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17 Dezember 2021

Empathischer Führungsstil: Brauche ich für mein Team Samthandschuhe?

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Empathischer Führungsstil: Brauche ich für mein Team Samthandschuhe?

Was ist ein empathischer Führungsstil? Der autoritäre Führungsstil mit nicht hinterfragten Anordnungen von oben nach unten hat längst ausgedient und findet heute allenfalls noch Anwendung bei der Polizei oder im Militär.

In der Wirtschaft haben sich modernere Stile durchgesetzt, die wie beim kooperativen Führungsstil auf Teamwork setzen. Oder z.B. wie beim transformationalen Führungsstil, davon ausgehen, dass MitarbeiterInnen produktiver arbeiten, wenn sie sich schrittweise mehr mit den Zielen des Unternehmens identifizieren. Somit entwickeln sie eine höhere Eigenmotivation.

Tipp 1: Gehe mit gutem Beispiel voran

Das klingt natürlich völlig banal und selbstverständlich. Aber genau wie die MitarbeiterInnen sind auch ChefInnen Menschen, die Fehler machen und Dinge im Stress mal vergessen. Es kommt immer wieder vor, dass eine Führungskraft einen Leitfaden für einen guten Umgang und ein gutes innerbetriebliches Klima zu etablieren versucht und sich selbst nicht an die erarbeiteten Regeln hält. Das ist natürlich nicht hilfreich, und die Regeln werden dann auch nicht von den MitarbeiterInnen befolgt. Womöglich geraten sie irgendwann ganz in Vergessenheit.

"Vergesse nicht, wie wichtig ein empathischer Führungsstil ist."

Tipp 2: Strahle Überzeugung und Begeisterung aus

Dieser Tipp geht über das hinaus, was im vorherigen Punkt gesagt wurde. Halte nicht nur selbst die Spielregeln ein, sondern inspiriere auch deine MitarbeiterInnen. Dies kannst du dadurch erreichen, indem du die Tipps mit Freude befolgst und diese Freude auch ausstrahlst. Zeige den Leuten Ziele auf, die diese sich zu eigen machen. Steigere auf diese Weise die intrinsische Motivation der Arbeitskräfte in deinem Unternehmen.

Tipp 3: Fördere und fordere deine Mitarbeiter

Natürlich gibt es im Tagesgeschäft auch mal Dinge, die banal sind und eher zur Routine gehören als dass sie die Innovationskraft wecken. Aber versuche, den einzelnen Leuten in deinem Unternehmen von Zeit zu Zeit spannende Projekte aufzutragen, die deren Geist und Kreativität fördern.

Das macht Spaß, steigert die Eigenmotivation und die Bindung zum Unternehmen. Die MitarbeiterInnen fühlen sich dadurch, dass du ihnen etwas zutraust, auch mehr wertgeschätzt. Lasse ihnen deine Unterstützung zukommen und spare nicht mit positivem Feedback.


Tipp 4: Gehe individuell auf jede Arbeitskraft ein

In der Schule ist seit Jahren schon die Binnendifferenzierung ein großes Thema. Alle SchülerInnen sind individuell und benötigen individuelle Hilfestellungen seitens der Lehrkraft. Auch im Arbeitsleben wollen MitarbeiterInnen individuell angesprochen und gefördert werden. Es steigert die Motivation und die Corporate Identity, wenn du dich für die Bedürfnisse und Eigenheiten der Arbeitskräfte interessierst.

Gerade in aufwühlenden Zeiten, wie etwa während der Corona-Pandemie, wünschen sich viele MitarbeiterInnen auch emotionale Unterstützung ihrer Vorgesetzten. Jedoch sollte dabei nicht die professionelle Distanz verloren gehen.

Tipp 5: Kommuniziere empathisch

Der erste Weg, Empathie an den Tag zu legen, besteht darin, diese in der zwischenmenschlichen Kommunikation zu zeigen. Es gibt zum Beispiel sehr viele unterschiedliche Qualitäten des Zuhörens. Auch viele Menschen, die sich selbst als gute Zuhörer wähnen und ihr Gegenüber ausreden lassen, überlegen sich in Gedanken schon, was sie als Nächstes sagen wollen statt wirklich zuzuhören, was gesagt wird.

Ganz wichtig ist auch, dass Kritik, die immer mal wieder ihre Berechtigung haben kann, nicht auf der personalen Ebene erfolgt. Sätze wie „Du bist vergesslich“, solltest du eher auf der Sachebene „Du hast diese eine Sache vergessen“ formulieren. Am besten geht der Kritik ein Lob voraus, das dann die Bereitschaft der Annahme der Kritik erhöht.

Fazit

Ein empathischer Führungsstil geht nicht darum, alle MitarbeiterInnen in Watte zu packen und diese nach eigenem Gutdünken walten zu lassen. Auch eine Führungskraft, muss am Ende des Tages Bilanzen vorweisen. Stattdessen geht es um eine tiefere Ebene der Kommunikation und eine verbesserte Beziehung zwischen allen im Unternehmen beschäftigten Personen. Dies steigert gleichermaßen die Zufriedenheit der MitarbeiterInnen sowie den wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens.

Über die Autorin

Fasziniert von Menschen und ihrem grenzenlosem Potential, gründete Kathrin Renée Schüpbach-Schäfer vor über 20 Jahren ihre QueensRanchAcacemy in der Schweiz. Zuvor begleitete sie verschiedenen Spitzenpositionen in der Wirtschaft. Hierbei trug sie zuletzt die Verantwortung im Human Resource Management eines Grossunternehmens mit über 6’500 Mitarbeitern. Sie ist erfolgreiche Trainerin und Coach in der Persönlichkeitsentwicklung, sowie Buchautorin und Speakerin.

Quelle: unternehmer.de

 

12 März 2021

Eigenverantwortung stärken und Mitarbeiter motivieren: So geht’s!

Posted in Führung, Leadership

Eigenverantwortung stärken und Mitarbeiter motivieren: So geht’s!

Läuft ein Projekt schief oder geht ein Plan nicht auf, wird die Verantwortung gerne abgeschoben – eine Reaktion, die vor Konsequenzen und Ärger schützen soll. Oft läuft dieser Mechanismus ganz automatisch ab. Doch damit tun ArbeitnehmerInnen weder sich selbst noch dem Unternehmen einen Gefallen: Motivation und Freude an der Arbeit sinken. Doch wie können MitarbeiterInnen möglichst eigenverantwortlich arbeiten? Welche Voraussetzungen müssen hierfür geschaffen sein? Klar ist: Die Rolle der Führung muss sich wandeln und MitarbeiterInnen müssen bereit sein, entsprechend Verantwortung zu tragen, denn am sprichwörtlichen Steuer sitzt nicht unbedingt nur die Führungskraft.

Führungsverständnis: Vertrauen und Verantwortung

Der Wandel der Arbeitswelt ist schon im Gange – in Zukunft liegt der Fokus vermehrt auf ergebnisorientierter Arbeit und weniger auf dem klassischen 9-to-5-Job mit Anwesenheitspflicht. Wann und wie ArbeitnehmerInnen ihre Aufgaben erledigen, rückt immer mehr in den Hintergrund. Damit geht einher, dass sich die vornehmlich ausführende Rolle der MitarbeiterInnen zu einer mitdenkenden und unternehmensgestalterischen entwickelt. Dies kann allerdings nur gelingen, wenn sich auch das Führungsverständnis verändert:

"Weg von Befehl und Kontrolle hin zu einem durch Mentorship und Coaching gekennzeichneten Führungsstil."

Nur so haben ArbeitnehmerInnen die Möglichkeit, sich weiterzuentwickeln, aktiv Verantwortung zu übernehmen und Innovationen anzustoßen. Als Basis benötigen dafür alle Beteiligten eine von Vertrauen geprägte Atmosphäre. Können und sollen ArbeitnehmerInnen eigenverantwortlich Entscheidungen treffen und bekommen sie den entsprechenden Rückhalt von KollegInnen oder Vorgesetzten, erleben sie ihre Tätigkeit auch als erfüllend und mit Sinn aufgeladen. Diese Tatsache spornt zum Out-of-the-Box-Denken an und fördert die Entwicklung eigener Ideen.

Eigenverantwortung fördern: Glückliche ArbeitnehmerInnen

Ein großes Glück der Mitarbeiter liegt so nahe:

  • Eigenverantwortliches Arbeiten sorgt für zufriedenere ArbeitnehmerInnen.
  • Darüber hinaus sind sie auch produktiver und empfinden durchschnittlich mehr Leidenschaft bei ihrer Tätigkeit. Eigenverantwortliche MitarbeiterInnen akzeptieren nicht einfach den derzeitigen Stand im Unternehmen, sie stoßen Veränderungen an und haben so langfristig einen positiven Effekt, ähnlich einer Frischzellenkur.

Wenn es sich also lohnt, die Eigenverantwortung zu fördern, warum hat dann nur weniger als die Hälfte der ArbeitnehmerInnen das Gefühl, wichtige Entscheidungen beeinflussen zu können? Auf diesem Gebiet gilt es viel Rückstand aufzuholen. Dabei gehen Verantwortungsübertragung und Vertrauen Hand in Hand – nur mit dem nötigen entgegengebrachten Vertrauen arbeiten MitarbeiterInnen wirklich eigenverantwortlich. Wenn nun einfach Führungskräfte mehr Eigenverantwortlichkeit ausrufen, hat dies meist keinen oder sogar einen negativen Effekt. Häufig benötigt das jeweilige Unternehmen Unterstützung von außen, um die verkrusteten Strukturen aufzubrechen.

Agile Führung & Verantwortungsübernahme

Welche grundsätzlichen Voraussetzungen müssen erfüllt sein, um die Eigenverantwortung langfristig in Organisationen zu stärken?

  • Eine positive Fehler-, Feedback- und Vertrauenskultur legt hierfür den Grundstein.
  • Darüber hinaus benötigen Mitarbeiter Leitplanken, innerhalb derer sie ihre Kreativität und Ideen entfalten können.
  • Unabdingbar bleiben trotzdem klare Ziele.
  • Selbst wenn alle Voraussetzungen erfüllt sind, muss die Bereitschaft der ArbeitnehmerInnen da sein, auch die Verantwortung zu übernehmen.

Es braucht beides: agile Führung durch Vorgesetzte und die Bereitschaft zur Eigenverantwortlichkeit der MitarbeiterInnen. Nur mit beiden „Köpfen“ lässt es sich voran in Richtung Zukunft gehen. Da solche Umwälzungen in Unternehmen vor allem auf einer guten Vorbereitung und dem Willen zur Veränderung fußen, können erfahrene Coaches und TrainerInnen eine große Unterstützung für solche Vorhaben bieten. Denn eines ist sicher: Verantwortung abzugeben und sie zu übernehmen ist gleichermaßen erlernbar. In Zukunft geht es nicht mehr darum, wer am Steuer sitzt – und das ist auch gut so. Erfolgreiche Unternehmen verteilen die Verantwortung, anstatt sie an einer Stelle zu bündeln.

Über die Autorin

Claudia Frahm ist Systemischer Coach sowie Trainerin bei der flowedoo GmbH und leitet die dazugehörige Akademie. Als New-Work-Enthusiastin begleitet sie Unternehmen dabei, agiles Arbeiten sinnvoll einzusetzen, und unterstützt mit kreativen Workshops sowie Trainings bei der Weiterentwicklung der Unternehmenskultur. Claudia Frahm agiert als NLP Master Coach immer vom Menschen aus – ihre Steckenpferde sind dabei die Arbeit auf Augenhöhe und die Kunst des Perspektivwechsels. Dabei steht das Entwicklungspotenzial jedes Einzelnen sowie des jeweiligen Unternehmens im Fokus.

Quelle: unternehmer.de

21 September 2018

"Ich bin einfach ein Freiheitsfreund"

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Ein Interview über Motivation im Job

Als wir den Sinn unserer Arbeit nicht mehr sahen, begannen wir über Motivation zu reden. Das sagte schon vor Jahren der Führungsexperte und Buchautor Reinhard K. Sprenger. Interview mit einem, der tatsächlich als Management-Guru gilt und gleichzeitig ein kritischer Geist geblieben ist.

Herr Sprenger, wer zufrieden ist, ist engagiert und bringt mehr Leistung, als wenn er unzufrieden und unmotiviert ist. Stimmt diese Gleichung?
Nein. Es gibt bislang keine Studie weltweit, die einen ursächlichen Zusammenhang zwischen Arbeitszufriedenheit und Leistung nachgewiesen hätte. So sehr ich mir das auch wünschte. Nicht einmal ein korrelativer Zusammenhang ist bisher belegt. Allerdings ist das Gegenteil auch nicht belegt – nämlich dass Unzufriedenheit leistungssteigernd sei. Und das lässt doch wenigstens hoffen.

+++ Dieses Interview mit Reinhard K. Sprenger ist Teil der Jubiläumsausgabe „Die Essenz aus acht Jahren“. Eine Übersicht der Human Resources Manager Ausgaben  erhalten Sie hier. +++ 

Kann man also auch eine hohe Leistung bringen, wenn man unmotiviert ist? Einfach weil man einen professionellen Anspruch hat?
Zweifellos. Ich selbst habe es schon mehrfach erlebt, dass mich beim Tennis ein völlig lustloser Gegner vom Platz gefegt hat. Aber Ihre Frage verweist auf etwas Richtiges: Dass der Faktor Motivation häufig überbewertet wird. Um hohe Leistung zu erzeugen, müssen ja auch noch die Leistungsfähigkeit sowie die Leistungsmöglichkeit hinzukommen. Und wenn es daran fehlt, stirbt irgendwann auch die Motivation.

„Nach meiner Erfahrung ist zum Thema Motivation nur wenig typisch Deutsch.“

Es gibt etliche Studien und Umfragen von Beratungen zum Thema Mitarbeitermotivation. Dabei sind sich die Studien schon uneinig bei der Frage, ob die deutschen Beschäftigten motiviert sind. Da gibt es düstere Aussagen wie von Gallup, dass jeder Vierte innerlich gekündigt hat. Andere sprechen davon, dass die große Mehrheit gerne zur Arbeit geht. Was denken Sie, wie es um die Arbeitsmotivation der Deutschen bestellt ist?
Wenn man die regelmäßig veröffentlichten Gallup-Studien zum Maßstab nähme, wäre die deutsche Wirtschaft längst am Ende. Also, das kann man ignorieren. Nach meiner Erfahrung ist zum Thema Motivation nur wenig typisch Deutsch. Mit Ausnahme vielleicht der Tatsache, dass deutsche Mitarbeiter sich in der Regel für ihre konkrete Aufgabe sehr engagieren – was sie nicht hindert, ihr Unternehmen im Allgemeinen und insbesondere das Top-Management kritisch zu beurteilen.

Wie sehen Sie solche Studien? Haben solche allgemeinen Studien überhaupt irgendeinen Nutzen?
Die Studien, von denen Sie sprechen, werden ja von interessierter Seite veranlasst. Je nach Perspektive sattelt darauf ein Geschäftsmodell. Insofern ist deren Aussagewert gering. Jeder Meinungsforscher weiß, wie er mit der Art der Fragestellung ganz bestimmte Antworten generieren kann. Im Übrigen arbeiten Menschen motivational weniger in Unternehmen, sondern in Nachbarschaften. Diese Nachbarschaften werden definiert vom Chef, von einigen Kollegen, Büros, Kaffeeecke oder Mittagstisch. Und diese mikrokosmotischen Nachbarschaften sind für die individuelle Motivation eines Menschen weit wichtiger als flächendeckende Stimmungslagen. Im besten Fall generieren sie das Gefühl, gebraucht zu werden.

„Der Mensch ist ein Freiheitswesen und an seiner Freiheit kommen Sie nicht vorbei.“

Gibt es diese allgemeingültigen Faktoren, die für Engagement sorgen
Nicht in einem kausalen Sinne. Man kann nicht sagen: Wenn ich diesem Menschen Freiraum einräume, ist er motiviert. Dazu ist die Motivation eines Menschen zu individuell und autonom. Einfacher ausgedrückt: Was den einen Menschen motiviert, kann für einen anderen bedeutungslos sein. Als Führungskraft können Sie ohnehin nur die Bedingungen der Möglichkeit motivierten Handelns schaffen. Der Mensch ist ein Freiheitswesen und an seiner Freiheit kommen Sie nicht vorbei.

Vergütung rangiert in diesen Studien eher weiter hinten. Trotzdem ist doch bei den meisten Unternehmen die variable Vergütung – zumindest bei den Führungskräften – ein wichtiger Motivationshebel. Woher kommt diese Diskrepanz?
Es hat sich eingebürgert, Führungskräfte variabel zu bezahlen. Die Annahme, dass sie dadurch schneller denken oder besser entscheiden, muss man wohl als naiv bezeichnen. Realitätsnäher ist es, von einem Ausbeutungskartell zu sprechen, das Informationsvorteile nutzt. Und zwar zu Lasten der Eigentümer. Aber Letztere wehren sich nicht dagegen, weil sie dem alten Aberglauben aufsitzen, variable Vergütung stimuliere die Leistung der Führungskräfte und käme damit ihren eignen Interessen entgegen.

„Managementleistung lässt sich weder empirisch messen noch sonst wie objektiv ermitteln.“

Der Erfolg eines Unternehmens hängt jedenfalls von einer Faktorenreihe ab, die kaum vom Management zu kontrollieren ist. Das ist nicht unwichtig, wird doch in simplen Kausalitätsschlüssen der Unternehmenserfolg direkt persönlich zugerechnet. Aber Managementleistung lässt sich weder empirisch messen noch sonst wie objektiv ermitteln. Deshalb gibt es auch keine einzige Untersuchung, die eine signifikante Konvergenz zwischen der Entgeltsumme im Management und der Performance des Unternehmens nahelegt.

Welches Menschenbild herrscht Ihrer Erfahrung nach bei den oberen Managern heute? Und hat es sich in den letzten Jahren gewandelt?
Das lässt sich so generell nicht beantworten. Dominant ist sicher nach wie vor das Bild vom Mitarbeiter als inferiorem Mängelwesen, das motiviert, gelenkt und kontrolliert werden muss. Es ist nach wie vor ein Blick von oben herab. Allerdings gibt es in allen Unternehmen Führungskräfte, die gleichsam Oasen einer Kooperation auf Augenhöhe schaffen. Und ihre Bemühungen sind umso mehr zu ehren, wenn man sieht, unter welch schwierigen Bedingungen ihnen das gelingt.

„Jede extrinsische Motivierung zerstört die Motivation.“

Gibt es den Widerstreit zwischen extrinsischer und intrinsischer Motivation auch in den Unternehmen?
Auch da hat sich in den letzten Jahren im Grundsatz nicht viel geändert. Bevorzugt wird weiterhin der personenzentrische Ansatz, das heißt: Die Mitarbeiter sollen kreativer sein, unternehmerischer handeln oder mehr verkaufen – aber unter gleichbleibenden organisatorischen Bedingungen. Damit macht man die Leute zynisch. Und wenn man dann nicht mehr weiterweiß, greift man zu Belohnungen – mit den bekannten Kollateralschäden. Es bleibt dabei: Jede extrinsische Motivierung zerstört die Motivation.

Von einer Führungskraft wird in der Regel verlangt, dass sie für eine hohe Motivation ihrer Mitarbeiter sorgt. Sind viele mit dieser Aufgabe überfordert?
Mit dieser Aufgabe wäre jeder überfordert. Das kann eine Führungskraft gar nicht leisten. Menschen sind keine Reiz-Reaktions-Automaten, deren Verhalten in quasi-mechanischer Weise stimuliert werden kann. Ich empfehle vielmehr, in die Offensive zu gehen und die Motivierungserwartung aktiv zu enttäuschen: „Ich bin nicht dafür da, Sie zu schieben, zu ziehen oder sonst wie bei Laune zu halten.“ Wenn jemand etwas nicht leisten kann, muss man ihm helfen. Wenn jemand nicht leisten will, sollte er wissen, wo die Tür ist.

Ich nehme an, Sie sind der Ansicht, dass es vor allem wichtig ist, dass Führungskräfte ihre Mitarbeiter nicht demotivieren?
Ja. Führungskräfte sind gut beraten, sich auf die demotivierenden Faktoren der Leistungserbringung zu fokussieren. Das sind vorrangig demotivierende Rahmenbedingungen struktureller Art, etwa überbordende Monitoring- oder Reporting-Systeme. Aber Chefs sollten sich selbst dabei nicht ausnehmen. Denn der Haupt-Demotivator in den Unternehmen ist rein statistisch der unmittelbare Chef. Manchmal wirkt sogar seine bare Existenz demotivierend.

„Alle Menschen, die zu einem Unternehmen kommen, sind motiviert. Niemand will einen schlechten Job machen.“

Wenn man Mitarbeiter gar nicht motivieren kann, wie bekommen die Unternehmen dann motivierte Mitarbeiter?
Alle Menschen, die zu einem Unternehmen kommen, sind motiviert. Niemand will einen schlechten Job machen. Man sollte daher der Leistungsbereitschaft der Menschen vertrauen. Konzentrieren sollte sich die Führungskraft auf den Personaleinsatz, auf die Leistungsfähigkeit des Mitarbeiters, vor allem aber auf die Leistungsmöglichkeiten – und so Erfolgserfahrungen des Mitarbeiters ermöglichen. Denn langfristig ist Motivation keine Leistungsvoraussetzung, sondern ein Resultat. Sie ist ein Abfallprodukt des Erfolgs.

Heutzutage sprechen viele davon, dass Menschen motiviert sind, wenn sie einen Sinn sehen, in dem, was sie tun. Würden Sie dem zustimmen?
Ja, dem stimme ich zu. Vor vielen Jahren habe ich einmal geschrieben: „Als wir den Sinn unserer Arbeit nicht mehr sahen, begannen wir über Motivation zu reden.“ Der Diskurs über Motivation ist also ein Sinn-Ersatz. Allerdings kann ein Unternehmen Sinn nicht als Angebot im Köcher haben. Man kann Sinn nicht administrativ erzeugen. Jeder Mitarbeiter ist seine eigene Quelle der Sinngebung. Und diese individuelle Sinngebung ist sehr belastbar – auch wenn es einem Mitarbeiter nur darum geht, seine Familie zu ernähren. Deshalb sollte ein Unternehmen die Möglichkeiten individueller Sinngebung nicht zu sehr verengen, zum Beispiel indem es als primäres Ziel die Steigerung des Unternehmenswertes vorgibt – es also immer nur um Zahlen geht.
Vielmehr muss es darum gehen, Arbeit als Arbeit für andere wach zu halten. Es muss allen bewusst sein, dass wir mit unserer Arbeit einen Unterschied in der Lebensqualität anderer Menschen machen. Wenn ich das Leuchten im Auge meines Kunden sehe, muss ich mich um Motivation nicht kümmern.

Zwei Mal interviewte der ehemalige Chefredakteur den Führungsexperten Reinhard K. Sprenger – der Freiheitsfreund, wie Jan C. Weilbacher ihn gern nannte. Ein Mann, der ihn beeindruckt hat. Die Wahl zwischen den beiden fast schon philosophischen Gesprächen fiel schwer. Die ist das ältere von beiden, leicht gekürzt: über den Mythos Motivation.

Reinhard K. Sprenger gilt als der profilierteste Managementberater in Deutschland, obwohl er immer klar sagt, was er denkt – vielleicht aber auch genau deswegen. Reinhard K. Sprenger hat zahlreiche Bestseller geschrieben, darunter das bereits 1991 erschienene Werk „Mythos Motivation“, das als absoluter Klassiker gilt. Sein aktuelles Buch heißt „Radikal Digital – Weil Menschen den Unterschied machen“. Die Botschaft: Die Digitalisierung fordert die Wiedereinführung des Menschen ins Unternehmen. Sie bedeutet nicht die Macht der Maschinen oder die Herrschaft der Algorithmen, sondern die Konzentration auf das, was nur Menschen leisten.

Autor: Jan C. Weilbacher

Quelle: humanresourcesmanager.de