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23 Juli 2021

Erfolgsfaktoren für agile Führung

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Agilität

Erfolgsfaktoren für agile Führung

Erfolgreiche Agilität zeigt sich an realisierten Veränderungsvorhaben. Wenn es um Veränderungen beim Verhalten der Mitarbeiter geht, wird es aber langwierig. Wie gelingt es Führungskräften, das Unternehmen schneller agil zu machen?

Wenn Agilität dazu führen soll, dass sich das Verhalten aller Beteiligten immer wieder anpasst und verändert, dann geht das nicht von heute auf morgen. In der Regel müssen sich zuerst Rahmenbedingungen im Unternehmen verändern. Strukturen und Prozesse, die Art und Weise, wie mit Kundenorientierung, Führung oder Personalentwicklung umgegangen wird, und die Unternehmenskultur beeinflussen das Verhalten der Mitarbeiter maßgeblich. Das zu verändern, kostet Zeit. Unternehmen können es sich aber nicht leisten, mehrere Jahre in diese Veränderungen zu investieren, um dann festzustellen, dass „der Berg kreißte und ein Mäuschen gebar“ (Horaz). Um Agilität als Herausforderung in ein Bild zu bringen: Wie kann man erreichen, einen Elefanten zum Tanzen zu bringen?

Komplexe Veränderungen benötigen Zeit

Schon lange ist bekannt, dass der Zeitbedarf für Veränderungen davon abhängt, was sich verändern soll. Die Erfahrung zeigt: Viele neue, technische Fähigkeiten sind kurzfristig zu erlernen und anwendbar. Wesentliche Veränderungen bei der Organisationsstruktur, bei Prozessen, im Bereich Marketing, Führung oder Personalentwicklung laufen erst nach drei Jahren rund. Eine Veränderung der Werte und der Unternehmenskultur benötigen mehr als fünf Jahre.

Werden diese Fähigkeiten aber schneller und erfolgreicher eingesetzt, dann ist dies ein erheblicher Wettbewerbsvorteil. Erfolgreich werden Veränderungen auf diesen Feldern aber nur, wenn sich das Verhalten der Beteiligten auch wirklich verändert. Dem stehen Beharrungskräfte gegenüber, die folgende Ursachen haben können:

  • In Unternehmen haben sich Verhaltensweisen über Jahre entwickelt und eingeschliffen. Gerade, wenn das Unternehmen erfolgreich ist, funktioniert die Zusammenarbeit im Unternehmen meistens gut.
  • Standardisierte, bewährte Prozesse, also erprobtes Arbeiten und Zusammenarbeiten geben Sicherheit. Dann gilt: Nur nicht an einem funktionierenden System etwas verändern!
  • Veränderungen betreffen nicht nur einzelne Abteilungen, sondern das gesamte Unternehmen. Prozesse sind bereichsübergreifend, Prozessveränderungen werden schnell sehr komplex.

Um diese Beharrungskräfte schneller zu überwinden und Veränderungen umzusetzen, helfen die folgenden Erfolgsfaktoren.

Grundlegende Veränderungen benötigen die Unternehmensleitung

Ohne die Unternehmensleitung ist es nicht möglich, ein ganzes Unternehmen agiler zu machen. Letztendlich ist die Unternehmensleitung genau dafür verantwortlich. Sie ist der Auftraggeber. Die Leitung muss von Veränderungen überzeugt sein. In mittelständischen und besonders in eigentümergeführten Unternehmen wird die Leitung immer die Unternehmensergebnisse im Blick haben. Sie wird die Notwendigkeit von Veränderungen überprüfen und Chancen und Risiken abwägen. Auf „Hockey-Schläger-Versprechungen“ wird sie sich kaum einlassen, also auf Versprechungen, dass alles erst nur kostet und sich lange nichts tut, aber dann „garantiert“ rasante Entwicklungen einsetzen.

Gleichzeitig haben wesentliche Veränderungen gerade in der Organisationsstruktur, bei Prozessen und bei Führungsverantwortung nicht nur Gewinner und Unterstützer, sondern auch Verlierer und Widerstandskämpfer. Ohne verbindliche Veränderungsziele, deren Realisierung auch verfolgt wird, reiben sich Veränderungsvorhaben zwischen den Interessengruppen im Unternehmen auf.

Bei Veränderungen müssen Betroffene zu Beteiligten werden

Heute sind viele Mitarbeiter Experten an ihren Arbeitsplätzen. Einfache, programmierbare Aufgaben, die kein spezielles Expertenwissen brauchen, werden von Computern oder Robotern übernommen. Führungskräfte sind mehr denn je von diesen Experten abhängig. Natürlich wissen Führungskräfte, wie beispielsweise SAP funktioniert. Aber ob sie Anfragen oder Angebote im SAP-System schneller, fehlerfrei und besser als ihre Mitarbeiter bearbeiten könnten, ist fraglich.

Wenn gerade die sehr gut ausgebildeten Mitarbeiter an Veränderungen nicht beteiligt werden, führt das immer zu Veränderungswiderständen. Nicht beachtet zu werden, das geht ans Selbstwertgefühl. Außerdem kommen viele Impulse für Veränderungen genau von diesen Experten.

Agilität und Veränderung brauchen eine weiterentwickelte Führungsmethodik

Veränderungen ohne klare Ziele sind wie eine Wanderung, bei der man einfach losgeht und gespannt ist, wo man ankommt. Führung benötigt Ziele. Wie im Unternehmen mit Zielen geführt wird, das ist der Schlüssel für Veränderungsprozesse. Mit klassischen Management by Objectives-Konzepten funktioniert das aber nicht. Deshalb müssen folgende Vorstellungen zuerst über Bord geworfen werden:

  • die Zielvereinbarungsgespräche, denn darin werden keine Ziele gefunden und keine Unternehmensziele hinterfragt;
  • die Anbindung variabler Gehaltsbestandteile an die Zielerreichung, denn das führt zu marginalen Zielen, die mit großer Sicherheit erreicht werden, oder zu Konflikten über die Erreichbarkeit der Ziele;
  • die falsche Einschätzung von der Funktion der SMART-Formulierung von Zielen, die hauptsächlich zur Kontrolle der Zielerreichung genutzt wird, nicht zur Zielfindung;
  • die Überzeugung, dass Führungskräfte Ziele vorgeben und Mitarbeiter dann nur noch Aufgaben erfüllen müssen;
  • der Glaube, dass schon allein die Zielvereinbarung zur Zielerreichung führen wird.

Diese klassische Managementtechnik muss sich zur zielorientierten Führung weiterentwickeln. Für Unternehmen, die sich schon immer in dynamischen, komplexen Umwelten bewähren mussten, ist diese Methodik nicht neu. Die US-amerikanische Variante der zielorientierten Führung, Objectives and Key Results (OKR), setzt Google seit 1999 ein. In Deutschland wurde diese Methodik in einem Hightech-Unternehmen zuerst 1994 getestet und für erfolgreich befunden. Sie hat sich seitdem kontinuierlich unter Berücksichtigung der Führungskulturen weiterentwickelt.

Ziele gemeinsam in Zielklausuren vereinbaren

Im Mittelpunkt der zielorientierten Führung im Unternehmen stehen Zielklausuren, die eine Kaskadenform haben. Sie beginnen bei der Unternehmensleitung, die Ziele mit der nächsten Führungsebene entwickelt, und setzt sich bis auf die Ebene der einzelnen Teams fort. In jeder Zielklausur

  • wird die Zielerreichung der abgelaufenen Periode vorgestellt und es wird ermittelt, was man daraus lernen kann;
  • werden die Unternehmensziele einschließlich der Veränderungsziele der Leitung vorgestellt und um weitere Zielvorschläge ergänzt;
  • werden die Big Points für das kommende Jahr identifiziert, Verantwortlichen zugeordnet, SMART-formuliert und das dazu notwendige Projektmanagement eingeleitet.

So werden Unternehmensziele aus dem Geschäftsplan konkretisiert, ergänzt, gemeinsam auf Verantwortliche aufgeteilt und bis auf die Teamebene heruntergebrochen. Die Umsetzung auf der Basis von SMART-Zielen und Projektmanagement wird verbindlich geplant.

Insbesondere bei Veränderungszielen, die eine Veränderung von Konzepten und Verhalten in vielen Bereichen des Unternehmens erfordern, sind Zielklausuren von großer Bedeutung. Betroffene werden beteiligt. Veränderungen werden eher akzeptiert, weil sie begründet werden. Jeder ist über wesentliche Veränderungen in anderen Bereichen informiert und verharrt nicht im Silo-Denken. Einem Ziel, das vielleicht erst in drei Jahren komplett erreicht werden kann, nähert man sich über Zwischenziele, Schritt für Schritt. Der Fortschritt wird genauso wie die Fehlschläge oder die Widerstände erkennbar. Daraus kann gelernt werden.

Der Umgang mit Komplexität und Delegation

Zwei weitere Faktoren spielen im Hintergrund eine wichtige Rolle, wenn es darum geht, dass zielorientierte Führung erfolgreich ist.

Umgang mit Komplexität

Unzweifelhaft ist, dass Komplexität und Dynamik heute die Herausforderungen für Führung sind. Beide kann sie nicht reduzieren. Wenn viele Faktoren ein Ergebnis beeinflussen, so besteht der beste Weg darin, das „Mehr-Augen-Prinzip“ anzuwenden, um möglichst viele Aspekte bei der Zielfindung zu berücksichtigen. Das kostet zunächst Zeit, spart aber noch mehr Zeit, wenn daraufhin an den richtigen Zielen gearbeitet wird.

Delegation

Ohne Delegation keine Umsetzung. Es muss Ergebnisverantwortung delegiert werden, auf der Unternehmensebene, im Team oder auf der Mitarbeiterebene. In Ergebnissen zu denken ist die Grundlage zielorientierter Führung. Messgrößen, heute auch Key Performance Indicators (KPI) genannt, präzisieren das gewollte Ergebnis. Erst aus den Ergebnissen werden dann erfolgversprechende Aufgaben abgeleitet. Wer Aufgaben delegiert – und das ist gerade in Deutschland immer noch ein verbreitetes Führungsprinzip –, der bekommt selten die Ergebnisse, die er sich vorstellt.

Deshalb müssen Führungskräfte und Mitarbeiter in die Prozesse der Zielfindung einbezogen werden. Sie müssen ihr Know-how und ihre Vorschläge einbringen können, die Ziele akzeptieren und den Weg zur Zielerreichung mit ihrem Know-how gestalten und mit ihrem Engagement gehen.

Über den Autor

Diplom-Kaufmann, Dr. rer.pol. Wolfgang Schröder ist Leadership- und Managementexperte, Autor zahlreicher Bücher und Fachartikel, Unternehmensberater sowie Trainer und Managementcoach in Personal- und Führungsfragen.

Quelle: business-wissen.de

18 Juni 2021

"Neue Führung bedeutet, Menschen auf schwierige Situationen vorzubereiten"

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Bodo Janssen im Interview

Von heute auf morgen mussten die Hotels der Upstalsboom-Kette in den Lockdown gehen. Dennoch zieht Hotelier Bodo Janssen in seinem neuen Buch eine positive Bilanz: Jetzt bewähre sich, worauf in seinem Unternehmen seit zehn Jahren hingearbeitet wurde. Im Interview spricht er über neue Aspekte der Führung.

Haufe Online Redaktion: Herr Janssen, in Ihrem Buch schreiben Sie: "Krisen sind genauso unbequem wie wertvoll. Denn wir sind beweglicher und selbstbewusster geworden und gestärkt daraus hervorgegangen." Welche Einsichten haben Sie während der Coronapandemie gewonnen?

Bodo Janssen: Die zentrale Erkenntnis war, dass mein persönlicher Entwicklungsstand in Wirklichkeit sehr weit entfernt davon ist wie ich glaubte. Ich habe mich vorher intensiv mit der menschlichen Entwicklung beschäftigt. In der Pandemie habe ich erfahren, dass Themen, von denen ich glaubte, ich hätte sie für mich schon geklärt, wieder hochkommen. Das zeigt, dass es in der persönlichen Entwicklung nicht nur darum geht, etwas zu erreichen, sondern auch darum, den Entwicklungsstand zu halten. Eine andere Erkenntnis war, dass das, worauf wir zehn Jahre lang im Unternehmen hingearbeitet haben, sich in dieser schwierigen Zeit positiv ausgewirkt hat. Wir alle standen vor einer völlig neuen Situation. Als ich dann erleben durfte, dass die Mitarbeitenden voller Vertrauen waren und bereit, Verantwortung zu übernehmen, war ich extrem dankbar dafür. Es gab durchaus einige Menschen, die uns als "Schönwetterpiloten" bezeichnet haben oder unsere Art der Unternehmensführung "Sozialromantik" genannt haben. Aber wir haben gesehen, dass wir Persönlichkeiten haben, die resilient sind und verstehen, mit schwierigen Situationen umzugehen.

Haufe Online Redaktion: Was können Sie daraus für Führungskräfte und Personalmanager ableiten?

Janssen: Ich glaube, der Führungsanspruch entwickelt sich weiter. Im Kontext von New Work sprechen viele Menschen über Methoden. Diese waren sicherlich richtig, um in normalen Zeiten miteinander zu arbeiten. Aber in einer solchen Herausforderung, wie wir sie in den vergangenen Monaten erlebt haben, interessiert es die Mitarbeitenden herzlich wenig, ob wir einen Tischkicker haben oder ob wir agil arbeiten, sondern sie brauchen Unterstützung, wie sie mit dieser Situation umgehen können. Das ist für mich ein neuer Teil der Führung: Menschen darauf vorzubereiten, schwierige Situationen meistern zu können. Denn ich glaube, dass die Anzahl der schwierigen Situationen in Zukunft eher zu- als abnimmt.

New Leadership: Führung in die Eigenverantwortung

Haufe Online Redaktion: Im Buch beschreiben Sie eine neue Führung, bei der es nicht nur um das Gestalten neuer Methoden oder eines attraktiven Arbeitsumfelds geht, sondern auch darum, Menschen aus der Abhängigkeit eines Unternehmens heraus in die Eigenverantwortung zu führen. Sehen Sie es als Aufgabe der Führungskraft an, den Mitarbeitenden zu helfen, eine Arbeit zu finden, in der sie ihre eigenen Wünsche, Hoffnungen und Begabungen ausleben können?

Janssen: Es ist die Frage, welchen Anspruch ich an die Wirksamkeit meines Unternehmens habe. Ich kann natürlich sagen: "Das ist nicht meine Aufgabe." Aber wenn ich dann in eine Situation komme, wie wir sie in den vergangenen Monaten hatten, und die Mitarbeitenden weglaufen oder umfallen, ist mir als Unternehmer nicht geholfen. Wenn ich jedoch diese Verantwortung übernehme und etwas dafür tue, dass die Menschen gut vorbereitet sind, brauche ich mich jetzt nicht in die Reihe derjenigen einzureihen, die jammern, weil es ihnen schlecht geht. Für mich ist es immer eine Frage: Was braucht es im Moment? Ich will ein anderes Beispiel dafür geben: Wenn ich gesunde Beschäftigte brauche, kann ich natürlich als Unternehmer sagen: "Es ist nicht meine Aufgabe, Rahmenbedingungen zu schaffen, dass Mitarbeitende nicht nur körperlich, sondern auch psychisch und sozial gesund sind." Aber wenn ich dann darunter leide, dass sie ausfallen, tangiert es mich sehr wohl. Wir haben uns entschieden, uns sehr stark dafür einzusetzen und deshalb liegt unsere Krankheitsquote bei unter zwei Prozent.

Haufe Online Redaktion: Wie kann Führung in die Eigenverantwortung in der Praxis umgesetzt werden? Können sie Beispiele aus Ihrem Unternehmen nennen?

Janssen: Wenn ich über Eigenverantwortung spreche, spreche ich über zwei Dinge: Vertrauen und Verantwortung. Das ist nichts, was man einfach anschalten kann. Wenn ein Team in eine Krise kommt und die Führungskraft sagt: "Jetzt müsst ihr alle vertrauen", würden die Teammitglieder lachen. Nur weil die Führungskraft das will, vertrauen sie nicht oder sind bereit, Verantwortung zu übernehmen. Die Führungskraft muss Gründe dafür liefern, dass die Mitarbeitenden vertrauen können, dass sie bereit sind, Verantwortung zu übernehmen. Das haben wir bei uns im Unternehmen im Alltag insofern kultiviert, dass Menschen Aufgaben übernehmen können und dass sie Fehler machen dürfen. Begehen sie einen Fehler, machen sie die Erfahrung, dass das nicht schlimm ist, sondern dass sie sich dadurch weiterentwickeln können.

Bedingungsloses Interesse als Voraussetzung für Vertrauen

Haufe Online Redaktion: Welche weiteren Faktoren führen zu Vertrauen und Engagement?

Janssen: Ein weiterer Faktor ist, dass wir bedingungsloses Interesse entgegenbringen – nicht nur für Leistung, sondern insbesondere auch für den Menschen selbst und dafür, was er in seiner Freizeit macht. Ich denke an unseren Spüler Frank, dem ich seinerzeit in der Küche beim Kartoffelschälen begegnet bin. Ich interessierte mich dafür, was er macht, wenn er nicht gerade spült oder Kartoffeln schält, und erfuhr, dass er gern fotografiert. An diesem Thema bin ich drangeblieben und er hat sich zu einem Fotografen für unser Unternehmen entwickelt. Er hat eine eigene Fotoausstellung bei uns und unterstützt uns auch mit Bildern für unser Unternehmen. Wenn ich klassisch vorgegangen wäre, hätte ich gefragt: "Wie viel Geld pro Teller brauchst du mehr, damit du schneller und sauberer spülst?" Das wäre die klassische Vorgehensweise per Karotte. Stattdessen habe ich ihn ganz anders angesprochen. Er spült immer noch für uns. Aber zusätzlich übernimmt er Aufgaben, die ihm persönlich wichtig sind. Das bringt ihn stark mit uns und unserem Unternehmen in Verbindung.

"Wichtig ist, zu erkennen, dass wir keinen Einfluss darauf haben, ob Menschen sich weiterentwickeln wollen oder nicht."

Haufe Online Redaktion: Ist es möglich, alle Beschäftigte dafür zu begeistern, dass sie sich persönlich weiterentwickeln wollen? Manche sind ganz glücklich damit, acht Stunden lang Kartoffeln zu schälen und den Kopf freizuhaben für die Dinge, die ihnen nach Feierabend wichtig sind.

Janssen: Wichtig ist, zu erkennen, dass wir keinen Einfluss darauf haben, ob Menschen sich weiterentwickeln wollen oder nicht. Das steht nicht in meiner Macht. Aber ich kann Menschen dazu einladen, ermutigen oder inspirieren, in ihre Entwicklung zu investieren. Wenn sie das nicht wollen, ist das nicht schlimm. Wir brauchen auch die Menschen, die gute Arbeit für gutes Geld leisten wollen und mehr nicht. Diese ist bei uns genauso anerkannt wie diejenigen, die unser Unternehmen dafür nutzen, sich in ihrer Persönlichkeit weiterzuentwickeln. Ebenfalls wichtig ist – und das erfordert ein bisschen Demut – sich einzugestehen, dass man nicht alle mitnehmen kann. Der Versuch, alle Menschen mitzunehmen gleicht dem Versuch, das stürmische Meer zu beruhigen. Das ist nicht möglich. Ich bekomme von Unternehmern häufig die Frage gestellt: "Wie kann ich alle erreichen?" Das geht nicht. Es ist wichtig, das für sich anzunehmen.

Haufe Online Redaktion: Der Titel Ihres Buchs ist "Eine Frage der Haltung". Derzeit wird viel darüber diskutiert, dass es nicht genügt, eine Haltung zu haben, sondern dass es auch darauf ankommt, zu handeln. Kommen in Ihrem Buch das Handeln und die Handlungskompetenz nicht zu kurz?

Janssen: Im Buch erzähle ich die Geschichte, wie wir täglich mit der Pandemie umgegangen sind und welche Verhaltensweisen bei allen Beteiligten dazu geführt haben, dass sie stärker aus dieser Zeit herausgekommen sind als sie hineingeraten waren. Der Titel ist "Eine Frage der Haltung". Aber mit der Haltung allein ist noch nichts gewonnen. Die Haltung ist Grundvoraussetzung für das Verhalten, das sich daraus ergibt und erschließt. Ich würde sagen, letztendlich sind in meinem Buch 90 Prozent Verhalten aufgezeigt.

Die besondere Macht der Pause

Haufe Online Redaktion: Das Buch ist sehr persönlich. Sie schildern nicht nur Ihre eigenen Erfahrungen in der Krise, sondern auch Rituale aus dem Klosterleben, auf die Sie in dieser Zeit zurückgegriffen haben, zum Beispiel "Pausen bestimmen den Tag". Inwiefern haben Ihnen diese Rituale durch die Lockdown-Zeiten geholfen?

Janssen: Das Ritual, das ich besonders schätze, ist das der Stille – der Pause und Reflexion – weil die Entwicklung eines Menschen in der Pause entsteht. Bei Sportlern wächst der Muskel nicht in dem Moment, in dem sie trainieren, sondern in den Zeiten, in denen sie pausieren. In der Pandemie hat sich die Möglichkeit intensiviert, noch strukturierter und mit mehr Pausen durch den Tag zu gehen. Für mich persönlich sind zum Beispiel die Dienstreisen weggefallen und ich konnte eine Tagesstruktur gestalten, wie ich sie sonst im Kloster gelebt habe: "Ora et labora". Wir wissen aus der Psychologie, dass dieses Abwechseln von Tätigkeit und Ruhe uns hilft, mental im Gleichgewicht zu bleiben. Dieser Zeitgewinn innerhalb der Pandemie war – bei all dem damit verbundenen Leid – ein Geschenk, das zu einer starken Entwicklung geführt hat.

Haufe Online Redaktion: Entschleunigung und Meditieren hilft enorm, sich auf die persönlichen Belange zu fokussieren und bringt einen großen Nutzen für die Weiterentwicklung der eigenen Person. Aber besteht dabei nicht die Gefahr, zu stark egozentrisch zu denken oder zu agieren?

Janssen: Zu viel von einem ist immer schlecht. Die Benediktiner sprechen vom sogenannten "discretio" – dem Einhalten des rechten Maßes. Machen wir zu viel Sport, werden wir krank. Machen wir zu wenig Sport, werden wir krank. Es geht letztendlich um ein Gleichgewicht und nicht nur darum, Selbstoptimierung zu betreiben, damit es einem selbst gut geht. In der Meditation entsteht ein Bewusstsein für das, was mich umgibt. Ein Beispiel: Gestern habe ich während der Meditation über Mitgefühl nachgedacht. Dabei erkannte ich für mich, dass Mitgefühl bedeutet, dankbar zu sein für die Chance, anderen Menschen helfen zu können. Würde ich andere unterstützen, um mich selbst gut darzustellen, wäre das kein Mitgefühl. Es ist immer eine Frage der Haltung: Mit welchem Motiv mache ich etwas? Meditiere ich nur, um mich selbst zu optimieren und nur auf mich zu schauen, oder meditiere ich, um die Fähigkeit zu entwickeln, für andere da zu sein?

"Wenn eine Person rein aus Gründen der Karriere Führungskraft werden will, wird sie keine gute Führungskraft."

Haufe Online Redaktion: Gilt das auch für das Thema Führung?

Janssen: Ja, das zeigt sich auch in der Mitarbeiterführung: Liegt mein Motiv, Menschen zu führen, darin begründet, meinen eigenen Interessen näher zu kommen? Oder ist mein Motiv ein ehrliches Interesse an der Entwicklung anderer Menschen? Wenn eine Person rein aus Gründen der Karriere Führungskraft werden will, wird sie keine gute Führungskraft. Das Motiv ist Karriere und nicht Menschen zu führen. Deshalb haben wir bei uns im Unternehmen Karriere und Führung entkoppelt. Karriere hat bei uns nichts mit Führung zu tun.

 

Zum Interviewpartner:

Bodo Janssen, heute CEO der Upstalsboom Hotel + Freizeit GmbH, studierte einst BWL und Sinologie und stieg im Anschluss ins elterliche Hotelunternehmen ein. Viele Krisen prägten seinen Weg, unter anderem seine achttägige Entführung im Jahr 1998 und der Flugzeugabsturz seines Vaters. Als eine Mitarbeiterbefragung vernichtende Ergebnisse brachte, beschloss er, für eineinhalb Jahre ins Kloster zu gehen. Nach dieser inneren Einkehr leitete er einen Paradigmenwechsel ein. Zusammen mit Pater Anselm Grün schrieb er das Buch "Stark in stürmischen Zeiten". Soeben erschien sein neuestes Buch "Eine Frage der Haltung".

Quelle: haufe.de

21 Mai 2021

Digitale Führung

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Beziehungsgestaltung zwischen Sinnesarmut und Resonanz

Digitale Führung

Jede Krise ist eine Bewährungsprobe für Führungskräfte. Eine digitale Führung ist es nicht minder. Im Bereich des Sozialen ist sie als eine Verlusterfahrung zu charakterisieren. Nachfolgend wird begründet, warum auch eine digitale Führung, veranschaulicht an einer Videokonferenz, trotz einiger Vorteile einer Führung in leiblicher Präsenz unterlegen ist und woran sich Führungskräfte nun orientieren sollten. Eine hybride Führung ist am Ende eine vielversprechende Führungsform.

Die zunehmende Digitalisierung macht auch vor der Führung nicht halt. Fast alle Führungskräfte, zumindest die, die im Management positioniert sind, haben dies im letzten Jahr erleben dürfen. Und viele sind noch mittendrin. Sie wurden von jetzt auf gleich in eine Führungssituation geworfen, die sie in dieser Form unvorbereitet traf. Sicher, so manche (internationale) Projektleitungen und sich ständig auf Reisen befindende Führungskräfte, gemessen an der Gesamtzahl eine überschaubare Gruppe, führten hin und wieder, selten nahezu, digital. Auch wurde von dieser Möglichkeit zuvor anlassbezogen Gebrauch gemacht, aber meistens war es hier ein einzelner Mitarbeitender, der ansonsten nicht erreicht werden konnte und nicht gleich (fast) das komplette Team. In dieser verordneten Ausschließlichkeit war es für alle eine neue Erfahrung, weil der Rettungsanker, die Präsenz, sich beispielsweise zu einer Krisensitzung oder zur letzten Vorbereitung auf eine Kundenakquisition zu treffen, auch für die nicht mehr gegeben war, die bereits Erfahrungen mit einer digitalen Führung sammelten. Für alle anderen galt dann erstmalig: Mein Team ist weg und nun? Leadership Insiders verlinkt heute zu einer Studie, in der ich mich mit den Eigenheiten und Auswirkungen der digitalen Führung beschäftige und den Blick nach vorn wende.

 

Quelle - den vollständigen Artikel können Sie weiterlesen unter Leadership-insiders

16 April 2021

Toolbox: Instrument für Digital Leadership

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Für das Führen im digitalen Zeitalter steht ein ganzer Werkzeugkasten an Instrumenten zur Verfügung.

Toolbox: Instrument für Digital Leadership

Mit welchen konkreten Instrumenten können Digital Leader ihre Führungsaufgabe ausüben? Professor Thorsten Petry stellt verschiedene Ansätze und Tools vor.

Im Folgenden werden einige Ansätze und Tools vorgestellt, die zur Gewährleistung einer adäquaten Führung im Digitalzeitalter dienen können. Die vorgestellten Ansätze sind auf die Charakteristika des VOPA+ Modells (siehe Kapitel 1) ausgerichtet und dienen dazu, vernetzter, offener, partizipativer und/oder agiler zu handeln.

Digital Leadership: Ansätze zur Stärkung der Vernetzung

Einen Ansatz zur Stärkung der Vernetzung im Unternehmen bieten Social-Collaboration-Plattformen. In den vergangenen Jahren haben immer mehr Unternehmen die Potenziale eines unternehmensinternen Einsatzes sozialer Medien zur Verbesserung der internen Kommunikation und Zusammenarbeit erkannt und entsprechende Initiativen gestartet.

Neben dieser Vernetzung über digitale Plattformen ist es aber auch im Digitalzeitalter weiterhin wichtig, Ansätze für physische Kontakte und Vernetzung anzubieten. Für solche physischen Netzwerkformate gibt es eine Vielzahl von Möglichkeiten - vom Early Bird Café, über Blind Lunch und Learning Lunch bis hin zum Feierabendbier.

All diese Ansätze dienen dazu, eine stärkere Vernetzung und auf dieser Basis mehr Austausch und Zusammenarbeit zu fördern. Sie unterstützen damit gleichzeitig auch eine größere Offenheit im Unternehmen.

Ansätze für Führungskräfte zur Stärkung der Offenheit

Weitere potenzielle Ansätze für die Förderung von Offenheit sind Reverse Mentoring, Working bzw. Leading Out Loud, Failure Awards und Learning Journeys. Reverse Mentoring eignet sich dafür, weniger digital-affine und für "IT-Spielereien" eher verschlossene Führungskräfte näher an digitale Technologien sowie die Werte und das Denken der Digital Natives heranzuführen. Dieser Ansatz kehrt die klassische Logik der Mentor-Mentee-Beziehung um, denn hier ist der junge Mitarbeiter der thematisch Erfahrenere, der sein Wissen an ältere Kollegen und Vorgesetzte weitergibt.

Ebenfalls primär auf Offenheit ausgerichtet ist das von John Stepper entwickelte Working Out Loud bzw. Leading Out Loud. Working Out Loud ist ein Ansatz zum lernorientierten Austausch im Netzwerk. Drei bis fünf Personen treffen sich – persönlich oder virtuell – zwölf Wochen lang für jeweils eine Stunde in Circles, um gemeinsam an individuellen Zielen der Teilnehmer zu arbeiten. Hierbei stehen drei Kernfragen im Fokus: Erstens, was will ich erreichen? Zweitens, wer kann mir dabei helfen? Und drittens, was kann ich anderen Personen meinerseits anbieten, um eine tiefere Beziehung aufzubauen? Die Kernidee dahinter ist es, das eigene Wissen und die eigene Arbeit sichtbar zu machen, damit alle davon profitieren können. Leading Out Loud steht in ähnlicher Weise für die Transparentmachung von Führung. In Unternehmen wie zum Beispiel Audi, Bosch, Klöckner oder Lufthansa nutzen Führungskräfte Executive Blogs, Podcasts oder Enterprise 2.0-Plattformen, um regelmäßig über ihre Arbeit, ihre Aufgaben, ihr Denken und ihre Entscheidungen zu berichten. (Hier erfahren Sie, wie Working out Loud bei Bosch funktioniert.)

Offenheit impliziert auch die Bereitschaft zu und einen offenen Umgang mit Fehlern. Getreu dem Google-Motto "fail fast, fail smart" muss allerdings darauf geachtet werden, dass Fehler frühzeitig auffallen, offen kommuniziert, klug behoben und nicht wiederholt dieselben Fehler gemacht werden. Zur Veränderung der Fehlerkultur arbeiten verschiedene Unternehmen mit Failure Awards, also Auszeichnungen für die "besten" Fehler. Das Hamburger Unternehmen EOS beispielsweise vergibt regelmäßig einen Wanderpokal für den "Fehler des Kwartals" (ganz bewusst falsch geschrieben). Andere Unternehmen veranstalten "Post-Mortem-Workshops" oder "Fuck-up-Nights".

Auch Exkursionen bzw. Learning Journeys – zu geborenen Digitalunternehmen (zum Beispiel im Silicon Valley), in die Start-up Szene (zum Beispiel in Berlin), in Coworking Spaces (wie sie mittlerweile in vielen Großstädten zu finden sind) oder zu traditionellen Unternehmen, die im Prozess der Digitalisierung bereits weit vorangeschritten sind (zum Beispiel Axel Springer) – können helfen, mehr Offenheit für neue Technologien und eine andere Art von Führung zu erzeugen.

Ansätze zur Stärkung der Partizipation

Auch für die Erhöhung des Partizipationsgrades in Unternehmen gibt es eine Vielzahl von Ansätzen. Im Folgenden werden zunächst einige Methoden vorgestellt, die darauf ausgerichtet sind, Workshops offener zu gestalten und dadurch mehr Partizipation zu ermöglichen oder zuzulassen. Vorgestellt werden Veranstaltungsformate, die nicht darauf abzielen, Wissen und Informationen in einer genau vorgeplanten Agenda von wenigen, ausgesuchten Experten oder Vorgesetzten an die Zuhörer zu vermitteln, sondern die versuchen, die individuelle und kollektive Intelligenz der Veranstaltungsteilnehmer zu nutzen, um Ideen, Konzepte oder Prototypen zu entwickeln.

Sinnvollerweise werden die vorgestellten partizipativen Workshopmethoden nicht einmalig durchgeführt, sondern inhaltlich sinnvoll kombiniert, und wiederholend und regelmäßig zum Einsatz gebracht. Nur bei einer wiederkehrenden Nutzung dieser Formate können sich die Grundgedanken in die DNA des Unternehmens übertragen und für eine grundsätzlich offenere und partizipativere Kultur sorgen.

Partizipative Workshop-Methoden

Jam

Wenn viele Personen eingebunden werden sollen, die man nicht so einfach an einem Ort zusammenbringen kann, kann ein Jam ein hilfreicher Ansatz sein. Der Begriff Jam stammt ursprünglich aus der Musikwelt bzw. der Jazzszene. Ein Jam im Digitalumfeld bezeichnet die virtuelle Zusammenkunft von Menschen zu einem spezifischen Thema über Social Collaboration-Plattformen, mit dem Ziel, für ein konkretes Problem durch die Nutzung von kollektivem Wissen online Lösungsansätze zu generieren. Die Teilnahme erfolgt ausschließlich online und ist dadurch unabhängig von Ort, Tageszeit, Hierarchie und Größe der Zielgruppe. Jams gleichen einem Onlinebrainstorming oder virtuellem Workshop, an dem sich über 100.000 Teilnehmer beteiligen können. Sie dauern in der Regel 24 bis 72 Stunden.

Open Space

Die Einbindung vieler Personen kann aber natürlich auch mit Präsenzformaten erfolgen, zum Beispiel einem Open Space. Open Space ("offener Raum") beruht auf den Prinzipien der Selbstorganisation und Selbstbestimmung der teilnehmenden Personen und dem Grundsatz einer Abkehr von Kontrolle. Es gibt zwar ein Oberthema, aber keine vorgegebenen Detailthemen/-fragen. Jeder kann ein Anliegen, das ihm besonders am Herzen liegt, im Plenum vorstellen. So entsteht ein großer Themenmarktplatz, auf dem sich die Teilnehmer zu Themengruppen zusammenschließen. In diesen werden Ideen zusammengetragen und mögliche Projekte erarbeitet. Die Ergebnisse werden am Schluss gesammelt und vorgestellt. Ziel dieser partizipativen Workshopmethode ist es, in kurzer Zeit mit einer großen Zahl von Menschen zu einem umfassenden Gesamtthema wesentliche Teilthemen anzustoßen (bzw. ggf. auch schon zu bearbeiten) und eine Aufbruchsstimmung zu erzeugen.

Bar Camp

Sollen Themen partizipativ (weiter-)entwickelt, präsentiert und vertieft werden, eignet sich möglicherweise ein Bar Camp. Bei diesem, auch als "Unkonferenz" bezeichneten Format, handelt es sich um eine offene Tagung mit offenen Workshops bzw. Sessions, deren Inhalte und Ablauf zu Beginn der Tagung durch die Teilnehmer selbst – auf Whiteboards, Metaplänen oder Pinnwänden – entwickelt und über einen Stundenplan (Sessionplan) koordiniert werden.

Hackathon

Sollen Teilaufgaben in einem agilen Umfeld abgearbeitet werden, bietet ein Hackathon eine Option. Der Begriff ist eine Kombination aus "Marathon" und "hacken". Im Gegensatz zu den vorher aufgeführten Ansätzen handelt es sich beim Hackathon um eine stark umsetzungsorientierte Arbeitssession. Ziel ist es, Ideen in kurzer Zeit umzusetzen (ähnlich zum Sprint im Scrum-Ansatz, d. h. Prototypen zu bauen bzw. zu programmieren oder Konzepte bzw. Beschlussvorlagen zu erstellen. Durch einen Hackathon kann man Themen innerhalb von 24 oder auch 48 Stunden sehr stark vorantreiben und beschleunigen.

Weitere Instrumente zur Stärkung der Partizipation

Daily Stand-up-Meeting

Eine einfache Methode zur Erhöhung von Offenheit und Partizipation ist ein Daily Stand-up-Meeting. Hierbei handelt es sich um ein tägliches Treffen in der Arbeitsgruppe, bei dem sich die Mitglieder kurz und im Stehen über ihren aktuellen Status austauschen, Abhängigkeiten feststellen und von den anderen Teilnehmern Hinweise/Ideen zum Lösen von Problemen bekommen. Es hat sich bewährt, dass jeder Teilnehmer ganz kurz auf folgende drei Punkte eingeht: Was habe ich seit dem letzten Meeting erledigt? Was werde ich bis zum nächsten Meeting tun? Was behindert mich in meiner Arbeit? Ein solches Daily-Stand-up-Meeting dauert i. d. R. ca. 15 Minuten und sollte möglichst immer zur gleichen Uhrzeit stattfinden, damit es für alle gut planbar ist.

Instant Feedback

Von sehr vielen Unternehmen eingesetzt werden Feedbackinstrumente. Dabei dominiert klassischerweise die (zwei-)jährliche, große Mitarbeiterbefragung. In einer VUCA-Umwelt ist eine Ergänzung um einfache, kontinuierliche Feedbackansätze (zum Beispiel Instant Feedback Apps) sinnvoll. Mitarbeiter und Führungskräfte sollten die Möglichkeit haben, über einen strukturierten Prozess jederzeit Feedback zu geben.

Social Forecasting

Ein etwas anderes, partizipatives Instrument ist das sogenannte "Social Forecasting". Ziel dieses Ansatzes ist es, verteiltes Wissen von Mitarbeitern und Experten zu aggregieren und in quantifizierbare Prognosen umzuwandeln, die dann dem Management für Geschäftsentscheidungen zur Verfügung stehen. Social Forecasting ist eine Kombination aus Crowdsourcing (Nutzung der kollektiven Intelligenz), Gamification-Elementen (als Anreiz für gute Prognosen) sowie einer virtuellen Prognosebörse (Teilnehmer setzen auf einer Handelsplattform eine Anzahl von Punkten auf einen bestimmten Ausgang der Fragestellung, ähnlich einer Wertpapierbörse). Unternehmen, die diese Methode erfolgreich einsetzen, berichten von besseren Prognosen, einer höheren Mitarbeitermotivation und auch niedrigeren Kosten gegenüber anderen Marktforschungsansätzen.

Ansätze zur Stärkung der Agilität

In einer immer dynamischeren Umwelt, die vor allem Schnelligkeit und Flexibilität verlangt, stoßen traditionelle, auf Perfektion und detaillierte Planung ausgerichtete Ansätze häufig an ihre Grenzen. Hier versprechen agile Managementansätze Abhilfe. Während traditionelle Ansätze auf detaillierte Analyse und (Vorab-)Planung ausgerichtet sind, zeichnen sich agile Managementansätze dadurch aus, dass sehr schnell gehandelt und aus den gemachten Erfahrungen gelernt werden soll. Traditionelle Formen der Strategiearbeit planen, bis sie genug wissen, um handeln zu können. Agile Formen der Strategiearbeit handeln zunächst, bis sie genug wissen, um planen zu können.

Die aktuell am häufigsten verwendeten agilen Managementansätze sind Scrum, Lean-Start-up und Design Thinking.

 

Prof. Dr. Thorsten Petry ist Inhaber des Lehrstuhls für Unternehmensführung im Studiengang Media Management an der Hochschule Rhein-Main. Als Berater, Coach, Referent und Trainer hilft er Unternehmen bei der Bewältigung der Managementherausforderungen des Digitalzeitalters.

 

Buchtipp:

Dieser Beitrag ist ein Auszug aus der 2. Auflage des Buchs "Digital Leadership. Erfolgreich Führen in Zeiten der Digital Economy", das von Professor Dr. Thorsten Petry herausgegeben wird. Darin stellen renommierte Experten aus Unternehmen, Beratung und Wissenschaft neue Managementansätze vor und sensibilisieren für Herausforderungen der Unternehmens- und Personalführung im Digitalzeitalter. Den Titel können Sie im Haufe-Shop erwerben.

Quelle: haufe.de

 

09 April 2021

Die fünf Rollen des Digital Leaders

Posted in Führung, Leadership

Digital Leader müssen unter anderem die Rolle als Brückenbauer einnehmen

Die fünf Rollen des Digital Leaders

Digital Leader nehmen, um als Enabler der digitalen Transformation wirken zu können, aktiv viele Rollen ein – verbunden mit ihrer Funktion oder unabhängig davon. Welche Rollen das sind und welches Mindset Digital Leader dafür brauchen, erläutert Michael Groß.

Über die verschiedenen Rollen, die Digital Leader im Unternehmen einnehmen, verschaffen sie sich viel mehr Einfluss, als sie jemals allein über ihre Funktion und den eigenen Platz in der Hierarchie ausüben konnten. Digital Leader gewinnen Macht über die Relevanz ihrer Rollen im Unternehmen. Die Rollen reichen von spontanen und temporären Rollen, wie als Konfliktlöser für ein Team, bis zu geplanten und langfristigen Engagements, wie als Sponsor oder Pate für ein monatelanges Co-Creating-Projekt zur Entwicklung eines neuen digitalen Geschäftsmodells.

Mindset, Skills und Rollenverständnis des Digital Leaders

Das Rollenverständnis als Digital Leader wird von einer Grundüberzeugung geprägt: Entscheidungen und die Planung von notwendigen Ressourcen und Kompetenzen erfolgen möglichst dort, wo schnell ein großer Effekt für das Projekt oder den Kunden erzielt werden kann. Daraus ergeben sich für Digital Leader die folgenden fünf wichtigen Rollen.

Rolle 1: der Verantwortungsgeber

Die erste Rolle eines Digital Leaders ist, die eigene Führung zu teilen, Verantwortung auf spezialisierte Teams oder Projektgruppen vollständig oder temporär zu verlagern ‒ neudeutsch bezeichnet als "Shared Leadership". Gemeinsam werden inspirierende konkrete Ergebnis- und Leistungsziele gesetzt, Mitarbeiter akquiriert und aktiviert, das Lernen über Fehler und Meilensteine überprüft.

Die Rolle der Verantwortungsübertragung kann ‒ wie jede andere Rolle auch ‒ zunächst nur im Verantwortungsbereich und Wirkungsrahmen der eigenen Funktion übernommen werden, also für das eigene Team, die Abteilung und den Bereich. Generell gilt für jede Rolle als Digital Leader, dass sie im stabilen eigenen Umfeld geprobt werden kann, um Vertrauen zu sich selbst zu gewinnen.

Digital Leader entwickeln innerhalb der Hierarchie in Unternehmen Keimzellen für die digitale Transformation. Verantwortung geben ist mehr, als eine gute Teamarbeit zu ermöglichen. Das ist schon immer ein Teil guter Führung. Verantwortung geben bedeutet, dass im Team selbst über das Vorgehen entschieden und je nach Verlauf das Vorgehen justiert wird, inklusive der eigenen Ressourcen ‒ immer im Rahmen der übergreifenden Ergebnis- und Leistungsziele.

Verantwortung geben führt als "Nebeneffekt" auch dazu, dass der Digital Leader im Unternehmen nicht "einsamer Rufer in der Wüste" bleibt, sondern Verbündete gewinnt. Die beste Gelegenheit dafür bietet die projektbezogene Führungsrolle, unabhängig von der hierarchischen Funktion oder Position.

Rolle 2: der Impulsgeber

Digital Leader agieren in einem Unternehmen, jedenfalls zu Beginn der digitalen Transformation, als eine Art Evangelist, der die "frohe Botschaft" des Digital Leadership in die Organisation trägt.

Digital Leader setzen sich immer wieder neu dafür ein, dass Innovationen im Unternehmen eingeführt werden können. Dazu gehören nicht nur neue digitale Geschäftsmodelle und -abläufe. Wichtig für die Führung sind parallel die Fortschritte in Richtung einer digitalen Organisation, angefangen von der Gestaltung von Arbeitszeiten und -räumen über die Etablierung neuer Technologien zur Kollaboration bis hin zur Etablierung paralleler Organisationsstrukturen ‒ als Voraussetzung für die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle.

Impulse sollten idealerweise verborgene Energien in Unternehmen wecken. Vermeintliche Kleinigkeiten, wie neue Arbeitsroutinen in Teams, sogenannte Workhacks, können zeigen, dass anders zu arbeiten gar nicht "wehtut", sogar vieles erleichtert, das bisher für Aufregung gesorgt hat. Ein Digital Leader setzt Impulse so, dass er das Bestehende nicht wie ein Bulldozer auf dem Feld komplett platt macht. Insofern ist ein Digital Leader stets auch Brückenbauer.

Rolle 3: der Brückenbauer

Sie kennen bestimmt die Formel: Keine Zukunft ohne Herkunft. Selbst bei radikalen Veränderungen, die durch die digitale Transformation notwendig werden, gibt es in der Vergangenheit Themen, Fähigkeiten oder Verhaltensweisen, an die angeknüpft werden kann. Das Problem ist, dass das Management oft genau diese Botschaft vermittelt: "Wir müssen uns neu erfinden!" Doch ohne greifbare Details und eine realistische Perspektive für die Zukunft steigern solche Aussagen das Gefühl der Unsicherheit unnötig.

Entscheidend ist das "Abholen". Gute Führungskräfte zeigen, welche Einstellungen, Fähigkeiten oder Verhaltensweisen auch in der Zukunft bedeutsam sind. Dadurch wird die Überzeugung gestärkt, vorhandene Unsicherheiten bewältigen und Unklarheiten beseitigen zu können. Dann steigt die Bereitschaft zur Kooperation, um auch unangenehme und ungewohnte Themen anzupacken. Digital Leader machen Kollegen und Mitarbeiter zu Verbündeten. Nur selten ‒ wenn das Geschäft zusammenbricht oder ein Unternehmen vor dem Ruin steht ‒ kann eine völlige Neuorientierung und Neuerfindung in Unternehmen notwendig werden. Doch selbst dort kann, wenn das Unternehmen erhalten bleibt, meistens irgendetwas aus der Vergangenheit für die Zukunft positiv wirksam sein.

Digital Leader erzählen als Brückenauer stets auch Geschichten. Diese Geschichten ‒ im neudeutschen Fachjargon "Story Telling" ‒ müssen nachvollziehbar und relevant sein. Und sie müssen zuvor weniger Greifbares begreiflich machen. In der Digitalisierung gibt es überall Themen und Begriffe, die Angst dadurch machen, dass die Bedeutung für die Arbeit nicht klar ist ‒ Big Data, Disruption, Blockchain, künstliche Intelligenz. Ein Digital Leader muss nicht alle Begriffe in Detailtiefe erläutern. Wichtiger ist die Übersetzung: "Stellt euch vor, dass unser telefonischer Kundenservice zu jeder Zeit alle Kundenanfragen annimmt und automatisch die für uns lastigen Routinethemen sehr persönlich und immer wertschätzend sofort klärt! Wir kümmern uns um die wirklichen Probleme unserer Kunden. Das wird möglich durch künstliche Intelligenz."

Rolle 4: der Navigator

Mehr denn je schlüpfen Digital Leader in die Rolle des Navigators. Diese Rolle ergibt sich nahezu automatisch aus der Übergabe von Verantwortung, dem Impulsgeben und Brückenbauten. Dadurch werden Richtungen aufgezeigt und beim Verfolgen der gewählten Wege wird Unterstützung gegeben. Die Rolle als Navigator ergibt sich nicht aus der hierarchischen Position, sondern viel eher aus der intensiven Kooperation mit anderen Führungskräften und den Mitarbeitern sowie durch die Koordination von deren Aufgaben. Das bedeutet, dass ein Digital Leader sich weniger durch das Vermögen, eigene Ideen durchzusetzen, auszeichnet als vielmehr dadurch, die Durchsetzbarkeit der besten Ideen zu ermöglichen. Digital Leader zeigen Richtungen auf und forcieren die konsequente Umsetzung der gewählten Wege.

Der wichtigste Gesichtspunkt in Bezug auf die Rolle als Navigator ist das Thema Zielsetzung. Bekanntlich weht für keine Mannschaft der Wind richtig, wenn niemand weiß, welchen Hafen man ansteuern mochte. Und die digitale Transformation bietet viele Winde aus unterschiedlichen Richtungen und viele Häfen. Windstill wird es nie werden. Umso wichtiger ist es, als Digital Leader die jeweils passende Spielkombination zu initiieren ‒ nicht nur für sich selbst als Navigator, sondern auch für das involvierte Team.

Der Navigator forciert das ständige Justieren der Ressourcen, um möglichst schnell die Ziele zu erreichen ‒ oder zu verwerfen. In der digitalen Transformation gibt es einfach zu viele Chancen, die nicht alle genutzt werden können. Daher stellt der Digital Leader nicht per Befehl, sondern über seinen Führungseinfluss als Navigator sicher, dass Teams nicht auf die falschen Karten setzen oder mit einem schwachen Blatt versuchen, das Spiel zu gewinnen.

Durch den Digital Leader als Navigator werden Hindernisse und Herausforderungen antizipiert und das Team vorausschauend sensibilisiert, ohne dass er selbst korrigierend eingreift (außer bei akuter Gefahr im Verzug). Der Navigator bietet hierbei Gelegenheit zur Reflexion über den Kurs und die gewählten Spielkombinationen an. Er achtet darauf, dass sich Teams ‒ durchaus gut gemeint und engagiert ‒ nicht in ein Thema oder Projekt verrennen. Besonders die agilen Arbeitsmethoden bieten dazu eine Vielzahl von Instrumenten. Aber auch ein normaler wöchentlicher, kurzer Jour fixe kann sehr viel leisten ‒ mit den richtigen W-Fragen.

Rolle 5: der Experte

Der Digital Leader kann in einem Team, einem Bereich oder für ein ganzes Unternehmen aber auch eine aktive Rolle übernehmen ‒ als Experte. Dies wird nicht die Regel sein. Aufgrund der fachlichen Herkunft vieler Führungskräfte sollte diese Rille aber nicht zwanghaft unterdrückt werden. Es schadet nicht, dass ein Digital Leader in der Führung manchmal ein Digital Leader in der Technologie oder in anderen Themen der digitalen Transformation ist. Aus der Rolle als Experte leitet sich jedoch nicht der Führungsanspruch ab, wie dies traditionell in vielen Unternehmen bisher der Fall ist. Digital Leader lassen zu, dass die eigenen Mitarbeiter mehr wissen als sie selbst. Sie fordern dies sogar.

Digital Leader teilen ihr Expertenwissen aktiv und halten ihre Kompetenz nicht zurück. Das Wichtigste in der Rolle als Experte ist, mit anderen Führungskräften Erfahrungen als Digital Leader zu teilen. Mit Sparringspartnern kann intensiver am gemeinsamen Fortschritt gearbeitet werden.

Die Verantwortung, wie das Fachwissen genutzt wird, liegt jeweils beim Projektleiter oder einer anderen verantwortlichen Person. Vom Digital Leader wird das Ergebnis nur beurteilt, falls eine persönliche Gesamtverantwortung für das Thema oder Projekt besteht. Als Experte zieht sich ein Digital Leader sofort zurück, sobald das spezifische Wissen nicht mehr gebraucht wird. Floskeln wie "Was ich bei dieser Gelegenheit sagen wollte ..." sollten Sie sich möglichst verkneifen. Das Vertrauen, dass Sie als Digital Leader genau auf Ihre Rollen achten, wird sonst schnell untergraben.

Fazit

Über diese fünf Rollen verschafft sich jeder Digital Leader viele Möglichkeiten, über die eigene Position hinaus positiv für die digitale Transformation in Unternehmen wirksam zu sein, ohne sofort bei Kollegen auf Widerstand zu stoßen, weil man in "ihr Revier" vordringt. Alle Rollen der Digital Leader können sich in bestehenden Hierarchien eines Unternehmens entwickeln und dadurch diese Hierarchien weiterentwickeln, besonders die informellen Strukturen. Für die digitale Transformation sind diese sehr bedeutsam. Die Fähigkeit einer Organisation zur fortlaufenden Anpassung wird gesteigert, bevor formale Strukturen modifiziert werden können.

 

Dr. Michael Groß berät seit vielen Jahren Unternehmen in der digitalen Transformation. Zudem besitzt er einen Lehrauftrag an der Goethe-Universität Frankfurt am Main, unter anderem im Masterseminar "Digital Leadership", und ist ein gefragter Trainer und Redner. Bekannt wurde er zuvor als Olympiasieger im Schwimmen.

 

Buchtipp:

Dieser Beitrag ist ein Auszug aus dem Buch "Digital Leader Gamebook. Erfolgreich führen im digitalen Zeitalter" von Michael Groß, das bei Haufe erschienen ist. Den Titel können Sie im Haufe-Shop erwerben.

Quelle: haufe.de

01 April 2021

Das Leitbild der digitalen Führungskraft

Posted in Führung, Leadership

Abschied vom Gluckenmodell: Digital Leadership heißt Kontrolle abgeben und in zunehmend virtuellen Strukturen zu führen.

Das Leitbild der digitalen Führungskraft

"Kontrolle aufgeben, Führung behalten" – so könnte man die Maxime von Digital Leadership zusammenfassen. Welche Regeln gelten für Führung im Digitalzeitalter, woran können sich Führungskräfte orientieren? Wolfgang Jäger und Kai-Nils Eicke umreißen das Leitbild der digitalen Führungskraft.

In Zeiten sozialer Technologien ist Führung keine Frage mehr der Position, sondern vielmehr der Anzahl (und Qualität) der Follower. Es gilt zu erkennen, dass die bisherige Führungsleistung bzw. das eigene Können beschränkt und nicht mehr (allein) ausreichend ist. Andere Vorgehensmodelle sind zu suchen, zu akzeptieren, das eigene Vorgehensmodell sollte angepasst werden. Gleichzeitig empfiehlt es sich von einem "Leadership by Walking Around"-Modell zu verabschieden und ein "Remote Leadership" statt einem "Gluckenmodell" zu etablieren – bei zunehmend virtuellen Strukturen.

Regeln für Digital Leadership

In jedem Unternehmen gibt es Mitarbeiter, die sich für die (Firmen-)Vision begeistern, die die Netzwerke pflegen und sich engagieren, um die Arbeit für alle ein bisschen besser zu machen. Diese gilt es mit entsprechender (Führungs-)Kultur zu fördern bzw. Barrieren und Hindernisse, die ihnen im Weg sind, abzubauen.

Folgende Regeln helfen dabei, den Weg für Digital Leadership zu ebnen:

  1. Erkenne und respektiere die neue Macht deiner Mitarbeiter.
  2. Teile Informationen, um Vertrauen aufzubauen.
  3. Zeige Neugier und Bescheidenheit.
  4. Fordere Offenheit ein.
  5. Vergib Fehler.

Leitplanken für Digital Leadership

Führungskräfte sind immer mehr in der Funktion als Katalysatoren und Inspiratoren gefordert. Das Ziel besteht in einer gemeinsamen Vision, die zugleich ein entsprechendes Commitment schafft. Die größte Veränderung aber lautet: Kontrolle aufgeben, Führung behalten. Dabei sind folgende Leitplanken zu beachten:

  • Vernetzung – Nachhaltiger Erfolg kann nur mit intelligenter Vernetzung erreicht werden. Sammler, Hüter und Weiterverteiler von Informationen sind out. Experten zu bestimmten Themen können über soziale Netzwerke erreicht werden. Es wird "gelinked & geliked", statt den Dienstweg über den nächsthöheren Vorgesetzten zu gehen. Ethisches Verhalten, soziale Verantwortung und Sinnstiftung werden deshalb zunehmend wichtiger. Neue Werte werden das Verhalten bestimmen. Und die nächste Stufe im Kondratieff-Zyklus (heute Globalisierung und Kommunikation, morgen Vernetzung) wird durch Werte, Nachhaltigkeit und Sinnstiftung geprägt. Die Führungskraft ist in der Verantwortung, ihren Mitarbeitern den bestmöglichen, arbeitsorganisatorischen Rahmen zur Verfügung zu stellen.
  • Mitarbeiterorientierung – Starke Mitarbeiterorientierung ist ein Muss. Ohne kontinuierliches, differenziertes Feedback geht es in der Mitarbeiterführung nicht mehr. Nachrückende Mitarbeiter wollen anders geführt werden als ihre älteren Kollegen, kulturelle Vielfalt und Lebensformen und Lebensabschnitte der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie die Herausforderungen durch den demographischen Wandel müssen beachtet werden.
  • Führung auf Distanz – Remote Leadership statt Gluckenmodell. Das Gluckenmodell, dem gemäß sich die Mitarbeiter ständig um den Chef drängen wie Küken um eine Henne, funktioniert immer seltener. Diversität der Arbeitsformate ist gefragt und wird weiter stark zunehmen.
  • Gesunde Vielfalt – Gesundheit fördern und Vielfalt ermöglichen. Die längeren Lebensarbeitszeiten mit unterschiedlichsten Arbeitsmodellen, die Zusammenarbeit im Team von verschiedenen Generationen sowie die Beachtung der Kulturen, Sprachen oder Religionen, werden die Führungskräfte in der Zukunft vor andere Anforderungen stellen.
  • Werte- und Vertriebsorientierung – Marktveränderungen frühzeitig erkennen. Konsequente kundenorientierte Unternehmensführung ermöglicht das frühzeitige Erkennen von Marktveränderungen, die Anpassung interner Denkweisen und Strukturen (Ordnungssystem) an eine neue Marktsituation, sodass neue Innovationen entstehen und Unsicherheiten aufgrund von Veränderungen minimiert werden können.


Prof. Dr. Wolfgang Jäger war von 1995 bis 2018 Professor im Studiengang Media Management der Hochschule Rhein-Main in Wiesbaden. Er ist dort weiterhin mit verschiedenen Forschungsprojekten aktiv. Zudem ist er Gesellschafter der Dr. Jäger Management-Beratung und der DJM Consulting GmbH.

Dr. Kai-Nils Eicke ist Geschäftsführer der DJM Communication GmbH und berät seit über 15 Jahren in strategischer Kommunikation und Public Relations.

 

Buchtipp:

Dieser Beitrag ist ein Auszug aus der 2. Auflage des Buchs "Digital Leadership. Erfolgreich Führen in Zeiten der Digital Economy", das von Professor Dr. Thorsten Petry herausgegeben wird. Darin stellen renommierte Experten aus Unternehmen, Beratung und Wissenschaft neue Managementansätze vor und sensibilisieren für Herausforderungen der Unternehmens- und Personalführung im Digitalzeitalter. Den Titel können Sie im Haufe-Shop erwerben.

Quelle: haufe.de

26 März 2021

Was Digital Leadership ausmacht

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Die VUCA-Umwelt erfordert von Führungskräften ein flexibles Vorgehen und ein schnelles (Re-)Agieren.

Was Digital Leadership ausmacht

Digitale Transformation ist mehr als die Einführung neuer Technologien oder Geschäftsmodelle. Auch Führungskräfte müssen ihre Rolle überdenken und neu definieren. Wie muss Führung im Digitalzeitalter gestaltet werden? Professor Thorsten Petry erläutert die Merkmale von Digital Leadership.

Sicher kennen Sie den Begriff VUCA. Das Akronym setzt sich zusammen aus den vier Begriffen Volatility, Uncertainty, Complexity und Ambiguity. Im Digitalzeitalter wirken oft alle vier Kräfte gleichzeitig auf die Unternehmen ein. Eine solche VUCA-Umwelt bedeutet insbesondere, dass Geschäftsentwicklungen immer weniger vorhersehbar und dementsprechend weniger planbar werden. Deshalb müssen in der Vergangenheit erfolgreiche, auf detaillierter Analyse, langfristiger Planung und exakter Planumsetzung basierende Führungsansätze überdacht werden. Eine VUCA-Umwelt erfordert ein flexibles Vorgehen und ein schnelles (Re-)Agieren. In einem Zeitalter der Beschleunigung müssen Manager häufig mit mehreren Optionen "jonglieren" und "auf Sicht fahren". Ein pragmatisches Ausprobieren und Lernen ist oft – aber natürlich nicht immer – erfolgreicher als detaillierte Analyse und Planung.

Merkmale von Digital Leadership: Agilität

Führung verlangt demnach immer häufiger danach, zwar eine grundsätzliche Richtung vorzugeben, aber in Szenarien zu denken, sich mehrere Optionen offenzuhalten, schwache Signale frühzeitig aufzunehmen, mit Lösungsansätzen zu experimentieren und sehr schnell aus den gemachten Erfahrungen – dies beinhaltet ganz bewusst auch Fehler – zu lernen. All dies lasst sich unter dem Oberbegriff Agilität bzw. agile Führung subsumieren. Diese Agilität bildet das erste Charakteristikum einer adäquaten Führung im VUCA-Umfeld des Digitalzeitalters.

Partizipation

Um in einer VUCA-Umwelt agil führen zu können, ist die Erkenntnis notwendig, dass Unternehmenslenker und Führungskräfte selten allwissend sind. Ein komplexes System in einer volatilen, unsicheren, komplexen und ambivalenten Umwelt vollständig kontrollieren und zentral führen zu wollen, ist vermessen. Einzelne Mitarbeiter als Experten in ihrem Gebiet haben häufig mehr Wissen als die Führungskraft und Innovationen entstehen oft beim selbstgesteuerten Austausch auf Augenhohe in crossfunktionalen Teams. Dementsprechend muss Führung stärker verteilt und die gesamte individuelle und kollektive Intelligenz im Unternehmen genutzt werden (Partizipation). Mitarbeiter sollten miteinbezogen werden, was in der Führungsforschung auch mit verschiedenen Blickwinkeln unter Shared Leadership, Servant Leadership, Emergent Leadership, New Leadership oder auch demokratische Führung diskutiert wird.

Aufgabe der Führungskräfte ist es, einen Rahmen zu schaffen, in dem sich die Mitarbeiter entfalten können. Im Sinne einer transformationalen Führung sollten Manager die Rahmenbedingung dafür schaffen, dass Mitarbeiter ihre intrinsische Motivation und ihre spezifischen Fähigkeiten einbringen können und wollen.

Ein wesentlicher Aspekt von partizipativer Führung ist die Selbstorganisation und -steuerung von (Experten-)Teams und Communities. Führungskräfte können in einer VUCA-Umwelt nicht mehr alles (fremd-)steuern. Sonst leidet die Qualität und/oder die Entscheidungsgeschwindigkeit ist zu gering. Die Detailsteuerung muss daher zunehmend der sozialen Selbststeuerung in Teams bzw. Communities überlassen werden.

Vernetzung

Eine wesentliche Voraussetzung für mehr Partizipation bzw. Selbststeuerung ist eine ausgeprägte Vernetzung. Daher muss Führung in einer VUCA-Umwelt die Bildung von unternehmensexternen und -internen Netzwerken und die abteilungs-, regionen- und funktionsübergreifende Zusammenarbeit unterstützen. Der einzelne kluge Kopf wird Teil von Kooperationsnetzen.

Offenheit

Dafür wiederum ist eine offene Führung angebracht. Im Digitalzeitalter sollte eine Führungskraft offen kommunizieren, offenes Feedback geben und auch selbst offen für Kritik sein. Dies ist ein Kernergebnis einer Studie von 156 Führungskräften und Personalern deutschsprachiger Unternehmen. Ziel der Befragung war es, zu ermitteln, welche konkreten Erwartungen an (gute) Führungskräfte sich im Zeitalter der Digitalen (R)Evolution ergeben und inwieweit diese Erwartungen aktuell erfüllt werden. Im Rahmen der Erhebung zeigt sich, dass der Offenheit eine exponierte Stellung zukommt. Leider gibt es aktuell keine (12 Prozent Nennungen) oder nur wenige (78 Prozent) Führungskräfte, die diese Anforderungen auch erfüllen. Wenig verwunderlich wird die wichtigste Erwartung der offenen Kommunikation auch als häufigster Mangel angesehen. Es besteht scheinbar noch ein Einstellungs- und/oder Kompetenzmangel in Bezug auf das Idealbild einer offenen Führung.

Wer über Jahre oder Jahrzehnte gelernt hat, dass Wissen Macht bedeutet, dass Vertrauen gut, aber Kontrolle besser ist und dass wichtige Entscheidungen im stillen Kämmerlein getroffen werden, für den ist eine Umstellung auf eine vernetzte, offene und partizipative Führung sicherlich sehr schwer. Diese erfordert Zeit und eine entsprechende Unterstützung bzw. Begleitung. Vor diesem Hintergrund kann es auch nicht verwundern, dass in einer Studie von Hays das Silo- und Konkurrenzdenken als häufigster Grund genannt wurde, an dem Unternehmen beim digitalen Wandel scheitern.

Vertrauen

Wenn Führung vernetzter, offener, partizipativer und agiler werden soll, dann setzt dies schließlich voraus, dass Führungskräfte ihren Mitarbeitern vertrauen. Sowohl im Hinblick auf deren Motivation (Wollen) als auch deren Kompetenzen (Können). Wie Luhmann schon 1968 herausstellte, ist Vertrauen ein zentraler Mechanismus zur Komplexitätsreduktion.

Führung im Digitalzeitalter: Das VOPA+ Modell

Die fünf Charakteristika Agilität, Partizipation, Offenheit, Vernetzung plus Vertrauen bilden das sogenannte VOPA+ Modell. Wie soeben erläutert, erfordern es die Volatilität, Unsicherheit, Komplexität und Mehrdeutigkeit (VUCA) der Digital Economy, Informationen offenzulegen und nicht nur Daten und Maschinen, sondern auch Wissens- bzw. Intelligenzträger zu vernetzen, die verfügbare Erfahrung und (kollektive) Intelligenz zu nutzen und agil auf Veränderungen zu reagieren. Eine Vertrauenskultur ist die notwendige Basis hierfür, denn ohne sie ist Offenheit und damit dann auch Vernetzung, Partizipation und Agilität nicht möglich.

Ambidextrie

Zwar muss sich Führung aufgrund der dargestellten Charakteristika des Digitalzeitalters in vielen Fällen in Richtung von VOPA+ ändern, allerdings ist es genauso wichtig, den Bogen nicht zu überspannen. Eine erfolgreiche Führungskraft bzw. ein erfolgreiches Unternehmen im digitalen Zeitalter benötigt beides: Einerseits bewahrte, auf Effizienz und Exzellenz ausgerichtete Managementansätze ("linke Hand") und andererseits Ansätze, die stärker auf Geschwindigkeit und Innovation ausgerichtet sind ("rechte Hand"). In der Wissenschaft wird in diesem Zusammenhang auch von "Ambidexterity" bzw. Beidhändigkeit gesprochen. Digital Leadership muss beidhändig sein.

 

Über den Autor 

Prof. Dr. Thorsten Petry ist Inhaber des Lehrstuhls für Unternehmensführung im Studiengang Media Management an der Hochschule Rhein-Main. Als Berater, Coach, Referent und Trainer hilft er Unternehmen bei der Bewältigung der Managementherausforderungen des Digitalzeitalters.

 

Buchtipp:

Dieser Beitrag ist ein Auszug aus der 2. Auflage des Buchs "Digital Leadership. Erfolgreich Führen in Zeiten der Digital Economy", das von Professor Dr. Thorsten Petry herausgegeben wird. Darin stellen renommierte Experten aus Unternehmen, Beratung und Wissenschaft neue Managementansätze vor und sensibilisieren für Herausforderungen der Unternehmens- und Personalführung im Digitalzeitalter. Den Titel können Sie im Haufe-Shop erwerben.

Quelle: haufe.de

16 Oktober 2020

Erfolgsfaktor resiliente Führung: Was macht sie aus?

Posted in Führung, Leadership

Erfolgsfaktor resiliente Führung: Was macht sie aus?

Resiliente Führung hilft Unternehmen und ihren Beschäftigten durch die Krise. Statt auf Härte kommt es dabei auf emotionale und geistige Flexibilität an.

Resiliente Führung ist ein wichtiger Erfolgsfaktor, um jeder Krise zu trotzen – wie sich aktuell sehr gut beobachten lässt. Doch was beinhaltet das Konzept resilienter Führung eigentlich? Und wieso trägt es nicht nur in Krisenzeiten dazu bei, den Erfolg von Unternehmen zu sichern?

Resilienz

Die aktuellen Umstände zeigen: Der Corona-bedingte Lockdown stellt Führungskräfte vor eine echte Bewährungsprobe. Immerhin mussten diese von jetzt auf gleich lernen, aus dem Homeoffice Mitarbeiter zu koordinieren und zu motivieren, Aufgaben und Kompetenzbereiche zu verteilen, Erfolgskontrolle zu managen und dabei gleichzeitig zu vertrauen. Kaum etwas blieb wie gehabt – außer der Arbeitslast. Und die wurde, das können wir wohl alle bestätigen, sogar eher größer.

Und hier kommt der Begriff Resilienz in Spiel: Er stammt ursprünglich aus der Werkstoffkunde und beschreibt die Fähigkeit eines Stoffes, nach einer Verformung wieder in seine Form zurückzukehren. Auf den Kontext von Unternehmen angewendet bedeutet das, Krisen unbeschadet zu bewältigen – und sogar gestärkt aus ihnen hervor zu gehen. Man kann resiliente Unternehmen daher auch als „krisenfest” oder „widerstandsfähig” bezeichnen.

Bei solchen „Verformungen” – sei es durch eine Pandemie, eine Technologie oder verändertes Kundenverhalten – braucht jeder Orientierung. Für die Mitarbeiter kommt es also auf eine beständige und kraftvolle Führung an; für die Führungskräfte darauf, diese darstellen zu können und das unter der Prämisse gegebenenfalls selbst wenig Orientierung zu bekommen.

Was ist nun resiliente Führung?

Zunächst wird aus der oben genannten Begriffsherkunft schon klar, dass Resilienz etwas anderes ist als Härte. Harte Materialien oder Führungskräfte sind nämlich gerade nicht widerstandsfähig bei Verformungen, sondern sie zerbrechen.

Im Gegenteil, statt auf Härte kommt es auf emotionale und geistige Flexibilität an: Menschen, die gelernt haben, Erschütterungen von außen aufzunehmen und die entstehenden inneren Schwingungen zwar zuzulassen, sie aber auch aktiv zu dämpfen und gerade nicht noch zu verstärken, können besser mit Krisen umgehen als diejenigen, die starr versuchen, allen Widrigkeiten zu trotzen. Und so, wie der Werkstoff nach der Verformung nicht mehr unbedingt genau in seine ursprüngliche Form zurückkehrt, sondern in diejenige Form, die der vorherigen am nächsten kommt und durch die Umfeldbedingungen zugelassen wird, muss auch die Führungskraft flexibel sein. Daher wird nach der Covid-19-Krise die resiliente Führungskraft auch nicht genau wieder in den alten Modus Operandi zurückfallen, sondern die neuen Erkenntnisse, Lehren und auch die neuen Anforderungen und Bedürfnisse der Mitarbeiter aufnehmen und einen leicht veränderten Modus Operandi finden.

Dennoch ist es seine Form, in die der Werkstoff zurücktritt. Analog für die Führungskraft: Sie muss ihre Form kennen, ihre ursprüngliche Bestimmung und den Sinn ihrer Tätigkeit kennen. Daher hat die „Purpose“-Bewegung auch in der Krise ihre Berechtigung!

Resiliente Führungskräfte sind per Definition jedoch keinesfalls diejenigen, die sich besser schonen und Herausforderungen aus dem Weg gehen. Stattdessen zeigen Forschungsergebnisse, dass resiliente Menschen solche Situationen „einfach“ als weniger belastend empfinden. Auf Basis dieser Einstellung gestalten sie diese Situationen so, dass sie sie unbeschadet überstehen. Sie sind also auch keine blinden Optimisten, sondern viel mehr Gestalter.

Teamresilienz

Denkt man das oben Gesagte weiter, ergibt sich auch: Resiliente Führungskräfte, die ihren Teams Orientierung auch in Unsicherheit geben können, schaffen schon einmal gute Voraussetzungen für die Resilienz aller Teammitglieder. Denn damit fühlen sich die Mitarbeiter als Teil eines größeren Ganzen, kennen ihren Purpose und haben ein Vorbild für ihre eigene Haltung. Darüber hinaus zeigen ja viele Studien, dass die Deutlichkeit, mit der sich Führungskräfte Herausforderungen und Lerngelegenheiten stellen, direkt auf ihre Teams abfärbt. In der Folge sind die Teams lernbereiter, engagierter und bleiben länger im Unternehmen!

Resilienz und Unternehmenserfolg

Betrachtet man noch mal die Gleichsetzung zwischen Resilienz und Krisenfestigkeit, ist offensichtlich Resilienz als Erfolgsfaktor für Unternehmen anzusehen. Aber auch durch quantitative Forschungen ist dies inzwischen belegt worden: In einer Studie der Harvard Business School aus dem Jahr 1998 wurde erstmals gezeigt, dass die US-amerikanischen Unternehmen mit der besten Aktien Performance bestimmte Führungsprinzipien beachten, die zentral sind für „resiliente Führung“: langfristiges Personalmanagement, Verteilung von Lasten, Orientierung und Transparenz, Investitionen in Lernen und Weiterbildung. Und um noch mal auf die ganz harten Kennzahlen zukommen: Bei einer Untersuchung der verschiedenen Tochterfirmen von Bertelsmann aus dem Jahr 2007 stellte sich heraus, dass die Tochtergesellschaft mit einer stark ausgeprägten partnerschaftlichen Führung und einer hohen Identifikation der Mitarbeiter mit dem Unternehmen die beste Umsatzrendite aufwiesen.

Damit ist das Konzept der Resilienz nicht nur im Ausnahmezustand nützlich, sondern schon aus betriebswirtschaftlichen Gründen hilfreich – zu jeder Zeit. Darüber hinaus entstehen Krisen in einer Vuca-Welt, wie oben angedeutet, nicht nur durch Pandemien, sondern auch durch Wandel in Technologie, Wettbewerb und Kundenvorlieben. Daher lohnt es gleich doppelt, auch „nach“ Corona in resiliente Führung zu investieren.

Fazit

Krisenfest und resilient wird man keinesfalls über Nacht. Aber die gute Nachricht ist: Resilienz ist nicht angeboren, sondern lässt sich erlernen. Dazu gibt es Tricks, die wir ihnen in den nächsten Teilen dieser Serie zeigen werden.

Das Schöne ist also: Mit ein bisschen Investment kann man auf einen Schlag selbst resilienter werden, dem Team dabei helfen resilienter zu werden und damit gleichzeitig den Unternehmenserfolg maximieren.

Über die Autorin

Prof. Dr. Katja Nettesheim ist Expertin für Management und Führung im Digitalen Zeitalter. Als Gründerin und Geschäftsführerin der Transformations-Boutique Mediate, als Initiatorin des Preises “Digital Transformer of the Year”, sowie als Professorin und Aufsichtsrätin befasst sie sich schon seit 2008 mit den Erfolgsfaktoren der Digitalen Wirtschaft. Mit ihrem Team begleitet sie die Strategien von etablierten Unternehmen, um sich optimal auf diese Erfolgsfaktoren einzustellen. Als Gründerin und Geschäftsführerin von Culcha verbindet sie diese langjährige Expertise mit neurowissenschaftlichen Erkenntnissen und innovativer Technologie.

Quelle: Human Ressources Manager

11 September 2020

6 Phrasen, die erfolgreiche Menschen niemals sagen würden

Posted in Coaching

6 Phrasen, die erfolgreiche Menschen niemals sagen würden

Unsere Gedanken und die Dinge, die man zu sich selbst und anderen sagt, werden häufig unterschätzt. Sie definieren: wie du denkst, wie du handelst, wie andere dich wahrnehmen.
Eine leichtfertige, unbedachte Bemerkung könnte deinen ganzen Tag und deine Karriere bestimmen, ohne dass du es merkst.

In diesem Artikel erfährst sechs Phrasen, die deinen Erfolg untergraben können. Erfolgreiche Menschen würden diese Phrasen niemals sagen.

1. „Es ist einfach einer dieser Tage“

Der Glaube daran, dass alles schief läuft und dass sich die Welt irgendwie gegen dich verschworen hat, hilft nicht weiter. Wenn du denkst, dass derzeit schlechte Dinge geschehen und weiterhin geschehen werden, wirst du nur die negativen Aspekte wahrnehmen.

Versuche stattdessen, einzelne Herausforderungen als kleine Tests zu betrachten. Schaffe etwas Abstand zwischen dir und dem Test. Betrachte ihn objektiv und handele entsprechend. Er ist nicht persönlich, er ist nicht bösartig, er ist nur etwas, das vor dir liegt und bei dem du entscheiden kannst wie du damit umgehen willst.

Entscheide dich dafür dankbar zu sein, dass es neue Herausforderungen gibt. Mit diesen bietet sich auch eine Chance. Wie Monica von Friends sagte:

„Ich werde nicht älter, ich werde nur besser!“

2. „Es ist nicht meine Schuld“

Deine Fehler sind deine Schuld und das ist gut so. Erfolgreiche Menschen wissen, dass alles, was in ihrem Unternehmen geschieht, mit einer Handlung zusammenhängt, die sie – wenn auch indirekt – vorgenommen haben oder hätten vornehmen sollen. Hierfür gibt es zahlreiche Beispiele. Es könnte:

  • eine schlechte Anstellung sein
  • eine Recherche, die du nicht durchgeführt hast
  • ein Problem, das du nicht vorhergesehen hast

So oder so:

"Wer das Problem erkennt, besitzt auch die Lösung."

Sich der Verantwortung zu entziehen und Ausreden zu erfinden ist eine passive, unratsame Reaktion. Es ist keine Reaktion, welche GewinnerInnen tätigen würden. Vergiss die 10% der Dinge, die du nicht kontrollieren kannst:

  • das Wetter
  • die globalen Marktkräfte
  • etc.

Konzentriere dich auf die Dinge, die du kontrollieren kannst. Deine Handlungen liegen in deinen Händen. Folglich liegt auch dein Erfolg in deinen Händen.

3. „Ich werde es versuchen.“

Erfolgreiche Menschen entscheiden, was sie tun werden und dann tun sie es. Wie Meister Yoda sagt:

„Tu es, oder tu es nicht. Es gibt kein Versuchen.“

Wenn du dich verpflichtest etwas geschehen zu lassen, wirst du dieses Versprechen auch einhalten. Die Antwort „Ich werde es versuchen“ bedeutet in Wahrheit: „Das ist nicht so wichtig für mich. Es hat keine Priorität.“ Wenn dies der Fall ist dann sag einfach nein.

Halte dich an folgenden soliden Rahmen:

"Entscheiden, planen, handeln."

Viel besser als „Ich werde es versuchen“ sind folgende Phrasen:

  • „Ich werde einen Weg finden“
  • „Ich werde es nicht tun, aber ich schlage vor…“

Dein Vorschlag sollte bei deinem gegenüber eine Barriere aufheben. Zu versprechen, dass man versucht Dinge zu tun, von denen man tief im Inneren weiß, dass man sie wahrscheinlich nicht tun wird, ist für niemanden produktiv oder nützlich.

4. „Warten wir’s ab“

Abwarten ist selten die richtige Strategie. Erfolgreiche Menschen überlassen ihren Erfolg nicht den Marktkräften oder äußeren Ereignissen. Erfolgreiche Menschen arbeiten für ihren Fortschritt.

Als Beispiel hierfür dient eine Buchvorstellung. Erst, wenn:

  • dein Buch geschrieben
  • dein Inhalt geplant
  • deine E-Mail-Ankündigungen fertig
  • dein Marketing-Trichter eingerichtet
  • deine Rezensenten vorbereitet
  • dein Verleger vorbereitet

wirst du entspannt abwarten können. Aber selbst wenn du wartest, solltest du die Situation überwachen, bewerten und so schnell wie möglich reagieren.

Abwarten und abwarten, anstatt zu handeln, wird zu keinem positiven Ergebnis führen. Timing ist alles und passives Beobachten kann zu einer schwer zu durchbrechenden Gewohnheit werden.

Statt abzuwarten und zu sehen, solltest du Prognosen für die Zukunft treffen. Erstelle eine Prozesskarte mit „Wenn dies, dann das“-Szenarien. Entwickle einen Plan für jede Eventualität. Finde heraus wie du Erfolg haben kannst, egal was passiert. Setze auch deinen Plan B um. Wofür auch immer du dich entscheidest: agiere bewusst, beherrsche die Situation und nimm aktiv am angestrebten Erfolg teil.

5. „Das wird nie funktionieren“

Erfolgreiche Menschen sind von ihren eigenen Fähigkeiten überzeugt. Sie haben nicht das Bedürfnis die Ideen anderer zu unterdrücken.

Immer, wenn auf einem Gebiet bedeutende Fortschritte erzielt werden, folgen auch innovative Durchbrüche und Erkenntnisse – selbst, wenn diese zuvor für unmöglich gehalten wurden. Erfolgreiche Menschen verschließen sich nicht der Möglichkeit, dass etwas (so unwahrscheinlich es auch erscheint) ein durchschlagender Erfolg werden könnte.

Anstatt die Dinge für bare Münze zu nehmen, solltest du Fragen stellen. Du wirst dich tief mit Überzeugungen und Werte beschäftigen auf denen eine neue Idee beruht. Wenn sich eine Idee als schlecht herausstellt, solltest du nicht sagen: „Ich habe es Ihnen ja gesagt“.

Wenn du dich dabei ertappst, dass du die Ideen deiner Mitmenschen ablehnst, solltest du dich fragen warum.

  • Vielleicht liegt es an deiner Unsicherheit.
  • Vielleicht liegt es daran, dass du glaubst etwas verpasst zu haben.
  • Vielleicht wünscht du dir, dass du zuerst darauf gekommen wärst.
  • Vielleicht willst du unbewusst jemandem ein paar Steine in den Weg legen.

An der Begeisterung und den Denkprozessen anderer teilzuhaben, ist für alle Beteiligten eine wertvolle Übung, die nicht unterschätzt werden darf.

6. „Das ist nicht gerecht“

Erfolgreiche Menschen sind die Helden ihres eigenen Lebens, nicht die Opfer. Sie sind nicht so naiv zu glauben, dass es keine unfairen Umstände gibt. Dennoch finden sie Wege diese zu umgehen, anstatt sich mit der vermeintlichen Ungerechtigkeit des Ganzen aufzuhalten.

  • Befangene Schiedsrichter? Dann halten wir uns noch strenger an die Regeln.
  • Versteckte Affären? Dann bieten wir ein anderes Produkt an.
  • Unfaire Vorurteile? Dann bieten wir die beste Lösung an, die es gibt.

Erfolgreiche Menschen wissen, dass die Karten im Spiel immer neu gemischt werden. Eventuell fallen sie besser als beim letzten Mal. Nimm weder das eine noch das andere als selbstverständlich hin.

Deine Worte werden zu deinen Taten und deine Taten bestimmen deine Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Achte sorgfältig auf deine Phrasen und lege schlechte Gewohnheiten ab, die dich sowieso nur vom Kurs abbringen.

Dieser Artikel wurde von Jodie Cook Englisch verfasst und am 22. Juni 2020 auf forbes.com veröffentlicht. Wir haben ihn für euch übersetzt, damit wir uns mit unseren Lesern zu relevanten Themen austauschen können.

Quelle: unternehmer.de

28 August 2020

Chaos-Management: Was Unternehmer und Führungskräfte von Künstlern lernen können

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Wenn Unternehmer und Künstler aufeinandertreffen ...

Chaos-Management: Was Unternehmer und Führungskräfte von Künstlern lernen können

Unternehmer und Führungskräfte von heute stehen vor der Herausforderung, kreativ, innovativ und anders zu sein als der Wettbewerb. Es reicht nicht aus, einfach nur ein tolles Produkt kostengünstig herzustellen und zu vertreiben. Weil sich Unternehmer und Führungskräfte in komplexen und oft unübersichtlichen Strukturen bewegen und auf kreative Problemlösungen angewiesen sind, sind sie zur Innovation geradezu verdammt. Kann die Kunst, können Künstler dabei als Inspirationsquelle dienen?

Kreatives Denken durch Kunst

Der Kultursoziologe Theodor W. Adorno beeinflusste mit diesem Satz ganze Generationen von Künstlern:

„Die Aufgabe von Kunst heute ist es, Chaos in Ordnung zu bringen”.

Das Management vieler Organisationen vermeidet es tunlichst, Unternehmen und Kreativwirtschaft zusammenzubringen. Manager hört man über Kreative oft sagen: „Wir haben schon genug Chaos in unserem Unternehmen.”

Diese Diskussion entspricht schon lange nicht mehr der Wirklichkeit. Auch Künstler und Kreative planen

  • ihre nächsten Arbeitsschritte,
  • die Woche,
  • den Monat,
  • das Jahr,
  • ein Ausstellungsprojekt,
  • einen Auftrag,
  • ihre Erfolgsstrategie,
  • ihre Zukunft.

Aber ihre Planung ist nicht methoden- oder zahlengetrieben, sie schließt immer ein gesundes und produktives Maß an Chaos und Improvisation mit ein. Das erfordert Mut, Flexibilität, Offenheit, Selbstvertrauen und eine hohe Identifikation mit dem eigenen Tun.

An der Schnittstelle von Kunst und Unternehmen

So arbeiteten einige Kreative schon im vergangenen Jahrhundert sehr erfolgreich an der Schnittstelle von Kunst und Unternehmen. Die Wirtschaft hat von ihren Vermarktungsfähigkeiten insbesondere in der Musikindustrie, im Fernsehen, in der Werbung, den neuen Medien, dem Design und der Architektur profitiert. Der Begründer der Medientheorie, Marshall McLuhan, dachte bereits Mitte des letzten Jahrhunderts mit seinem Diktum

„Kunst ist alles, was durchkommt”

diese Erfolge voraus.

In den 1960er-Jahren revolutionierten dann Joseph Beuys, Helmut Jahn und Andy Warhol den Kunstbegriff im Sinne Marshall McLuhans. Warhols Feststellung

„In der Wirtschaft gut und erfolgreich zu sein, ist das Faszinierendste an der Kunst“

war nicht bloß daher gesagt. Warhol jobbte in der Werbe- und Medienbranche, managte die Musikgruppe The Velvet Underground und die Sängerin Nico, produzierte Fernsehen, Zeitschriften und Filme und machte Campbell‘s Suppendosen zum Kultobjekt.

In Museen finden sich vor allem seine Siebdrucke von Marilyn Monroe, Liz Taylor und Coca Cola. Warhol war ein Unternehmer ohne jegliche Berührungsängste.

Kunst ermöglicht neue Perspektiven

Die Folge: Längst arbeiten Kunst und Unternehmen zusammen – denn Kunst kann als Inspiration von Kreativität und Innovation im Unternehmen fungieren. Manager und Führungskräfte erlernen so den Perspektivenwechsel und den neuen Blick auf alte Strukturen. Dazu nun einige Beispiele:

  • Der Kunstunternehmer Yadegar Agassi, der in Berlin riesige Rundbilder (Panoramen) für Millionen Besucher aufbaut, tritt immer als Investor auf.
  • In Führungskräftetrainings zur Verbesserung der Präsentationen von Managern werden sehr häufig Schauspieler eingesetzt, die mit den Führungskräften an Stimme, Mimik und Wirkung arbeiten.
  • Der DM-Chef Götz Werner besuchte mit seinen Top-Managern die Uffizien in Florenz. Dort sollten die Führungskräfte ihre Sichtweisen beim Betrachten von Bildern schärfen. Die Manager mussten teilweise eine Stunde vor einem Bild stehen. Dadurch sahen sie von Minute zu Minute mehr in den Kunstwerken.
  • In der Würth AG werden regelmäßig Vernissagen durchgeführt, die oftmals in der Belegschaft kontrovers diskutiert werden. Darüber hinaus gründete die Familie Würth mehrere Ausstellungshäuser, unter anderem in Künzelsau und Schwäbisch Hall. Der Eintritt ist frei. Somit unterstützt der Schraubenkonzern seine Mitarbeiter dabei, sich mit Kunst auseinanderzusetzen, und wirkt darüber hinaus in die Gesellschaft hinein.
  • Der SAP-Gründer Hasso Plattner gründete mit 200 Millionen € das Hasso-Plattner-Institut (HPI) für Softwaresystemtechnik an der Potsdamer Universität. Dort etablierte er die School of Design Thinking, die Wissenschaft und Kunst mit den Interessen der Wirtschaft verbindet.

Kunst als Inspirationsquelle

Die Firma FSB (Franz Schneider Brakel), die Türklinken herstellt, geriet in den 1980er-Jahren in Schwierigkeiten. Die Bauwirtschaft befand sich damals in einer großen Krise. Es war an der Zeit, grundsätzlich über das Produkt nachzudenken. Daher besuchte der Geschäftsführer Jürgen Braun den Grafikdesigner Otl Aicher.

Dieser hatte schon anderen Unternehmen von der Braun AG bis zur Lufthansa zu einem überzeugenden Marketingauftritt verholfen. Der entscheidende Impuls kam für ihn jedoch durch den Besuch eines Buchladens.

Dort fand er ein Buch über Handlesekunst, wodurch ihm bewusst wurde, dass sich ein Türklinkenproduzent mit der physischen Seite des Greifens beschäftigen musste. Die Türklinke war demnach kein x-beliebiger Zubehörartikel einer Tür, sondern hatte eine kulturhistorische Bedeutung. Die Anthropometrie des Greifens konnte in vier Basiselemente zerlegt werden:

  1. die Gebote der Daumenbremse,
  2. der Zeigefingerkuhle,
  3. der Ballenstütze und
  4. des Greifvolumens.

Diese vier Gebote sind bis heute in der gesamten Branche akzeptiert.

Übrigens: Eines der ambitioniertesten Projekte eines Künstlers zu Beginn des 21. Jahrhunderts ist „Southern Extension“ oder „Hirstville“, wie es Journalisten gerne nennen. Damien Hirst plant mit Architekten in England gleich eine neue Stadt. Mit seinen Kunstwerken hat er geschätzte 1 MRD US-$ verdient. Damit sind Künstler als Investoren auf dem Markt und endgültig im Big Business angekommen.

Kunst und Wirtschaft passen zusammen

Vor allem die authentischen Beispiele zeigen, dass Kunst und Wirtschaft durchaus kompatibel sind. Unternehmer sollten prüfen, inwiefern sie Kunst als Inspirationsquelle nutzen und in ihr unternehmerisches Denken und Handeln integrieren können.

Über den Autor

Dr. Roland Geschwill ist Mitgründer und Geschäftsführer der „Denkwerkstatt für Manager“, die über Expertise sowohl in der angloamerikanischen als auch in der deutschen Managementkultur verfügt. Bereits seit 1986 berät der Diplom-Psychologe Führungskräfte. Darüber hinaus engagiert sich Roland Geschwill ehrenamtlich als Vorstandssprecher des Fördervereins „Friends“ beim renommierten Festival „Enjoy Jazz“.

Quelle: unternehmer.de

31 Juli 2020

Enterpreneure und Transformationen

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"Du musst springen"

Enterpreneure und Transformationen

Aus einer eigenen Analyse von 13 HSG Alumni Entrepreneur Podcasts (Universität St. Gallen) der Jahre 2019 und 2020 vermittelt Prof. Dr. Jürgen Weibler nachfolgend Einsichten, die für Transformationsvorhaben in etablierten Unternehmen wertvoll sind. Anders herum gelesen verdeutlichen sie aber auch, warum Transformationen dort, wo die Vitalität im Denken und Handeln nebst Handwerkszeug nicht ausreicht, gerade scheitern oder noch scheitern werden.

Transformationen sind für viele, auch große Unternehmen essentiell, um weiter erfolgreich mitzuspielen. Nicht wenige scheitern und werden noch scheitern, weil sie ihre Geschäftsmodelle strategisch falsch aufgesetzt haben oder ihre Strukturen und Prozesse handwerklich nicht in den Griff bekommen. Andere – und das interessiert hier im Besonderen – driften in eine Sackgasse, weil sie allein schon kulturell nicht verstehen, dass sie hinreichend viele Führungskräfte und Mitarbeitende mit einem der Transformation kongenial verbundenen Mindset benötigen. Was liegt näher, bei denen genauer hinzuschauen, die diese Passung leben? Leadership Insiders hat dafür 13 HSG Alumni Entrepreneur Podcasts (Universität St. Gallen) der Jahre 2019 und 2020 analysiert und wertvolle Einsichten gewinnen können.

Quelle - den vollständigen Artikel können Sie weiterlesen unter Leadership insiders

17 Juli 2020

New Work im Top-Management in 6 Schritten

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New Work im Top-Management in 6 Schritten

Wann erreicht die Diskussion um New Work die Führungsetagen? Gustav Klötzl schildert, welche Schritte das Top-Management gehen muss.

In der regen Diskussion über New Work und zeitgemäße Führung geht oftmals ein Aspekt unter: Die vorherrschenden Strukturen und Menschen in der obersten Führungsetage. Im Top-Management sitzen heute Alphatiere unterschiedlichster Couleur. Und auch wenn es in vielen Geschäftsberichten so aussieht, als leiteten Top-Führungsteams das Unternehmen, ist die Realität oft eine andere:

Managementwechsel zuhauf, von Haifischbecken ist die Rede, Beratereinsätze im Übermaß, um Führungskonflikte aufzulösen. Führungskräfte-Hopping, das Unternehmen in die Krise bringt, ohne dass die Verantwortlichen die Suppe auslöffeln müssen, die sie dem Unternehmen eingebrockt haben. In den meisten Unternehmen ist das eher die Regel als die Ausnahme. Dies hat strukturelle Gründe, aber auch traditionelle. Wann erreicht die Diskussion um New Work endlich die Top-Führungsetagen?

Macht Euch nichts mehr vor!

In vielen Führungsstrukturen auf der Top-Ebene klebt man sich gerne das Team-Etikett ans Revers. Bei genauerem Hinsehen jedoch hält der tatsächliche Inhalt nicht, was die Verpackung verspricht. Silodenken, Erfolgsegoismus, Konkurrenzverhalten, Misstrauen und Glaubwürdigkeitsdefizite herrschen vor. Jeder versucht sich abzusichern, sein Schäfchen ins Trockene zu bringen. Führungsdefizite werden ausschließlich hinter vorgehaltener Hand angesprochen.

Wer für sich den Lackmus-Test machen will, sollte sein Team fragen, welches der folgenden Themen auf die versammelte Runde zutrifft. Wo dann die Chance nicht genutzt wird, den Mund aufzumachen, ist höchste Alarmbereitschaft angesagt.

Schritt 1: Zusammenarbeit unter Konkurrenz?

So trivial es klingt: Top-Führungskräfte machen sich selten Gedanken darüber, wie ihre Kollegen ticken. Sie sollen funktionieren! Teams werden so zusammengestellt, dass immer der Beste seines Fachs gesucht und eingesetzt wird. Biss ist wichtig unter Alphatieren, nicht Persönlichkeit! Damit wird die Saat gelegt für ein geheimes Ranking und verdeckte Konkurrenz. Erfolgsegoismus entsteht, wo eine Loyalitätsgemeinschaft gefordert ist. Voraussetzung für gute Zusammenarbeit ist aber ein grundsätzliches Verständnis zur Persönlichkeit und zu den Motiven der anderen. Zu wissen, was den anderen wirklich antreibt, ist besonders in diversen und kritischen Situationen wichtig.

Die vier Kerntypen der Führung legen die Spuren dafür. Sie finden sich gerade unter Alphatieren wieder: Der Krieger, der Bauer, der Magier und der Fürst. Der Krieger braucht die Aktion und den Wettbewerb, der Bauer die Sicherheit und Struktur, der Magier sucht die kreative Lösung und der Fürst setzt auf Beziehungen. Jeder Typus hat eigene Formen der Kommunikation und Handlungsorientierung. Diese Unterschiede zu kennen und zu berücksichtigen, stärkt die Zusammenarbeit und verhindert Kollisionen.

Schritt 2: Inspire me!

Zahlen und Fakten sind in der Unternehmensführung wichtig, keine Frage. Doch werden Unternehmen wesentlich durch Menschen angetrieben. Für diese sind Sinnhaftigkeit und „Purpose“ zwei wichtige Treiber – auch auf der Führungsebene. Gerade im Zusammenhang mit New Work muss das Top-Management Zusammenhalt zeigen und schaffen. Wofür braucht es uns? Warum machen wir das eigentlich? Was gefällt mir jeden Tag, wenn ich hier reinkomme? Dieser Schlüssel schafft die Voraussetzung für eine Vision, die von allen vertreten und getragen wird. Das stärkt das erforderliche Zusammengehörigkeitsgefühl in der Führungsmannschaft und färbt auf die Mitarbeiter ab.

Schritt 3: Rollenzufall oder Rollenklarheit?

In vielen Führungsteams sind die jeweiligen Rollen oft aus Traditionen und früheren Erfolgen gewachsen. Diese werden lange beibehalten, auch wenn die Unternehmenssituation längst eine andere ist. Neue Player im Markt oder auch im Team machen zwar auch neue Fragen zu Struktur und Rollenverteilung erforderlich. Darüber zu sprechen ist jedoch ein Tabu. Wer traut sich das schon, wenn er Alphatiere als Gegner hat?

Selbst wenn klar ist, was auf den Fluren eh jedem klar ist, braucht es viel Mut, diese Themen im Führungsteam anzupacken. Gerade New Work bedingt aber, dass Rollen und Aufgaben je nach Aufgabenstellung und vorhandener Kompetenz gemeinsam vereinbart und nach Bedarf gewechselt werden. Das Führungszepter bekommt die Person in die Hand, die für die jeweilige Situation die beste Eignung mitbringt. Eine Regel, die unter Alphatieren Angst auslöst.

Schritt 4: Mehr Emotionen, bitte!

Gute Beziehungen machen gute Geschäfte. Eine längst unumstößliche Vertriebsweisheit und Lebenserfahrung, die scheinbar unter Top-Managern und Alphatieren nicht gilt. Emotionen haben dort keinen Raum und keinen Platz. Sachlichkeit, Logik und Rationalität sind oberstes Primat. Ob die getroffenen Entscheidungen mit Leidenschaft, Esprit und Überzeugung umgesetzt werden, ist irrelevant. Doch diese Haltung widerspricht menschlichen Erfahrungen. Denn überall, wo Menschen aktiv sind, sind Emotionen im Spiel und beeinflussen das Handeln. Die Akzeptanz von Entscheidungen und der Einsatz für die Umsetzung wird davon wesentlich beeinflusst. Auch im Top-Management.

Dort wo Führungsteams emotionale Befindlichkeiten berücksichtigen und wertschätzen, entwickeln sie eine eigene Dynamik. Eine Anerkennungskultur entsteht, die versteckte Frustrationen verhindert, Grabenkämpfe erübrigt und auch schwierige Situationen gemeinsam durchstehen lässt. Top-Führungskräfte wechseln nicht die Pferde, wenn die Kutsche von allen gemeinsam gezogen wird.

Schritt 5: Feedback for Future?

Konstruktives Feedback, das Top-Chefs ihren Mitarbeitern verordnen, praktizieren sie selbst eher selten. Dabei ist das die höchste Form individueller Loyalität. Wenigen Alphatieren ist dies bewusst. Angriffs-Modus ist ihnen eigen! Gutes Feedback zeigt jedoch stets ein hohes Maß an Interesse für den anderen. Doch Kritik zulassen, annehmen und ernst nehmen, sind Alphatiere nicht gewohnt. Aus der sonst gewohnten Position der Macht ist es für sie einfach, selbst Feedback zu geben. Auf Augenhöhe aber ist es eine Herausforderung in jedem Leitungsteam. Diese Barriere trägt wesentlich dazu bei, dass wichtige und notwendige Entwicklungsschritte ausbleiben. Im Team und für den Einzelnen.

Schritt 6: Plurale Transparenz beherrschen

„Divide et impera“ – teile und herrsche. Das gilt gerade in Führungsteams. Bilaterale Kommunikation herrscht vor. Jeder mit jedem, aber immer nur im Duo und immer darauf achtend, was man mit wem bespricht. Das ist die vorherrschende Konstellation der Macht. Selbst ausgezeichnete Manager haben häufig Angst davor, heiße Themen im Team anzusprechen. Die Zahl der Gegner ist zu groß und der Umgang mit Gruppen ist keine Kompetenz, die Management-Schulen lehren.

Wirksame und erfolgreiche Management-Teams praktizieren aber genau das. Sie kommunizieren klar und transparent: Probleme, irritierende Unternehmensbelange und individuelle Störungen können in versammelter Führungsrunde angesprochen und auf emotionaler wie sachlicher Ebene diskutiert werden. Keine geheimen Absprachen, irritierendes Hörensagen, sondern gute Transparenz für alle.

Fazit: Einsicht, Schulterschluss, Fortschritt

Diese sechs Schritte zu gehen, ist für Führungsteams eines Unternehmens eine große Herausforderung. Ob Alphatiere diese Kompetenz auch für sich wollen und beherrschen, müssen sie sich selbst beantworten. Aber New Work ist auch entstanden, weil der Einzelne die Komplexität und Diversität unternehmerischen Handelns nicht mehr alleine abdecken kann. Ob damit auch die Zeit der allein herrschenden Alphatiere abgelaufen ist, wird sich zeigen.

Über den Autor

Gustav Klötzl ist Gründer und Geschäftsführer der 3P-Beratungsgruppe in Nürnberg. Seit 30 Jahren unterstützt er Entscheider und Top-Führungskräfte bei Veränderungs- und Entwicklungsfragen – und hilft erfahrenen Managern, ihr Profil zu schärfen und oberen Führungsteams dabei, den weiteren Sprung zu einer erfolgreichen Loyalitätsgemeinschaft zu machen.

Quelle: Human Ressource Manager

29 Mai 2020

Facilitative Leadership

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Führung neu definiert

Facilitative Leadership

Dass Organisationen agiler werden müssen, wollen sie morgen noch am Markt bestehen, dürfte kaum mehr jemand ernsthaft bezweifeln. Dass Führung dabei eine zentrale Rolle spielt, auch nicht.

Ein Aspekt, der in diesem Kontext unmittelbar in den Blick gerät, ist die
Beschleunigung von Entscheidungen. Führungskräfte müssen schneller entscheiden oder besser: gar nicht mehr entscheiden müssen. Wenn Mitarbeiter und Teams selbst entscheiden, verkürzen sich Entscheidungsprozesse und Entscheidungszeiten, die Organisation wird wendiger, agiler.

Wenn aber Mitarbeiter selbst (mehr) entscheiden sollen, muss der organisationale Rahmen entsprechend angepasst werden. Die Range dafür ist extrem groß und reicht von Scrum bis Holokratie. In aller Regel wird das passende Konzept „nach Maß gefertigt“. Wie auch immer der Rahmen für die angestrebte Selbstorganisation im Einzelfall letztlich konkret aussieht, es gilt immer:

"Selbstorganisation will gut organisiert sein!"

Sowohl Mitarbeiter als auch Führungskräfte müssen die neue Art der
Zusammenarbeit lernen. Dabei ist Agilität nur ein Aspekt, der Führung verändert.

Führung neu definiert

Führung muss immer mehr zu Training, Coaching, Moderation oder kurz „Facilitative Leadership“ werden, zu Führung also, die auf trainieren und unterstützen fokussiert. Den Kern könnte man in Umkehrung von Wladimir Iljitsch Lenin’s Überzeugung „Vertrauen ist gut – Kontrolle ist besser!“ betiteln, mit: Kontrolle ist gut – Vertrauen ist besser!

Die Denkrichtung kehrt sich um: Nicht der Mitarbeitende arbeitet der Führungskraft zu, der die Aufgaben erledigt und dafür Unterstützung durch seine Mitarbeitenden erhält, sondern die Führungskraft wird zum Facilitator, zum Ermöglicher, zum Förderer und arbeitet dem Mitarbeiter zu, damit dieser optimale Bedingungen hat, um die Aufgaben zu erledigen. Im Zeitalter der Wissensarbeit (Peter F. Drucker) kann die Führungskraft fachlich nicht mehr besser sein, als die ihr zugeordneten Kolleg*innen. Die Leitung steht nicht (mehr) auf der Bühne im Rampenlicht, sondern ist Backstage unterstützend tätig.

"Der beste Führer ist der, dessen Existenz gar nicht bemerkt wird, der zweitbeste der, welcher geehrt und gepriesen wird, der nächstbeste der, den man fürchtet und der schlechteste der, den man hasst. Wenn die Arbeit des besten Führers getan ist, sagen die Leute: »Das haben wir selbst getan« Laotse, 6. Jh. v. Chr."

Dieses post-tayloristische Führungsverständnis, ist Teil eines – durch eine Vielzahl von Herausforderungen (Umweltproblematik, Globalisierung, Fachkräftemangel, Digitalisierung …) getriebenen – umfassenden Kulturwandels, der ein Miteinander auf Augenhöhe fordert.

 

Facilitating Leadership

Kulturwandel bedeutet auch und vor allem Umgestaltung des Miteinanders nach innen und nach außen. Die Kommunikation mit den Kunden muss intensiver werden, weg von der Präsentation hin zum Dialog. Die Kommunikation mit den Mitarbeitenden muss einem neuen Mindset gerecht werden, das auf ein Mehr an Mitbestimmung und individueller Freiheit abzielt. Führungspersonen sind nicht mehr länger die, die alles besser wissen (können). Sie müssen zu Dienern, Unterstützern, Förderern, Moderatoren und Facilitators werden.

Die Anforderungen an die Führung von morgen könnte man in folgenden fünf Dimensionen zusammenfassen:

  • Mindset
    Führung beginnt im Kopf. Nur wer im Stande ist, seinen Teammitgliedern auf Augenhöhe zu begegnen, kann künftig Führungskraft sein. Bleibt die Frage, ob der Begriff Führungskraft noch zeitgemäß ist oder ein Begriff, wie Coach, Moderator oder Facilitator mehr Potential hat, ein Mindset zu erzeugen, das der Aufgabe der „neuen Führungskraft“ gerecht wird.

  • Delegation
    Wenn Organisationen agiler werden sollen, heißt das Zauberwort Delegation oder Selbstorganisation. Das bedeutet, dass Teams innerhalb der ihnen zugedachten Aufgaben, sich eigenverantwortlich um die konkrete Arbeitseinsatzplanung, die Vertretungs- und Urlaubsregelung, die Einarbeitungs- und Weiterbildungsplanung, die Verwendung der zur Verfügung gestellten Budgets etc. kümmern. Auch die Informationswege zu internen und externen Kunden sind zu überdenken …

  • Monitoring
    Eine Aufgabe, die als Führungsaufgabe – oder Lotsendienst – bleibt, ist die des Monitorings. Führung bedeutet, das „Große Ganze“ im Blick zu behalten, strategische Entscheidungen frühzeitig zu kommunizieren und zu navigieren, ohne das konkrete Doing zu übernehmen. Da kann es möglicherweise auch mal ein „Wenn möglich bitte wenden!“ geben, aber das direkte Steuern bleibt beim, sich selbst steuernden, Team.

  • Orientierung
    Unternehmen brauchen eine glaubwürdige und transparente Vision als Bezugspunkt für ihr Handeln. Eine gut formulierte Vision gibt den Mitarbeitern Orientierung und erzeugt einen Sog in die intendierte Richtung. Voraussetzung ist, dass diese Vision von allen geteilt wird. Führungsarbeit bedeutet künftig mehr denn je, Sinnstiftung. Der Purpose der Organisation muss glaubwürdig sein, kommuniziert und diskutiert werden. Die Meinung aller muss gehört und berücksichtigt werden. Mitarbeiter*innen mit Leitungsfunktion müssen diese Mittler- und Moderationsfunktion pro-aktiv wahrnehmen.

  • New Work
    Interpretiert man New Work im Sinne des Philosophen Frithjof Bergmann, so könnte man sagen, dass New Work auf den selbstbestimmten, glücklichen Menschen abzielt. Sieht sich eine Organisation diesem „Ansatz“ verpflichtet, könnten Führungskräfte, Berater und Coaches sein, die ihren Mitarbeitenden helfen ihrem Ikigai (frei übersetzt: „das, wofür es sich zu leben lohnt“) so nahe als möglich zu kommen. Eine Aufgabe von Führung wäre es dann, sich intensiv mit „Personalentwicklung“ oder besser Persönlichkeitsentwicklung, zu befassen.


Diese Art der Mitarbeiterführung oder besser Mitarbeiter-Unterstützung, die mehr mit Supporting als mit Führung im herkömmlichen Sinne zu tun hat, könnte man als moderativen Führungsstil oder Facilitative Leadership bezeichnen.

Über den Autor

Josef W. Seifert, Gründer von MODERATIO, lebt in der Hallertau, bei Ingolstadt/Donau. Technische Aus- und Weiterbildung (Mechanikerlehre, Meister, Techniker). Studium der Betriebspädagogik (Andragogik, Soziologie, Psychologie) an der Universität Koblenz-Landau. Kontakstudium Management an der Universität Augsburg. Zusatzausbildungen zu Unternehmensberatung, systemischer Organisationsberatung, Coaching und Konfliktklärung, Seminare und Ausbildungen u.a. bei Friedrich Glasl, Nossrat Peseschkian, Marshall Rosenberg, Friedemann Schulz von Thun und Paul Watzlawick. Mitarbeiter und Führungskraft im Entwicklungsbereich der BMW AG, München. Aufbau und Leitung des "BMW Führungskräftetraining Werk München". Gründer und Geschäftsführer von MODERATIO®. Gründungsmitglied der Deutschen Gesellschaft für systemische Organisationsberatung (GSOB). Gründungsmitglied der German Speakers Association (GSA).

Quelle: Zukunft der Arbeit

27 März 2020

Psychologische Grundlagen in der Führung virtueller Teams

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Mobiles Arbeiten

Psychologische Grundlagen in der Führung virtueller Teams

Um in der heutigen globalisierten und digitalisierten Welt wettbewerbsfähig zu sein, müssen viele Organisationen ihre Wertschöpfungsaktivitäten international koordinieren. Dies resultiert darin, dass sie Teams einsetzen, deren Mitglieder in unterschiedlichem Maße Technologien nutzen, um über räumliche, zeitliche und organisationale Grenzen hinweg zusammenzuarbeiten und voneinander abhängige Aufgaben erfüllen – sogenannte virtuelle Teams. Diese sind heutzutage weit verbreitet und eine normale Form der Zusammenarbeit in vielen Organisationen. In der Forschung hat sich eine Differenzierung bezüglich folgender Facetten etabliert:

  • Nutzung von Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT): Es handelt sich dabei um klassische IKT (E-Mails, Telefonkonferenzen, …) und neuere Formen (Kollaborationsplattformen, firmeninterne soziale Netzwerke, …). Die einzelnen IKT lassen sich anhand der Kriterien Reichhaltigkeit (wie viele verschiedene Informationen ein Medium übermitteln kann) und Synchronität (Ausmaß, in dem ein Medium eine gleichzeitige, nicht zeitversetzte Kommunikation ermöglicht) beschreiben (Kirkman & Mathieu, 2005). Anders als im alltäglichen Sprachgebrauch werden Medien mit einer geringen Reichhaltigkeit und geringen Synchronität als virtuell beschrieben. Wenn ≥90% der Gesamtkommunikation im Team durch IKT stattfindet, sind deutlich negative Effekte auf die Aufgabenleistung und das Commitment der Teammitglieder zu erkennen (Johnson, Bettenhausen & Gibbons, 2009).

  • Geographische und temporale Distanz: Hier geht es um die Verteilung der Mitarbeiter auf verschiedene Standorte, die geographische sowie temporale Distanz (Zeitunterschiede zwischen den Arbeitsorten).

  • Kulturelle Diversität: Die kulturellen Hintergründe der Teammitglieder können sich in unterschiedlichen Wertevorstellungen, Normen und Einstellungen manifestieren. Relevant ist hierbei aber auch die im Team verwendete Kommunikationssprache.

Sozialer Identitätsansatz der Führung

Führung ist ein wichtiger Faktor, um die Effektivität der Zusammenarbeit in virtuellen Teams zu gewährleisten. Doch wie sieht wirksame Führung im virtuellen Kontext aus? Den meisten Führungstheorien liegt eine individualistische bzw. dyadische Perspektive zugrunde, die bewirkt, dass sie die Führung von Teams nicht vollständig erklären können. Ein Modell, das sich explizit auf den sozialen Kontext des Teams fokussiert, ist der soziale Identitätsansatz der Führung (Haslam et al., 2011). Dieser postuliert, dass es erfolgreichen Führungskräften gelingt, den Gruppenmitgliedern die gemeinsame Gruppenmitgliedschaft ins Bewusstsein zu rufen und eine mit den Teammitgliedern geteilte soziale Identität zu entwickeln und zu gestalten.

Grundlegend für diesen Führungsansatz ist der soziale Identitätsansatz, der bezüglich des Selbstkonzepts einer Person zwischen der personalen und sozialen Identität unterscheidet (Turner, 1982). Die personale Identität ist das Wissen, das eine Person über sich selbst hat (eigene Kompetenzen, Werte, Einstellungen etc.). Die soziale Identität besteht aus den Merkmalen der Gruppen, denen die Person angehört („Gruppenprototyp“: Normen, Einstellungen und Verhaltensweisen).

Wenn einer Person – z. B. aufgrund der Ansprache der Führungskraft „Liebes Marketing-Team, …“ – die eigene Mitgliedschaft in einer bestimmten Gruppe bewusst wird, findet ein Prozess der Depersonalisierung statt. Dieser bewirkt, dass sich Personen in der Situation weniger als unabhängige Individuen verstehen, sondern stärker als Mitglieder der spezifischen Gruppe. Daraus resultiert, dass das Denken, Fühlen und Handeln der Personen durch ihre situativ aktivierte, soziale Identität beeinflusst werden und sie sich entsprechend dem Gruppenprototypen verhalten. Dies legt die Basis für soziale Einflussprozesse wie Teamführung.

Identitätsführung als Ansatz zur Führung virtueller Teams

Eine hohe Virtualität der Teamarbeit kann zu Schwierigkeiten beim Teilen von Wissen und Informationen führen sowie die Kommunikationsfrequenz und -qualität verringern. Besonders der geringere persönliche Kontakt kann dazu führen, dass die gemeinsame Teammitgliedschaft sowie die Aufgaben und Ziele des Teams den einzelnen Mitgliedern in virtuellen Teams weniger präsent sind als in konventionellen Teams und Bindungen zu anderen Teammitgliedern nur schwer aufgebaut werden können.

Daraus lässt sich schlussfolgern, dass gerade für virtuelle Teams die Identitätsführung besonders relevant ist. Identitätsführung stärkt die gemeinsame soziale Identität und schafft ein geteiltes Verständnis der Aufgaben und Ziele des Teams.

Dadurch rücken diese in den Fokus und werden von den Teammitgliedern als ihre persönlichen Ziele empfunden. Dies motiviert sie, sich gemeinsam für die Ziele einzusetzen und sich gegenseitig zu unterstützen – unabhängig von Ort und Zeit. Die Identitätsführung bewirkt, dass die eigene Mitgliedschaft im Team emotional positiv besetzt wird, was die Zufriedenheit der Teammitglieder steigert.

Die Wirksamkeit der Identitätsführung erweist sich jedoch davon abhängig, wie stark die Führungskraft virtuelle Medien zur Führung ihres Teams einsetzt. Je höher die Häufigkeit der Mediennutzung und je höher die Virtualität dieser Medien ist (im Sinne einer geringen Reichhaltigkeit und geringen Synchronität der Informationsvermittlung), desto wirksamer ist die Identitätsführung bei der Steigerung der Leistung des Teams und der individuellen Arbeitszufriedenheit der Mitarbeiter.

Implikationen für die Praxis

Aufgrund des Einflusses der Mediennutzung sollten Führungskräfte wissen, wie sie die vorhandenen Medien mit ihren Limitationen nutzen können, um die gemeinsame soziale Identität im Team zu stärken und die Ziele ihrer Kommunikation zu erreichen. Dies umfasst die Art der Kommunikation, aber auch die zielgerechte Auswahl der Medien.

Allgemein ermöglicht die Wahl synchroner und reichhaltiger Medien einen intensiven Austausch zu komplexen Sachverhalten (z. B. Videokonferenzen). Bei Aufgaben mit geringer Komplexität, die jeder Gesprächsteilnehmer unabhängig von den anderen erledigen könnte (z. B. reine Sammlung von Ideen), kann der Einsatz synchroner Medien die Produktivität jedoch dadurch beinträchtigen, dass nicht mehr als eine Person zur gleichen Zeit sprechen kann.

Unternehmen können ihre Führungskräfte und Mitarbeiter in virtuellen Teams unterstützen, indem sie ihnen Trainingsangebote zu Verfügung stellen. Zum einen können Workshops für virtuelle Teams angeboten werden, in denen spezifische Modelle der erfolgreichen Kommunikation in dem jeweiligen Team erarbeitet werden. Hilfreich sind zum anderen aber auch gezielte Führungstrainings, in denen Führungskräfte darin geschult werden, wie sie die Prinzipien der Identitätsführung in die Führungspraxis übersetzen können. Haslam et al. (2011) nennen dazu die folgenden drei Kernkompetenzen:

  • Reflektieren: Teammitglieder kennenlernen und bisherige Gruppenprototypen explorieren
  • Repräsentieren: Den Eindruck bei den Teammitgliedern schaffen, dass die Führungskraft den Gruppenprototypen repräsentiert
  • Realisieren: Die soziale Identität des Teams aktiv gestalten und die Zielerreichung unterstützen

Gemeinsame Ziele entwickeln

In den Trainings sollte darauf eingegangen werden, wie Führungskräfte ihren Mitarbeitern den Eindruck vermitteln können, dass sie sich für das Team und die gemeinsamen Ziele einsetzen. Führungskräfte können in solchen Trainings auch lernen, welche Art von Aktionen und Teamevents sie einsetzen können, um die Teammitglieder näher zusammenzubringen, die Kooperation zu stärken und die gemeinsame soziale Identität zu gestalten. Auch durch den Einsatz besonderer Meeting-Formen, wie man sie beispielsweise aus agilen Ansätzen wie Scrum kennt, können diese Ziele besser erreicht werden.

Aus diesen Erkenntnissen lassen sich ebenfalls Implikationen für die Auswahl von Führungskräften zur Neuanstellung oder Versetzung in virtuelle Teams ableiten. Auf Grundlage der Wirksamkeitsbelege der Identitätsführung erscheint es gerechtfertigt, bei solchen Personalentscheidungen zu überprüfen, inwiefern die Kandidaten die Prinzipien der Identitätsführung umsetzen können. Bei externen Bewerbern ist diese Einschätzung bei Übungen in Assessment Centern (z. B. Rollensimulation, Präsentation, …) möglich.

Darüber hinaus konnten Kompetenzen identifiziert werden, die erfolgskritisch für die Führung virtueller Teams sind (Kompetenzen in der Auswahl von und Umgang mit IKT, interkulturelle Kompetenz, Kompetenzen zur Gestaltung von effektiver Teamarbeit; Schulze & Krumm, 2016). Auf Basis dieser sollten bestehende Kompetenzprofile weiterentwickelt werden, damit sich Maßnahmen der Personalauswahl & -entwicklung daran orientieren können.

Quellen & weiterführende Literatur

Haslam, S. A., Reicher, S. D. & Platow, M. J. (2011). The new psychology of leadership: Identity, influence and power. New York, NY: Psychology Press.

Johnson, S. K., Bettenhausen, K. & Gibbons, E. (2009). Realities of working in virtual teams: Affective and attitudinal outcomes of using computer-mediated communication. Small Group Research, 40 (6), 623-649.

Kerschreiter, R. & van Dick, R. (2017). Führung in Gruppen: Der soziale Identitätsansatz der Führung [The social identity approach to leadership]. In D. Frey & H. W. Bierhoff (Hrsg.), Enzyklopädie der Psychologie (Bd. Sozialpsychologie 3, S. 718-743). Göttingen, Deutschland: Hogrefe.

Kirkman, B. L. & Mathieu, J. E. (2005). The dimensions and antecedents of team virtuality. Journal of Management, 31 (5), 700-718.

Schulze, J. & Krumm, S. (2016). The „virtual team player“: A review and initial model of knowledge, skills, abilities, and other characteristics for virtual collaboration. Organizational Psychology Review, 7, 66-95.

Turner, J. C. (1982). Towards a cognitive redefinition of the social group. In H. Tajfel (Hrsg.), Social identity and inter-group relations (S. 15-40). New York, NY: Cambridge University Press.

van Dick, R. & West, M. A. (2013). Teamwork, Teamdiagnose, Teamentwicklung. Göttingen, Deutschland: Hogrefe.

Über den Autor 

Florian Schnitzler ist Psychologe und Berater bei der Unternehmensberatung Kienbaum. Seine Leidenschaften sind die Themen New Work, Digitale Transformation, Führung und Agilität. In seiner Funktion bei Kienbaum ist er zum einen als Trainer in Projekten zur Führungskräfte- und Personalentwicklung tätig, zum anderen berät er Unternehmen beim Auf- und Ausbau von Lern- und Entwick-lungslandschaften sowie in Change- und Kulturwandel-Projekten.

Quelle: ZukunftderArbeit

20 März 2020

Achtsam durch den Arbeitstag

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Leitfaden Achtsamkeit

Achtsam durch den Arbeitstag

Manager und Führungskräfte brauchen feine Antennen – nicht nur für die Prozesse, die in ihrem Umfeld ablaufen, sondern auch für solche, die in ihrem Inneren ablaufen. Das Prinzip der Achtsamkeit hilft ihnen dabei, neben innerer Ruhe und Gelassenheit auch Energie und Leistungskraft zu bewahren – was ihr Lebensglück erheblich steigert. Führungskräftecoach Dr. Kai Hoffmann nennt einige Achtsamkeitstechniken, die jeder im Alltag anwenden kann.

1 – Schätzen Sie sich selbst besser ein

Tagebuch schreiben

Teil 1: Mit dieser Übung klären Sie Ihre alltäglichen Erfahrungen zu einer für Sie stimmigen Selbsterzählung, die jedem gelebten Tag Sinn verleihen kann – und das in knapp zehn Minuten. Bevor Sie mit dem Schreiben beginnen, bereiten Sie sich geistig darauf vor: Denken Sie zwei Minuten über Situationen nach, in denen Sie positiv auf eine Herausforderung reagiert haben und das Ergebnis zufriedenstellend für Sie war. Falls Ihnen mehr als ein Beispiel einfällt, achten Sie darauf, ob Zusammenhänge oder Muster erkennbar sind: Es macht mir Freude … Meine Stärken sind …

Teil 2: Denken Sie nun zwei Minuten über eine Situation nach, in der Sie negativ auf eine Herausforderung reagiert haben und das Ergebnis nicht zufriedenstellend war. Sie wünschten, Sie könnten etwas daran ändern. Falls Ihnen mehr als ein Beispiel einfällt, achten Sie darauf, ob Zusammenhänge oder Muster erkennbar sind. Gönnen Sie sich wieder ein paar Sekunden, um sich geistig zu entspannen, dann legen Sie los: Es stört mich … Meine Schwächen sind … Nehmen Sie sich anschließend ein wenig Zeit, und lesen Sie, was Sie an sich selbst geschrieben haben.

2 – Achten Sie auf andere

Gesten der Wertschätzung

Schon mit kleinen Gesten der Wertschätzung kann der Arbeitsalltag zum Trainingscamp für inneren Frieden werden: Halten Sie Blickkontakt. Wenn Sie jemanden im Büro begrüßen, suchen Sie den Blickkontakt, und schauen Sie richtig hin. Dann erspüren Sie meist auch, wie die Stimmung des Gegenübers ist. Hin und wieder können Sie bei der Begrüßung das Gegenüber mit Namen ansprechen. Bei der Begrüßung atmen wir bewusst einmal tief ein – mit Blickkontakt – und sprechen erst beim Ausatmen, wobei wir auch den Namen nennen. Diese kurze Atempause erzeugt erwiesenermaßen Wertschätzung beim anderen und entschleunigt das sich anschließende Gespräch.
Tun Sie anderen einen Gefallen: Schauen Sie auf dem Weg zur Teeküche an einem anderen Arbeitsplatz vorbei und bieten dem Kollegen, der Kollegin oder dem Praktikanten ebenfalls an, ihm oder ihr auch ein Getränk mitzubringen.

3 – Entdecken Sie Neues

Das Gehirn anregen

Mit diesen Übungen regen wir die Gehirntätigkeit an, trainieren unsere Entschlossenheit, Neues zu tun, und stärken die Spannkraft unseres Willens. Zum Beispiel, indem wir jedes Mal, wenn das Telefon klingelt oder die Tür aufgeht, den Rücken strecken und zweimal tief in den Bauch atmen. Indem wir täglich zehn bis 20 Kniebeugen machen – wahlweise Liegestütze, Rumpfkreisen, Sit-ups; dreimal am Tag auf einen festen Stuhl oder auf den Tisch steigen und eine Minute lang die Arme ausbreiten und dabei lächeln – auch und gerade bei mieser Stimmung. Oder jeden Tag aus einem Ordner ein Dokument entfernen und vernichten. Ein Dokument, das seit Jahren ungenutzt den Ordner beschwert. Nur eins! Wenn wir Fahrrad fahren: das Fahrrad von der ungewohnten Seite aus besteigen.

4 – Analysieren Sie Ihre Werte und Stärken

Sich Fragen stellen

Von welchen Werten möchten wir unser tägliches Denken, Fühlen und Handeln bestimmen lassen? Mit dieser Übung haben wir die Möglichkeit, es zu erkennen. Sie hilft auch, sich Kompetenzen und Fähigkeiten zu vergegenwärtigen, um mit neuen Situationen klarzukommen. Stellen Sie sich dazu solche Fragen: Welche Art zu leben und zu arbeiten liegt mir wirklich am Herzen? Was hat für mich Bedeutung und verleiht meinem Handeln einen übergeordneten Sinn? Aus welchem Wertegrund bin ich empfindlich, wenn etwas in mir verletzt wird, beispielsweise durch Handlungen anderer? Wofür gehe ich durchs Feuer und riskiere äußeren Frieden, um inneren Frieden zu bewahren? Nach welchen Werten, Charaktereigenschaften und Fähigkeiten will ich rückblickend mein berufliches Leben ausgerichtet haben? Welche Fähigkeit macht mich zuversichtlich und sicher, Herausforderungen zu meistern? Wofür will ich von anderen zurate gezogen werden?

Über den Autor

Dr. Kai Hoffmann
Diese Achtsamkeitstechniken stammen von Dr. Kai Hoffmann. Er promovierte in Philosophie und Psychoanalyse. Nach langjähriger Führungsposition im oberen Management arbeitet er seit Ende der 90er-Jahre als Führungskräftecoach und Lebensberater. Er hat zahlreiche Ratgeber veröffentlicht, darunter „Deine Freiheit, deine Gelassenheit“ (Springer Verlag, 2017).

Quelle: Faktor A - Das Arbeitgebermagazin

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