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20 March 2025

Silver Worker: Sind Deutschlands Senioren die Lösung für den Fachkräftemangel?

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Job & Karriere

Silver Worker: Sind Deutschlands Senioren die Lösung für den Fachkräftemangel?

Während Deutschlands Babyboomer in Rente gehen, droht der Arbeitsmarkt zu kippen: Immer mehr Unternehmen können ihre offenen Stellen nicht besetzen. Die daraus entstehende Lücke betrifft fast alle Branchen und verschärft sich durch die demografische Entwicklung. Die Frage wird immer drängender: Könnten ältere Arbeitnehmer, die sogenannten „Silver Worker“, zur Lösung der Krise beitragen? Der Trend deutet darauf hin, dass Deutschlands Senioren auf dem Arbeitsmarkt zunehmend wichtiger werden – aber unter welchen Bedingungen?

Ein Teufelskreis: Der Fachkräftemangel und seine Ursachen

Die aktuelle Lage ist alarmierend. Laut Statistischem Bundesamt wird bis 2035 die Erwerbsbevölkerung um 4 bis 5 Millionen schrumpfen. Vor allem in technischen und pflegerischen Berufen sind die Defizite deutlich spürbar. Die Babyboomer, die in den 1950er- und 1960er-Jahren geboren wurden, gehen in Scharen in den Ruhestand und reißen damit tiefe Lücken. Selbst hochdigitalisierte Unternehmen spüren die Folgen, da Erfahrung und spezialisierte Kenntnisse der Babyboomer-Generation nicht schnell genug durch Nachwuchskräfte ersetzt werden können.

Silver Worker als Chance – Mehr als nur ein Ersatz?

„Silver Worker“ sind Personen ab 55 Jahren, die noch aktiv am Arbeitsmarkt teilnehmen, oft in Teilzeit oder als Berater*innen. Diese Gruppe bringt nicht nur jahrzehntelange Erfahrung mit, sondern auch ein Verständnis für die internen Strukturen und Abläufe, die gerade in größeren Unternehmen oft schwer zu vermitteln sind. Zudem haben Studien gezeigt, dass Silver Worker in der Regel loyaler und belastbarer sind und in Konfliktsituationen mit ruhigerem Kopf reagieren. Könnten sie die Lösung für das Fachkräfte-Dilemma sein?

Ein Blick auf andere Länder zeigt das Potenzial: Japan, dessen Bevölkerung noch älter ist als die deutsche, integriert seit Jahren systematisch ältere Arbeitskräfte. Unternehmen bieten dort verstärkt altersgerechte Arbeitsbedingungen an und profitieren von der Expertise ihrer Silver Worker.

Die Hindernisse: Alter Diskriminierung und starre Arbeitsmodelle

Doch in Deutschland ist der Weg für Silver Worker nicht immer einfach. Trotz Fachkräftemangel sehen sich ältere Arbeitnehmer oft mit Vorurteilen konfrontiert: Sie gelten als wenig belastbar, technikfeindlich und unflexibel. Viele Unternehmen investieren nur ungern in Weiterbildungen für über 55-Jährige, weil sie fürchten, dass sich die Investition nicht „rentiert“. Dabei beweisen Umfragen das Gegenteil: Silver Worker sind oft motivierter, als viele glauben, und bringen nicht nur Wissen, sondern auch Ruhe und Stabilität ins Team.

Die Vorurteile gegen ältere Beschäftigte spiegeln sich auch in den Strukturen vieler Unternehmen wider. Viele Arbeitsmodelle sind auf die sogenannte „Rush Hour des Lebens“ ausgerichtet, also die Lebensphase zwischen 30 und 50 Jahren, in der ein Mensch klassisch am leistungsfähigsten sein soll. Für ältere Arbeitnehmer gibt es dagegen kaum gezielte Angebote wie flexible Arbeitszeiten oder Homeoffice-Optionen, die speziell auf ihre Bedürfnisse angepasst sind. Hier wird oft Potenzial verschenkt.

Silver Worker als Mentoren: Wissenstransfer, der bleibt

Ein weiterer Vorteil der Silver Worker liegt in ihrer Fähigkeit, Wissen weiterzugeben. In einer Zeit, in der der Fachkräftemangel Innovationen und Entwicklung bremst, ist das Know-how der älteren Generation von unschätzbarem Wert. In vielen Unternehmen etablieren sich bereits Modelle, in denen ältere Beschäftigte als Mentoren für jüngere Kollegen fungieren und so den Generationenwechsel aktiv unterstützen. Besonders in Branchen mit komplexen technischen Anforderungen oder langjährigen Kundenbeziehungen, etwa im Maschinenbau oder in der Pharmaindustrie, ist dieser Wissenstransfer Gold wert.

Auch kleinere Unternehmen setzen zunehmend auf diese Erfahrungsträger und entwickeln individuelle Modelle, in denen Senioren in Teilzeit oder als Freelancer ihre langjährige Expertise einbringen.

Rahmenbedingungen schaffen: Was Unternehmen und Politik tun müssen

Damit  Silver Worker wirklich zum Motor gegen den Fachkräftemangel werden, sind klare Anpassungen erforderlich. Neben der Überwindung der Altersdiskriminierung auf dem Arbeitsmarkt brauchen Unternehmen konkrete Maßnahmen, die ältere Beschäftigte aktiv fördern. Das beginnt bei einer inklusiven Unternehmenskultur und endet bei flexibleren Arbeitszeitmodellen.

Doch auch die Politik ist gefragt. Forderungen nach einer schrittweisen Anhebung des Rentenalters werden derzeit kontrovers diskutiert, doch für viele ältere Arbeitnehmer ist der Gedanke, über das Rentenalter hinaus zu arbeiten, eine Möglichkeit aber auch ein Muss zur finanziellen Absicherung und zur gesellschaftlichen Teilhabe. Steuerliche Erleichterungen und Zuschüsse für Weiterbildungen könnten ältere Menschen motivieren, länger im Arbeitsleben zu bleiben.

Einen Schritt in diese Richtung hat die Bundesregierung bereits gemacht: Durch die erleichterte Rentenbesteuerung für Beschäftigte über 63 sollen Anreize geschaffen werden, das Erwerbsleben freiwillig zu verlängern. Hierbei geht es aber nicht nur um die finanzielle Komponente, sondern auch um eine Wertschätzung und Anerkennung, die Silver Worker in vielen Unternehmen bislang vermissen lassen.

Was können Silver Worker langfristig bewirken?

Wenn Unternehmen Silver Worker als vollwertige Arbeitskräfte betrachten und ihre Vorteile aktiv nutzen, kann die demografische Entwicklung eine neue Dynamik entfalten: Anstatt lediglich als Übergangslösung gesehen zu werden, könnten ältere Beschäftigte langfristig eine wertvolle Säule im Arbeitsmarkt werden, die ihre spezifische Expertise einbringt und die jüngeren Generationen stärkt. Silver Worker wären dann nicht nur eine Antwort auf den Fachkräftemangel, sondern ein integraler Bestandteil einer zukunftsfähigen, altersdiversen Arbeitswelt.

Fazit: Die Zeit ist reif für einen Kulturwandel

Der demografische Wandel lässt sich nicht aufhalten, und der Fachkräftemangel wird auch nicht durch kurzfristige Maßnahmen behoben werden. Die Silver Worker sind eine ungenutzte Ressource, die viel Potenzial birgt. Doch damit sie wirklich als Lösung dienen können, braucht es Offenheit, Anpassungen in den Unternehmen und ein Umdenken bei Arbeitgebern und der Gesellschaft. Silver Worker könnten die Arbeitswelt von morgen bereichern – wenn wir ihnen den Platz und die Wertschätzung geben, die sie verdienen.

Quelle: arbeits-abc.de

03 November 2023

Generationenwechsel im Unternehmen: Bereicherung statt Bürde

Posted in Führung, Leadership

Generationenwechsel im Unternehmen: Bereicherung statt Bürde

Übernimmt die junge Generation, kann es schon mal rumpeln. Doch die gegenseitige Prägung von Eltern und Kindern setzt auch besondere Kräfte frei, erläutert Jürgen Zehetmaier, Sohn des msg-Firmengründers Hans Zehetmaier. Und: Ob er als CEO des IT- und Beratungsunternehmens msg seit Jahresbeginn anders handelt als sein Vater. Erfahren Sie in seinem Gastbeitrag, was einen erfolgreichen Generationenwechsel ausmacht.

Dass Generationenwechsel in Familienunternehmen häufig nicht reibungslos verlaufen, ist eine Binsenweisheit. Dabei sind die unterschiedlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Perspektiven Gold wert – sofern man sie richtig einsetzt. Das wiederum erfordert Kraft und Engagement von beiden Seiten. Doch welche Faktoren entscheiden darüber, ob die Weitergabe eines Betriebs an die nächste Generation gelingt?

Werte machen Unternehmen zukunftsfähig

Da geht es zunächst einmal um Überzeugungen und Werte: Zusammenhalt leben, Freude an der Sache haben und nachhaltig wirtschaften. Was das nachhaltige Wirtschaften angeht – das hat bei msg seit Unternehmensgründung 1980 höchste Priorität. Und als nicht-börsennotierte Unternehmensgruppe ist das auch realistisch umsetzbar. Dieser bewusst eingeschlagene Weg ermöglicht uns Eigenständigkeit und in vielerlei Hinsicht auch unternehmerische Freiheit. Weitblick und Investitionen in die Zukunft treiben das Geschäft – nicht die kurzfristigen Erfolge. Daran wird sich auch mit der Führung Next Generation nichts ändern.

Die richtige Balance zwischen Kontinuität und neuen Wegen ist entscheidend. Die Weitergabe von Überzeugungen über Generationen hinweg hilft, eine konsistente Unternehmenskultur zu fördern und sich auf gemeinsame Ziele auszurichten. Außerdem eine klare Kommunikation und ganz besonders: gegenseitiger Respekt und Vertrauen.

Wissensaustausch zwischen Eltern und Kindern

Welche Entscheidung hat sich als richtig erwiesen, welche Fähigkeiten als unverzichtbar? Und an welchen neuen Entwicklungen führt kein Weg vorbei? Kenntnisse und Erkenntnisse zu teilen, einander zuzuhören und einen Wissensaustausch zu fördern, kann Menschen und Unternehmen nur voranbringen. Etwa dann, wenn es darum geht, Fehler nicht zu wiederholen.

Aber auch dann, wenn es um den Spirit in einem Unternehmen geht: Duz-Kultur sowie Start-Up-Mentalität mit kurzen Entscheidungswegen und agile Methoden sind vermeintlich neue Trends, die beispielsweise in der über 40-jährigen msg-Geschichte entweder schon immer da waren oder sich auf ganz natürliche Art und Weise entwickelt haben – nur eben ohne dabei dieses Label zu tragen.

Die junge Führungsgeneration tut sich mit einer solchen Kultur sicherlich leichter als mit stark konservativen und überholten Prozessen und Denkmustern. So oder so – nur der respektvolle Umgang zwischen Eltern und Kindern und das Brennen für die gemeinsame Sache machen einen erfolgreichen Generationenwechsel überhaupt erst möglich.

Außerdem darf man sich – und das sei jedem Junior angeraten – nicht permanent mit dem Senior vergleichen oder ihn gar übertrumpfen wollen. Was bisher geschafft und geschaffen wurde, ist großartig, sonst gäbe es nichts zu übergeben. Doch es ist nicht vergleichbar mit dem, was kommt. Eins zu eins reproduzierbar schon gar nicht.

Traditionen als Basis für Innovationen

Dabei muss es kein Widerspruch sein, an Traditionen festzuhalten und zugleich mit der Zeit zu gehen. Im Gegenteil. Nicht zu vergessen, wo man herkommt und eine gute Portion Demut helfen, strategische Entscheidungen im Sinne der Unternehmensphilosophie zu treffen. Denn es geht nicht darum, alles umzukrempeln – dann könnte man auch selbst gründen und als Unternehmer oder Unternehmerin neu beginnen.

Es geht vielmehr darum, das Erbe anzunehmen und die DNA des Unternehmens zu wahren, während man sich an neue, teils nie dagewesene Umstände anpasst. Das ist spannend und herausfordernd zugleich. In solchen disruptiven Zeiten, wie wir es aktuell in der IT erleben, vermitteln Traditionen Verlässlichkeit und Stabilität. Zudem sind sie eine solide und damit wichtige Basis, um Innovationen voranzutreiben und in neuen Geschäftsmodellen zu denken.

Der Wille zur Veränderung

Eins ist klar: Ohne einen echten Willen zur Veränderung klappt es nicht, ein Unternehmen in die Zukunft zu führen. Umso leichter gelingt es, wenn die Bereitschaft zur Veränderung schon zum Firmenerbe gehört. Sich über Jahrzehnte hinweg auf neue Technologien, Kundenanforderungen und Umbrüche einzustellen, ist ein wichtiger Erfolgsfaktor in der IT-Branche – nur so bleibt man über Jahrzehnte stark. Der Wille, sich für Neues zu öffnen, bedeutet aber auch, dass die neue Generation eigene, neue Wege gehen darf und auch muss.

Die jüngere Generation hat es mit deutlich schnelleren gesellschaftlichen und geschäftlichen Veränderungen zu tun, was dazu führt, dass viele altbewährte Mechanismen nicht mehr funktionieren. Und das ist auch gut so. Umdenken, mal die Sichtweise wechseln und ganz neue Chancen erkennen – lautet die Devise. Vielfalt und Inklusion spielen heute erfreulicherweise eine extrem wichtige Rolle im Business-Umfeld. Unterschiedliche Perspektiven haben einen unschätzbaren Wert, sorgen für mehr Kreativität und Ideen, was im heutigen Marktumfeld elementar ist.

Fazit: Veränderung ist eine wichtige Konstante

Ein Unternehmen weiterzuführen, das ein Elternteil aufgebaut hat, ist zwar herausfordernd, sollte aber vor allem mit Begeisterung angegangen werden. Eine Vision zu teilen und mit Freude an ein Lebenswerk anzuknüpfen, ist ein besonderer Ansporn und eine Motivation. Werte und Überzeugungen weiterzuleben lässt ein Unternehmen auf Kurs bleiben und kann dabei helfen, langfristige Ziele und strategische Entscheidungen kontinuierlich umzusetzen. Das ist sehr wertvoll in einer schnelllebigen Zeit, in der es besonders auf gute und etablierte Kundenbeziehungen ankommt.

Tatendrang und Ideenreichtum auf der einen, ein bemerkenswertes Netzwerk sowie Gelassenheit und Erfahrung auf der anderen Seite, sind eine Kombination, die großen Erfolg ausmachen kann. Gelassenheit braucht es dabei übrigens auf beiden Seiten: Nachfolgerinnen oder Nachfolger müssen akzeptieren, dass unterschiedliche Generationen eben auch unterschiedliche Meinungen und Herangehensweisen haben. Dann gilt es, Veränderungswünsche auch mal hintanzustellen. Die Chance zum Fortschritt liegt bisweilen auch darin, Reibungen bewusst zuzulassen.

Ich bin mit msg groß geworden, habe die Idee von Führung und vertrauensvoller Partnerschaft auf Augenhöhe früh mitbekommen und schätzen gelernt. Zudem kannte ich bereits viele Menschen im Unternehmen, wusste um die familiäre Atmosphäre und war überzeugt, dass ich mich auch in meiner neuen Rolle als Vorstandsvorsitzender wohlfühlen würde – für mich eine Voraussetzung für erfolgreiches Handeln.

Was ich anders machen werde als mein Vater? Sehr vieles. Vor allem aber, weil sich die Rahmenbedingungen, in denen wir unterwegs sind, stark verändert haben und in Zukunft noch weiter verändern werden. Stichwort KI wie etwa ChatGPT und die damit einhergehenden Möglichkeiten. Auf die Frage, wo ich meinen Vater als Vorbild sehe, kann ich ganz klar sagen: In sehr vielen Themen. Vor allem aber in Sachen Führung und zwischenmenschlichen Beziehungen – gegenüber Kunden, Partnern, allen voran aber gegenüber den Mitarbeitenden, wo Vertrauensvorschüsse über viele Jahre an den meisten Stellen zurückgezahlt wurden. Diese einzigartige Unternehmenskultur ist von ihm geprägt. Das trägt uns, das wollen wir gemeinsam bewahren und in die Zukunft führen.

Zur Person

Dr. Jürgen Zehetmaier ist seit 2020 im Vorstand der international agierenden Unternehmensgruppe msg und seit Januar 2023 msg-Vorstandsvorsitzender. Der vierzigjährige Betriebswirt kam 2013 nach beruflichen Stationen u.a. im internationalen Beratungsumfeld in die inhabergeführte msg. Obgleich Zehetmaier aus einer der drei Gründerfamilien stammt und somit bereits eine enge Verbindung zu msg hatte, war der Weg ins Unternehmen keinesfalls vorbestimmt. Vielmehr haben den IT-begeisterten Zehetmaier die innovativen Technologie-Themen und die Vielfalt an Branchen zur msg (zurück)-geführt.

Quelle: hrjournal.de