24 October 2025
Erfolgreiches Talentmanagement beginnt mit engagierter Führung

Erfolgreiches Talentmanagement ist mehr als ein HR-Prozess – es ist eine Führungsaufgabe. Steffen Lunkwitz, HR-Leiter bei Berlin-Chemie, zeigt, wie eine klare Führungskultur, gezielte Entwicklung und ein offenes Mindset interne Laufbahnen stärken und den Generationswechsel meistern. Seine These: Entscheidend ist die Haltung. Wer Veränderung nur verwaltet, verliert Talente.
Talentmanagement wird immer mehr zur strategischen Führungsaufgabe. Bei Berlin-Chemie – Teil der globalen Menarini-Gruppe – erleben wir hautnah, wie eng die Zukunftsfähigkeit eines Unternehmens mit einer klugen Talentstrategie und der Haltung seiner Führungskräfte verknüpft ist. Dabei sind Patientenfokus und Vielfalt zentrale Werte, die uns als pharmazeutisches Unternehmen leiten.
Der Fokus auf den Menschen ist nicht nur in unserer Arbeit entscheidend, sondern auch in der Art und Weise, wie wir Talente entwickeln – indem wir Menschen mit verschiedenen Perspektiven und Erfahrungen in unsere Teams integrieren. Doch wie gelingt die Umsetzung im Alltag – besonders in Zeiten von Digitalisierung, Fachkräftemangel und demografischem Wandel?
Herausforderung angenommen: Wenn Erfahrung in Rente geht
Berlin-Chemie steht vor einem tiefgreifenden Generationswechsel. In vielen Bereichen werden in den kommenden fünf Jahren über 30 Prozent der Führungskräfte altersbedingt ausscheiden. Das ist kein Einzelfall – deutschlandweit gehen bereits jetzt rund 20 Prozent der Fachkräfte in den Ruhestand. In unserer Branche, insbesondere in hochspezialisierten Bereichen wie der pharmazeutischen Produktion, ist dieser Anteil sogar noch höher.
Unser Werk in Berlin-Adlershof – das größte der Menarini-Gruppe –, welches bereits vor über 130 Jahren seine Pforten öffnete, ist nicht nur industrielles Rückgrat, sondern auch Symbol für Beständigkeit und Wandel zugleich. Viele Mitarbeitende haben das Unternehmen nach der Wende und mit der Übernahme durch Menarini vor über 30 Jahren mit aufgebaut. Diese Identifikation ist ein Schatz, aber auch eine Herausforderung: Die Nachfolge will klug gestaltet sein – fachlich, aber auch kulturell.
Talentmanagement neu denken: Führung als Entwicklungsauftrag
Wir verstehen Talentmanagement nicht als reinen HR-Prozess, sondern als Führungsprinzip – eine Haltung, die ich bereits aus früheren Stationen in internationalen Unternehmen mitbringe, wo ich erlebt habe: Erfolgreiches Talentmanagement beginnt mit engagierter Führung. Auch die Führungskräfte bei Berlin-Chemie sind dafür verantwortlich, Talente nicht nur zu erkennen, sondern durch gezielte Förderung – etwa in zielorientierten Performance Reviews – aktiv weiterzuentwickeln, auch jenseits klassischer Karrierepfade.
Solche alternativen Wege können beispielsweise Expertenlaufbahnen in der Forschung und Entwicklung oder spezialisierte Projektmanagementrollen in der Produktion sein. Dafür setzen wir unter anderem auf ein strukturiertes Talentidentifikationsprogramm, gezielte 360-Grad-Feedbacks und individuelle Entwicklungspläne, die wir gemeinsam mit unseren Mitarbeitenden gestalten – etwa durch aktives Ideenmanagement und die Beteiligung an Entwicklungsprojekten im Bereich Digitalisierung.
Doch Prozesse allein reichen nicht. Es braucht eine Führungskultur, die insbesondere auf Vertrauen, Feedback und Lernen basiert. Diese Kultur ist nicht über Nacht entstanden: Wir fördern sie aktiv durch gezielte interne und externe Trainingsprogramme für Führungskräfte sowie durch kontinuierliche Begleitung im Alltag, etwa durch Coaching-Angebote und regelmäßige Feedbackformate.
Auch die interne Kommunikation spielt dabei eine entscheidende Rolle. Unsere Führungskräfte begleiten Transformationsprozesse nicht nur methodisch, sondern verkörpern sie selbst – etwa im Zuge der Digitalisierung unserer Produktionsprozesse oder im Wandel des Außendiensts hin zu beratungsorientierten Kundenschnittstellen.
Unsere HR-Abteilung hat sich im Zuge dessen neu aufgestellt: Sie versteht sich heute noch stärker als Partner und Coach der Führungskräfte und unterstützt sie proaktiv bei der Entwicklung ihrer Teams und beim Kulturwandel durch maßgeschneiderte Beratungs- und Weiterbildungsangebote.
„Der Schlüssel zu erfolgreichem Talentmanagement liegt nicht in Tools, sondern in der Haltung der Führungskräfte. Wer Veränderung nur verwaltet, verliert Talente – wer sie gestaltet, gewinnt Zukunft.“
Die innere Haltung entscheidet: Mindset als Erfolgsfaktor
Die wichtigste Komponente ist oft die unsichtbarste: das Mindset. Wer Talente binden will, muss Veränderung nicht nur akzeptieren, sondern aktiv vorleben und sich um die Talente kümmern. Ein Beispiel dafür sind unsere Führungskräfte im Bereich Technical Operations, die jahrzehntelang in klassischen Abläufen gedacht haben. Heute benötigen sie nicht nur technisches und fachliches Know-how, sondern auch Ambiguitätskompetenz – also die Fähigkeit, mit Unsicherheiten souverän umzugehen und Neues als Chance zu begreifen.
Um dieses Mindset frühzeitig zu fördern, ermöglichen wir neuen Mitarbeitenden, Auszubildenden und Studierenden zu Beginn Einblicke in verschiedene Abteilungen. So schaffen wir ein besseres Verständnis für unser Unternehmen und stärken von Anfang an die emotionale Bindung.
Ähnliches gilt im Vertrieb: Der klassische Pharmareferent entwickelt sich zum vernetzten, datengetriebenen Kundenberater. Mit gezielten Entwicklungsprogrammen, auch im Bereich KI, fördern wir die Transformation dieser Rollenbilder. Erfolgreich sind diejenigen, die neugierig bleiben, offen kommunizieren und aktiv an ihrer Weiterentwicklung arbeiten – unabhängig von Alter oder Hierarchie. Neugier ist einer unserer zentralen Unternehmenswerte, der uns dabei hilft, kontinuierlich zu wachsen und Innovation zu fördern.
Neben der internen Förderung des Mindsets setzen wir auch auf gezielte Maßnahmen in der Talentgewinnung und -entwicklung. Ein Beispiel hierfür ist unsere kürzlich begonnene Partnerschaft mit dem Bundesligisten 1. FC Union Berlin. Diese Zusammenarbeit stellt eine Brücke zwischen Sport und Industrie dar, indem wir gemeinsam an der Nachwuchsförderung arbeiten. Der Köpenicker Verein und Berlin-Chemie teilen viele Gemeinsamkeiten: Beide sind lokal verwurzelt und stark in ihrer Region verankert, während sie gleichzeitig auf internationalem Parkett agieren.
So schaffen wir Synergien, die sowohl junge Menschen im Sport als auch in der Industrie ansprechen und fördern – und das im Einklang mit den Werten und der Unternehmenskultur von Berlin-Chemie. Diese Partnerschaft hilft uns, neue Potenziale zu erschließen und unsere Arbeitgebermarke nach innen und außen weiter zu stärken.
Interne Laufbahnen stärken: Was wir konkret tun
1. Frühzeitige Potenzialerkennung:
Unser Talentidentifikationsprogramm geht weit über Leistungsbewertung hinaus. Wir kombinieren Feedback, Potenzialanalysen und individuelle Gespräche, um Entwicklungspfade zu gestalten.
2. Interne Mobilität stärken:
Wir fördern bereichsübergreifende Wechsel und Karrierewege innerhalb des Unternehmens. Das erhöht die Arbeitgeberattraktivität und ermöglicht es, vorhandenes Wissen zu erhalten und weiterzugeben.
3. Führung als Kulturarbeit:
Unsere Arbeitgebermarke basiert auf den Werten Zusammenhalt, Verantwortung und Zusammenarbeit. Die HR-Abteilung unterstützt diese Führungskultur durch gezielte Weiterbildungsmaßnahmen, die Führungskräfte in ihrer fachlichen und persönlichen Entwicklung fördern. Mit Programmen zur Stärkung von Führungskompetenzen und interkultureller Zusammenarbeit stellen wir sicher, dass diese Werte in der Praxis gelebt werden.
4. Internationalität ermöglichen:
Als Teil der Menarini-Gruppe ist internationale Mobilität ein Wachstumsfeld. Unsere Talente haben die Chance, Erfahrungen im Ausland zu sammeln und globale Perspektiven einzubringen.
Mut zur Veränderung
Erfolgreiches Talentmanagement beginnt nicht mit einer Stellenausschreibung – es beginnt mit einer Haltung. Es erfordert Mut zur Veränderung, Vertrauen in Potenziale und die Bereitschaft, Verantwortung zu teilen. Unternehmen, die diese Haltung verinnerlichen, gestalten nicht nur die Gegenwart – sie sichern ihre Zukunft.
Ich lade alle HR-Verantwortlichen und Führungskräfte ein, Talententwicklung nicht als Pflichtprogramm zu sehen, sondern als strategische Investition in Menschen, Kultur und Unternehmenserfolg. Bei Berlin-Chemie erleben wir täglich: Wer den Wandel mit einer klaren Haltung angeht – geprägt von der Dringlichkeit, zu handeln, einer Leidenschaft für Veränderung und einem klaren Fokus auf die Menschen – wird die Zukunft gestalten.
Über den Autor
Steffen Lunkwitz ist seit über zehn Jahren HR-Leiter bei Berlin-Chemie und seit mehr als 20 Jahren Teil des Unternehmens. Er verantwortet die gesamte HR-Arbeit in Deutschland sowie in rund 30 Ländern in Osteuropa und Zentralasien. Zuvor war er in leitenden HR-Positionen bei Bristol Myers Squibb und Rohde & Schwarz tätig.
Quelle: hrjournal.de

