21 November 2025
Urlaub als Teil der Unternehmenskultur
Wie Unternehmen echte Erholung ermöglichen

Ob wir entspannt in den Urlaub starten oder mit schlechtem Gewissen das Handy nie ganz ausschalten, hängt oft an der Unternehmenskultur.
Wie selbstverständlich Auszeiten genommen werden, ob Erholung respektiert oder nur geduldet wird, daran lässt sich ablesen, wie sehr Wertschätzung und Vertrauen tatsächlich gelebt werden.
Urlaub als Spiegel der Unternehmenskultur
Vielleicht kennst du das Gefühl: Du möchtest deinen wohlverdienten Urlaub antreten, doch im Hinterkopf nagt das schlechte Gewissen. Was werden Kolleginnen und Kollegen denken? Wird beim eigenen Projekt eh nichts schiefgehen? Wird deine Abwesenheit als Belastung empfunden?
In einer Unternehmenskultur, in der Vertrauen herrscht, ist Urlaub mehr als eine formale Erlaubnis – er ist gelebtes Zeichen von gegenseitigem Respekt und Wertschätzung. Ein Team, das offen über Erholungsphasen spricht und Abwesenheiten selbstverständlich in den Arbeitsalltag integriert, schafft eine Atmosphäre, in der jede Person sich trauen kann, die eigenen Ressourcen bewusst zu schützen.
Auch du hast das Recht auf Erholung – und das sollte im Unternehmen nicht nur auf dem Papier stehen, sondern aktiv gelebt werden. Wenn Urlaubsvertretungen klar geregelt sind und Auszeiten nicht hinterfragt werden, entsteht Raum für echte Entspannung. Du bist kein Einzelkämpfer bzw. Einzelkämpferin, sondern Teil einer Gemeinschaft, die gemeinsam Verantwortung trägt.
Das Bewusstsein, dass du dich auf dein Team verlassen kannst und umgekehrt, macht es leichter, den Laptop wirklich zuzuklappen und die freie Zeit zu genießen: ohne Reue, sondern mit dem guten Gefühl, dass deine Erholung nicht nur dir, sondern auch dem gesamten Unternehmen zugutekommt.
Die „Extra-Meile“-Falle
Es ist selbstverständlich, dass persönliches Engagement wertvoll für das Unternehmen ist, doch eine ständige Erreichbarkeit darf nicht mit Loyalität verwechselt werden. Wer das Gefühl hat, niemals abschalten zu dürfen, begibt sich in eine gefährliche Spirale der Überforderung. Wenn gerade Führungskräfte kontinuierlich online sind, setzt das ein deutliches Signal: In unserem Unternehmen hat Urlaub keinen echten Stellenwert, sondern bleibt reine Theorie.
Dabei zeigen zahlreiche Studien, dass ein Zuviel an Dauerstress auf Dauer nicht etwa die Produktivität, sondern vielmehr die Kreativität, Gesundheit und auch die Motivation untergräbt. Nur wer Erholung zulassen kann, schöpft neue Kraft und bleibt langfristig leistungsfähig. Deshalb ist es für alle, gerade auch für die Leitungsrolle, wichtig, bewusste Auszeiten klar zu kommunizieren und vorzuleben – zum Wohl des Einzelnen wie der gesamten Gemeinschaft.
Drei Kulturfragen für Führungskräfte
Bevor Unternehmen konkrete Maßnahmen für eine gesunde Urlaubskultur ergreifen, lohnt sich ein ehrlicher Blick auf zentrale Fragen im eigenen Team. Denn die Art und Weise, wie Urlaub und Erholung besprochen und gelebt werden, zeigt sich besonders deutlich in diesen Aspekten:
1. Wie gehen wir mit Abwesenheit um?
Wird Abwesenheit als selbstverständlicher Teil des Arbeitslebens akzeptiert, oder sorgt sie für Unruhe und Mehraufwand? Die Haltung zur Abwesenheit spiegelt wider, ob Mitarbeitende sich trauen, ihre Auszeiten zu nehmen, ohne ein schlechtes Gewissen haben zu müssen. Offenheit und Verständnis im Team sind hier entscheidend.
2. Wie reden wir über Pausen?
Werden Pausen offen angesprochen und aktiv eingeplant, oder gelten sie als Störfaktor im Arbeitsfluss? In einem wertschätzenden Umfeld ist es normal, die Bedeutung von Pausen zu betonen und sie nicht zu tabuisieren. Das fördert sowohl das Wohlbefinden als auch die Leistungsfähigkeit.
3. Wie planen wir Vertretung und wie dokumentieren wir?
Ist die Vertretung im Urlaub klar geregelt, oder entstehen Unsicherheiten und Lücken? Eine gute Vertretungsplanung gibt allen Beteiligten Sicherheit und sorgt dafür, dass niemand im Vorfeld oder im Nachgang zum Urlaub gestresst ist. Sie signalisiert, dass Team-Mitglieder füreinander einstehen und gemeinsam Verantwortung tragen.
Tipps für eine erholungsfreundliche Kultur
Eine gelebte Urlaubskultur fängt bei klaren Regeln und wertschätzender Kommunikation an.
- Urlaub frühzeitig und transparent planen: Legen Sie Urlaubszeiten offen im Teamkalender an und stimmen Sie sich untereinander ab. So lassen sich Überschneidungen vermeiden und alle wissen, wann welche Ressourcen verfügbar sind.
- Vertretungen klar regeln und dokumentieren: Definieren Sie vor dem Urlaub, wer welche Aufgaben übernimmt. Halten Sie alle wichtigen Informationen für die Vertretung schriftlich fest. Das entspannt beide Seiten und garantiert einen reibungslosen Ablauf.
- Digitale Erreichbarkeit konsequent begrenzen: Schalten Sie während des Urlaubs Benachrichtigungen ab, richten Sie eine Abwesenheitsnotiz ein und kommunizieren Sie klar, dass Anfragen erst nach der Rückkehr beantwortet werden. Führungskräfte sollten diese Regeln selbst vorleben.
- Pausen und Erholung in Meetings thematisieren: Sprechen Sie regelmäßig im Team über das Wohlbefinden, geplante Auszeiten und ermutigen Sie dazu, Urlaub nicht aufzuschieben. Das schafft Akzeptanz und senkt Hemmschwellen.
- Reflexion nach der Rückkehr etablieren: Führen Sie nach jedem Urlaub ein kurzes Gespräch: Was lief gut, wo gab es Engpässe, was kann beim nächsten Mal verbessert werden? Das fördert eine lernende und wertschätzende Urlaubskultur.
Fazit
Urlaub ist kein Betriebsrisiko, sondern ein Kulturtest. Wer Erholung ermöglicht, fördert Leistung. Und wer Urlaub ernst nimmt, meint auch Menschen ernst. Denn eine Unternehmenskultur zeigt sich nicht nur in Leitbildern, sondern auch dann, wenn keiner da ist.
Über den Autor
Mag. Gerd Beidernikl ist ein angesehener Autor auf HRweb, dessen umfangreiche Sammlung von Artikeln tiefgehende Einblicke in verschiedene HR-Themen bietet. Als geschäftsführender Gesellschafter von vieconsult und Lehrbeauftragter für Organisationssoziologie teilt er sein fundiertes Wissen und seine Erfahrungen in Bereichen wie Employee Experience, künstliche Intelligenz in der Personalarbeit, die Herausforderungen der Generation Z und die Rolle von Führungskräften. Seine Artikel sind bekannt für ihre fundierten Analysen, praxisnahen Tipps und aktuellen Trends, die sowohl für HR-Profis als auch für Interessierte von großem Wert sind. Beidernikls Artikel zeichnen sich durch ihre Praxisnähe und fundierten Analysen aus. Er kombiniert theoretisches Wissen mit praktischen Beispielen und bietet konkrete Handlungsempfehlungen, die direkt im Arbeitsalltag umgesetzt werden können. Seine Beiträge sind sowohl für erfahrene HR-Profis als auch für Neueinsteiger eine wertvolle Ressource, die helfen, die Herausforderungen der modernen Arbeitswelt zu meistern.; das Autoren-Team deckt eine große Breite der HR-Szene ab, von Expertinnen für Führungskräfte über Fachleute für Lehrlinge und Ausbilder bis zu Coaching-Insights; alle unsere Autorinnen und Autoren haben große Freiheit innerhalb ihres Themen-Kreises und genau diese Eigenständigkeit schätzen wir sehr an den Autorinnen – und die Autoren an uns; lesen Sie rein, schmökern Sie durch, lassen Sie sich ruhig Zeit, holen Sie sich innovative Ideen und wenn Sie möchten, haben wir etwas ganz Besonders für Sie: Sie können auch selbst aktiv werden und etwas zum Inhalt von HRweb beitragen; Ihre eigenen Erfahrungen und Praxiseinblicke sind von großem Interesse für uns und unsere Leserschaft; der Weg, um Ihre Beiträge einzureichen, ist ganz einfach - melden Sie sich bitte jederzeit gerne direkt bei uns - wir freuen uns auf Ihre Anregungen und Einblicke; besonders willkommen sind Praxisberichte und konkrete Fallstudien, denn diese bieten einen hohen Mehrwert und haben die besten Chancen, auf HRweb veröffentlicht zu werden, Ihre einzigartigen Erfahrungen können anderen wertvolle Anregungen bieten und die Vielfalt unserer Plattform noch weiter bereichern.
Quelle: hrweb.at

