / Teilnehmer außerdem an weiteren PE-Maßnahmen wie zum Beispiel Trainings, E-Learning oder Mentoringprozessen.

Zur Person

Dr. Ronald Franke ist Gründer und Geschäftsführer der LINC GmbH(Lüneburg Institute for Corporate Learning). Als Psychologe, systemischer Coach und Dozent beschäftigt er sich leidenschaftlich mit der modernen Psychologie und der Frage, mit welchen Erkenntnissen und Lösungen sie dabei helfen kann, einige der bedeutendsten Themen unserer Zeit anzugehen. Die LINC GmbH konzipiert und erstellt digitale Instrumente zur Erfassung, Darstellung und Entwicklung von Persönlichkeit mit dem Ziel, die Brücke zwischen Wissenschaft und Praxis zu schlagen, um einen signifikanten Beitrag zur Professionalisierung im Bereich der Persönlichkeitsentwicklung zu leisten.

Quelle: hrjournal.de

03 February 2023

New Work braucht neue Kompetenzmodelle

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New Work braucht neue Kompetenzmodelle

Alte Kompetenzmodelle wurden auf das Industriezeitalter ausgelegt. Wer in die Zukunft möchte, muss die Modelle auf neue Fähigkeiten und Kompetenzen ausrichten, erklärt L&D-Experte und Kolumnist Dominique René Fara.

In vielen Organisationen entscheiden Kompetenzmodelle über die Ausrichtung des gesamten Unternehmens. Was an Weiterbildungen angeboten wird, hängt davon ab, welche Kompetenzen gestärkt werden sollen. Welche Menschen gesucht und rekrutiert werden, wird ebenfalls am Kompetenzkatalog ausgerichtet.

Veraltete Kompetenzmodelle bringen uns nicht in die Zukunft

Auf den Punkt gebracht: Die Mitarbeitenden in unseren Organisationen werden dorthin entwickelt, wohin unsere Kompetenzmodelle uns den Weg weisen. Haben wir also veraltete Kompetenzmodelle, so entwickeln wir Menschen für die Vergangenheit und stellen auch Leute ein, die uns zurück in die Vergangenheit anstatt in die Zukunft ziehen.

Die erschreckende Realität: Viele Kompetenzmodelle sind noch auf alte Organisationsformen und -strukturen – ich nenne sie gerne liebevoll "Tanker" - ausgerichtet. Werte wie "Veränderungsbereitschaft", "Offenheit für Zufälle" oder "Kundenorientierung" finden sich hier zwar wieder – meinen aber etwas völlig anderes als heute.

  • Veränderungsbereitschaft: In traditionellen Organisationen ("Tanker") ist das die Fähigkeit, eine positive Rolle in der Veränderung des Tankers zu spielen. Beispielsweise bei einer Organisationsumstrukturierung sollen die Menschen so schnell wie möglich wieder Leistung erbringen und sich nicht zu lange von der Umstrukturierung ablenken lassen. In einer modernen, flexiblen Organisation wie einem Startup ("Schnellboot") geht es um bedeutendere Veränderungen. Es kann z. B. sein, dass von einem Tag auf den nächsten die Kundenausrichtung geändert werden muss, weil das Geschäftsmodell sonst nicht funktioniert.
      
  • Offenheit für Zufälle: In traditionellen Organisationen hat man Projektmanagement so betrieben, dass möglichst alle Zufälle ausgeschlossen werden. Zufälle waren eine Bedrohung für den Weg. In Schnellbooten kann man nicht so intensiv planen. Dafür sind die Situationen zu komplex und das Team wäre viel zu langsam. Deswegen braucht es hier eine wirkliche Offenheit für Zufälle - also die Kompetenz, aus zufälligen Entwicklungen entstehende Chancen zu erkennen und wahrzunehmen.
       
  • Kundenorientierung: Auch wenn diese Kompetenz in der Vergangenheit immer wieder in Kompetenzmodellen auftauchte, so war damit doch faktisch die Fähigkeit gemeint, interne Kunden und deren Wünsche zu verstehen und entsprechend zu handeln. Wenn beispielsweise ein Produkt entwickelt wurde, so sind Kernentscheidungen im Top-Management getroffen worden. Somit hatte man immer den "Kunden Top-Management" im Blick. In einem Schnellboot ist es viel deutlicher, dass einzig und alleine die Endkunden darüber entscheiden, wie erfolgreich die Organisation ist. Daher ändert sich der Fokus der Kundenorientierung weg vom internen Management hin zum Endkunden.

Das sind nur drei Beispiele aus den insgesamt 20 Teamkompetenzen, die wir im Forschungsprojekt "Agil Hybrid" in einem Kompetenzmodell für Teams zusammengestellt haben. 20 Kompetenzen, das sind ganz schön viele. Doch das entscheidende Detail: Es sind TEAM-Kompetenzen. Anders als im Industrie- und im Wissenszeitalter zählen heutzutage nicht mehr einzelne Talente, sondern komplexe, perfekt aufeinander abgestimmte Teams. Diese starken Systeme werden den Einzeltalenten den Rang ablaufen.

Bundesministerium für Bildung und Forschung fördert Weiterentwicklung

Auch die Bundesregierung geht davon aus, dass wir uns in Deutschland schneller weiterentwickeln müssen. Darum hat das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) das Projekt zur "Zukunft der Arbeit" für drei Jahre unterstützt, mit dem es neue Geschäftsmodelle vorantreiben will. Wir - das sind die HHL Leipzig, die HKA, die MLU Halle-Wittenberg, Blanc & Fischer, Kölling Glas, SupraTix, Viessmann und die Wilo SE - haben uns dafür beworben und durften das Projekt "Agil Hybrid" mit BMBF-Fördermitteln vorantreiben. Das Ziel: Kompetenzen für die Haustechnik-Branche zu entwickeln, die auf digitale Geschäftsmodelle ausgelegt sind und es mit der starken Konkurrenz aus Asien und Nordamerika aufnehmen können.

Die Kompetenzen der Zukunft sind Teamkompetenzen

Doch schon bald merkten wir, dass stattdessen ein ganzheitliches Modell für alle Branchen und alle Organisationen, die sich auf die Herausforderungen der Zukunft vorbereiten wollen, entsteht. Daraus erarbeiteten wir zuerst die beispielhaften Tanker und Schnellboote und für die Schnellboote schließlich die oben erwähnten 20 Teamkompetenzen.

Unserer Meinung nach sind die Schnellboote die Organisationssysteme der Zukunft. Sie können vom großen Tanker ablegen, sich flexibel bewegen und selbstständig neue Projekte vorantreiben. Um dies möglich zu machen, dürfen und müssen die Teammitglieder selbst Verantwortung übernehmen und schnell Entscheidungen treffen. Denn solche Schnellboote sind wesentlich erfolgreicher bei der Entwicklung neuer Geschäftsmodelle als die großen Corporate-Organisationen.

Arbeitswelt im Wandel

Ein weiteres Fazit: Immer, wenn es darum geht, selbstverantwortliche Teams zu entwickeln, die auch in Krisensituationen schnell mit neuen Bedingungen zurechtkommen, braucht es diese Schnellboote. Es wird auch in Zukunft die traditionellen Organisationsformen geben, jedoch sind diese nur sinnvoll für schon funktionierende Geschäftsmodelle. Denn bei bestehenden Geschäftsmodellen kommt es darauf an, den Fokus auf starke Prozesse zu legen. Das sind bekanntermaßen die Stärken der Tanker – zumindest, solange es nicht zu viele Richtungswechsel gibt.

Viele der aktuellen Aufgaben in Organisationen sind allerdings hochgradig operativ und strukturierbar – und werden in Zukunft von modernen Technologien übernommen werden. Menschliche Arbeitskräfte werden hier in absehbarer Zeit überflüssig. Ein Grund mehr, um sich auf ebenjene Aufgaben zu fokussieren, die auch in Zukunft noch von Menschen ausgeführt werden. Und das wird, da bin ich mir sicher, zum großen Teil in kleinen Schnellbooten passieren.

 

Zur Kolumne: Die Beiträge dieser Kolumne stammen von Mitgliedern des Roundtables Corporate Learning. Hier treten leitende Köpfe aus Personalwesen und Personalentwicklung vieler deutscher Unternehmen (zum Beispiel Adidas, Axa, Bayer, BASF, Festo, Funkemediengruppe, HP, Ikea, Lanxess, Lufthansa, Otto Group, SAP, Swiss-Post, Telekom, VW, Wilo u.v.m.) regelmäßig in Austausch. Offen werden aktuelle Erfolge und Schwierigkeiten vorgestellt und diskutiert. Geleitet und moderiert wird der Austauschkreis von Dr. Sina Faeckeler (Axa) und Dominique René Fara.

Quelle: haufe.de

29 April 2022

Potenziale identifizieren und fördern

Posted in Coaching

Kompetenzmanagement

Potenziale identifizieren und fördern

Viele Unternehmen kennen und nutzen die eigentlichen Talente ihrer Mitarbeitenden nicht. Mit diesen drei Schritten gelingt ein systematisches Kompetenzmanagement

Der in allen Branchen schon heute spürbare Fach- und Führungskräftemangel macht es unverzichtbar, neue Wege in der Personalentwicklung zu bestreiten. Wurden vakante Stellen früher häufig mit externen Bewerbenden besetzt, wird der Blick zunehmen nach innen, auf den vorhandenen Personalpool, gelenkt.

Arbeitgebende wissen wenig über die Talente ihres Personals

Laut einer Befragung der Fosway Group haben 55 Prozent der Arbeitgebenden keinerlei Kenntnis über die Kompetenzen ihrer Mitarbeitenden. Nur fünf Prozent nutzen die Fähigkeiten ihres Personals effektiv, um Teams nach ihren Kompetenzen zu organisieren und zu restrukturieren.

Das bedeutet, dass die meisten Unternehmen nicht wissen, welche Stärken und Talente ihre Mitarbeitenden besitzen. Das führt nicht nur dazu, dass das interne Recruiting scheitert. Häufig sind die Beschäftigten mit Aufgaben betraut, die nur bedingt zu ihrem Kompetenzprofil passen – oder die Stelle ist gleich komplett fehlbesetzt. Die Folgen: mangelnde Motivation, schlechte Produktivität, kaum vorhandene Identifikation mit dem Unternehmen und somit eine geringe Mitarbeitendenbindung. All das führt zu erhöhter Fluktuation und nagt letztlich am wirtschaftlichen Erfolg.

Stärken kommen in Kompetenzen zum Ausdruck

Dabei ist Kompetenzmanagement eine klare Win-win-Situation, die sich für alle Beteiligten auszahlt. Selbst kleine und mittelständische Unternehmen kommen um Kompetenzentwicklung nicht mehr herum, wenn sie in einer immer komplexer werdenden Arbeitswelt wettbewerbsfähig bleiben wollen. Schließlich sind Kompetenzen unverzichtbare Handlungsvoraussetzungen. Erst sie ermöglichen es uns selbst in offenen, unüberschaubaren und dynamischen Situationen selbstorganisiert und zielgerichtet zu handeln.

Systematisches Kompetenzmanagement in 3 Schritten

Um systematisches Kompetenzmanagement als Basis erfolgreicher Personal- und Organisationsentwicklung zu betreiben, bedarf es drei wesentlicher Schritte.

1. Kompetenzanforderungen definieren

Jedes Unternehmen möchte kompetente Mitarbeitende. Doch nur die wenigsten wissen tatsächlich, welche Kompetenzen sie konkret benötigen. Im ersten Schritt gilt es sich klarzumachen, über welche Kompetenzen ein Mitarbeitender verfügen muss, um alle mit seiner Stelle einhergehenden Aufgaben erfüllen zu können. Mit Job Profiling wird die Stelle analysiert und beschrieben. Das Ergebnis ist eine präzise Stellenbeschreibung.

Viele Unternehmen verfügen bereits über Stellenbeschreibungen, die als Ausgangspunkt dienen können. Oft sind diese jedoch veraltet, weil sie nicht regelmäßig gepflegt werden. Sie enthalten zwar meist eine ausführliche Tätigkeitsbeschreibung, aber nur selten die zur Ausübung notwendigen Kompetenzen. Dabei sind sie das entscheidende Besetzungskriterium für eine Stelle.

Job Profiling dient dazu, die fachlichen und überfachlichen Anforderungen zu ermitteln. Da die Arbeitswelt einem ständigen Wandel unterliegt, ist Job Profiling keine einmalige Aufgabe, sondern muss regelmäßig wiederholt werden, um die Stellenbeschreibungen an aktuelle Anforderungen anzupassen.

Sowohl für die erstmalige Erstellung als auch für die Aktualisierung haben sich interne Workshops etabliert. An ihnen nehmen neben Vertretenden aus der Personalabteilung die unmittelbare Führungskraft sowie die Arbeitnehmenden teil, die die Stelle besetzen.

Achtung: Zu viele Kompetenzen in der Stellenbeschreibung sind kontraproduktiv

Viele Organisationen machen den Fehler und überfrachten ihre Stellenbeschreibungen mit Kompetenzanforderungen. Getreu dem Motto: Je mehr, desto besser. Die Herausforderung besteht darin, die spezifischen Kompetenzen für genau dieses Aufgabenfeld zu identifizieren. Natürlich ist es toll, wenn eine Person humorvoll ist. Aber ist diese Kompetenz tatsächlich erforderlich, damit sie ihrem Verantwortungsbereich gerecht wird? Als Comedian sicherlich, als Controllerin eher weniger. In Abhängigkeit von der Stelle sollten man sich auf etwa acht bis zwölf Kompetenzen beschränken.

2. Kompetenzen messen

Mithilfe gezielter Fragestellungen lassen sich Kompetenzen auf Individual-, Team- und Organisationsebene diagnostizieren. Auf diese Weise kann für jede beschäftigte Person ein individuelles Kompetenzprofil erstellt werden, das ihre Potenziale offenbart. So lässt sich genau erkennen, welche Kompetenzen wie stark ausgeprägt sind. Besonders aufschlussreich ist die Kombination von Selbst- und Fremdeinschätzung. Dadurch wird sichtbar, inwieweit sich die Sichtweise der Führungskraft und der beschäftigten Person decken.

Eine solche Kompetenzanalyse wird im Idealfall bereits im Bewerbungsprozess durchgeführt. So wird sichergestellt, dass sich das Kompetenzprofil des Bewerbers oder der Kandidatin mit den Kompetenzanforderungen der Stelle deckt beziehungsweise eine Annäherung durch gezielte Kompetenzentwicklung in absehbarer Zeit realistisch ist.

3. Kompetenzen entwickeln

Kompetenzmanagement ist nur dann erfolgreich, wenn nach der Analyse des Soll- und des Ist-Zustandes auch die Kompetenzentwicklung erfolgt. Durch das Aufdecken von Potenzialen lassen sich individuelle Förderprogramme entwickeln, statt Mitarbeitende wahllos zu teuren, stark standardisierten, größtenteils wirkungslosen Weiterbildungen zu schicken. Denn Kompetenzen lassen sich nicht erlernen wie Sachwissen. Weil sie von Werten fundiert und Erfahrungen konsolidiert werden, müssen Kompetenzen vielmehr on the job eigenverantwortlich entwickelt werden.

Da sich Kompetenzen im Handeln und Erfahren statt im theoretischen Unterricht entwickeln, bedarf es agiler Methoden, die selbstorganisierte Kompetenzentwicklung ermöglichen. Beispielhaft seien Blended Learning, Web Based Trainings und Barcamps genannt. Aber auch Coaching, Mentoring und regelmäßiger Erfahrungsaustausch zählen dazu.

Kompetenzmanagement fördert Potenziale

Der große Vorteil des systematischen Kompetenzmanagements besteht darin, dass die Kompetenzentwicklung durch regelmäßige Kompetenzanalysen, zum Beispiel im Rahmen von Jahresgesprächen, sichtbar und vergleichbar gemacht wird. Dadurch existieren transparente Kriterien für Gehaltserhöhungen, Beförderungen und Incentives.

Fakt ist: Wer die versteckten Potenziale seiner Mitarbeitenden nicht fördert und im Sinne der Unternehmensziele einsetzt, der handelt betriebswirtschaftlich betrachtet fahrlässig. Denn das Kompetenzmanagement hat sich längst zum wichtigsten Wettbewerbsfaktor überhaupt entwickelt. Oder wie das U.S. Council on Competitiveness schon vor vielen Jahren konstatierte: „Der Konkurrenzkampf der Zukunft wird zunehmend als Kompetenzkampf geführt.“

Über den Autor

Stephan Coester ist geschäftsführender Gesellschafter von Kode, einem Anbieter von wissenschaftlich fundierten Verfahren zur Kompetenzmessung und Kompetenzentwicklung.

Quelle: humanressourcesmanager.de

25 March 2022

Personalentwicklung heißt: Menschen befähigen, das Richtige zu tun

Posted in Mind

Mitarbeitende sollten im Unternehmen befähigt werden, ihre persönliche Entwicklung eigenverantwortlich in die Hand zu nehmen.

Personalentwicklung heißt: Menschen befähigen, das Richtige zu tun

In einer immer schneller sich verändernden Unternehmenswelt muss sich auch die Personalentwicklung wieder neu ausrichten. Mehr Individualität und Eigenverantwortung sind gefragt. Christian Friedrich, Geschäftsführer Digital Learning Solution der Haufe Akademie, teilt seine Ideen für eine Personalentwicklung der Zukunft.

Wirtschaft, Unternehmen und Gesellschaft erleben im Moment eine der größten Veränderungen der jüngeren Geschichte. Und die Umbrüche sind teilweise radikal. Organisationen müssen neue Wege finden, mit diesen Anforderungen umzugehen. Kontinuierliche Weiterentwicklung und lebenslanges Lernen sind die Grundlage für Zukunftsfähigkeit. Vor allem gilt es, die Menschen in den Unternehmen zu befähigen, ihre persönliche Entwicklung eigenverantwortlich mitzugestalten und sie beim lebenslangen Lernen zu unterstützen – im Einklang mit den strategischen Unternehmenszielen. Mit anderen Worten: Die Personalentwicklung muss sich selbst weiterentwickeln, um auf der Höhe der Zeit zu agieren.

Bei den genannten Veränderungen und beim Übergang zu einer lernenden Organisation kommt der Personalentwicklung eine Schlüsselrolle zu. Denn sie hat den einen und einzigen Zweck, die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens zu sichern: indem sie daran mitarbeitet, die Personalstrategie an der Unternehmensstrategie auszurichten, die Veränderungen in Produktionsweise und Zusammenarbeit berücksichtigt und die kommenden Bedarfe in Bezug auf Wissen, Skills und Fähigkeiten antizipiert.

Personalentwicklung muss Selbstbestimmung und Eigenverantwortung stärken

Bevor wir die Personalentwicklung der Zukunft skizzieren, ist es sinnvoll, einen Blick zurück zu werfen, um zu verstehen, wo die Personalentwicklung in den meisten Unternehmen heute steht und warum sie dort steht. Was in vielen Organisationen nach wie vor abgebildet wird, ist die Idee, leicht auswechselbare Ressourcen an die richtige Stelle zu bringen. Also ein Clustern von Mitarbeitenden auf bestimmte definierte Rollen- und Jobprofile – so zum Beispiel die "Projektmanager/innen", die "Vertriebler/innen" etc. - und dann einer rein darauf abgestellten rollenfokussierten Qualifizierung. Damit können Organisationen die Herausforderungen einer komplexen, sich schnell verändernden und unsicheren Welt allerdings nicht bewältigen.

Personalentwicklung und Weiterbildung müssen individueller und personalisierter werden, so viel ist deutlich. Wir erleben einen Wandel der heute und zukünftig geforderten und notwendigen Kernkompetenzen und damit einhergehend einen grundlegenden Wandel von Aufgaben- und Kompetenzprofilen. Aber das stellt häufig die bisher etablierten Prozesse, Standards und Schulungsangebote auf den Kopf. Denn das bestehende System ist auf Masse ausgerichtet. Heute geht es leider in vielen Fällen noch immer darum, das bestehende Budget für Personalentwicklung auszuschöpfen, die entscheidende Kennzahl ist die Zahl der absolvierten Maßnahmen in Kombination mit der Anzahl von Mitarbeitenden, die Schulungen und Trainings besucht haben. Inwiefern das Ganze die tatsächlichen Lernbedarfe der einzelnen Mitarbeitenden trifft und sich damit kurz- und mittelfristig wirklich positiv auf Unternehmensziele und -strategie auswirkt, ist mindestens fraglich.

Die Personalentwicklung sollte in Zukunft Antworten vor allem auf diese Fragen geben:

  • Was benötigt der einzelne Mensch in der Organisation?
  • Was benötigen Teams?
  • Was wirkt in die Zukunft?
  • Welches ist der strategische Ansatz hinter den Maßnahmen?
  • Welche Regelmechanismen werden adressiert?

Ziel sollte es sein, Selbstbestimmung und Eigenverantwortung der Mitarbeitenden für die eigene Entwicklung zu stärken. Nicht, um die Verantwortung für eine zielgerichtete Entwicklung einseitig bei den Mitarbeitenden abzulegen. Doch um das Ziel der "Lernenden Organisation" zu erreichen – eine Voraussetzung für wirtschaftlichen Erfolg in der VUCA-Welt – müssen Unternehmen ein Umfeld schaffen, in dem Mitarbeitende fokussiert auf reale Aufgaben lernen wollen, dürfen und können.

Personalentwicklung muss individueller werden

Die meisten Menschen wollen lernen und sich entwickeln. Diese Überzeugung sollte Grundlage für die berufliche Weiterentwicklung sein. Die Realität in vielen Unternehmen hemmt aber die Lernfreude und den Entdeckergeist der Menschen. Weil sie nur lernen können und dürfen, was die Personalentwicklung zentral für richtig und nötig befunden hat, ungeachtet dessen, was die Einzelnen tatsächlich brauchen. "Lernen ist unmittelbar ans Leben gebunden", sagt der Neurowissenschaftler Gerald Hüther. Und damit an die konkrete Arbeit. Haben die Mitarbeitenden nicht die Möglichkeit, innerhalb des Unternehmens und bei der Arbeit zu lernen, tun sie es außerhalb. Doch was außerhalb des Unternehmens passiert, ist für das Unternehmen intransparent, nicht zu fassen und kann von der Personalentwicklung nicht gesteuert werden. Und Unternehmen, die nicht wissen, was jeder Mitarbeiter und jede Mitarbeiterin kann und lernt, kann aus diesem Wissen und den Fähigkeiten keinen Wert für das Unternehmen generieren. Zumindest nicht gezielt.

Personalentwicklung muss individueller werden, auf die Bedürfnisse und Interessen jedes Menschen in der Organisation eingehen und gleichzeitig dafür Sorge tragen, dass die Unternehmensziele und die Unternehmensstrategie im Blick bleiben. Es geht um zielgerichtetes Lernen – und das ausgerichtet am heutigen und zukünftigen Unternehmensziel sowie an den dynamisch sich wandelnden Marktanforderungen.

Individuen und Teams unterstützen, Verantwortung zu übernehmen

Das bedeutet einen enormen kulturellen Wandel für viele Unternehmen, in denen heute die Personalentwicklung das gewünschte beziehungsweise für nötig erachtete Skillset der Mitarbeitenden definiert. "Wir wissen, was Du brauchst", lautet die Devise. Doch dieser Ansatz reicht in der dynamischen und komplexen Welt nicht mehr aus. Seit Jahren wird intensiv darüber diskutiert, wie die Strukturen und Entscheidungswege in Unternehmen den Herausforderungen der VUCA-Welt angepasst werden müssen, um den Kundenerwartungen und Marktentwicklungen nicht hinterherzulaufen, sondern sie im besten Fall zu antizipieren. "Oben kann nicht mehr überblicken, was zu tun ist", meint der Autor und Vordenker der Digitalisierung Sascha Lobo. Deshalb wandern die Entscheidungsbefugnisse in immer mehr Unternehmen dorthin, wo Markt- und Kundennähe am größten und Entscheidungen unmittelbar wirksam sind: in die Teams. Deshalb geht es in der neuen Personalentwicklung nicht nur um den einzelnen Menschen, sondern auch und besonders um die Entwicklung und Unterstützung von Teams. Das ist eine enorm wichtige Seite von Personalentwicklung und bislang zu häufig noch nicht auf der Agenda.

Diese Unterstützung brauchen Individuen und Teams auch beim Lernen und der Entwicklung. Die Menschen in den Teams wissen besser als andere, welche konkreten Lern- und Entwicklungsbedarfe sie haben - insbesondere bezogen auf die täglich erlebten Herausforderungen im Zuge der realen Anforderungen. Top down allein funktioniert beim Lernen nicht mehr.

Personalentwicklung muss strategischer denken

Das bedeutet konkret: Unternehmen müssen ihr Weiterbildungsangebot permanent mit den Anfragen, Bedarfen und Wünschen der Mitarbeitenden und Teams abgleichen und prüfen, ob Angebot und Nachfrage passen. Die Menschen in der Personalentwicklung müssen sich in Zukunft stärker strategisch ausrichten und ihre Ziele und Handlungen aus der Kombination von Personal- und Businessstrategie der Organisation ableiten. Dabei gilt es, die Sicht des Managements und das Kundenwissen der Mitarbeitenden zusammenzuführen. Erst diese kombinierte Sicht ergibt ein stimmiges Bild. Die Kombination aus Unternehmensstrategie und dem Wissen der Mitarbeitenden hilft zudem, das Unternehmen langfristig attraktiv für Menschen zu machen, die an den Herausforderungen der Zukunft arbeiten möchten. Menschen arbeiten an ihrer Employability, das Unternehmen an seiner Employer Value Proposition.

Markt und Organisation in Übereinstimmung bringen

Ein Bild beschreibt das gut: Die Organisation mit ihren Menschen steht auf einer dynamischen Fläche, dem Markt. Sie braucht gute Sensoren, um zu merken, dass der Markt unter ihr sich bewegt, und wohin er sich bewegt. Gelingt das nicht, stehen alle auf einmal außerhalb des Marktes. Die Menschen mit ihrem Wissen über Kunden und Märkte verbinden das Unternehmen und den Markt. Das Unternehmen braucht Strukturen, die es möglich machen, dieses Wissen der Mitarbeitenden zu nutzen und die Marktbewegung mitzugehen. Diese Bewegung umfasst sowohl die Organisationsstruktur, als auch die Fähigkeiten, Skills und Kompetenzen der Mitarbeitenden sowie das Wissen, das sich in Produkten, Services und Leistungen abbildet.

Die entscheidende Frage für die Personalentwicklung lautet: Wie übersetzen wir das in eine Organisation? Wie entwickeln wir Kompetenzen im Zusammenspiel mit Strukturen, Technologie und den sich wandelnden Anforderungen? Diese Frage zu beantworten, ist die Aufgabe der Personalentwicklung. Allerdings kann sie diese Aufgabe heute (noch) nicht erfolgreich angehen, weil in den allermeisten Fällen HR und Personalentwicklung vom Business abgekoppelt sind. Es findet zu wenig Austausch statt oder das Standing der Personalentwicklung ist zu schwach. Zu oft stimmen die Wahrnehmung der Veränderungen "draußen" und die Maßnahmen "drinnen" nicht überein.

Personalentwicklung geht über "Personalentwicklung" hinaus

Personalentwicklung ist keine Unternehmensabteilung, Personalentwicklung ist eine Aufgabe. Eine Aufgabe, die über den "Personalentwicklung" genannten Bereich von HR weit hinaus reicht. Personalentwicklung ist etwas, das Führungskräfte und Mitarbeitende auch eigenverantwortlich mitgestalten und wahrnehmen müssen. Der Funktionsbereich Personalentwicklung muss sicherstellen, dass es entsprechende Mechanismen, Systematiken und Systeme gibt. Die Personalentwicklung ist verantwortlich dafür, dass Lerninhalte zur Verfügung stehen. Und die Personalentwicklung muss an einer Unternehmenskultur arbeiten, die arbeitsnahes Lernen, Wissensaustausch und selbstbestimmte Entwicklung überhaupt möglich macht.

So verstanden, bleibt die Personalentwicklung der Zukunft eine zentrale Funktion im Unternehmen. Sonst droht Wildwuchs, der verhindert, die Menschen über die Grenzen der Einheiten innerhalb einer Organisation hinweg zu entwickeln. Ein Unternehmen benötigt stringente, einheitliche Standards der Weiterbildung, die überall gelten – wenn man so will: Vereinheitlichung. Das entbindet jedoch die Führungskräfte und HR vor Ort nicht davon, in einem gewissen Rahmen selbst kreativ zu sein und Dinge zu entwickeln.

 

Quelle: haufe.de

07 August 2020

Positive Psychologie für Führungskräfte

Posted in Führung, Leadership

von Univ.-Prof. Dr. Jürgen Weibler und Claudia Striewe

Positive Psychologie für Führungskräfte

Wieso schenken Vorgesetzte gerade den Schwächen ihrer Mitarbeiter so viel Aufmerksamkeit? Sollten sie den Fokus nicht besser auf deren Stärken legen, da Mitarbeiter so leichter wachsen können? Genau dieses Prinzip entspricht dem Gedankengut der sog. Positiven Psychologie. Nachfolgend wird gezeigt, wie mit Hilfe der Positiven Psychologie ein neuer Blick auf den arbeitenden Menschen gelingt und welche positiven Entwicklungsdynamiken damit unterstützt werden.

Traditionell beschäftigte sich die klinische Psychologie vorrangig damit, Psychopathologien sowie menschliche Dysfunktionalitäten zu diagnostizieren und zu therapieren. Mit Beginn des 21. Jahrhunderts begann jedoch eine neue Ära in der Psychologie. Ein neuer Forschungszweig vollzog eine Abkehr von dieser „negativen“ Sicht und fragte sich unter dem Signum der Positiven Psychologie (PP) stattdessen, was das Leben lebenswert macht. Leadership Insiders stellt heraus, was Führungskräfte für ihre Tätigkeit daraus lernen können.

Was sind die Wurzeln der Positiven Psychologie?

Die Positive Psychologie sieht ihren namensgebenden Ursprung in dem Grundlagenwerk „Motivation and Personality“ von Abraham Maslow (1954), da dieser das letzte Kapitel seines Buches mit „Toward a Positive Psychology“ überschrieben hat. Ausschlaggebend für die tatsächliche Entwicklung einer solchen Psychologie waren allerdings zwei andere Vorkommnisse: Zunächst eine richtungsweisende Einführungsrede von Martin Seligman auf der American Psychological Association Convention im Jahre 1998, in deren Folge Seligman gemeinsam mit Mihaly Csikszentmihalyi, dem Begründer der Flow-Forschung, im Jahre 2000 einen inhaltlich wegweisenden Fachbeitrag in der Zeitschrift American Psychologist veröffentlichte (Donaldson/Ko 2010, S. 2). 

Quelle - den vollständigen Artikel können Sie weiterlesen unter Leadership insiders 

03 January 2020

Der Wille zur Übernahme von Führung – Was macht eine „Motivation to Lead“ aus?

Posted in Führung, Leadership

Der Wille zur Übernahme von Führung – Was macht eine „Motivation to Lead“ aus?

Verschiedene Studien weisen eine geringere Motivation vor allem jüngerer Personen aus, Führung zu übernehmen. Da stellt sich die grundsätzliche  Frage, wovon es denn abhängt, ob jemand geneigt ist, eine Führungsposition anzustreben. Und gibt es eigentlich Unterschiede zwischen Frauen und Männern? Nachfolgend wird der Wille zur Führung in seine ihn formenden Bestandteile zerlegt und es werden Einflussmöglichkeiten auf die Führungsmotivation (Motivation to Lead) aufgezeigt.

Eine aktuelle Studie der Boston Consulting Group (BCG) weist auf Basis der Befragung von rund 5000 Führungskräften und Angestellten aus, dass nur sieben Prozent der Mitarbeitenden in Deutschland in den kommenden fünf bis zehn Jahren eine Führungsposition übernehmen möchten. Bei den Managerinnen und Manager, seien es gerade noch rund 40 Prozent, die auch in Zukunft eine Führungsposition innehaben möchten (Brücken 2019). Das größere Problem scheint der Sprung in eine Führungsposition zu sein. Der Nachwuchs steht damit im Fokus. Leadership Insiders nimmt dies zum Anlass, darzustellen, wovon es grundsätzlich abhängt, damit sich Frauen wie Männer in Organisationen erstmals für eine Übernahme von formaler Führungsverantwortung entscheiden.

Führungsmotivation

Wer eine Führungsposition anstrebt, hat bereits einen Willen, der seine Aufmerksamkeit in diese Richtung lenkt. Dies kann sich beispielsweise in der Lektüre von Fachliteratur, Erlebnisberichten oder intensiven Gesprächen mit älteren Führungskräften oder dem Besuch eines einschlägigen Seminars ausdrücken. Wir interessieren uns dafür, was diesen Willen bei Mitarbeitenden entstehen lässt. Synonym spreche ich von „Führungsmotivation“ und „Motivation to Lead“.

 

Quelle - den vollständigen Artikel können Sie weiterlesen unter Leadership Insiders