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27 Oktober 2023

Hybrid Work in einem IT-Unternehmen leben

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Hybrid Work in einem IT-Unternehmen leben

Nutzung physischer und virtueller Whiteboards, Fortbildung in digitalem Führen, Hybrid Events – erfahren Sie von Nicole Bachmann, CHRO bei Skaylink, wie Hybrid Work in ihrem Unternehmen verwirklicht wurde.

Die technologische Welt ist in den letzten zwei Jahren immer mehr zum Remote-Arbeiten übergegangen. Mit dem Ende der Pandemie setzen Unternehmen heute vermehrt auf ein hybrides Konzept, das die Vorteile der Arbeit vor Ort und des Remote-Arbeitens kombiniert. Allerdings bedeutet Hybrid Work mehr, als nur flexible Arbeitskonzepte und das zur Verfügung stellen eines Laptops.

Unternehmen müssen daran arbeiten, Mitarbeitenden ein angenehmes Arbeitsklima in der neuen Hybrid-Welt zu schaffen und eine Identifikation des einzelnen mit dem Unternehmen zu ermöglichen. Skaylink arbeitet seit einiger Zeit in einem Hybridmodell und teilt Tipps für die praktische Umsetzung.

Ein neuer Ansatz: Hybrid Work

Im Zentrum von Hybrid Work steht die Schaffung eines gemeinsamen Raums, der die Vorteile von Remote- und Vor-Ort-Arbeit vereint. Dabei kann es natürlich zu Herausforderungen kommen, etwa wenn Teams sich zum Teil physisch für ein Meeting zusammenfinden, andere Remote teilnehmen. Um ein Wir-Gefühl zu schaffen und ein effizientes Arbeiten zu ermöglichen, bedarf es in der neuen Welt also bestimmte Tools, die zuvor nicht von Relevanz waren. Ein ausgezeichnetes Beispiel für die praktische Umsetzung ist die Nutzung simultaner physischer und virtueller Whiteboards.

In Brainstorming-Sitzungen nutzen Teammitglieder dieses Tool, um ihre Ideen auszutauschen, unabhängig von ihrem Standort. Das ermöglicht eine effektive und kreative Zusammenarbeit. Sowohl die Kolleginnen / Kollegen im Büro als auch diejenigen, die remote arbeiten, können ihre Ideen auf das gleiche Board schreiben. Die virtuellen Einträge werden in Echtzeit auf das physische Board übertragen und umgekehrt. Dies stellt sicher, dass alle Teilnehmenden den gleichen Informationsstand haben und vollständig in den kreativen Prozess eingebunden sind.

Die Bedeutung von Kompetenzen in der Hybridarbeit

Mit dem neuen Arbeitsmodell ändern sich auch die Anforderungen an die Fähigkeiten der Mitarbeitenden und Führungskräfte. Im Hinblick darauf ist es sinnig, ein umfangreiches Fortbildungsprogramm anzubieten, um entsprechende neue Kompetenzen wie digitales Führen oder Wir-Gefühl-Schaffen anzubieten. Skaylink hat dafür den Skaylink Campus entwickelt.

In Kursen zu Kommunikation, Führung und Methoden können unsere Mitarbeitenden ihre Kompetenzen weiterentwickeln und an die Anforderungen von Hybrid Work anpassen. Unsere internen Expertinnen / Experten für Modern Work bieten hierbei mit ihren Tools und Ansätzen wertvolle Unterstützung. Sie teilen ihr Wissen und ihre Erfahrungen in Schulungen und beraten Kolleginnen bei der Umsetzung neuer Arbeitsmethoden.

Hier sollte darauf geachtet werden, zwar externe Expertinnen / Experten in den Prozess einzubeziehen, aber keine Arbeitsmethoden von außen aufzuzwingen. Teams können häufig untereinander am besten identifizieren, was ihnen zur erfolgreichen Zusammenarbeit fehlt.

Veranstaltungen und Meetings in der Hybridarbeit

Um das Miteinander im Team zu fördern, sollten regelmäßig Veranstaltungen und Meetings, die sowohl remote als auch vor Ort ablaufen können, stattfinden. Diese gemeinsamen Events, die sich mit Themen abseits des Arbeitsalltags beschäftigen, kräftigen das Wir-Gefühl und geben Teammitgliedern den Raum, sich kritisch mit der neuen Arbeitswelt auseinanderzusetzen. Ein Beispiel ist unsere geplante Veranstaltungsserie „Skaylink Fusion“.

Bei „Skaylink Fusion“ handelt es sich um eine Reihe von Events, die sowohl vor Ort als auch remote durchgeführt werden. Alle Teammitglieder, egal an welchem Standort sie sich befinden, können aktiv daran teilnehmen und sich einbringen. Die Veranstaltungen werden von unseren Mitarbeitenden selbst gestaltet und organisiert. Sie können Vorschläge für Themen und Aktivitäten machen, die auf den Events umgesetzt werden. Auf diese Weise schaffen wir eine Plattform, auf der sich alle Mitarbeitenden austauschen und voneinander lernen können.

Die Zukunft der Arbeit ist hybrid

Hybrid Work stellt eine effiziente und innovative Lösung für die Herausforderungen der modernen Arbeitswelt dar. Die Fusion von virtuellen und physischen Arbeitsumgebungen ermöglicht es Unternehmen wie Skaylink, die Vorteile beider Modelle zu nutzen und so Produktivität, Mitarbeiterzufriedenheit und Geschäftsleistung zu steigern.

In der Praxis bedeutet dies, dass sowohl die technologische Infrastruktur als auch die Unternehmenskultur und die Kompetenzen der Mitarbeitenden auf diese neue Arbeitsweise ausgerichtet werden müssen. Mit fortlaufender Innovation und Lernbereitschaft kann die hybride Arbeitswelt weiterentwickelt und verbessert werden.

Es steht uns noch ein spannender Weg bevor, auf dem wir neue Technologien, Methoden und Konzepte entdecken und umsetzen werden. Die Zukunft der Arbeit ist hybrid, und es lohnt sich, diesen Weg gemeinsam mit den eigenen Mitarbeitenden zu gehen.

Zur Person

Nicole Bachmann ist CHRO beim IT-Dienstleister Skaylink und verantwortet in dieser Position die People & Culture - Strategie des Unternehmens. Dabei liegt der Fokus besonders auf der Integration der internationalen Unternehmen, dem Ausbau der HR Operation Excellence sowie dem Bereich Personalentwicklung und Kulturentwicklung. Dank über 20 Jahren Erfahrung als HR-Managerin in unterschiedlichen IT-Beratungs- und Dienstleistungsunternehmen, kennt sie die Herausforderungen der Branche in Bezug auf die Umsetzung von nachhaltiger HR-Strategie und Best Practices von Lernenden Organisation.

Quelle: hrjournal.de

21 Juli 2023

Zehn Empfehlungen zur Umsetzung hybrider Arbeitsmodelle

Posted in Trends, Coaching

Hybrid Working

Zehn Empfehlungen zur Umsetzung hybrider Arbeitsmodelle

Hybride Arbeitskonzepte sind für die meisten Arbeitnehmenden nicht mehr wegzudenken. Doch für kleine und mittelständische Unternehmen bringt die langfristige Umstellung auf diese Arbeitsmodelle einige Hürden mit sich. Hier finden Sie 10 Tipps zur Umsetzung hybrider Arbeitsmodelle.

Die Umstellung von Unternehmen auf hybrides Arbeiten bedarf einer ganzheitlichen Transformation in den Dimensionen "Arbeitsmodell", "Arbeitsumgebung" sowie "Digitale Tools und IT-Sicherheit". Die Ausgestaltung des hybriden Arbeitens ist dabei individuell unterschiedlich; eine Musterlösung gibt es nicht. Doch es zeigen sich zehn Handlungsfelder, die zur erfolgreichen Umsetzung von hybridem Arbeiten auf jeden Fall zu beachten sind. 

1. Den Arbeitsort gemeinsam festlegen

Die Zahl der Präsenz- und Homeoffice-Tage bestimmen Führungskräfte idealerweise in enger Absprache mit ihren Mitarbeitenden – auch im Hinblick auf die Verteilung innerhalb des Teams. Zu einer optimalen Anzahl gibt es bislang noch keine Studien; die meisten größeren Unternehmen haben mit ihren Mitarbeitenden drei bis vier Präsenztage pro Woche festgelegt.

2. Ein flexibles Arbeitszeitmodell einführen

Um den Mitarbeitenden flexiblere Arbeitszeiten zu ermöglichen, sollten sowohl feste Kernarbeitszeiten festgelegt als auch ausreichend Freiräume gewährt werden. Diese dienen dazu, es den Beschäftigten zu erleichtern, ihre persönlichen Bedürfnisse in den Arbeitsalltag zu integrieren. Dies ist sowohl für die Mitarbeitendenmotivation als auch für die Mitarbeitendengewinnung relevant: 93 Prozent der Befragten, so zeigt eine Studie des Future Forums, wünschen sich, die eigene Arbeitszeit flexibel gestalten zu können. Zugleich sind jedoch feste Kernzeiten essenziell, um synchrone Absprachen zu ermöglichen.

3. Die Zusammenarbeit im Team effektiv gestalten

Damit hybrides Arbeiten langfristig gelingt, gilt es, die Formate der Zusammenarbeit klar zu bestimmen und zu kommunizieren. In einer Conjoint-Analyse gibt fast jeder dritte Befragte die Erreichbarkeit der anderen Teammitglieder im hybriden Modell als problematisch an, und sogar nahezu jeder zweite Befragte sieht die größten Schwierigkeiten bei der Kommunikation und der Teamzusammengehörigkeit. Klare Kommunikation und ein wertschätzendes Miteinander – ortsunabhängig – sind unabdingbar.

4. Hybride Kompetenzen der Mitarbeitenden stärken

KMU sollten jene Fähigkeiten ihrer Mitarbeitenden stärken, die für ein effizientes und effektives hybrides Arbeiten erforderlich sind. Neben reinen technologischen Fähigkeiten betrifft dies auch das Erlernen von Methoden und Tools für die hybride Zusammenarbeit.

5. Mit hybrider Arbeitsstrategie (hybride) Teams erfolgreich führen

Um hybride Teams erfolgreich zu führen, bedarf es einer klaren hybriden Arbeitsstrategie, die auch Elemente von Coaching umfassen sollte. Zudem ist Führungskräften anzuraten, Teamzusammensetzungen zu überdenken und eine neue "Meeting-Kultur" zu etablieren (inklusive Festlegung, welche Themen synchron und welche asynchron zu besprechen sind). Zudem ist es erforderlich, unterschiedliche Kommunikationskanäle wie etwa Video, Chat, Telefon und Meetings gemeinsam in den jeweiligen Teams zu pilotieren und zu evaluieren.

6. Das Wohlbefinden der Mitarbeitenden mit innovativen Ideen fördern

Vor allem für Beschäftigte von Unternehmen in ländlichen Gebieten bieten flexible Arbeitszeiten und eine weitgehend freie Wahl des Arbeitsorts einen großen Vorteil. Führungskräfte sollten daher ermutigt werden, mit den Mitarbeitenden individuelle Arbeitszeitmodelle zu erstellen, die deren Bedürfnissen nach Vereinbarkeit von Arbeit und Privatem innerhalb bestimmter Zeitfenster gerecht werden. Studien zeigen, dass fehlende Autonomie bei der Arbeitszeitgestaltung eine potenzielle Quelle für Stress darstellt, während hybrides Arbeiten die Work-Life-Balance verbessert und das Wohlbefinden der Mitarbeitenden fördert.

7. Die Arbeitsumgebung auf hybrides Arbeiten anpassen

Mittels Umgestaltung der Büroflächen das Miteinander stärken. Da sich mit den neuen Arbeitsmodellen auch die Anforderungen an das Design und die Flächengestaltung im Büro ändern, empfiehlt sich eine modulare Einrichtung, die auf eine variable Auslastung ausgerichtet ist. Die nahtlose Integration von Technologie sollte dabei das hybride Arbeitsmodell unterstützen. Zudem zeigen Studien, dass das Büro vermehrt zu einem Ort innovativer Unternehmenskultur wird, der kollegiales Miteinander und kreativen Austausch fördert.

8. In die Ausstattung des Homeoffice sinnvoll investieren

Auch der Arbeitsplatz zu Hause hat gewisse ergonomische Anforderungen zu erfüllen. Die meisten KMU stellen ihren Mitarbeitenden eine Grundausstattung in Form eines Laptops zur Verfügung. Zudem, das zeigt eine Untersuchung der Hochschule für Wirtschaft und Gesellschaft Ludwigshafen, statten 50 Prozent der Unternehmen ihre Mitarbeitenden mit einem Monitor für das Homeoffice aus, 25 Prozent bieten Schreibtischstühle oder höhenverstellbare Schreibtische an. Aus der Conjoint-Analyse geht außerdem hervor, dass das optimale Kosten-Nutzen-Verhältnis für Investitionen in die Einrichtung eines Homeoffice-Platzes bei 800 Euro liegt und insbesondere einen Monitor sowie einen ergonomischen Schreibtischstuhl umfassen sollte.

9. Mitarbeitenden einen flexiblen, aber gleichzeitig sicheren Zugang zu digitalen Tools gewähren

Für eine erfolgreiche Zusammenarbeit im hybriden Arbeitsmodell bedarf es neben engagierter, effektiver Team- und Mitarbeitendenführung auch geeigneter Tools wie Kollaborationssoftware und hybride Ablagesysteme, die regelmäßig getestet und zügig skaliert werden sollten. Idealerweise können die Mitarbeitenden auch im Homeoffice uneingeschränkt auf alle Anwendungen zugreifen. Zudem werden spezielle Sicherheitsmechanismen wie etwa VPN-Tunnel eingesetzt, um den Zugang zu sensitiven Daten zu sichern.

10. IT-Sicherheit und Datenschutz stets im Blick behalten

Die Mehrheit der Führungskräfte in KMU hält die Einhaltung von IT-Sicherheit und Datenschutz für eine große Herausforderung. Um diese zu meistern, gilt es gerade für KMU, bei der Entscheidung für ein passendes IT-Sicherheitskonzept den daraus resultierenden Aufwand und dessen potenziellen Nutzen gegeneinander abzuwägen. Die KMU-spezifische Richtlinie VdS 10000, die Anforderungen für ein angemessenes Schutzniveau an IT-Sicherheitskonzepten definiert, ist hierfür eine wichtige erste Orientierungshilfe.

Etablierung des hybriden Arbeitsmodells

Hybrides Arbeiten ist aus der Arbeitswelt nicht mehr wegzudenken und bietet enorme Potenziale für Mitarbeitende und Unternehmen. Doch nicht nur das: Gerade für KMU sind Angebote hybrider Arbeitsformen mittlerweile unerlässlich geworden, um trotz vorherrschenden und weiter zunehmenden Fachkräftemangels am hart umkämpften Bewerbermarkt eine Chance zu haben und bestehen zu können. 

Um ein Konzept für ein solches passgenaues Modell zu erarbeiten, empfiehlt es sich, zunächst eine Mitarbeitendenbefragung durchzuführen, um die Präferenzen der Beschäftigten zu ermitteln. Ist auf dieser Basis ein erstes Konzept erstellt worden, sollte anhand der oben vorgestellten zehn Empfehlungen geprüft werden, welche Umsetzungsvoraussetzungen im Unternehmen bereits gegeben und welche noch zu schaffen sind. Die dabei gewonnenen Erkenntnisse bilden dann die Grundlage für die Entwicklung eines optimalen hybriden Arbeitsmodells, das in enger Zusammenarbeit mit den Mitarbeitenden und Interessenvertretungen (zum Beispiel Betriebsrat) pilotiert und anschließend eingeführt wird. Dass dafür ein individuell auf die Organisation ausgerichtetes hybrides Arbeitsmodell erforderlich ist, zeigen unter anderem die Praxisbeispiele im Kasten auf Seite 34 (evtl. auf Beitrag im Digitalmagazin verlinken). 

Der Veränderungsprozess sollte idealerweise kommunikativ eng begleitet werden, denn sowohl bei der Entwicklung des Konzepts als auch bei dessen Pilotierung und Einführung ist die Partizipation der Mitarbeitenden erfolgskritisch.

Dieser Beitrag ist erschienen in Personalmagazin Ausgabe 6/2023. Lesen Sie das gesamte Heft auch in der Personalmagazin-App.

Quelle: haufe.de

12 Mai 2023

Flexibilität braucht Regeln

Posted in Führung, Leadership, Mind

Remote Leadership

Flexibilität braucht Regeln

Der Firmensitz ist in Hamburg, der Chef arbeitet von Mailand aus: Tobias Hagenau führt awork, einen Anbieter von Workmanagement-Tools, die meiste Zeit remote. Doch was heißt das in der Praxis, wenn der Chef nicht dauerhaft persönlich präsent, sondern nur virtuell erreichbar ist? Wie muss sich beispielsweise der Führungsstil ändern, um den Kontakt zum Team nicht zu verlieren?

Bei awork wird hybrid gearbeitet. War das von Anfang an so geplant oder hat sich das in der Coronapandemie so ergeben?

Tobias Hagenau: Das war von vornherein so geplant. Von unseren gut 30 Angestellten sind knapp zwei Drittel in Hamburg, der Rest ist weltweit verteilt – etwa in Brasilien oder Italien. Zum einen gibt es einfach wunderbare Teammitglieder, die nun einmal nicht in Hamburg leben. Und da wäre es schade, diese Personen nicht beschäftigen zu können. Zum anderen glauben wir fest daran, dass Wissensarbeit in Zukunft auf jeden Fall hybrid stattfinden wird. Natürlich hat es Vorteile, einen Ort zu haben, an dem ein Team quasi „nach Hause“ kommen kann. Aber trotzdem möchte ich die Flexibilität und all die anderen positiven Seiten von Remote Work nicht missen.

Treffen sich dennoch regelmäßig alle Angestellten face to face?

Hagenau: Wir haben zwei Regeln. Für diejenigen, die in Hamburg sind, gilt: Sie sind zwei Tage pro Woche im Office; an einem Tag kommen alle zusammen, einen Tag kann jeder selbst wählen. Und diejenigen, die konstant remote arbeiten, kommen vier Mal pro Jahr für eine Woche nach Hamburg. Die Kosten dafür übernehmen wir. Aber so sind einmal pro Quartal alle Angestellten zusammen.

Wie passen denn Flexibilität und Regeln zusammen?

Hagenau: Hybrides, remotes Arbeiten ist nichts anderes als ein Managementwerkzeug. Und wie bei jedem anderen Managementwerkzeug gibt es eben bestimmte Regeln, damit die Umsetzung in der Praxis funktioniert. Und damit in einem Unternehmen auch eine gemeinsame Teamkultur entstehen kann, braucht es eben gemeinsameAnwesenheitszeiten. Ich bin mindestens eine Woche pro Monat in Hamburg. Insgesamt achte ich darauf, dass ich über das Jahr verteilt gerade so mehr in Deutschland als im Ausland bin. Das hat vor allem auch steuerrechtliche Gründe.

Wie unterscheidet sich Remote Leadership von „normalem“ Leadership? Welche – vielleicht auch neuen – Fähigkeiten müssen sich Führungskräfte aneignen, wenn sie nicht immer mit ihren Mitarbeitenden an einem Ort sind?

Hagenau: Es ist natürlich viel schwieriger, am Puls des Geschehens zu bleiben – insbesondere wenn man mit einem hybriden Team arbeitet. Schlussendlich gibt es immer drei Möglichkeiten: alle Mitarbeitenden befinden sich an einem Ort, alle sind verteilt oder ein wesentlicher Teil der Angestellten ist an einem Ort und die anderen sind verteilt. Ich glaube, die letzte Option ist für Führungskräfte die herausforderndste, aber auch die erfolgreichste – wenn man es hinbekommt.

Wie gelingt es, trotz räumlicher Distanz eine Beziehung zu Mitarbeitenden aufzubauen und zu pflegen?

Hagenau: Ich musste Wege finden, um das, was sonst im Büro automatisch passiert, zu formalisieren. Es klingt jetzt irgendwie spröde, aber wir nehmen uns bewusst Zeit, um digital Zeit miteinander zu verbringen, in der es nicht um Fachliches geht. Klar, das ist aufwendig. Und es fühlt sich erst einmal so an, als würde man plötzlich hohe Overhead-Kosten aufbauen. Aber ehrlich gesagt, ersetzt diese strukturierte Kommunikation nur das, was sonst beiläufig zwischendurch im Büro stattfand.

Ist es eigentlich leichter remote zu führen wenn man eine bestehende Beziehung zu den Mitarbeitenden hat? Muss man also schon vorher zusammengearbeitet haben?

Hagenau: Wir haben – etwa mit den Kollegen in Brasilien – andere Erfahrungen gemacht. Remote Leadership kann auch bei Mitarbeitenden, die man nie oder nur selten sieht, sehr gut funktionieren – wenn man es schafft, trotz Distanz gewisse unternehmenskulturelle Grundsätze einzuhalten. Zu unserer Kultur gehört zum Beispiel viel Feedback. Und wenn man sich den ganzen Tag gegenübersitzt, ist eine kurze Feedbackrunde schnell spontan gemacht. Remote dagegen erfordert das wieder eine Formalisierung.


Womit wir wieder bei den Regeln wären…

Hagenau: Remote zu arbeiten – das klingt immer nach sehr viel Freiheit. Und die hat man ja auch. Aber bei der täglichen Arbeit erfordert es eigentlich mehr Struktur und ein nachdrückliches Durchsetzen von Routinen. Ich glaube, dass ist ein Fehler, den viele machen, wenn sie in einen Remote-Modus wechseln. Sie denken, alles ist jetzt total flexibel. Aber dem ist gar nicht so. Es gibt bestimmte Dinge, die flexibler werden; andere hingegen müssen strikter werden, damit Remote Work in der Praxis funktioniert. In vielen Firmen hatte man beispielsweise während der Pandemie das Gefühl, dass die Unternehmenskultur auseinanderbricht. Die Schuld daran wurde oftmals dem Remote Work gegeben. Dabei waren daran in erster Linie die fehlenden Prozesse Schuld, um remote sinnvoll arbeiten zu können.

Der Führungsstil ist das eine, Technik das andere beim Remote Leadership. Welche infrastrukturellen Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit verteilte Teams vernünftig zusammenarbeiten können?

Hagenau: Man braucht drei Dinge. Erstens: ein Kommunikationswerkzeug, über das man sich zeitunabhängig, also asynchron, austauschen kann – etwa Slack oder Teams. Zum Beispiel mit Blick auf unsere brasilianischen Kollegen hilft ein Videokonferenztool wenig. Wir brauchen eine Möglichkeit zu asynchroner Kommunikation, da wir aufgrund der Zeitverschiebung selten gleichzeitig arbeiten.

Zweitens: ein Organisationswerkzeug wie etwa awork, in dem der Status von Projekten up to date gehalten werden kann. Denn der Fortschritt von Arbeit ist remote viel schwieriger sichtbar zu machen und nachzuverfolgen als in regelmäßigen gemeinsamen Meetings vor Ort.

Und drittens: Man braucht ein Dokumentationswerkzeug. Remote kann man sich Informationen nicht mal eben schnell zurufen. Wissen muss dokumentiert und zugänglich gemacht werden.

Was ist bei der Einführung von neuen Tools zu beachten? Welche Fehler gilt es zu vermeiden?

Hagenau: Der Fehler, den wir oft sehen, ist das Overengineering der Lösungen. Man geht doch oft sehr akademisch an ein Problem heran. Es wird versucht, jeden möglichen Fall von vornherein zu durchdenken und Strukturen einzuführen, die jedes potenzielle Problem von vornherein lösen. Ich plädiere klar für Einfachheit. Es müssen simple Tools eingeführt werden, die für jeden im Team verständlich sind. Das Schlimmste wäre, dass plötzlich alles mit Tools abgedeckt ist und die einzelnen Mitarbeitenden davor sitzen – egal wie digitalaffin sie sind – und nicht wissen, welches Programm nun wofür genutzt werden soll. Weniger ist erst einmal mehr. Schrittweise mehr Tools zum Einsatz bringen funktioniert besser als mit zu vielen zu starten.

Und wie verhindert man, dass ein Tool-Stack am Ende ausartet?

Hagenau: Aussieben. Wir checken regelmäßig, ob wir ein Tool noch brauchen, ob es noch aktiv genutzt wird. Und wir wechseln auch regelmäßig. Denn man darf nicht vergessen: Die Szene der digitalen Kollaborationstools ist noch jung und entwickelt sich schnell weiter – genauso wie sich die Teams in Unternehmen weiterentwickeln. Man sollte also nicht zu versteift auf eine Plattform sein und dieser dauerhaft treu bleiben wollen.

Über Tobias Hagenau

Er ist Gründer und Geschäftsführer von awork, Anbieter eines Workmanagement-Tools. Bereits 2012 gründete er mit zwei Freunden HQLabs. Das Unternehmen ist auf Agentursoftware spezialisiert

Quelle: DUP Unternehmer-Magazin

10 März 2023

PinFlex: Flexibel arbeiten, Teamspirit fördern bei Pinterest

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PinFlex: Flexibel arbeiten, Teamspirit fördern bei Pinterest

Wie flexible Arbeit für Führungskräfte und Teams gelingen kann, schildert Martin Bardeleben, Country Manager DACH bei Pinterest, am Beispiel des Arbeitsmodells PinFlex. Hier kommen seine Empfehlungen.

Homeoffice und flexibles Arbeiten sind mittlerweile zum Standard avanciert und werden vielerorts auch nach der Wiedereröffnung der Büros von Unternehmen weiterhin beibehalten. Führungskräfte sehen sich dabei neuen Herausforderungen und Fragen gegenübergestellt, zum Beispiel, wie sie diese neue Flexibilität beibehalten können und dabei weiterhin Teamspirit und eine effektive Zusammenarbeit fördern. Bei Pinterest hat man auf die neuen Bedingungen mit der Einführung des neuen Arbeitsmodells PinFlex reagiert.

Unterschiedliche Erwartungshaltungen erkennen

Synchron-hybrid, Statisch-hybrid, voll flexibel bis Homeoffice first – von dem einstigen Office-First-Ansatz und dem klassischen “9 to 5” ist knapp drei Jahre nach Ausbruch der Pandemie nicht mehr viel übrig. Unternehmen mussten sich in kurzer Zeit an neue, virtuelle Formen der Zusammenarbeit anpassen und haben mittlerweile die Vorteile von flexiblem Arbeiten zu schätzen gelernt. Das zeigen aktuelle Studien: 65 Prozent der Arbeitnehmerinnen / Arbeitnehmer in Deutschland honorieren die Flexibilität bei der Arbeitseinteilung und 78 Prozent wünschen sich, langfristig mehr aus dem Homeoffice zu arbeiten (PWC, 2021).

Diesen Erwartungshaltungen der Mitarbeiterinnen / Mitarbeiter gegenüber steht in vielen Fällen die Sicht einer Führungskraft, die für Stabilität, Kontinuität und Produktivität in den Teams verantwortlich ist. 66 Prozent empfinden, dass die Führung ihrer Mitarbeiterinnen / Mitarbeiter durch Remote-Arbeit und Homeoffice deutlich schwerer geworden ist (Hays, 2021). Dazu zählen die Sorge vor Missverständnissen (zum Beispiel in Chats), unbemerkt aufkommende Konflikte und Spannungen im Team, negative Stimmung und nachlassender Teamgeist.

Wie flexible Arbeit gelingen kann

Ein Lösungsansatz, den wir bei Pinterest mit unserem Arbeitsmodell PinFlex verfolgen, ist es, dass unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter noch flexibler ihre Arbeitsstrukturen selbst gestalten können, beispielsweise durch die Wahl des Arbeitsortes und die Einteilung ihrer Arbeitszeiten. Hier geht es im Kern darum, die Teams durch Flexibilität zu mehr Eigenverantwortung und ergebnisorientiertem Arbeiten zu befähigen.

Wir sind der Überzeugung, dass die Arbeit dabei die Art der Zusammenarbeit bestimmen sollte, anstatt Mitarbeiterinnen / Mitarbeitern eine bestimmte Anzahl an Tagen zuzuweisen, die sie ins Büro kommen müssen. Bei Tätigkeiten, die von einem beliebigen Ort aus ausgeführt werden können, haben Pinterest-Mitarbeiterinnen / -Mitarbeiter die Möglichkeit, zu entscheiden, ob sie in einem Pinterest-Büro, bei sich zu Hause oder an einem anderen Standort arbeiten möchten.

Ein solcher Ansatz erfordert ein neues Mindset, konkrete Richtlinien zur Kommunikation und ein Angebot von Methoden zur Bearbeitung unterschiedlicher Aufgaben.

1. Von der Aktivitätsorientierung zur Ergebnisorientierung

Für viele Führungskräfte war die physische Anwesenheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vor Ort lange Zeit ein zentrales Kriterium für die Zusammenarbeit. Führungskräfte konnten jederzeit mit ihren Mitarbeiterinnen / Mitarbeitern in direkten Austausch gehen. Bei flexiblen Arbeitsmodellen müssen Vorgesetzte lernen, ihren Führungsstil stärker an Ergebnissen auszurichten und weniger auf die Aktivitäten ihrer Kolleginnen und Kollegen: Indem Sie mit Mitarbeiterinnen / Mitarbeitern gemeinsam klare Ziele und realistische Fristen festlegen, stellen Sie nicht nur das Engagement der Mitarbeiterinnen / Mitarbeiter sicher, sondern vor allem die erwünschte Leistung.

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter fühlen sich motivierter, definierte Meilensteine zu erreichen – nicht nur aus einer beruflichen, sondern auch aus einer emotionalen Motivation heraus. Sie identifizieren sich stärker mit dem Projekt und versuchen, ihr Bestes zu geben.

2. Anforderungen von Projekten immer wieder neu definieren

Nicht alle Aufgaben eignen sich für alle Arten von Flexibilität, und das kann ein Teil des Dialogs mit den Mitarbeiterinnen / Mitarbeitern sein. Gemeinsam können im Team Projekte und Aufgaben besprochen und überlegt werden, welche davon sich für Einzelarbeit eignen und welche von der Anwesenheit vor Ort profitieren. Indem sie dies selbst diskutieren und erarbeiten, können Mitarbeiterinnen / Mitarbeiter dafür sensibilisiert werden, dass es auch in einem Fully-Remote System wichtig ist, zu bestimmten Zeitpunkten persönlich zusammenzukommen.

Das Ergebnis können beispielsweise festgelegte Anwesenheitstage bei Planungs-Meetings sein, kollaboratives Arbeiten an abteilungsübergreifenden Projekten oder auch kulturfördernde Events. Bei Pinterest gibt es bereits seit acht Jahren die interne und branchenweit einzigartige Mitarbeiter /-innenveranstaltung Knit Con.

An zwei Tagen im Jahr kommen unsere Mitarbeiterinnen / Mitarbeiter weltweit an verschiedenen Standorten zusammen, um sich inspirieren zu lassen, voneinander zu lernen und gemeinsam kreativ zu werden und so das Gemeinschaftsgefühl untereinander zu stärken.

3. Mit Kolleginnen / Kollegen über flexible Arbeit sprechen

Für Führungskräfte gilt es, zuzuhören und Feedback kontinuierlich aufzunehmen, aber auch Erwartungen zu managen und klar zu kommunizieren, was möglich ist und was nicht. Vielen Führungskräften ist es unangenehm, das Thema Flexibilität offen mit ihren Mitarbeiterinnen / Mitarbeitern anzusprechen. Sie befürchten, dass sie Erwartungen wecken, die sie nicht erfüllen können, Konflikte zwischen den Mitarbeiterinnen / Mitarbeitern verursachen oder dass die Produktivität ihres Teams beeinträchtigt wird.

Managerinnen / Manager, die sich auf nicht-traditionelle Arbeitsregelungen einlassen, bestätigen jedoch immer wieder, dass mehr Flexibilität zu mehr Kreativität, Produktivität und Loyalität führt. Dabei ist eine ehrliche und transparente Kommunikation die Voraussetzung. Die neuen Arbeitsstrukturen müssen sich in jedem Unternehmen neu ordnen und sehen überall etwas anders aus.

Zusammenfassend kann man sagen, dass moderne Arbeitsmodelle, wie wir sie durch die Pandemie kennengelernt haben, für alle Beteiligten zunächst Herausforderungen, aber vor allem viele Chancen und Potenziale mit sich bringen. Unternehmen, die einen passenden Rahmen vorgeben und ihre Führungskräfte dazu befähigen, neue Modelle anzunehmen, zu fördern und ihnen die Vorteile darlegen, können sich langfristig über mehr Eigenverantwortung und Motivation im Team freuen und profitieren langfristig von der Zufriedenheit ihrer Mitarbeiterinnen / Mitarbeiter. Sie werden damit außerdem attraktiver für einen noch größeren, globalen Talentpool und werden im Wettbewerb um die besten Köpfe im Vorteil sein.

Über den Autor

Martin Bardeleben ist Country Manager DACH bei Pinterest. In dieser Funktion ist er unter anderem für die Leitung des Sales Teams und die enge Zusammenarbeit mit Werbetreibenden und Agenturen verantwortlich, um das Anzeigengeschäft von Pinterest in Deutschland weiter auszubauen. Vor seiner Tätigkeit bei Pinterest leitete er Googles Consumer Marketing für Devices & Services in DACH, mit Sitz in Hamburg. Davor war Bardeleben bei Philips Consumer Lifestyle als Country Director Austria tätig.

Quelle: hrjournal.de

 

17 Februar 2023

Hybrides Arbeiten - Produktivität braucht keine Präsenz

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Hybrides Arbeiten - Produktivität braucht keine Präsenz

Auf die rasanten Entwicklungen der Zukunft hat nur das Hybridmodell passende Antworten. Über Stolpersteine und Lösungen.

Als Freezing bezeichnet die Neurologie eine Art Schockstarre aufgrund bedrohlicher Situationen. Menschen verharren plötzlich mitten in der Bewegung. Diesem Phänomen scheinen in den vergangenen Jahren auch zahlreiche Unternehmen ausgesetzt zu sein – angesichts eines schnellen und tiefgreifenden Wandels in Wirtschaft und Gesellschaft. Die Digitalisierung schreitet stetig voran. Innovationen und disruptive Geschäftsmodelle entstehen. Globale Märkte erfordern komplexere Handlungsweisen. Um Fachkräfte muss ebenso geworben werden wie um Kundschaft. Zudem sind die Ansprüche an nachhaltig produzierte Produkte und unternehmerisch ethisches Verhalten gestiegen.

Unternehmen müssen also ihre Aktivitäten in diesem Spannungsfeld von Wirtschaft, Umwelt und Gesellschaft ausrichten. Angestellte an fünf Tagen die Woche ins Büro zu holen, damit sie dort acht Stunden zubringen, passt nicht mehr zu diesen Entwicklungen. Viele Unternehmen wollen dennoch an der 100-Prozent-Büroarbeit festhalten. Doch wer jetzt nicht im Spaceshuttle Platz nimmt und Teil des Wandels ist, wird in spätestens fünf Jahren vom Markt aussortiert: zu unproduktiv angesichts digitaler Prozesse, zu unattraktiv als Arbeitgeber für Fachkräfte und nicht mehr konkurrenzfähig auf dem Weltmarkt. Die reine Präsenzkultur bietet keine Antworten mehr auf die Herausforderungen der Zukunft!

Unternehmen im Dornröschenschlaf

Seit Jahrzehnten gibt es eine Lösung auf drängende Zukunftsfragen, die zunächst kaum jemand hören wollte: Remote Work. Arbeiten von überall galt früher als die Arbeitsweise einiger Spinner, Aussteigerinnen und Freigeister. Die digitalen Nomaden zogen mit dem Laptop im Gepäck zu den WLAN-Spots in aller Welt. Hippe Berliner Start-ups kopierten die Silicon-Valley-Kultur, einige Großunternehmen hatten Pilotprojekte. Also nichts für etablierte kleine und mittelständische Firmen? Die Kuscheligkeit der Komfortzone suggerierte, dass das alles doch auch so irgendwie klappt.

Wie so oft zwang eine Krise eine neue Entwicklung herbei: Corona schickte über Nacht den Großteil der Beschäftigten ins Homeoffice. Plötzlich war möglich, was vorher undenkbar schien. Die Angestellten fanden Gefallen an der neuen Arbeitsweise, trotz holpriger Prozesse. 70 Prozent wollen zumindest einige Tage in der Woche mobil arbeiten. Das besagt die repräsentative ESET-Studie Quo vadis Unternehmen? des Forschungsinstituts You Gov. Unternehmen öffnen sich dem Gedanken, das Beste aus zwei Welten in einem Hybridmodell, also Präsenz im Büro und mobiles Arbeiten, zu etablieren. Doch die Präsenzkultur einfach auf das mobile Arbeiten zu übertragen geht nicht. Denn Remote Work ist mehr als Homeoffice.

1. Top-down-Entscheidung treffen

Die Bedenken der Unternehmen: Produktivitätsverlust. Schon ein Blick in die Welt von erfolgreichen 100-Prozent-Remote-Unternehmen wie Buffer, Komoot oder die OTL Akademie hebelt dieses gern angeführte Argument gegen das mobile Arbeiten jedoch aus. Denn diese arbeiten höchst produktiv – mit Topteams rund um den Erdball, meistens ganz ohne eigene Büros. Doch auch das Hybridmodell bietet Vorteile: Die moderne Arbeitsweise ist attraktiv für Fachkräfte. Zudem können Kosten durch die Reduktion nicht mehr benötigter Bürofläche, beispielsweise durch ein Desk-Sharing-Modell, eingespart werden.

Doch am Anfang steht eine firmenweite Entscheidung. Der Belegschaft wird nicht einfach überlassen, wie sie denn nun arbeiten will. Geschäftsführung und Personalleitung einigen sich zunächst über die Leitplanken: Wie viele mobile Tage in der Woche soll es geben? An welchen Orten kann gearbeitet werden? Gelten die Bürozeiten? Welche digitalen Tools gibt es? Wie wird die Erreichbarkeit gewährleistet? Das alles wird dann in einem zweiten Schritt mit der Führungsebene diskutiert. Alle Bedenken müssen offen geäußert werden. Denn erst wenn alle hinter dem Ansatz stehen, werden die Mitarbeitenden in den Prozess eingebunden.

2. Teams an Bord holen

Der Kardinalsfehler im Prozess: Ausgrenzung. Trotz entscheidender Vorteile wie dem Wegfall von Bürowegen, mehr Zeit für die Familie oder dem optimalen Ausnutzen der eigenen Leistungsphasen, erzeugt einiges am mobilen Arbeiten auch ein mulmiges Gefühl: Die Handhabung der neuen digitalen Tools, die Selbstorganisation im Homeoffice, der Big-Brother-is-watching-you-Gedanke bei der Onlinearbeit und dass wir nicht mal eben über den Schreibtisch hinweg eine Frage stellen können – all das muss offen besprochen werden. In einem Kodex legen die Teams deshalb mit der jeweiligen Führungskraft die individuellen Regeln fest, natürlich innerhalb der vorgegebenen Leitplanken. Sind die mobilen Tage in der Woche frei wählbar? Muss das gesamte Team an bestimmten Tagen komplett im Büro anwesend sein? Gibt es Zeitspannen für die Erreichbarkeit? Wann muss spätestens auf eine Anfrage geantwortet werden? Was wird im Chat, Aufgabenmanagement-Tool oder per Videocall kommuniziert? Welche Schulungen muss es geben? Diese Diskussion, die jede vermeintliche Kleinigkeit berücksichtigt, ist entscheidend für das Commitment.

3. Teamspirit bewusst fördern

Die Hauptsorge der Beschäftigten: Isolation. Der Teamzusammenhalt ist ausschlaggebend für eine hohe Produktivität. Und dieser entsteht nicht von allein, der soziale Kontakt muss bewusst gefördert werden. Die Teammitglieder werden in die Community eingebunden. Und auch hier hybrid: mit digitalen Ritualen und Präsenz. Workations sind Events, die ein- oder zweimal im Jahr stattfinden und Arbeit (work) mit Urlaub (vacation) verbinden. Alle kommen an einem besonderen Ort zum persönlichen Austausch zusammen.

Doch genauso wichtig sind digitale Rituale. In einem täglichen zehnminütigen Call werden mit der Führungskraft der Stand des Projekts, weitere Schritte und mögliche Herausforderungen besprochen. Auch asynchrone Rituale über den Teamchat können hilfreich sein, wie zum Beispiel immer montags eine Frage ins Team senden: Wie war euer Wochenende? Oder auch persönliche Fragen stellen: Was liest du gerade? Welchen Film würdest du empfehlen? Spielst du ein Musikinstrument? Die Slack-Funktion Donut verbindet Menschen aus anderen Abteilungen per Zufallsgenerator für einen virtuellen Smalltalk. Oder es wird ein virtuelles Büro per Zoom eingerichtet, in das man sich jederzeit einloggen und mit anderen zusammenarbeiten kann. Aber auch virtuelle Mittagessen sind eine gute Idee. Manche Unternehmen spendieren einen Lieferdienst und alle können per Videocall gemeinsam lunchen. Gewöhnungsbedürftig? Auf jeden Fall. Wann das nicht mehr merkwürdig ist? Sehr schnell.

4. Digitale Führung lernen

Die Angst der Führungskräfte: Kontrollverlust. Eine Frage steht oft im Vordergrund: „Wie soll das gehen, wenn ich die Angestellten nicht mehr täglich im Büro sehe – wie stelle ich sicher, dass die Aufgaben erledigt werden?“ Die Antwort ist das ergebnisorientierte Arbeiten. Kontrolliert wird nicht mehr die Anwesenheit, sondern der Arbeitsfortschritt. Denn Anwesenheit war noch nie ein Garant für Produktivität. Welche Führungskraft steht schon jede Sekunde hinter Angestellten und kontrolliert, ob wirklich gearbeitet wird oder zeitweise Cyberloafing – also die Nutzung des Arbeitgeberinternets für private Zwecke während der Arbeitszeit – stattfindet, das digitale Herumtrödeln mit Onlineeinkäufen oder Videospielen?

Führen auf Distanz erfordert erweiterte Fähigkeiten wie Toolkompetenz. Die Grundlage der Zusammenarbeit mit dem Team sind Projektmanagementprogramme, Bürochats und Videokonferenzen. Zum anderen verschiebt sich der Schwerpunkt von Führung auf die Kommunikation. Mit jedem Teammitglied sollte wöchentlich ein Einzelgespräch geführt werden. Dabei rückt die Beziehungsebene in den Fokus. Ein wenig Smalltalk, das Scannen, wie es dem Gegenüber geht, ist genauso wichtig wie die Fortschritte bei den Aufgaben zu checken. Das braucht Zeit und geht nicht mal eben so zwischen einem Berg an Aufgaben. Deshalb nutzen Führungskräfte die zwei As: Asynchronität und Automatisierung. Anfragen werden zeitverschoben beantwortet, denn ständige Erreichbarkeit wird schnell zum Burn-out-Faktor Nummer eins. Und für die Kommunikation werden automatisierte Prozesse genutzt, Bots fragen beispielsweise in bestimmten Zeiträumen die Erledigung der Aufgaben ab.

Eines ist klar: Hybrides Arbeiten muss professionell im Unternehmen umgesetzt werden. Noch nicht überzeugt? Stellen Sie sich vor, Ihr Team spielt sehr erfolgreich Hallenfußball. Und dann kommt jemand und sagt, dass künftig auf dem Rasen gespielt werden muss. Das gleiche Spiel, nur ein anderer Ort. Wenn Sie jetzt nicht als Führungskraft das Team auf die geänderten Rahmenbedingungen trainieren – Stollenschuhe, weitere Laufwege, größeres Tor –, werden sie haushoch verlieren. Befreien Sie also den Erfolg vom Zufall!

Über die Autorin

Teresa Hertwig ist Geschäftsführerin von GRC – ­Get Remote Consulting. Die Medien- und Kommunikations­wissenschaftlerin ist Autorin von Produktivität braucht kein Büro

Quelle: humanressourcesmanager.de

20 Januar 2023

Keine Büros und Job-Interviews im Metaversum: wie Firmen die Zukunft der Arbeit neu gestalten

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Keine Büros und Job-Interviews im Metaversum: wie Firmen die Zukunft der Arbeit neu gestalten

Home-Office ist erst der Anfang: Das durch die Pandemie forcierte ortsunabhängige Arbeiten bietet Unternehmen viele Möglichkeiten. Doch Führungskräfte fühlen sich mit Remote-Arbeit oft überfordert.

Vor drei Jahren hat Job van der Voort zusammen mit seinem Partner Marcelo Lebre das Unternehmen Remote vom Home-Office aus gegründet. Heute ist das Startup 3 Milliarden Dollar wert und beschäftigt rund tausend Mitarbeitende, verteilt über die ganze Welt. Remote bietet Firmen diverse Dienstleistungen im Personalbereich an und unterstützt seine Kunden juristisch und administrativ dabei, weltweit Personal einzustellen und die Saläradministration global abzuwickeln.

Es wird vollständig remote gearbeitet, das heisst, die Mitarbeitenden sind von überall aus und zeitlich flexibel für das Unternehmen tätig. Büroräumlichkeiten hat Remote gar nie bezogen. Das Herzstück des in allen Zeitzonen operierenden Unternehmens sind die transparente Firmenkultur und das asynchrone Arbeiten – eine Methode, mit der Angestellte ihre Arbeit selbständig planen und im Team zusammenarbeiten, ohne sich in Echtzeit zu treffen.

Im öffentlich zugänglichen Mitarbeiterhandbuch wird alles Wesentliche festgehalten. Dort steht etwa: «Die Arbeit ist nur ein Job, sie sollte nicht dein gesamter Lebensinhalt sein, und bitte mache ihn auch nicht zu dem.» Festgehalten wird unter anderem auch, was von den Angestellten erwartet wird, wie eine Sitzung abläuft und wie asynchrones Arbeiten genau funktioniert.

Nur so viele Sitzungen wie nötig

«Asynchrones Arbeiten ist der Schlüssel zum Erfolg», sagt der 33-jährige Niederländer, der zuvor beim remote aufgestellten Softwarekonzern Gitlab gearbeitet hatte. Da die Angestellten von Remote über alle Zeitzonen hinweg arbeiten, spielt die Dokumentation der Arbeitsschritte eine wichtige Rolle. Alle am Projekt beteiligten Kolleginnen und Kollegen schreiben in einem öffentlich zugänglichen Dokument genau auf, was sie wie bearbeitet haben, und geben einen Kontext dazu, damit die Teamkollegen die Arbeit ohne weitere Rückfragen fortsetzen können. Diese Arbeitsweise erfordert viel Disziplin, ist aber effizient. Denn auf diese Weise entfallen zeitraubende Besprechungen, welche die Angestellten aus ihrem Arbeitsfluss reissen.

Virtuelle Sitzungen sind bei Remote ohnehin auf ein Minimum beschränkt. Wenn sie stattfinden, werden sie straff geführt und organisiert. So wird etwa das Besprochene und Entschiedene genau protokolliert, damit sich diejenigen, die an der Sitzung nicht anwesend waren, rasch auf den neusten Stand bringen und ihre Meinung noch einbringen können.

Liebgewonnene Gewohnheiten

Für den Firmenchef, der die Vorzüge dieser Arbeitsweise für sich selbst nutzt und beispielsweise seine Kinder in die Krippe bringt, ist die ortsunabhängige Arbeitsweise nur mit geringfügigen Nachteilen verbunden, wenn die Prozesse reibungslos funktionieren und auf Remote-Arbeiten ausgerichtet sind. Wenig erfolgversprechend sei es dagegen, die Gewohnheiten, die sich über die Jahrzehnte im Büro gebildet hätten, einfach in der virtuellen Arbeitsweise zu übernehmen.

Die offensichtlichste Schwäche des Remote-Arbeitens sind die fehlenden persönlichen Interaktionen zwischen den Mitarbeitenden, die den Zusammenhalt im Team stärken und identitätsstiftend wirken. Für Teamwork, Brainstorming und kreative Prozesse aller Art ist es ein Vorteil, wenn sich die Angestellten vor Ort treffen. Das ungezwungene Gespräch in der Kaffeepause schweisst Arbeitskollegen zusammen, und im spontanen Austausch entstehen neue Ideen. Auch durch die vertraute Umgebung und liebgewonnene gemeinsame Gewohnheiten fühlen sich Mitarbeitende stärker mit anderen Teammitgliedern und dem Unternehmen verbunden.

Um den Zusammenhalt im Team zu fördern, bietet Remote den Angestellten Budgets an, damit sie gemeinsamen Interessen nachgehen und selber Veranstaltungen organisieren können. Auch der informelle Austausch, der nicht direkt mit der Arbeit zu tun hat, spielt laut van der Voort eine wichtige Rolle. Führungskräfte müssten diese Gespräche gezielt mit den Mitarbeitenden suchen – sei es im spontanen Einzelgespräch oder im Rahmen wiederkehrender Sitzungen.

Verunsicherte Chefs

Befragungen haben gezeigt, dass sich Vorgesetzte mit dem Remote-Arbeiten während der Pandemie überfordert fühlten. Laut den Ergebnissen der jüngsten Studie des Future Forum Pulse hatte das mittlere Kader am meisten mit arbeitsbedingtem Stress und Ängsten zu kämpfen, und es beklagte eine deutlich schlechtere Work-Life-Balance.

Raghu Krishnamoorthy, Leiter des Chief-Learning-Officer-Doktorandenprogramms an der Universität von Pennsylvania, hat untersucht, wie effektiv Managerinnen und Manager ihre Mitarbeitenden während der Pandemie geführt haben und welche Führungsgrundsätze sich daraus für ortsunabhängiges Arbeiten ableiten lassen.

Wie Remote-Führen gelingt

  • Kein Mikromanagement, sondern die Problembereiche im Auge behalten: Die Mitarbeitenden erwarten von ihren Führungskräften, dass sie sich nicht bis ins kleinste Detail in die Arbeit einmischen. Vielmehr wünschen sie sich, dass die Managerin Schwachstellen und potenzielle Problembereiche auf dem Radar hat. Die Führungskraft soll ihren Angestellten vertrauen und sicherstellen, dass diese ihre Arbeit gut erledigen können.
  • Fokus auf Ergebnisse statt auf Arbeitsstunden: Nach wie vor sehen viele Chefs die Anwesenheit als Voraussetzung für Produktivität, auch wenn diverse Studien in der Pandemie gezeigt haben, dass die Produktivität im Home-Office gestiegen ist. Erfolgversprechender ist es, wenn Vorgesetzte die Mitarbeitenden an ihren Ergebnissen anstatt an ihrer zeitlichen Anwesenheit messen. 
  • Ermöglichen statt durchsetzen: Die Mitarbeitenden erwarten von ihren Chefs, dass sie zwischenmenschliche und arbeitsbezogene Hindernisse beseitigen und die Arbeit mit vielen Beteiligten koordinieren und unterstützen. Die Vorgesetzten sollen nicht Anweisungen durchsetzen, sondern ein gutes Arbeitsumfeld ermöglichen.
  • Das Team zusammenhalten und gut kommunizieren: Chefs müssen auch dafür sorgen, dass jede und jeder im Team seinen Teil zur Teamleistung beiträgt. Die Vorgesetzten tauschen sich regelmässig mit einzelnen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus und bieten bei Bedarf Unterstützung an. 
  • Prioritäten setzen und für Effizienz sorgen: In einem Home-Office-Umfeld spielt eine klare Prioritätensetzung eine besonders wichtige Rolle. Alle Teammitglieder müssen verstehen, was zu tun ist, wann etwas getan werden muss und wer dafür verantwortlich ist. Der Chef oder die Chefin weiss, wie die einzelnen Prioritäten zusammenwirken, und sorgt für effiziente Abläufe. 
  • Vertrauen aufbauen und Empathie zeigen: Wenn Mitarbeitende ortsunabhängig arbeiten, fehlt es an Gelegenheiten für spontane Treffen. Die Beziehung zwischen Chef und Mitarbeitenden ist besonders bedeutend, weil viele Angestellte ihren direkten Vorgesetzten als wichtigste Verbindung zu ihrem Arbeitgeber betrachten. Die Vorgesetzte schafft bewusst Gelegenheiten für informelle Gespräche.

Seit Ausbruch der Pandemie ist die Zahl der Firmen, die vollständig auf flexibles und ortsunabhängiges Arbeiten setzen, deutlich gestiegen. Zu den Remote-Unternehmen gehört etwa der deutsche Navigations-App-Anbieter Komoot, dessen Angestellte in verschiedenen europäischen Ländern arbeiten.

Selina Hofmann hat Komoot und diverse andere Firmen im Rahmen ihrer Bachelorarbeit («Wie sich Firmen an digitale Nomaden anpassen können») an der Fachhochschule Westschweiz zu Remote-Arbeit befragt. «Die Unternehmen sehen die grössten Vorteile darin, dass dadurch ihre Attraktivität als Arbeitgeber gesteigert wird, unter anderem, weil die Wünsche der Mitarbeiter berücksichtigt werden», sagt Hofmann. Ausserdem könnten sie auf einen viel grösseren Pool von potenziellen Arbeitskräften zugreifen.

Auch die Tatsache, dass auf diese Weise Mitarbeitende rund um die Uhr Kunden betreuen können, beurteilen die Firmen als positiv. Ausserdem verfügten die Arbeitnehmer, unter ihnen digitale Nomaden, über viele Fähigkeiten, die für die Unternehmen nützlich seien: Selbstdisziplin, Verantwortungsbewusstsein, Risiko- und Experimentierfreude sowie eine hohe digitale Affinität.

Die Schattenseiten von Remote-Arbeit

Zu den Schattenseiten zählt Hofmann neben der Gefahr von Missverständnissen wegen kultureller Unterschiede der Mitarbeitenden in den verschiedenen Ländern vor allem die Tatsache, dass durch Remote-Arbeit die Firmenkultur und die Identifikation der Angestellten mit ihrer Arbeit und ihrem Arbeitgeber leiden könnten. Allerdings hätten es die Firmen auch in der Hand, die Verbundenheit der Mitarbeitenden mit ihrer Arbeit deutlich zu stärken, indem sie ihnen grosse Flexibilität und Autonomie bei der Ausübung ihrer Tätigkeiten gewährten.

Um die Identifikation mit dem Unternehmen, den Zusammenhalt im Team und die Unternehmenskultur zu verbessern, probieren die remote aufgestellten Firmen zudem verschiedene digitale Alternativen aus. Bewährt hat sich etwa, wenn das Team miteinander ein digitales Spiel spielt, aber auch digitale Kaffeepausen und virtuelle Coworkings sind beliebt. Beim virtuellen Coworking treffen sich die Mitarbeitenden in einem Zoom-Meeting zum Arbeiten und unterhalten sich gelegentlich ähnlich wie in einem Grossraumbüro.

Verschiedene ortsunabhängig operierende Unternehmen veranstalten zudem ein- oder zweimal pro Jahr internationale Treffen mit allen Angestellten an schönen Orten weltweit. Dabei geht es weniger um die Arbeit, sondern vielmehr darum, die Unternehmenskultur zu pflegen und den Teamgeist zu stärken.

Gaming beim Vorstellungsgespräch

Doch auch für soziale Interaktionen gibt es im Zuge der technologischen Entwicklung zunehmend digitale Möglichkeiten. Virtuelle 3-D-Welten werden vermehrt zu Orten, an denen sich die Angestellten als Avatare begegnen und sich austauschen. Die deutsche Digital- und Innovationsagentur Demodern, die von Kristian Kerkhoff und Alexander El-Meligi gegründet wurde, bringt Grosskonzerne und Unternehmen ins Metaversum und baut für diese entsprechende Plattformen auf.

Für die Beratungsgesellschaft PwC hat Demodern beispielsweise eine Metaversum-Lösung erstellt, die für die interne und externe Kommunikation genutzt wird. «Für Firmen spielen nicht nur die Kosten eine Rolle», sagt Kristian Kerkhoff. Sie wollten dadurch vor allem junge Fachkräfte anziehen, die es durch das Gaming in ihrer Freizeit gewohnt seien, sich in digitalen Welten zu bewegen und dort mit anderen zu interagieren.

So fänden etwa Job-Interviews vermehrt im Metaversum oder auf anderen Plattformen statt. Die Rekrutierung wird auf diese Weise vielfältiger und kreativer. So können etwa Bewerber beziehungsweise ihre Avatare in 3-D-Spielen ihre Fähigkeiten unter Beweis stellen.

Der Avatar in Bürokleidung

Wie Alexander El-Meligi ausführt, werden Videokonferenzen noch nicht im grösseren Stil durch Metaversum-Anwendungen ersetzt, weil die Virtual-Reality-Brille für einen umfangreichen Betrieb zu kostspielig ist und die Hardware zu schnell veraltet. Die Firmen schüfen stattdessen virtuelle Räume, in denen die Mitarbeitenden von jedem Gerät und von überall aus an neuen Produkten arbeiten, auf wichtige Informationen schnell zugreifen sowie Sitzungen und globale Anlässe durchführen könnten.

Technisch seien die Anwendungen möglich, sagt El-Meligi, doch nun müssten sich Standards herausbilden, wie im Metaversum gearbeitet werde. Wie geht man im virtuellen Raum aufeinander zu, und wie kommt es zum spontanen Austausch? Gibt es Rückzugsorte, an denen man zwar präsent, aber dennoch ungestört arbeiten kann? Firmen müssen sich überlegen, was sie ihren Mitarbeitenden in der 3-D-Welt ermöglichen und was nicht.

Es geht dabei um ebenso praktische Überlegungen wie im Büroalltag – vom Design über die Architektur bis zu den Funktionen im 3-D-Raum. Firmen legen auch fest, welche Kleidung die Avatare der Mitarbeitenden tragen dürfen. Damit stellt sich auch für die Angestellten im Home-Office wieder die Frage: «Was ziehe ich heute zur Arbeit an?»

Quelle: NZZ - Neue Zürcher Zeitung

02 Dezember 2022

Es gibt für Banken keinen Grund, zu behaupten, es sei gefährlich, wenn Leute im Home-Office arbeiteten

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Interview der NZZ mit Phil Libin, Gründer von Evernote

Es gibt für Banken keinen Grund, zu behaupten, es sei gefährlich, wenn Leute im Home-Office arbeiteten

Phil Libin, Gründer der Onlinenotiz-App Evernote und heutiger Chef der Videotelefonie-App Mmhmm, über Home-Office und darüber, warum die Welt damit vor den grössten sozialen Veränderungen der letzten 200 Jahre steht.

Bevor das Gespräch beginnt, selbstverständlich via Videoanruf, gibt Phil Libin mit der Laptopkamera einen Augenschein seiner Umgebung. Er befindet sich am Ufer eines Sees, des Beaver Lake im amerikanischen Gliedstaat Arkansas. Hier hat er sich für ein Firmentreffen eine Hütte gemietet.

Ihr Unternehmen hat seit zwei Jahren keinen Hauptsitz mehr – ist das eine gute Idee?

Für uns ist das grossartig. Natürlich hat jedes Unternehmen eine andere Ausgangslage. Aber generell sollten sich Firmen am Resultat der Arbeit ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter orientieren, nicht am Input.

Wie viele Mitarbeiter zählt Ihr Unternehmen?

Etwa 150. Sie sind auf der ganzen Welt verstreut.

Funktioniert das wirklich?

Unsere Kommunikation ist in drei Segmente unterteilt. Stellen Sie sich das wie eine Pyramide vor. An der Spitze stehen die physischen Treffen, das sind etwa 10 Prozent der tatsächlichen Kommunikation. Wenn wir uns physisch sehen, dann beim Essen oder an einem besonders schönen Ort – wie dem, an dem ich gerade sitze. Wir wollen nicht, dass sich Menschen in langweiligen Besprechungsräumen, ausgestattet mit Leuchtstoffröhren, treffen. Das ist das Allerschlimmste. Die zweite Ebene der Pyramide sind synchrone Videoanrufe. Sie nehmen etwa 30 Prozent unserer Zeit in Anspruch. Solche Treffen sind gut für Interaktion in kleinen Gruppen, für Gespräche, für Fragen und Antworten. Aber die meiste Zeit verbringen wir am unteren Ende der Pyramide: mit aufgezeichneten und asynchronen Videos – um Ideen, Konzepte oder Entwürfe zu vertiefen.

Sie verbringen die meiste Zeit Ihrer Arbeit mit dem Ansehen von Videos?

Ja. Die asynchrone Organisation bedeutet, dass ich an Projekten mit Leuten in ganz unterschiedlichen Zeitzonen arbeiten kann. Und wenn jemand zu schnell denkt, kann ich das Video stoppen oder verlangsamen – oder ich beschleunige es, wenn es zu langsam ist.

Physische Treffen sind also nur gut, um Spass zu haben – bei der Arbeit haben sie nichts mehr zu suchen?

Physische Treffen, Videoanrufe und asynchrone Videos müssen nicht gegeneinander ausgespielt werden. Sie haben unterschiedliche Stärken und Funktionen. Videoaufzeichnungen nutzen wir, um komplexe Informationen besser zu vermitteln. Live-Videochats sind da für Fragen, die schnell geklärt werden können, oder um Ideen zu vertiefen. Am Anfang stehen aber meist physische Treffen. Sie sind so etwas wie die Genesis der Kreativität. Wenn das Spass macht, umso besser.

Schreiben oder mailen Sie nicht mehr?

Es dauert länger, eine Sache in einer E-Mail zu erklären als in einem Video. Wir verwenden immer noch Instant-Messaging für kleine Informationshäppchen, wie Slack. Ich schreibe also noch immer. Aber nur kurze Texte. Es ist sehr schwierig, in einer E-Mail subtile Emotionen auszudrücken. Sie werden sehr leicht missverstanden. In einem Video kann ich mit Gesichtsausdrücken ganz gezielt Emotionen vermitteln. Gesichtsausdrücke sind doch zentral. Ich habe schon so viele Missverständnisse bei E-Mails erlebt. Heutzutage können sowieso nur wenige Leute längere Texte schreiben. Man muss ein guter Schreiber sein, um Nuancen von Gefühlen und Tonfall zu vermitteln. Dagegen scheinen die meisten Menschen Naturtalente darin zu sein, Videos zu drehen.

Viele Firmen glauben, dass Menschen nur dann kreativ sein können, wenn sie physisch zusammen sind. Dem stimmen Sie nicht zu?

Natürlich kann man kreativ sein, wenn man sich nicht im selben Raum befindet.

Wie denn?

Um einen kreativen Prozess in Gang zu setzen, ist ein persönliches Treffen oft der richtige Weg. Aber das ist nur die Spitze der Kreativität. Sobald eine Idee im Raum steht, müssen wir sehen, ob sie wirklich funktioniert. Mit asynchronen Videos können Kreative auf der ganzen Welt in verschiedenen Zeitzonen Ideen vertiefen und erweitern. Und dann für schnelles Feedback auf einen Live-Videoanruf umschalten.

Wo treffen Sie sich, wenn Sie sich physisch begegnen?

Ich wohne fünf Minuten vom Crystal Bridges Museum of American Art in Arkansas entfernt. Das ist einer der schönsten Orte der Welt. Googeln Sie es. Wir haben Anfang Jahr beispielsweise den Museums-Sitzungssaal für ein Treffen zum Produktdesign genutzt, umgeben von wunderschöner Kunst. In dieser Umgebung haben wir tolle Ideen entwickelt. Dann sind wir alle wieder nach Hause gefahren und haben die nächsten sechs Monate damit verbracht, herauszufinden, welche Ideen funktionieren und welche nicht.

Funktionieren bestimmte Leute bei der Fernarbeit besser als andere?

Mit ziemlicher Sicherheit. Aber schauen wir uns zuerst den Arbeitsplatz an. Ich glaube, es gibt heute zwei Arten von Unternehmen: solche, die ihren Mitarbeitern vertrauen, eigenständig ihre Produktivität zu erhöhen, und solche, die das nicht tun. Historisch gesehen war das Vertrauen von Unternehmen in ihre Mitarbeiter gering. Arbeit war lange auch nicht als etwas gedacht, was Spass machen sollte. Nehmen Sie den englischen Begriff «compensation», das ist der Gehalts-Check. «Compensation» heisst, dass man Mitarbeiter für etwas vergütet, was ihnen widerwillig passiert ist. Der Begriff setzt also voraus, dass Arbeit etwas Schlechtes ist, was entschädigt werden sollte. Ein seltsames Konzept, nicht wahr?

Auf Deutsch heisst es Entschädigung. Welchen Begriff verwenden Sie lieber?

Wir reden von Vergütung; für das, was wir gemeinsam aufbauen. Unternehmen, die von «compensation» sprechen, sind solche mit wenig Vertrauen in ihre Mitarbeiter. Viele Banken, Versicherungen reden noch immer von «compensation».

Davon haben wir in der Schweiz viele. Banken und Versicherungen argumentieren allerdings, dass sie aus Sicherheitsgründen ihre Mitarbeiter lieber im Büro hätten, weil sie über so viele sensible Kundendaten verfügten. Diese Daten seien sicherer, wenn sie im Gebäude blieben.

Das kaufe ich ihnen nicht ab. Es gibt keinen Grund zur Annahme, dass die Sicherheit vor Ort besser sei als online. Mein Hintergrund ist die Computersicherheit. Wenn man zentralisiert ist, hat man genauso viele Schwachstellen. Oft sogar mehr, als wenn man dezentralisiert ist. Und die Daten der Finanzdienstleister sind ohnehin digital, auch wenn alles zentralisiert ist. Auf der Kundenseite funktioniert das Dezentrale ja schon seit 150 Jahren bestens. Es waren sogar die Schweizer Banken, die hier Pionierarbeit in Sachen Fernkundenbetreuung geleistet haben. Seit dem Telegramm muss der Kunde nicht mehr vor Ort sein, um eine Transaktion zu tätigen. Man könnte sagen, dass die Schweizer das Online-Banking erfunden haben.

Trotzdem brauchen doch viele Unternehmen Mitarbeiter vor Ort.

Banken und Versicherungen brauchen das nicht. Aber wenn Teslas CEO Elon Musk sagt, er wolle Mitarbeiter wieder im Büro sehen, ist das etwas anderes. Tesla baut Autos. Das Gleiche gilt für Apple. Sie stellen Telefone und Computer her. Irgendwann muss man das, was man herstellt, auch anfassen und fühlen können.

Was sind denn die wirklichen Vorteile für Unternehmen und Mitarbeiter bei der konsequent umgesetzten Fernarbeit?

Man kann dort arbeiten, wo man die beste Arbeit hat; man kann dort leben, wo man das beste Leben führen kann. Und man muss diese beiden Dinge nicht mehr miteinander verbinden. Das ist erstaunlich. Wenn wir geografisch nicht eingeschränkt sind, können wir aus den Unternehmen diejenigen aussuchen, für die wir wirklich arbeiten wollen. Das ist auch für mich als Unternehmer gut, weil ich weiss, dass ich nur ernstzunehmende Bewerber sehe.

In der Theorie hört sich das gut an. Aber was sind die weiterführenden Implikationen? Wenn das zutrifft, was Sie beschreiben, wird es unsere Gesellschaften und Nationen grundlegend verändern. Das Steuersystem zum Beispiel muss völlig neu erfunden werden.

Das wird alles verändern. Ich glaube, das wird der grösste gesellschaftliche Wandel der letzten Jahrhunderte sein. Es wird alles berühren: Regierungen, Gesundheitssysteme, das Bildungssystem. Alles. Das wird nicht von heute auf morgen geschehen. Aber schon wenn wir in fünf Jahren zurückblicken, werden wir in der Art und Weise, wie Städte sich entwickeln und geplant werden, grosse Veränderungen sehen. Die allermeisten Menschen werden von dieser Dezentralisierung profitieren.

Das ist ein Versprechen, das das Internet schon sehr früh gemacht hat. Es hat sich aber nie erfüllt. Warum soll das jetzt anders sein?

Das Internet war ein wichtiger Schritt. Es war notwendig, aber es war nicht ausreichend. Wir müssen noch einiges hinzufügen. Auch die Fernarbeit alleine reicht nicht aus. Es braucht auch die richtige Politik.

Wollen das die meisten Unternehmen überhaupt?

Selbst wenn sich nur 20 Prozent der Unternehmen dazu entschliessen, zentrale Büros zu schliessen und ihre Mitarbeiter vollständig in die Fernarbeit zu schicken, ist das bereits eine grosse Veränderung. Eine 20-prozentige Abwanderung aus den Grossstädten in andere Orte ist gigantisch. Was ich nicht denke: dass sich Hybridmodelle im grossen Stil durchsetzen. Wie Apple das beispielsweise macht. Drei Tage im Büro, zwei Tage zu Hause. Das Unternehmen trägt ja noch immer die vollen Kosten für die Miete. Und die Mitarbeiter können die Vorteile nicht in Anspruch nehmen. Sie müssen ja noch immer in der Nähe des Büros leben.

Zahlen Sie Ihren Mitarbeitern den gleichen Lohn, ganz egal wo sie wohnen? Oder passen Sie wie Facebook den Lohn dem Standort der Mitarbeiter an?

Facebook ist ein dummes Unternehmen, das viele schlechte Entscheidungen trifft. Wir zahlen den Leuten dasselbe, egal wo sie arbeiten. Es wäre beleidigend, das nicht zu tun. Ich bin von San Francisco nach Arkansas gezogen. Würde ich mir selber eine Gehaltskürzung gönnen? Nein, natürlich nicht. Es liegt an den Mitarbeitern, produktiv zu sein. Ich bezahle sie für ihren Beitrag, nicht für ihren Standort. Meine persönliche Assistentin, die früher in San Francisco lebte, ist kürzlich nach Mexiko gezogen. Mit einem Gehalt aus San Francisco. Sie hat dort einen tollen Lebensstil.

Wie sieht es mit ihrer Gesundheitsvorsorge aus? Wo zahlt sie Steuern?

Als amerikanische Staatsbürgerin zahlt sie immer noch Steuern in den USA. Auch wenn sie im Ausland lebt. Und es gibt eine Handvoll Firmen, bei der sich weltweite Krankenkassen abschliessen lassen.

Schweizer Bürger, die im Ausland leben, zahlen nur lokale Steuer. Welche Auswirkungen hat es also für die Schweiz, wenn von Schweizer Unternehmen die besten Talente das Land verlassen, um an einem billigeren Ort zu arbeiten?

Wenn Orte anfangen, nicht mehr um Unternehmen zu buhlen, sondern um Menschen, ist das doch positiv. Einen Ort für Menschen attraktiv zu machen, ist etwas ganz anderes, als ihn für Unternehmen attraktiv zu machen. Man braucht eine gute Gesundheitsversorgung, gute Schulen – alles, was das Leben besser macht. Und natürlich kann das heissen, dass diverse Länder zu Steuerreformen gezwungen werden.

Was sind die Gefahren?

Natürlich gibt es sie. Aber ich bin überzeugt, dass die positiven Sachen überwiegen. Zurzeit stehen in vielen grossen Städten leere Büros. Oft handelt es sich um die teuersten und schönsten Immobilien. Was wird damit passieren, wenn die Mitarbeiter nie mehr zur Arbeit zurückkehren? Wäre es nicht schön, wenn Menschen darin nicht nur arbeiten, sondern auch leben würden?

Über den Seriengründer Phil Libin

Der gebürtige Russe Phil Libin, 49, siedelte im Alter von acht Jahren in die USA um. Heute ist er Mitgründer und CEO von All Turtles, einer weltweit tätigen Softwarefirma, und Mmhmm, einer All-in-one-Plattform zum Erstellen und Teilen von Videos. Zuvor war er Managing Director bei der Risikokapitalgesellschaft General Catalyst und Mitgründer und CEO der Onlinenotizen-Plattform Evernote, die heute über 100 Millionen Nutzer zählt.

Quelle: NZZ - Neue Zürcher Zeitung

16 September 2022

Hybrides Arbeiten: Den „Proximity Bias“ ausbremsen

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Hybrides Arbeiten: Den „Proximity Bias“ ausbremsen

Führungskräfte müssen unabhängig vom Arbeitsort Chancengleichheit ermöglichen, sagt Brian Elliott, Future Forum. So verringern sie Risiken hinsichtlich des „Proximity Bias“.

Hybrid Work ist zum weltweit vorherrschenden Arbeitsmodell geworden. Alleine in Deutschland sind 56 Prozent der Wissensarbeiterinnen / -Arbeiter in hybriden Strukturen tätig. Dies zeigen die jüngsten Ergebnisse der globalen Pulse-Studie des Future Forum, ein von Slack und seinen Partnern Boston Consulting Group, MillerKnoll und MLT ins Leben gerufener Think-Tank, der Unternehmen dabei unterstützt, die Arbeit in der digitalen Arbeitswelt neu zu gestalten.

Die Studie – die vierteljährlich veröffentlicht wird und auf einer Umfrage unter mehr als 10.000 Wissensarbeitenden in den USA, Australien, Frankreich, Deutschland, Japan und Großbritannien basiert – gibt ein Bild über die aktuelle Arbeitssituation: In Deutschland arbeiten derzeit lediglich 32 Prozent aller Wissensarbeiterinnen / -Arbeiter jeden Tag im Büro. Gleichzeitig zeichnet sich im Hinblick auf die Präferenzen und Wünsche der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ein eindeutiger Trend ab. 82 Prozent der Befragten in Deutschland geben an, dass sie hybrid oder sogar komplett remote arbeiten möchten. Nahezu alle deutschen Befragten (95 Prozent) wünschen sich zudem eine flexible Zeiteinteilung.

Wunsch nach Flexibilität bei Arbeitszeiten und Arbeitsort

Für Unternehmen sollten diese Ergebnisse ein Weckruf sein. Sie dürfen nicht den Fehler machen, Flexibilität nur als Notwendigkeit anzusehen, die man Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern gewähren muss. Stattdessen sollten Führungskräfte sowohl die freie Wahl des Arbeitsortes als auch die freie Zeiteinteilung als entscheidende Wettbewerbsvorteile erkennen. Denn nach der Vergütung ist Flexibilität der zweitwichtigste Faktor für die Zufriedenheit der Belegschaft. 50 Prozent der Büroangestellten in Deutschland sind bereit, sich beruflich neu zu orientieren, eine Zahl, die sich auf 69 Prozent erhöht, wenn sie mit der Flexibilität ihres Unternehmens nicht zufrieden sind. Unternehmen, die eine hybride Arbeitskultur unterstützen, reduzieren dadurch also auch aktiv die Mitarbeiterfluktuation.

Und auch im „War for Talents“ auf dem Arbeitsmarkt profitieren Arbeitgeber, die auf Flexibilität setzen, da sie aus einem deutlich größeren Talent-Pool schöpfen können – zum einen weil sie die Forderungen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nach Flexibilität erfüllen, zum anderen weil Einschränkungen im Hinblick auf den Arbeitsort wegfallen. Es geht also längst nicht mehr nur um die Debatte ‚remote versus Büro‘. Die Zukunft der Arbeit ist nicht ‚entweder – oder‘, sondern muss beide Modelle berücksichtigen und Mitarbeitenden unabhängig vom Arbeitsmodell die gleichen Chancen bieten. Vor allem Letzteres ist jedoch in vielen Unternehmen bisher nicht gegeben.

Wachsende Sorge vor “Proximity Bias”

Knapp 60 Prozent der Befragten in Deutschland geben zudem an, dass sie sich Sorgen über ihre berufliche Laufbahn machen, wenn sie dauerhaft oder größtenteils remote arbeiten. Einer der Hauptgründe dafür ist der sogenannte „Proximity Bias“ also das Phänomen, dass Mitarbeiterinnen / Mitarbeiter, die ihren Vorgesetzten örtlich näher sind, als bessere Arbeitskräfte wahrgenommen werden.

Denn obwohl im Zuge der Pandemie die Möglichkeiten für Hybrid und Remote Work stark ausgebaut worden sind, werden Mitarbeiterinnen / Mitarbeiter im Homeoffice oft noch benachteiligt beziehungsweise werden Mitarbeiterinnen / Mitarbeiter im Büro bevorzugt – vor allem in Unternehmen, die nach wie vor von einer Präsenzkultur und persönlichen Treffen geprägt sind.

Spontane Meetings werden häufig ohne Teammitglieder im Homeoffice abgehalten oder bestimmte Benefits kommen nur den Mitarbeiterinnen / Mitarbeiter vor Ort zugute. Die Nachteile treffen vor allem die Gruppen, die vermehrt im Homeoffice arbeiten, etwa Frauen oder Eltern. Diese entscheiden sich vermehrt für flexible Arbeitsregelungen – und somit gegen die Arbeit im Büro. So sind weltweit mehr Frauen als Männer remote tätig (23 Prozent gegenüber 17 Prozent) und auch berufstätige Väter und Mütter entscheiden sich häufiger für Remote- und Hybrid-Arbeitsmodelle als kinderlose Arbeitnehmende (71 Prozent gegenüber 61 Prozent).

Trotz der Risiken hinsichtlich des “Proximity Bias” geben Führungskräfte weitaus häufiger als Mitarbeitende ohne Führungsverantwortung an, dass sie mindestens drei Tage pro Woche im Büro arbeiten möchten (62 Prozent gegenüber 47 Prozent). Führungskräfte müssen hier umdenken und zukünftig als Vorbild in Sachen Hybrid Work agieren, indem sie eine flexible Arbeitsweise aktiv vorleben, statt durch verstärktes Arbeiten im Büro das Narrativ der „besseren Arbeit durch persönliche Präsenz“ zusätzlich zu stützen.

Kein Zurück zur vollständigen Büropräsenz

Eines ist klar: Die Zukunft der Arbeit ist hybrid. Es wird keine vollständige Rückkehr ins Büro an fünf Tagen die Woche geben. Nur wenn Unternehmen es schaffen, die Vorurteile gegenüber neuen Arbeitsmodellen auszuräumen, können sie Chancengleichheit unter ihren Mitarbeiterinnen / Mitarbeitern schaffen und sich langfristig als attraktiver Arbeitgeber positionieren. Führungskräfte müssen dafür individuell und regelmäßig weitergebildet werden. Denn nur Vorgesetzte, die Leistung an Ergebnissen und nicht an der Arbeitszeit festmachen, regelmäßig und konsequent Feedback geben sowie den Austausch innerhalb und zwischen Teams suchen, können ihre Angestellten in einem hybriden Arbeitsmodell bestmöglich unterstützen und so ihr volles Potenzial ausschöpfen.

Über den Autor

Brian Elliott ist Executive Leader und Senior Vice President des Future Forum, einem Konsortium, das von Slack ins Leben gerufen wurde, um Unternehmen dabei zu unterstützen, die Arbeit in der neuen digitalen Welt von Grund auf neu zu gestalten.

Quelle: hr-journal.de

09 September 2022

Fünf Tipps für gutes Remote Leadership

Posted in Coaching, Führung, Leadership

Fünf Tipps für gutes Remote Leadership

Gutes Remote Leadership zeichnet sich durch soziale Kompetenzen wie Empathie und Kommunikationsfähigkeit aus. Nicole Gaiziunas, XU Group, gibt Tipps, worauf es zu achten gilt.

Unsere Arbeitswelt befindet sich in einer großen Transformation, die nicht nur immer digitaler werdende Jobprofile hervorbringt, sondern auch die Art verändert, wie wir zukünftig arbeiten. Flexibilität und Agilität werden immer wichtiger und bringen uns zugleich neue Möglichkeiten. Remote Work ist bereits in vielen Unternehmen anerkannt und kann eine hohe Zufriedenheit der Mitarbeitenden bewirken. Schließlich lassen sich Job und Freizeitgestaltung so viel besser miteinander in Einklang bringen.

Außerdem kann diese Arbeitsweise zu einer größeren Produktivität führen. Denn dank flexibler Arbeitszeiten können Mitarbeitende genau zu der Tageszeit ihren Aufgaben nachgehen, an der sie besonders leistungsfähig sind. Welch ein Geschenk also für alle, deren Motor erst am späten Vormittag auf Hochtouren läuft oder dann, wenn andere schon im Feierabend sind. Denn darüber können sie sich künftig besser einbringen und ihr volles Potenzial entfalten.

Die meisten Mitarbeitenden empfinden zudem das entgegengebrachte Vertrauen ihrer Arbeitgebenden in diesem Kontext als Zeichen der Wertschätzung. Ein weiterer großer Vorteil für Unternehmen ist die Möglichkeit, offene Stellen schneller und flexibler zu besetzen, da Fachkräfte nicht mehr ortsgebunden sein müssen. Bei all den Vorteilen, die remote Arbeiten für Unternehmen und Mitarbeitende bringt, ist es jedoch essentiell, dass Entscheidungsträger/-innen auch mögliche Risiken im Blick behalten und entsprechende Spielregeln für alle definieren und durchsetzen.

Die Risiken von Remote Work

Die Arbeit in digitalen Workspaces bricht klassische Teamlogiken auf und bringt Kolleginnen und Kollegen verschiedener Standorte und Disziplinen schneller zusammen. Das ist zunächst einmal super, jedoch müssen Regeln dafür klar abgesteckt sein. Wird die Organisation agiler, sollten auch die entsprechenden Kompetenzen dafür vorhanden sein oder aber innerhalb der Belegschaft Expertinnen und Experten für agile Methoden ausgebildet werden.

Führungskräfte müssen diesen Zeitpunkt rechtzeitig erkennen und entsprechend darauf reagieren. Arbeiten im Office fördert das Teamgefühl und ermöglicht spontane Interaktionen zwischen den Kolleginnen und Kollegen; all das kann in dezentral arbeitenden Teams verloren gehen oder überhaupt erst gar nicht entstehen.

Das betrifft vor allem auch neue Mitarbeitende, die immer häufiger remote in den Job starten und ihre Teams niemals persönlich vor Ort sehen. Die Kommunikation wird für Unternehmen daher deutlich herausfordernder. Auch die Leistungsbeurteilung und das Ressourcenmanagement werden durch die räumliche Distanz erschwert. Wenn ein Unternehmen daher Arbeitsprozesse und Kommunikationstools dieser neuen Arbeitssituation nicht entsprechend anpasst, können sich Einzelne schnell auch alleingelassen und isoliert fühlen. Eine Teamkultur und ein Gemeinschaftsgefühl entstehen nur schwer. Auch kann es passieren, dass Mitarbeitende Druck spüren, immer erreichbar zu sein, weil eine Trennung zwischen Privat- und Berufsleben verwässert.

Feste Spielregeln für alle

Gutes Remote Leadership ist ganz klar eine Herausforderung und muss in den nächsten Jahren erst einmal durch Trial and Error erlernt werden. Voraussetzung dafür sind jedoch auf jeden Fall soziale Kompetenzen wie Empathie und Kommunikationsfähigkeit.

Hier meine Tipps, worauf es zu achten gilt:

  1. Machen Sie sich die Vorteile von hybrider und remote Arbeit bewusst und sorgen Sie für Verständnis, für ein gemeinsam getragenes Mindset und eine geschlossene Haltung auf Managementebene, damit alle an einem Strang ziehen.
  2. Vergessen Sie dabei niemals: Kommunikation hilft immer! Sprechen Sie mit Ihrem Team, schaffen Sie Raum für einen persönlichen Austausch. Wichtig in diesem Kontext ist es, persönliche Austauschformate zu schaffen, ähnlich wie in einem Pausenraum oder in der Kaffeeküche. So kann man sich mit Kolleginnen und Kollegen ebenso gut zu virtuellen Mittagspausen – dank Smartphone auch außerhalb des Homeoffice – treffen. Die Möglichkeiten, um im Austausch zu bleiben und sich auch abseits der Jobthemen miteinander zu unterhalten, sind vielfältig: vom virtuellen gemeinsamen Apero zum Wochenende bis zum Team-Quiz. Es gilt herauszufinden, was für Ihr Team am besten funktioniert.
  3. Achten Sie darauf, dass Sie einfache, verständliche und gut zugängliche Kollaborationssysteme für die Kommunikation einsetzen. Nur so entstehen eine effektive Zusammenarbeit und Austausch. Es gibt viele sinnvolle und einfach zu bedienende Tools, darunter Miro-Boards, Trello, Slack oder andere.
  4. Trotz aller Flexibilität braucht das Arbeiten im Team auf Distanz klare Strukturen, damit es gelingen kann. Gemeinsam definierte Ziele, klare Aufgaben und Zuständigkeiten sowie Deadlines sind noch wichtiger als zuvor.
  5. Wichtig ist es außerdem, verbindliche Guidelines aufzustellen: Wie wollen wir remote miteinander arbeiten? Das gibt den Mitarbeitenden die nötige Orientierung und signalisiert Verständnis und Bewusstsein seitens des Managements, zum Beispiel wenn es darum geht, rücksichtsvoll mit den Terminen der Kolleginnen und Kollegen umzugehen und beispielsweise keine Calls zur Pausenzeit einzustellen. Als Führungskraft sollten Sie auch klar kommunizieren und vorleben, dass Nachrichten nur in Ausnahmefällen außerhalb der Arbeitszeiten beantwortet werden.

Zeitliche Flexibilität begünstigt Upskilling

Vor allem eine berufliche Weiterqualifizierung, die Mitarbeitenden neue Zukunftsperspektiven bietet oder dazu beitragen kann, den Arbeitsplatz zu sichern, gelingt sehr gut remote. Denn zeitliche Flexibilität ist in der Weiterbildung ein besonders wichtiger Faktor. Dabei haben sich vor allem Online-Education-Plattformen sehr bewährt. Tragfähige Lernerfolge schaffen hier insbesondere Angebote, die einen abwechslungsreichen Formatmix anbieten, der für ein hohes Engagement sorgt und die Lernenden dazu motiviert, am Ball zu bleiben. So muss sich niemand durch einen langweiligen Online-Frontalunterricht quälen, sondern wird durch interaktive und gamifizierte Lernformate in Kombination mit Live-Sessions von Expertinnen / Experten qualifiziert und zukunftsfit gemacht.

Die Zukunft der Arbeit: Vertrauen Sie Ihren Mitarbeitenden

Wenn Entscheiderinnen / Entscheider die Wünsche ihrer Mitarbeitenden nach mehr zeitlicher und örtlicher Flexibilität berücksichtigen und ihnen darüber mehr Freiraum ermöglichen, werden sie davon langfristig profitieren. Doch dabei ist es wichtig, dass Führungskräfte ihrem Team vertrauen. Dann werden Sie schnell merken, dass die Motivation, Produktivität, Loyalität und Weiterbildungsbereitschaft der Belegschaft immer weiter steigen werden. Ein Win-Win für beide Seiten.

Über die Autorin

Nicole Gaizunas ist Gründerin und Co-CEO der Online-Education-Plattform XU und beschäftigt sich mit den Zukunftskompetenzen von morgen. Sie ist überzeugt, dass die Transformation der Wirtschaft in den Zukunftsfeldern Digitalisierung, E-Mobilität und Nachhaltigkeit nur mit einer Investition in den Menschen und dessen Potenzial gelingen kann. Zusammen mit ihrem Team entwickelt sie innovative, zertifizierte Up- und Reskilling-Angebote für Unternehmen und deren Beschäftigte sowie Einzelpersonen.

Quelle: hr-journal.de

02 September 2022

Hybride Arbeitsweisen: So geht’s richtig

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Hybride Arbeitsweisen: So geht’s richtig

Tom Hirschbach-Taddey, Senior Manager Collaboration Specialists, und Katrin Hartmann, Head of People & Communities (HR), Cisco Deutschland, erläutern, wie Unternehmen funktionierende hybride Arbeitsweisen einführen können.

Nach dem Ende der Homeoffice-Pflicht zeigt sich immer klarer, dass sich hybride Arbeitsweisen auf breiter Front durchsetzen. Damit sie funktionieren, gibt es zwei wichtige Voraussetzungen: die richtige Technik und die passende Unternehmenskultur. Nur wenn beide Aspekte stimmen, ist Hybrid Work erfolgreich.

Mehr als drei Viertel der Mitarbeitenden in Deutschland möchten mindestens einen Tag in der Woche von zu Hause aus arbeiten, nur 16 Prozent wieder Vollzeit im Büro. Das ergab eine Umfrage von Cisco. Dieser Wunsch bringt auch den Unternehmen deutliche Vorteile.

So zeigt eine weitere Studie, dass hybride Arbeitsweisen das Wohlbefinden, die Work-Life-Integration und die berufliche Leistung der Mitarbeitenden verbessert. Doch gleichzeitig ist nur jeder/jede Fünfte der Meinung, dass sein Unternehmen „sehr gut“ auf die Zukunft des hybriden Arbeitens vorbereitet ist.

Technische Infrastruktur und Unternehmenskultur entscheidend

Führungskräfte, IT- und People & Communities (HR)-Abteilungen haben also noch einiges zu tun, damit Hybrid Work auch wirklich reibungslos funktioniert. Dabei sind zwei Punkte entscheidend: die technische Infrastruktur und die Unternehmenskultur. Bei der Technik geht es nicht nur um eine hochperformante und ausfallsichere Verbindung im Homeoffice, sondern auch um moderne Desksharing-Systeme und Collaboration-Tools im Büro, die allen Mitarbeitenden einen gleichwertigen Platz bei Diskussionen, Brainstormings und Besprechungen ermöglichen.

Gleichzeitig muss aus People & Communities (HR)-Perspektive das Unternehmen eine starke offene Kultur leben. Dabei stehen die Stärken der Mitarbeitenden im Vordergrund und Fehler sind erlaubt. Sie bietet einen vertrauensvollen Umgang und gleichzeitig eine umfassende Unterstützung für die individuellen Situationen der Mitarbeitenden (zum Beispiel Mental-Health-Aktivitäten, Wellbeing-Initiativen, berufliches und privates Coaching).

Hybride Arbeitsweisen: Die geeignete Technik

In der Pandemie stand aus technischer Sicht die zuverlässige Anbindung der Homeoffice-Arbeitsplätze im Fokus. Doch selbst nach zwei Jahren sagen 45 Prozent der deutschen Mitarbeitenden, dass regelmäßige Probleme mit der Konnektivität die Remote-Arbeit hemmen, so eine Cisco-Studie.

Hier können Unternehmen ihren Angestellten helfen, indem sie Hardware-Pakete mit integrierter Software für das Homeoffice bereitstehen. Dann erhalten sie bei Bedarf PC, Headset, Mikrofon, Kamera und Router aus einer Hand, die zentral von der IT-Abteilung aus der Ferne verwaltet werden kann. So muss sich der Mitarbeitende nicht mehr um den Betrieb kümmern – gleichzeitig profitiert das Unternehmen von hoher Sicherheit und effizienten Arbeitsabläufen.

Aber auch das Büro muss sich verändern, da durch die hybride Arbeitsweise nicht mehr jeder/jede Mitarbeitende einen festen Arbeitsplatz braucht. Im Gegenteil: Flexibles Desksharing ist das Gebot der Stunde. Doch für gemeinsam genutzte Schreibtische muss die Anmeldung des/der Mitarbeitenden an den Geräten viel einfacher funktionieren als bisher. Bei modernen Systemen gelingt dies zum Beispiel durch Scannen eines QR-Codes oder das simple Andocken von Laptop oder Smartphone und spezielle „Check-In“-Devices.

Den persönlichen Arbeitsbereich mitnehmen

So ermöglichen es neue Technologien, den persönlichen Arbeitsbereich überallhin mitzunehmen. Nach der Anmeldung können Nutzerinnen und Nutzer ihre persönlichen Kalendertermine und letzten Anrufe in ein gemeinsam genutztes Schreibtischgerät spiegeln und dieses für den Tag reservieren. Für ein modernes Büro-Erlebnis sorgen weitere hilfreiche Innovationen wie einfachere Touch-Raumbuchung, In-Room Navigation, Digital Signage und Sensoren für Temperatur und Luftqualität.

Die Auswertung der Nutzung von Räumen und daraus verwertbare Analysen zur Optimierung von Flächen bieten dabei einen unternehmerischen Mehrwert in der Gestaltung von Meeting-Umgebungen. Außerdem lassen sich hochqualitative Lösungen für hybride Meetings bereitstellen, wie Whiteboards und Videokonferenzsysteme in Büros oder smarte All-in-One-Lösungen für das Homeoffice.

Hybride Arbeitsweisen: Die passende Unternehmenskultur

Damit diese Systeme auch genutzt werden, muss das Unternehmen jedoch zwei Voraussetzungen erfüllen: ein umfassendes Change Management (inklusive Trainings für alle Mitarbeitenden) sowie die Förderung der flexiblen Zusammenarbeit durch eine entsprechende Unternehmenskultur. Beim Change Management ist es wichtig, die Belegschaft von Anfang an mitzunehmen und auf ihre jeweiligen Bedürfnisse einzugehen. Klare Vereinbarungen und Use Cases können den konkreten Nutzen im Alltag zeigen und Communities den gemeinsamen Austausch intensivieren.

Eine moderne Unternehmenskultur basiert vor allem auf gegenseitigem Vertrauen und Ergebnisorientierung. Für eine Vertrauenskultur braucht es offene Kommunikation, Empathie der Führungsmannschaft, Flexibilität für alle Lebensphasenmodelle der Mitarbeitenden und die Möglichkeit, Fehler zu machen.

Alle Bereiche des Unternehmens sind auf diese Ziele auszurichten – ob in Vertrieb, Entwicklung oder Marketing. Zentral ist dabei, dass diese Leitlinien von der Führungsetage vorgelebt werden und Mitarbeitende motiviert sind, die neuen Freiheiten zu nutzen. Dieser Prozess funktioniert nicht über Nacht. So sind über mehrere Jahre neue Ziele zu setzen, um nach und nach die Kultur zu verändern. Denn klar ist: Vertrauen kann man nicht verordnen, es muss erlebt und dann verinnerlicht werden.

Zusammenhalt in der hybriden Arbeitswelt sicherstellen

Eine weitere Frage lautet, wie Unternehmen den Zusammenhalt in einer hybriden Arbeitswelt sicherstellen. Hier müssen neue Formate entwickelt werden, die den Vorstellungen und Wünschen der Belegschaft entsprechen. Das heißt: Unternehmen, die erste Schritte weg von der kompletten Präsenzkultur gehen möchten, sollten zunächst in kleinen Teams hybride Meetings testen, bevor Sie direkt mit virtuellen Town-Halls starten. Grundsätzlich gilt: Ein Schritt nach dem anderen und nicht alle Tools und Formate gleichzeitig ausrollen, sodass sich Mitarbeitende an die neuen Möglichkeiten gewöhnen können.

Darüber hinaus sollten Führungskräfte und HR-Abteilung immer ein offenes Ohr für individuelle Wünsche und die persönliche Situation der Mitarbeitenden haben. Vor allem bei Remote Workern sind regelmäßige Nachfragen nötig und die Zusage, dass auch kritische Themen angesprochen werden dürfen, ohne Nachteile fürchten zu müssen. Denn nur wenn ein Mitarbeiter / eine Mitarbeiterin sich im Unternehmen wohlfühlt, wird er/sie dauerhaft bleiben.

Folgende Studie von Cisco könnte auch von Interesse sein: 100 Tage nach Ende der Homeoffice-Pflicht.

Über die Autoren

Tom Hirschbach-Taddey ist Senior Manager Collaboration Specialists bei Cisco Deutschland. Er hat über 22 Jahre Erfahrung in den Bereichen Führung, strategische Planung und Entwicklung von Zukunftstechnologien. Seit mehr als 15 Jahren ist er in Führungspositionen mit Personalverantwortung tätig.

Katrin Hartmann ist seit Februar 2021 Leiterin People & Communities bei Cisco Deutschland. Sie verfügt über 24 Jahre HR-Erfahrung in der IT-Branche und bringt eine umfassende, vielfältige und integrative Perspektive auf HR, Karriere, Talententwicklung, Employer Branding und vieles mehr mit.

Quelle: hr-journal

04 Februar 2022

Das Büro als Begegnungsstätte

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Arbeiten nach der Pandemie

Das Büro als Begegnungsstätte

Die Coronapandemie hat die Arbeitswelt verändert. Millionen Angestellte wurden 2020 ins Homeoffice geschickt, Prozesse wurden in Rekordzeit digitalisiert, neue Formen der Kommunikation und Zusammenarbeit haben sich etabliert. Am 1. Juli 2021 endete für Unternehmen in Deutschland die Pflicht, Homeoffice anzubieten. Jetzt soll es für viele Beschäftigte zurück ins Büro gehen. Doch wie gelingt die Transformation? Die Basler AG aus Ahrensburg setzt auf ein Hybridmodell und das Büro als Begegnungsstätte.

Den 13. März 2020 wird Anja Sievers-Sack so schnell nicht vergessen. Sievers-Sack ist Head of Human Resources bei der Basler AG, die Komponenten für Computer-Vision-Anwendungen entwickelt. An diesem Freitag bildet sich bei Basler eine Corona-Taskforce aus Vorstand, Verantwortlichen verschiedener Bereiche, IT, Facility-Management, Betriebsrat und Betriebsarzt. „Es war klar: Wer kann, muss ins Homeoffice – und das möglichst schnell“, erinnert sich Sievers-Sack. Die Taskforce entwickelt einen Stufenplan, um die Mitarbeitenden, gestaffelt nach Risikogruppen, ins Homeoffice zu schicken. Schon kurze Zeit später arbeiteten etwa 70 Prozent der Belegschaft von zu Hause aus. Einzig Mitarbeitende der Produktion, die nicht daheim arbeiten können, waren noch vor Ort in Ahrensburg in Schleswig-Holstein. Komplett abgeschottet und mit neuem Schichtsystem, das keine Überlappungen mehr zwischen einzelnen Schichten erlaubt.

Der emotionale Klebstoff löst sich auf

Herbst 2021. Die Basler AG hat die Coronapandemie bislang gut gemeistert und konnte sogar weiterwachsen. Die Arbeit im Homeoffice funktioniert, digitale Workshops und Meetings haben sich schnell etabliert. „Wir hatten schon immer eine starke Unternehmenskultur, und die hat uns sehr gut durch diese Zeit geholfen. In Krisen wächst man über sich hinaus – und genauso war es bei uns“, sagt Sievers-Sack. Und dennoch: Nach eineinhalb Jahren Homeoffice beginnt sich etwas zu verändern. „Der emotionale Klebstoff, der uns die ganzen Monate zusammengehalten hat, löst sich langsam auf“, beschreibt Sievers-Sack es. Das erleben derzeit einige Unternehmen: Das Wirgefühl schwindet, der direkte Austausch und die persönlichen Gespräche fehlen. „Der Bezug zu den Menschen geht verloren. Darunter leidet am Ende auch die Innovationskraft eines Unternehmens“, ist sich Sievers-Sack sicher. Homeoffice als Dauerzustand ist für viele Unternehmen deshalb keine Lösung. Auch bei Basler will man die Mitarbeitenden wieder zurück ins Office holen – jedenfalls zeitweise.
Mitarbeitende fordern Flexibilität ein

Doch wie geht das? Wie sieht der neue Alltag im Büro jetzt aus? Viele Experten sind sich einig: Trotz Ende der Homeoffice-Pflicht wird es kein einfaches Zurück zur Tagesordnung wie vor der Pandemie geben. Das glaubt auch Anja Sievers-Sack. „Die Ansprüche der Mitarbeitenden haben sich durch die Pandemie verändert. Die letzten Monate haben gezeigt, dass vieles auch im Homeoffice möglich ist. Das müssen Unternehmen bei ihrer Back-to-Office-Strategie berücksichtigen und sich etwas einfallen lassen, um die Mitarbeitenden auch wieder für die Arbeit im Büro zu begeistern.“ Ein Zurück zur reinen Präsenzkultur sieht die Personalexpertin nicht. „Wir können das Homeoffice jetzt nicht einfach wieder abschaffen. Die Flexibilität wird von Mitarbeitenden und Neubewerbern eingefordert. Wer sich als familienbewusster Arbeitgeber positionieren und auch zukünftig die besten Talente für sich begeistern möchte, muss die Arbeit im Homeoffice als einen von mehreren Benefits anbieten.“

Das Büro als Begegnungsstätte

Basler setzt auf ein Modell, das die Arbeit vor Ort im Büro und Zeiten im Homeoffice kombiniert. „Wir wollen das Beste aus beiden Welten miteinander verbinden“, sagt Sievers-Sack. Zur Einführung gibt es wieder einen Stufenplan. Die Mitarbeitenden sollen zunächst 20 Prozent der Arbeitszeit wieder im Büro verbringen, perspektivisch soll das Hybridmodell aus 60 Prozent Büro und 40 Prozent Homeoffice bestehen. Das Büro soll dabei als Ort der Begegnung etabliert werden. „Einige Tätigkeiten gehen besser im Homeoffice. Das wollen wir weiter unterstützen“, sagt Sievers-Sack. „Doch manches geht eben auch besser im Büro. Hier findet echter Austausch statt, hier ist Platz für Kreativität, hier entstehen neue Ideen.“ Der Fokus liegt auf den persönlichen Begegnungen.

„WER ZUKÜNFTIG DIE BESTEN TALENTE FÜR SICH BEGEISTERN MÖCHTE, MUSS DIE ARBEIT IM HOMEOFFICE ALS EINEN VON MEHREREN BENEFITS ANBIETEN.“ (ANJA SIEVERS-SACK)

Geplant ist etwa ein neuer Anbau, in dem feste Schreibtische aufgelöst werden sollen. Stattdessen wird es Desksharing geben mit „Heimathäfen“ für jede Abteilung, dazu Projektecken, die Ruhe- und Besprechungsräume sollen weiter ausgebaut werden. „Hier werden wir neue Arbeitsformen ausprobieren und uns in enger Zusammenarbeit mit unseren Mitarbeitenden und dem Betriebsrat auf Lernreisen begeben. Bei der Planung der Bürowelten konnten unsere Mitarbeitenden ihre Erfahrungen aus der Pandemie sehr gut mit einbringen. Wir sehen das Bürogebäude zukünftig als soziale Begegnungsstätte, in der kollaborativ zusammengearbeitet werden kann, in dem es aber auch Bereiche gibt, in denen man vollkommen ungestört ist“, fasst Sievers-Sack es zusammen.

Raus aus der Komfortzone

Für die nötige Sicherheit der Mitarbeitenden ist gesorgt. Die Basler AG orientiert sich bei ihren Corona-Schutzmaßnahmen an den Auflagen des Bundes, stellt kostenlos Tests und Masken zur Verfügung. Auch die Technik steht. „Die IT-Abteilung ist ein enorm wichtiger Part unserer Back-to-Office-Strategie“, erzählt Sievers-Sack. Denn hybrides Arbeiten heißt eben auch, dass es nun zwei Orte geben muss, die technisch voll ausgestattet sind und zwischen denen die Mitarbeitenden unkompliziert wechseln können – das Büro und das Zuhause.
Anja Sievers-Sack von der Basler AG. Sie trägt eine schwarze Brille und blondes kurzes Haar und ist im Porträt zu sehen.

Nun gilt es, die Mitarbeitenden wieder für die Arbeit im Büro zu begeistern. „Wir wollen ihnen Lust aufs Büro machen. Die Mehrheit der Mitarbeitenden will im Rahmen eines hybriden Modells ins Gebäude zurück. Aber natürlich bedeutet das nach so einer langen Zeit für einige eine Umgewöhnung“, sagt Sievers-Sack. Eine Hürde für manche Angestellte ist der Arbeitsweg. „Die Arbeit im Homeoffice ist bequem, das verstehe ich“, sagt Sievers-Sack. „Man verliert Zeit, wenn man wieder einen Arbeitsweg hat. Wir versuchen daher zu verdeutlichen, was man bekommt, wenn man die Komfortzone Homeoffice verlässt. Wir betonen den Austausch, der im Büro möglich ist, und überlegen uns, was wir bieten können, was nur im Gebäude geht. Initiieren kleine Incentives, schaffen Anreize.“ Über das Intranet werden alle Mitarbeitenden auf dem Laufenden gehalten – etwa über Events, Aktionen in der Kantine oder was sonst so im Gebäude passiert oder neu ist. Die im März 2020 gegründete Corona-Taskforce begleitet die Rückkehr ins Büro. „Sie kann bei Unsicherheiten und Fragen angesprochen werden, hat auch eine eigene Seite im Intranet“, erklärt Sievers-Sack. Auch regelmäßige Videobotschaften vom Vorstand wird es weiterhin geben. „Transparenz und Aufklärung sind in diesen Zeiten wichtiger denn je.“
Führungskräfte in der Verantwortung

Das gilt auch für das hybride Arbeiten selbst. Wie funktionieren Meetings, bei denen einige vor Ort im Büro sind und andere zugeschaltet? Wird jeder gleich eingebunden werden? Das sind Fragen, die die Mitarbeitenden jetzt haben. „Hybrides Arbeiten braucht klare Regeln und muss geübt werden“, sagt Sievers-Sack. Sie sieht hier die Führungskräfte in der Verantwortung. „Es ist vor allem ihre Aufgabe, alle Mitarbeitenden abzuholen und einzubinden. Die Führungskräfte müssen Bedenken wahr- und ernst nehmen, aber eben auch die Erwartungen des Unternehmens klar an die Mitarbeitenden kommunizieren, die Vorteile des Zusammenkommens aufzeigen und dafür sorgen, dass hybrid für alle funktioniert und sich niemand außen vor oder abgehängt fühlt.“ Sie ist guter Dinge, dass das bei Basler funktioniert. Auch wegen der Erfahrungen, die alle in den letzten eineinhalb Jahren sammeln konnten. „Wir sehen die Bedenken unserer Angestellten als Herausforderung, aber nicht als echtes Problem.“

Als Unternehmen mutig agieren

Vor allem, weil die, die wieder ins Büro kommen, in der Regel begeistert sind. Von der Spontaneität, den kurzen Dienstwegen, dem persönlichen Austausch. „Wir haben nun schon häufiger gehört, dass jemand sagt: ,Ich wusste gar nicht mehr, wie schön das ist‘“, freut sich Sievers-Sack. „Unsere Erfahrung zeigt: Wer ein bis zwei Mal im Büro war, findet wieder Gefallen daran. Und es sind ja auch gar nicht alle zögerlich. Einige sehnen sich nach dieser langen Zeit im Homeoffice nach Präsenz. Vor allem die neuen Kolleginnen und Kollegen, die während der Pandemie eingestellt wurden und von Tag eins an im Homeoffice saßen. Die möchten jetzt endlich mal ihr Team persönlich kennenlernen.“ Sievers-Sack jedenfalls freut sich auf das Basler-Büro der Zukunft. „Corona war nicht nur schlecht. Durch die Pandemie haben sich viele Chancen für uns als Unternehmen ergeben. Wir haben uns geöffnet, unseren Horizont erweitert und sind mutiger geworden. Und das wollen wir auch bleiben!“

Quelle: Faktor A - Das Arbeitgebermagazin

03 Dezember 2021

International Remote Working: So gelingt die Umsetzung

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International Remote Working: So gelingt die Umsetzung

Für die effiziente Einführung des virtuellen Zusammenarbeitens über Landesgrenzen hinweg sollten Arbeitgeber zentrale Faktoren berücksichtigen. Was sind die ersten Schritte?

Bedarfsanalyse

Anhand der im ersten Teil der Beitragsreihe dargestellten Überlegungen sollten Unternehmen zunächst eine Bedarfsanalyse anstellen. Was bezwecken wir mit dem Thema International Remote Working? Welche Rolle spielt International Remote Working für uns als Marke, auf dem Arbeitsmarkt, für unsere Mitarbeitende sowie die Bewerberinnen und Bewerber? Wie planen wir die Internationalisierung unserer Geschäftsentwicklung? Teil dieser Analyse kann eine Mitarbeiterbefragung sein. Häufig hat die Geschäftsführung (oder eine von dieser Eingesetzte Projektgruppe International Remote Working) keine genauen Vorstellungen davon, wie viel Flexibilisierung die Mitarbeitenden wollen. Auch eine Bestandaufnahme aktueller Anfragen der Mitarbeiter zu International Remote Working ist hilfreich.

Clustering

Weiter ist es wichtig, zwischen verschiedenen Formen von International Remote Working zu trennen, da administrativer Aufwand, Compliance-Risiken und Kosten unterschiedlich sind. Wie dabei geclustert wird, hängt vom Unternehmen ab. Eine sinnvolle Unterscheidung ist zum Beispiel die Einordnung in kurzfristige/temporäre und langfristige Konstellationen. Auf der einen Seite die tage-/wochenweise Verlängerung des Urlaubs zu Arbeitszwecken („workation“). Auf der anderen Seite das Einstellen von Mitarbeitenden im Ausland, die aus ihrem Heimatland für das deutsche Unternehmen arbeiten sollen. Zu den langfristigen Konstellationen zählt auch die Unternehmensorganisation mit globalen Rollen und länderübergreifenden Mehrfachfunktionen („globale Matrixorganisation“). Zum Clustering gehört auch, dass das Unternehmen sich darüber klar wird, welche Relevanz die einzelnen Gruppen für das Unternehmen haben. Viele Unternehmen starten bei der Umsetzung zunächst mit den Gruppen, die leichter umzusetzen sind und nehmen die komplexeren Gruppen in einem zweiten Schritt in Angriff.

Rechtliche Prüfung

International Remote Working berührt verschiedene Rechtsgebiete: Steuerrecht (Einkommen-/Lohnsteuer und Betriebsstätten/Verrechnungspreise), Sozialversicherung, Arbeits- und Aufenthaltsrecht sowie Datenschutz/Datensicherheit. Die Compliance-Risiken der einzelnen Fallgruppen unterscheiden sich erheblich. Ebenso macht es einen großen Unterschied, ob sich die Fälle innerhalb oder außerhalb Europas abspielen. Eine besondere Herausforderung stellt dabei dar, dass es zu International Remote Working zum Teil noch keine klaren Regelungen beziehungsweise keine einheitliche Praxis der Behörden gibt. Der sensibelste Compliance-Bereich für viele Unternehmen ist in diesem Zusammenhang die steuerliche Frage der Begründung von Betriebsstätten, also die Frage ob ein Arbeitnehmer beziehungsweise eine Arbeitnehmerin, der oder die bei einem Unternehmen in Land A angestellt ist und in Land B arbeitet, in diesem Land B eine Steuerpflicht für das Unternehmen aus Land A auslöst. Zwar gibt es hierzu Regelungen in Doppelbesteuerungsabkommen, nationale Gesetze sowie Grundsätze der OECD. Ob diese aber auch auf Homeoffice-Situationen uneingeschränkt anwendbar sind, ist höchst strittig und von Land zu Land unterschiedlich.

Administrativer Aufwand

Neben der Prüfung der rechtlichen Risiken müssen Unternehmen prüfen, welchen administrativen Aufwand die verschiedenen Fallkonstellationen von International Remote Working für sie bedeuten. Auch hier gibt es erhebliche Unterschiede zwischen den verschiedenen Gruppen. Administrativer Aufwand kann zum Beispiel entstehen durch Lohnsteuerverpflichtungen und Registrierungspflichten im Ausland, rechtliche Prüfungen, das Tracking von Anwesenheitstagen in den betroffenen Ländern, und so weiter. Am Ende steht die Abwägung, ob das Unternehmen den administrativen Aufwand, insbesondere für die Vermeidung rechtlicher Risiken angesichts der Bedeutung bestimmter International Remote Working Konstellationen in Kauf nehmen will.

Umsetzung

Im Rahmen der Umsetzung sind verständliche Regelungen, ein gut strukturierter Genehmigungsprozess mit klaren Verantwortlichkeiten sowie die Kommunikation im Unternehmen entscheidend. Wichtig ist dabei, dass das Unternehmen zwei verschiedene Perspektiven im Blick behält. Zum einen muss es sicherstellen, dass einzelne Beschäftigte durch ihre International-Remote-Working-Tätigkeit keinen Risiken ausgesetzt ist. Dass zum Beispiel der Verbleib in der heimischen Sozialversicherung sichergestellt ist und das entsprechende Formular zum Nachweis bei den ausländischen Behörden beantragt ist. Oder dass die Mitarbeitenden durch ihre Tätigkeit im Ausland nicht steuerpflichtig werden.

Aus Sicht der Unternehmensführung ist wichtig, einen geeigneten Compliance-Management-Prozess aufzustellen, um den gesetzlichen Aufsichts- und Organisationspflichten gerecht zu werden. Bei Verstößen gegen diese Verpflichtung greift gemäß § 130 Gesetz über Ordnungswidrigkeiten (OWiG) eine persönliche Haftung der geschäftsführenden Organe. Daher ist dieser Aspekt der Umsetzung für die Unternehmensleitung von entscheidender Bedeutung. Die Verantwortlichkeit für die Umsetzung liegt häufig bei einer von der Unternehmensleitung eingesetzten Projektgruppe aus HR und den Compliance-Funktionen Steuer und Legal. Stakeholder-Management in Richtung der Unternehmensleitung ist dabei eine der wichtigsten (und häufig auch schwierigsten) Aufgaben.

So gelingt die Umstellung auf International Remote Working

Die Erfahrung der letzten Monate zeigt, dass es sinnvoll ist, das Thema abzuschichten und sich zunächst auf die Umsetzung von weniger aufwendigen oder für das Unternehmen besonders relevanter Formen von International Remote Working zu konzentrieren. Für eine solche Abwägung müssen sich Unternehmen über ihre strategischen Prioritäten im Klaren sein und diese gegen Machbarkeit, Compliance-Risiken und administrativen Aufwand abwägen. Versuchen sich Unternehmen ohne einen solchen langfristigen Plan an einer Umsetzung, so besteht das Risiko, dass sie die Organisation überfordern.

Über den Autor

Dr. Tobias Preising ist Partner Global Mobility Services bei der KPMG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft. Er berät Kunden bei Lösungen auf dem Gebiet der Global Mobility in Bereichen wie unter anderem Mobility Tax, Social Security, Mobility Process Improvement und Organizational Change. Preising verfügt über mehr als 15 Jahre Beratungserfahrung und hat Kunden aus unterschiedlichen Branchen betreut, darunter aus solche aus der Automobilindustrie, Transport und Logistik sowie Financial und Professional Services mit beruflichen Stationen in Deutschland, China und der Schweiz.

 

Quelle: Humanressourcemanager

26 November 2021

International Remote Working: Die Vorteile für Unternehmen

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International Remote Working: Die Vorteile für Unternehmen

Arbeitgeber sollten sich jetzt überlegen, wie sie die Möglichkeiten virtueller Zusammenarbeit über Landesgrenzen hinweg strategisch für sich nutzen können.

Nach anderthalb Jahren pandemiebedingter Reisebeschränkungen haben viele Menschen dieses Jahr wieder die Möglichkeit wahrgenommen, in den Sommerurlaub zu reisen und im Ausland entspannte Tage zu genießen. Doch anders als in vorangegangenen Jahren haben dieses Mal viele Urlauber neben Badehose und Reiseführer auch den Firmenlaptop, Headset und die wichtigsten Unterlagen vom letzten Projekt im Gepäck. Der Trend zum virtuellen Zusammenarbeiten und damit verbunden die Vermischung von Arbeit und Privatleben, macht auch vor dem Urlaub nicht halt. Personalabteilungen werden überrannt von Anfragen ihrer Mitarbeitenden, die gerne Urlaub und Arbeit verbinden und vom Urlaubsort aus mobil arbeiten möchten. Die Tourismus- und Werbebranche hat hierfür den Begriff Workation geprägt und lockt mit dem Versprechen „Arbeiten, wo andere Urlaub machen“ oder „Netzwerken mit Gleichgesinnten unter Palmen“. Das ist aber nur ein Teilaspekt von International Remote Working – dem mobilen, virtuellen Zusammenarbeiten über Landesgrenzen hinweg. Innovative Unternehmen sind bereits einen Schritt weiter gegangen und haben medienwirksam angekündigt, ihren Mitarbeitenden zukünftig volle Flexibilität bei der Wahl ihres Arbeitsortes zu gewähren. Alle Beschäftigten soll arbeiten können, von wo sie wollen. Was zählt, ist allein das Ergebnis.

Zwischen Workation, dem kurzfristigen Verlängern von Urlaub um ein paar Arbeitstage, und völliger Freiheit in der – auch dauerhaften – Wahl des Arbeitsortes liegen allerdings Welten. Mit den technischen Möglichkeiten des virtuellen Zusammenarbeitens durch Skype, Microsoft Teams und ähnlichen Programmen und der Erkenntnis, das Arbeiten im Homeoffice in vieler Hinsicht besser funktioniert als gedacht, hat sich die Büchse der Pandora geöffnet. Gleichzeitig hat sich in kürzester Zeit bei Beschäftigten der Anspruch entwickelt, dass ein guter Arbeitgeber ihnen eine gewisse Flexibilität bieten muss. Unternehmen müssen sich daher jetzt überlegen, wie sie diese Möglichkeiten strategisch für sich nutzen wollen und wieviel Flexibilität sie wollen und brauchen.

Welche Überlegungen stehen für Arbeitgeber am Anfang?

Am Anfang steht die strategische Überlegung, was das Unternehmen mit der Flexibilität erreichen will. Die Frage nach dem Warum. Hier spielen unterschiedliche Aspekte eine Rolle spielen:

Employer Attractiveness: Immer mehr fordern gerade jüngere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Möglichkeiten zum flexiblen internationalen Arbeiten ein. International Remote Working gibt die Möglichkeit, das starre traditionelle Korsett von Entsendungen und Projekteinsätzen zu verlassen und die persönliche Lebensplanung mit internationalem Arbeiten zu verbinden. Bedürfnisse des Lebenspartners beziehungsweise der Lebenspartnerin lassen sich dabei ebenso berücksichtigen, wie familiäre Bindungen im Ausland. Von einem attraktiven Arbeitgeber erwarten viele Beschäftigten heute, dass er ihnen die Möglichkeit gibt, den Ort des Arbeitsplatzes diesen privaten Bedürfnissen anzupassen. Gerade in Branchen, in denen der Kampf um die besten Talente bereits entbrannt ist, sind Arbeitgeber hier im Zugzwang.

Fachkräftemangel, Kosten und Unternehmenskultur sind zentrale Faktoren

Fachkräftemangel

Für viele Unternehmen kann International Remote Working eine Antwort auf den Fachkräftemangel im heimischen Arbeitsmarkt sein. Interessant ist dies nicht nur für große international aufgestellte Unternehmen, sondern gerade auch für den Mittelstand oder Familienunternehmen. Viele hatten der Vergangenheit zunehmende Schwierigkeiten, auf dem lokalen Markt passende Talente zu finden. Talente aus anderen Ländern waren häufig nicht bereit, eine Stelle zum Beispiel im Ruhrgebiet, der Schwäbischen Alb oder in Niederbayern anzutreten. Selbst deutsche Großstädte wie Hamburg, Köln oder München haben es schwer im Vergleich zu Barcelona, London oder Paris. International Remote Working gibt Unternehmen die Möglichkeit, Talente an ihrem Wohnsitz im Ausland anzuwerben und sie dann von dort für sich arbeiten zu lassen. Ein IT-Experte aus London muss nicht vor Ort in Regensburg leben, um für den dort ansässigen Arbeitgeber zu arbeiten. Längst sind internationale Teams, die überwiegend virtuell zusammenarbeiten, in vielen Unternehmen weit verbreitet.

Kosten

Unternehmen haben erkannt, dass es deutlich günstiger ist, die Arbeit zu den Mitarbeitenden kommen zu lassen, als Mitarbeitende zu ihren Jobs zu bewegen. Durch den fast vollständigen Wegfall von Dienstreisen und neuen internationalen Entsendungen sind die damit verbundenen Kostenblöcke in der Bilanz vieler Unternehmen in den letzten anderthalb Jahren drastisch gesunken. Anstatt Mitarbeitende auf Dienstreisen oder Kurzeinsätze in andere Länder zu schicken, setzen Unternehmen darauf, diese Tätigkeiten soweit wie möglich virtuell zu gestalten. Dies ist branchenabhängig in unterschiedlichem Maße möglich. Das Einsparpotential ebenso wie der Effizienzgewinn sind jedoch enorm. Gleichzeitig spielt hier der Nachhaltigkeitsgedanke eine große Rolle. Für Beschäftigte ebenso wie für Kunden spielt die Ökobilanz von Unternehmen eine immer größere Rolle. Der Verzicht auf Dienstreisen, Projekteinsätze, selbst auf Entsendungen zugunsten von International Remote Working wirkt sich auf die Ökobilanz ebenso positiv aus, wie auf die Kosten.

Unternehmenskultur

Neben diesen Fragen spielt die Unternehmenskultur eine wichtige Rolle. In Deutschland ist die Präsenz- und Officekultur noch stärker ausgeprägt als in anderen Ländern. Am Thema Homeoffice scheiden sich die Geister. Die Diskussionen hierzu wurden in deutschen Unternehmen vor der weltweiten Covid-19-Diskussion erbittert geführt, mit Argumenten, die häufig mehr ideologisch als sachlich geprägt waren. Zwar nutzen jetzt, wo die allgemeine Pflicht zum Homeoffice aufgehoben ist, viele Unternehmen die guten Erfahrungen der letzten 1,5 Jahre und planen für die Zukunft hybride Arbeitsmodelle mit einer Kombination aus Anwesenheit und Homeoffice. Andere Unternehmen jedoch kehren zum Anwesenheitsmodell zurück und wollen Homeoffice auch in Zukunft nur in Ausnahmesituationen oder für bestimmte Mitarbeitergruppen gewähren. Wenn aber im Unternehmen bereits virtuelles Arbeiten aus dem deutschen Homeoffice kritisch gesehen wird, dann wird es für das Unternehmen umso schwerer werden, eine Strategie und Regelungen für International Remote Working aufzustellen. Momentan versuchen hier viele Unternehmen, den zweiten Schritt vor dem ersten zu tun.

Strategische Vorteile aus genauer Analyse ableiten

International Remote Working ist ein neues, vielschichtiges Thema mit enormer strategischer Bedeutung für Unternehmen. Wichtig ist, dass Unternehmen sich zunächst genau überlegen, in welcher Form sie International Remote Working nutzen wollen, wieviel Flexibilisierung die Organisation verträgt und das Business braucht, um sich international zu entwickeln, und was Beschäftige sowie Bewerberinnen und Bewerber von einem attraktiven Arbeitgeber erwarten. Hierzu gibt es innerhalb des Unternehmens häufig konträre Ansichten. HR legt den Fokus zum Beispiel auf Employer Attractiveness, für die Compliance-Funktionen steht die Vermeidung von Risiken und Minimierung des administrativen Aufwands im Mittelpunkt und für das Business ist oft der kurzfristige unternehmerische Erfolg ausschlaggebend. Hier ist es wichtig, alle Stakeholder von Anfang an in Planung und Umsetzung einzubeziehen und offen zu kommunizieren. So kann International Remote Working zu einem strategischen Vorteil für Unternehmen werden.

Im zweiten Teil der Beitragsserie erfahren Sie, wie die Umstellung auf International Remote Working gelingt und was dabei zu beachten ist.

Über den Autor

Dr. Tobias Preising ist Partner Global Mobility Services bei der KPMG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft. Er berät Kunden bei Lösungen auf dem Gebiet der Global Mobility in Bereichen wie unter anderem Mobility Tax, Social Security, Mobility Process Improvement und Organizational Change. Preising verfügt über mehr als 15 Jahre Beratungserfahrung und hat Kunden aus unterschiedlichen Branchen betreut, darunter aus solche aus der Automobilindustrie, Transport und Logistik sowie Financial und Professional Services mit beruflichen Stationen in Deutschland, China und der Schweiz.

Quelle: Humanressourcemanager

29 Oktober 2021

Flexible Arbeitsmodelle locken gutes Personal

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Remote und Home-Office

Flexible Arbeitsmodelle locken gutes Personal

Der Fachkräftemangel stellt nicht nur den Mittelstand vor Herausforderungen. Wer auf Arbeitsmodelle unabhängig von Ort und Zeit setzt, kann auf einen größeren Pool an Talenten zugreifen – und sie binden. Damit das flexible Zusammenarbeiten gelingt, müssen Unternehmen einiges beachten.

„Remote-freundlich: Unser Büro liegt im Herzen des Prenzlauer Bergs. Ob Du es nutzt oder nicht, liegt ganz bei Dir“, heißt es auf der Karriereseite der Vorsorgeplattform Afilio. Flexible Arbeitszeiten und Homeoffice ist bei dem Start-up aus Berlin nicht erst seit Corona ganz tief verankert. Doch mehr noch: Das Unternehmen beginnt gerade, einzelne Stellen völlig ortsunabhängig auszuschreiben: „Im Vergleich zu vorherigen Ausschreibungen für genau diese Position erhielten wir nicht nur ein Vielfaches an Bewerbungen: Wir hatten vor allem deutlich besser qualifizierte Kandidatinnen und Kandidaten. Die Möglichkeit, auch aus anderen Teilen Deutschlands flexibel von zu Hause aus für Afilio zu arbeiten, erweitert das Feld an richtig guten Bewerberinnen und Bewerbern für uns enorm“, sagt Gründer Philip Harms.

Mitarbeiter wünschen sich Flexibilität – wer sie bietet, bekommt die Talente

In Zeiten des Fachkräftemangels empfiehlt es sich, auf flexible Arbeitsmodelle zu setzen, denn orts- und zeitunabhängiges Arbeiten steht mit ganz oben auf deren Wunschzettel: In einer repräsentativen Umfrage des Jobportals Indeed gaben drei Viertel an, flexible Arbeitszeiten oder Arbeitsorte für wichtig zu halten – doch nur 30 Prozent der Befragten hatten tatsächlich die Möglichkeit von Vertrauensarbeitszeit und -ort. Ein Potenzial, das es nun auszuschöpfen gilt, besonders für Unternehmen mit Standortnachteilen oder besonders hart umkämpften Fachkräften.

Auch das ifo Institut sagt: „Außerdem könnte die Beseitigung der räumlichen Entfernung als limitierender Faktor das Matching von Jobsuchenden und Arbeitgebern verbessern, also die Chance des Zueinanderfindens steigern.“ Darauf sind Unternehmen angewiesen, wenn sie in den nächsten Jahren die besten Fachkräfte gewinnen wollen: Laut einer Studie, die unter anderem der Bundesverband der Volks- und Raiffeisenbanken in Auftrag gab, bereitet der Fachkräftemangel im Juni 2021 rund 73 Prozent der Mittelständler Probleme – sechs Monate zuvor waren es noch 67 Prozent. Bezeichnend: Der Wert ist um die zehn Prozent höher als jener bei der Frage nach Befürchtungen vor wirtschaftlichen Folgen der Coronakrise.

Fachkräfte können jetzt von überallher kommen

Auch Jan Ollig sieht für Unternehmen eine riesige Chance darin, nach der Pandemie flexibles Arbeiten anzubieten: „Durch Corona hat das Ganze einen massiven temporären Schub bekommen, die Leute wollen weiter so arbeiten und nicht zu hundert Prozent zurück ins Büro“, sagt der Gründer und Geschäftsführer der Jobplattform New Work Life. Zusammen mit seiner Partnerin hat er diese im Jahr 2019 gegründet, da beide nach einem remote Job in Festanstellung gesucht haben. Doch außer internationalen Börsen fanden sie nichts – und für US-Arbeitgeber zu arbeiten, war wegen fehlender Sozial- und Rentenversicherungsleistungen unattraktiv.

Mittlerweile hat sich das Blatt gewendet: Aktuell bieten verschiedene deutsche Unternehmen insgesamt etwas mehr als 1.000 remote Jobs auf der Plattform an, und seit Beginn der Pandemie ist der Traffic um 130 Prozent gestiegen. „Talente können nun von überallher kommen“, sagt Ollig. „Viele gut qualifizierte Fachkräfte sitzen in Berlin. Also war es für ein Tech-Unternehmen in Buxtehude früher so: Ich kann die guten Leute in der Nähe holen, muss aber für alle anderen Positionen B-Lösungen nehmen. Heute kann ich alle Stellen mit Eins-a-Leuten besetzen, auch wenn die nicht aus Berlin wegwollen.“

Auch viele Leute mit Kindern, die in Teilzeit arbeiten wollen, könnten den Unternehmen dadurch künftig wieder zur Verfügung stehen: „Sie wollen vier Stunden arbeiten, kamen aber mit der Hin- und Rückfahrt auf fünf bis sechs Stunden, das war vielen zu stressig“, sagt Jan Ollig. „Das ist ein großes Potenzial, das da für den Arbeitsmarkt schlummert.“ Bei den Unternehmen, die er neben der Jobbörse auch zum Thema Remote berät, stellt er oft noch eine diffuse Angst fest, vor allem vor dem vermeintlichen Kontrollverlust.

Remote Work sorgt auch für Mitarbeiterbindung

Diese diffuse Angst ist Anja Schirwinski vollkommen fremd. Sie ist Mitgründerin und -geschäftsführerin von undpaul“, einer Agentur für Publishing-Plattformen und Content-Marketing. Seit der Gründung 2010 arbeitet das Unternehmen ausschließlich remote. Der Grund: Die Mitarbeiter entwickeln Webseiten mit dem Content-Management-System Drupal. „Das war nicht so verbreitet, es gab schlicht nicht so viele Entwickler, die das konnten. Ein paar von uns waren und sind in Hannover – aber die Leute, die sich damit auskennen, wohnen nicht in Hannover und wollen auch nicht in Hannover wohnen. Wie soll ich sonst zehn Spezialisten finden?“
Aktuell sitzen sie über Deutschland verteilt – der südlichste in Rosenheim, der nördlichste in Ganderkesee bei Bremen. Mit dem Modell nach außen gehen und Leute anwerben könnte Schirwinski, muss sie aber nicht. Das Remote-Modell, das zusätzlich noch flexible Arbeitseinteilung – morgens den Einkauf erledigen und eine Runde schwimmen, dafür abends arbeiten – bietet, hat nämlich noch einen weiteren großen Vorteil: Mitarbeiterbindung. Bei undpaul gibt es kaum Fluktuation.

Auch ein höheres Gehalt, das wohl vielen der IT-Experten bei anderen Unternehmen winken könnte, bereitet der Geschäftsführerin von undpaul keine Sorgen: „Wir bezahlen sicher nicht so gut, wie die Leute anderswo bezahlt werden würden, aber für viele ist remote, aber vor allem einfach die flexible Arbeitszeit der entscheidende Punkt“, sagt Anja Schirwinski. Sie stelle einfach fest, dass die Lebensqualität für immer mehr Leute in der Prioritätenliste vor dem Gehalt angesiedelt ist: „Wenn du wohnen kannst, wo du willst, und es muss nicht in der teuren Großstadt sein, oder wenn du kein Auto brauchst, dann kannst du auch weniger verdienen“, sagt sie. Den Vätern im Team sei es beispielsweise wichtig, durch das flexible Arbeitsmodell mehr mit den Kindern machen zu können als der Durchschnitt: zwischen den Terminen zum Babyschwimmen zu gehen oder die Kinder von der Schule abzuholen.

Neue Führung ist gefragt

Bei all den Vorteilen von flexiblen Arbeitsmodellen und Remote Work ist jedoch ein weiterer Aspekt wichtig, damit es funktioniert und die Mitarbeiter wirklich langfristig bleiben: Next Leadership. Also neue Führung, die Kontrolle abgibt. Anja Schirwinski sagt: „Man braucht Vertrauen zu den Leuten, aber wir stehen ja im regen Austausch, auch wenn wir uns nicht sehen. Wir haben jeden Morgen Dailys zu Projekten und besprechen einmal in der Woche Highlights und Lowlights. Wenn jemand erreichbar ist und seine Arbeit schafft, ist alles okay.“ Sie sagt sogar: „Man muss sich nie persönlich begegnet sein, um erfolgreich zusammenzuarbeiten.“

Wer sich Sorgen macht, dass Mitarbeiter im Homeoffice nichts arbeiten, hat laut Jan Ollig von New Work Life ein viel grundsätzlicheres Problem: „Wenn der Job so ausgelegt ist, dass ich während der Arbeitszeit lieber Netflix schaue, dann läuft da sowieso irgendwas falsch. Alle anderen sollten sich eher Sorgen machen, ob die Mitarbeiter nicht zu viel arbeiten“, sagt er.

Flexible Arbeitsmodelle: Kommunikation muss expliziter werden

Auch bei der Vorsorgeplattform Afilio hat man mit remote arbeitenden Kollegen und völlig flexibler Arbeitseinteilung nur gute Erfahrungen gemacht. Alexandra Lechner, die bei Afilio für den Bereich People & Culture zuständig ist, sagt: „Der Schlüssel ist die Kommunikation. Die muss man bewusster angehen und expliziter und häufiger kommunizieren. Denn ungeschriebene Teamregeln, die man früher einfach so mitbekommen hat, kann man nicht mehr spüren.“

Jede Woche Montagmorgen ein „Stand-up-Meeting“ (Treffen im Stehen, zur effizienten Kommunikation über anliegende Aufgaben), am Mittwochnachmittag eine Breakout-Session (ein Teil einer größeren Gruppe oder Abteilung trifft sich virtuell, um einen konkreten Aspekt eines Themas zu bearbeiten) und ein Donut Coffee Chat bei Slack (ein Bot organisiert digitale Treffen zwischen Teammitgliedern) sind nur ein paar der Elemente, die sie dafür einsetzt. Und manchmal, sagt sie, bringen Homeoffice und Remote Work uns einen Vorteil und eine Nähe, die wir im Büro nie erreichen würden: „Auch der Chef trägt mal Freizeitkleidung, auch bei ihm läuft mal das Kind durchs Bild, oder er nimmt den Anruf auf dem Weg zum Einkaufen an. Er ist auch nur ein Mensch.“

New Work im eigenen Unternehmen - Die Frage nach dem Warum

„Jedes Unternehmen muss sich fragen: Was oder wen will ich haben?“, sagt Jan Ollig von New Work Life. Nach der Motivation für das jeweilige Arbeitsmodell zu fragen, sei zentral. „Warum will der Mitarbeiter remote arbeiten? Will er im Winter mal fünf Monate auf Gran Canaria arbeiten oder ein halbes Jahr auf Weltreise gehen?“ Während Ersteres meist kein Problem darstellt, kann Zweiteres mit Reisezeiten und Zeitverschiebung recht stressig für das Unternehmen werden. Genauso müsse man aber nach der Motivation fragen, wenn Leute gern wieder ausschließlich ins Büro wollen: „Es kann um kreative Zusammenarbeit mit Kollegen gehen, aber auch um Klatsch und Tratsch – also Anwesenheit zu zeigen, während aber nichts Produktives geleistet wird“, sagt Ollig.

Quelle: Faktor A - Das Arbeitgebermagazin

 

19 März 2021

6 Tipps für ein gelungenes Onboarding in Corona-Zeiten

Posted in Coaching

6 Tipps für ein gelungenes Onboarding in Corona-Zeiten

Eine echte Herausforderung – so empfanden viele neue Mitarbeiter und Personalmanager in den letzten Monaten die Anfangszeit bei Stellenantritt, das sogenannte Onboarding. Nicht wenige Kandidaten mussten wegen der Pandemie ihre Bewerbungsgespräche online führen und die neuen Kollegen virtuell kennenlernen. Oft war es nicht einmal möglich, den Arbeitsplatz zu besuchen. Gleichzeitig sahen sich HR-Teams gezwungen, etablierte Verfahren zur Einarbeitung neuer Mitarbeiter zu ändern.

Für Unternehmen, die noch mit der Umstellung auf Home-Office kämpfen, wirft das „Remote-Onboarding“ viele Fragen auf. Leider bleibt oft wenig Zeit, sie zu beantworten.

Onboarding ist anders in Corona-Zeiten

Der erste Tag im neuen Job: Was früher mit dem Ausfüllen von Personalformularen, Orientierungsmeetings, Händeschütteln und einem Mittagessen mit dem Vorgesetzten und dem Team einherging, läuft jetzt anders ab. Viele Neueinsteiger treten ihre Stelle an, ohne die Kollegen persönlich kennenzulernen oder auch nur einen Fuß in ihr Büro setzen zu können. Das Home-Office ist zum Dauerzustand geworden und wird eventuell in Teilen bleiben.

Auch wenn sich in den letzten Jahren bei den HR-Prozessen ein Trend zum Virtuellen abzeichnete, musste ein Großteil der Unternehmen mit einem traditionellen Arbeitsmodell seine Abläufe ad hoc umstellen. Denn Corona zwang die Personalabteilungen dazu, ihre Onboarding-Prozesse neu zu erfinden und ihre Mitarbeiter aus der Ferne einzuweisen. Diese Situation stellt Sie als Personalverantwortlicher vor völlig neue Herausforderungen. Da vorerst keine Änderung in Sicht ist, müssen Sie lernen, sich an die jetzigen Gegebenheiten anzupassen. Doch diese Situation birgt auch Chancen für eine integrative, individuelle und zukunftsorientierte Einarbeitung. Wie Sie das Onboarding aus der Ferne vom ersten Tag an – selbst für vollkommen unerfahrene Mitarbeiter – erfolgreich gestalten können, erfahren Sie hier:

1. Persönlichkeitstyp neuer Mitarbeiter einschätzen

Bewährte Einweisungsprozesse können nicht über Nacht geändert werden. Sicher geht vieles reibungslos vonstatten, doch es gibt auch Hindernisse und Anfangsschwierigkeiten. Wie so oft in diesem Fall ist eine frühzeitige, regelmäßige Kommunikation hilfreich, um Probleme zu erkennen und aus dem Weg zu räumen.

Ein virtuelles Arbeitsumfeld ist nicht jedermanns Sache. Viel hängt dabei von den unterschiedlichen Menschen-Typen ab. Extrovertierte Menschen vermissen oft die Möglichkeit, sich mit ihren Kollegen auszutauschen. Die Introvertierten dagegen (die laut Erhebungen immerhin 48 Prozent der Belegschaft ausmachen) lassen sich vielleicht von Videocalls in größeren Gruppen einschüchtern. Ähnliches gilt für die Unterschiede nach Berufsgruppen, die teils sehr unterschiedlich versiert mit digitalem Onboarding umgehen.

Wer seine Mitarbeiter schnell kennenlernt, kann sich frühzeitig auf ihre Vorlieben in puncto Lernen, Kommunikation und Sozialverhalten einstellen. Doch auch wenn die Neuen bestimmt von den vielen virtuellen Meetings profitieren, die extra für sie anberaumt werden – ab und zu braucht jeder eine Bildschirmpause. Deshalb sollte bei der Planung von virtuellen Trainings etwas Auszeit einberechnet werden, um einer Videokonferenz-Müdigkeit vorzubeugen. Genauso wichtig ist es für eine gute Vernetzung der neuen Mitarbeiter zu sorgen. Hierfür bieten sich 1:1 Gespräche über die ersten Wochen verteilt an, die sonst in der Kaffeeküche stattgefunden hätten.

2. Längere Einarbeitungszeit und Lernkurve akzeptieren

Da neue Mitarbeiter die Kollegen nicht im Büro treffen, können sie diese kaum spontan kennenlernen. Das bedeutet: Sie benötigen mehr organisierte Hilfe und eine längere Eingewöhnungsphase. Hierzu gehört auch, sie virtuell über die Schulter schauen zu lassen. Wichtig ist es, diese längere Lernkurve zu akzeptieren, und solche Gelegenheiten explizit zu generieren, um die Neulinge bei der Einarbeitung zu unterstützen.

Hinzu kommt das Gefühl von Isolation und Einsamkeit in der Corona-Pandemie. Selbst wenn der neue Job aufregend ist, haben viele Mitarbeiter, in der von Haus aus intensiven Einarbeitungsphase mit zusätzlichen privaten Herausforderungen zu kämpfen. Vorgesetzte und Personalabteilungen sollten in diesen Zeiten Verständnis zeigen.

3. Unternehmenskultur vermitteln

Gemeinsame Ziele, Werte und Vorstellungen – all das prägt die Unternehmenskultur. Sie hat Einfluss darauf, wie Entscheidungen getroffen, nach welcher Priorisierung Maßnahmen ergriffen und wie Ergebnisse erzielt werden. Sie bestimmt auch das Arbeitsumfeld, selbst wenn sich der Arbeitsplatz physisch nicht im Unternehmen befindet.

Stellen Sie deshalb Ihren neuen Teamkollegen schon im Vorfeld nicht nur die üblichen Leitfäden und Unternehmenspräsentationen zur Verfügung, sondern machen Sie diese Kultur möglichst unmittelbar erfahrbar, beispielsweise durch kleine virtuelle Events, auf denen erfahrene Mitarbeiter die neuen inspirieren. Das hilft ihnen nicht nur, die Unternehmenskultur ihres Arbeitgebers zu verstehen. Sie bekommen zudem ein Gefühl dafür, wo ihr Platz in diesem Gefüge ist und wie sie ihren Beitrag leisten können.

4. Teamzugehörigkeit aufbauen

Eine Beziehung zu den Kollegen aufzubauen ist wichtig für Leistung und Zufriedenheit im Job, aber auch für die Employee Experience insgesamt. Damit sich der oder die Neue im Home-Office willkommen fühlt, sollten Sie Zweier- oder Gruppen-Calls mit den Teamkollegen und anderen wichtigen Mitarbeitern durchführen.

Zur Eingewöhnung in den Job gehört mehr als das Abarbeiten der täglich anfallenden Aufgaben und Pflichten. Bemühen Sie sich daher, neuen Mitarbeitern einen authentischen Eindruck ihres neuen Arbeitsumfelds zu vermitteln. Hierfür haben Sie verschiedene Möglichkeiten: Jedes Teammitglied kann wichtige Tipps für den Arbeitsalltag vermitteln, was in den offiziellen Trainings nicht passiert. Der eine hilft beim Zugriff auf wichtige Datenquellen, mit dem anderen wird eine echte Situation simuliert. Auch eine virtuelle Rundtour durch das künftige Büro kann für den ersten Eindruck helfen.

Hinzu kommt die Vermittlung von Herzlichkeit: Egal, ob es sich um eine Willkommenskarte mit den Unterschriften aller Kollegen, einen Gutschein oder eine Kaffeetasse mit dem Unternehmenslogo handelt – ein kleines Geschenk sorgt dafür, sich auch auf Distanz zugehörig zu fühlen.

5. Mitarbeiter „IT-fit“ machen

Besonders wichtig ist momentan die Technik. Stellen Sie Ihren frisch hinzugekommenen Kollegen im Home-Office deshalb von Anfang an geeignete Tools zur Verfügung. Zeigen Sie ihnen, dass sie Priorität haben: Besorgen Sie ihnen sämtliche Geräte, die sie zum Antritt ihrer Arbeitsstelle brauchen: Handy, Laptop oder grundlegendes Zubehör wie Maus, Tastatur oder Monitor und gute Kopfhörer.

Entscheidend ist auch der Zugriff auf alle relevanten Systeme, Portale und Programme, die die Mitarbeiter benötigen, um effektiv arbeiten zu können: beispielsweise ein unternehmenseigenes E-Mail-Konto, Group-Messaging-Plattformen und Videokonferenzsoftware. Stellen Sie für den Fall, dass Fragen auftauchen oder Schulungen notwendig sind, den Kontakt zur IT-Abteilung her. So haben Ihre neuen Mitarbeiter das Gefühl, unterstützt und wertgeschätzt zu werden.

6. Kontinuierlich Feedback einholen

Es ist nie zu früh, Ihren Mitarbeitern ein Ohr zu leihen. Tauschen Sie sich mit ihnen über das Onboarding aus und bringen Sie in Erfahrung, ob sie alles haben, was sie brauchen. Fragen Sie sie aktiv zu bestimmten Zeitpunkten, wie es ihnen geht. Hat die neueste Schulung alle Fragen beantwortet? Haben sie bei der Vorstellrunde alle wichtigen Kollegen kennengelernt und wissen, an wen sie sich für welches Anliegen richten müssen? Schauen Sie sich regelmäßig an, wie sich die Meinung Ihrer neuen Kollegen zu verschiedenen Aspekten der Anfangsphase entwickelt. All das liefert Ihnen wichtige Informationen darüber, was beim Onboarding-Prozess funktioniert, was den größten Effekt hat und wo die größten „Experience-Gaps“ bestehen. Sprich: An welchen Stellen die Mitarbeiter eine völlig andere Erfahrung erlebt haben, als die, die Sie ihnen bieten wollten. Durch kontinuierliches Feedback kann die Personalabteilung nachvollziehen, wie es den neuen Mitarbeitern im Home-Office geht – und konkrete Hebel für Nachbesserungen entwickeln.

Über den Autor

Dr. Roland Abel ist Head of Growth & Strategy - Employee Experience (EX) DACH von Qualtrics und unterstützt Kunden bei der Erhebung von Experience-Daten. Er blickt auf über zwölf Jahre Erfahrung im Bereich Employee Experience zurück. Bei einer großen HR-Beratung führte er als Practice Head Employee Insights Germany & Austria multinationale Mitarbeiterbefragungen für internationale Konzerne in der DACH-Region durch. Er promovierte in Sozialwissenschaften an der Ruhr-Universität Bochum.

Quelle: onpulson - Das Fachportal für Entscheider im Mittelstand

 

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