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27 Oktober 2023

Hybrid Work in einem IT-Unternehmen leben

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Hybrid Work in einem IT-Unternehmen leben

Nutzung physischer und virtueller Whiteboards, Fortbildung in digitalem Führen, Hybrid Events – erfahren Sie von Nicole Bachmann, CHRO bei Skaylink, wie Hybrid Work in ihrem Unternehmen verwirklicht wurde.

Die technologische Welt ist in den letzten zwei Jahren immer mehr zum Remote-Arbeiten übergegangen. Mit dem Ende der Pandemie setzen Unternehmen heute vermehrt auf ein hybrides Konzept, das die Vorteile der Arbeit vor Ort und des Remote-Arbeitens kombiniert. Allerdings bedeutet Hybrid Work mehr, als nur flexible Arbeitskonzepte und das zur Verfügung stellen eines Laptops.

Unternehmen müssen daran arbeiten, Mitarbeitenden ein angenehmes Arbeitsklima in der neuen Hybrid-Welt zu schaffen und eine Identifikation des einzelnen mit dem Unternehmen zu ermöglichen. Skaylink arbeitet seit einiger Zeit in einem Hybridmodell und teilt Tipps für die praktische Umsetzung.

Ein neuer Ansatz: Hybrid Work

Im Zentrum von Hybrid Work steht die Schaffung eines gemeinsamen Raums, der die Vorteile von Remote- und Vor-Ort-Arbeit vereint. Dabei kann es natürlich zu Herausforderungen kommen, etwa wenn Teams sich zum Teil physisch für ein Meeting zusammenfinden, andere Remote teilnehmen. Um ein Wir-Gefühl zu schaffen und ein effizientes Arbeiten zu ermöglichen, bedarf es in der neuen Welt also bestimmte Tools, die zuvor nicht von Relevanz waren. Ein ausgezeichnetes Beispiel für die praktische Umsetzung ist die Nutzung simultaner physischer und virtueller Whiteboards.

In Brainstorming-Sitzungen nutzen Teammitglieder dieses Tool, um ihre Ideen auszutauschen, unabhängig von ihrem Standort. Das ermöglicht eine effektive und kreative Zusammenarbeit. Sowohl die Kolleginnen / Kollegen im Büro als auch diejenigen, die remote arbeiten, können ihre Ideen auf das gleiche Board schreiben. Die virtuellen Einträge werden in Echtzeit auf das physische Board übertragen und umgekehrt. Dies stellt sicher, dass alle Teilnehmenden den gleichen Informationsstand haben und vollständig in den kreativen Prozess eingebunden sind.

Die Bedeutung von Kompetenzen in der Hybridarbeit

Mit dem neuen Arbeitsmodell ändern sich auch die Anforderungen an die Fähigkeiten der Mitarbeitenden und Führungskräfte. Im Hinblick darauf ist es sinnig, ein umfangreiches Fortbildungsprogramm anzubieten, um entsprechende neue Kompetenzen wie digitales Führen oder Wir-Gefühl-Schaffen anzubieten. Skaylink hat dafür den Skaylink Campus entwickelt.

In Kursen zu Kommunikation, Führung und Methoden können unsere Mitarbeitenden ihre Kompetenzen weiterentwickeln und an die Anforderungen von Hybrid Work anpassen. Unsere internen Expertinnen / Experten für Modern Work bieten hierbei mit ihren Tools und Ansätzen wertvolle Unterstützung. Sie teilen ihr Wissen und ihre Erfahrungen in Schulungen und beraten Kolleginnen bei der Umsetzung neuer Arbeitsmethoden.

Hier sollte darauf geachtet werden, zwar externe Expertinnen / Experten in den Prozess einzubeziehen, aber keine Arbeitsmethoden von außen aufzuzwingen. Teams können häufig untereinander am besten identifizieren, was ihnen zur erfolgreichen Zusammenarbeit fehlt.

Veranstaltungen und Meetings in der Hybridarbeit

Um das Miteinander im Team zu fördern, sollten regelmäßig Veranstaltungen und Meetings, die sowohl remote als auch vor Ort ablaufen können, stattfinden. Diese gemeinsamen Events, die sich mit Themen abseits des Arbeitsalltags beschäftigen, kräftigen das Wir-Gefühl und geben Teammitgliedern den Raum, sich kritisch mit der neuen Arbeitswelt auseinanderzusetzen. Ein Beispiel ist unsere geplante Veranstaltungsserie „Skaylink Fusion“.

Bei „Skaylink Fusion“ handelt es sich um eine Reihe von Events, die sowohl vor Ort als auch remote durchgeführt werden. Alle Teammitglieder, egal an welchem Standort sie sich befinden, können aktiv daran teilnehmen und sich einbringen. Die Veranstaltungen werden von unseren Mitarbeitenden selbst gestaltet und organisiert. Sie können Vorschläge für Themen und Aktivitäten machen, die auf den Events umgesetzt werden. Auf diese Weise schaffen wir eine Plattform, auf der sich alle Mitarbeitenden austauschen und voneinander lernen können.

Die Zukunft der Arbeit ist hybrid

Hybrid Work stellt eine effiziente und innovative Lösung für die Herausforderungen der modernen Arbeitswelt dar. Die Fusion von virtuellen und physischen Arbeitsumgebungen ermöglicht es Unternehmen wie Skaylink, die Vorteile beider Modelle zu nutzen und so Produktivität, Mitarbeiterzufriedenheit und Geschäftsleistung zu steigern.

In der Praxis bedeutet dies, dass sowohl die technologische Infrastruktur als auch die Unternehmenskultur und die Kompetenzen der Mitarbeitenden auf diese neue Arbeitsweise ausgerichtet werden müssen. Mit fortlaufender Innovation und Lernbereitschaft kann die hybride Arbeitswelt weiterentwickelt und verbessert werden.

Es steht uns noch ein spannender Weg bevor, auf dem wir neue Technologien, Methoden und Konzepte entdecken und umsetzen werden. Die Zukunft der Arbeit ist hybrid, und es lohnt sich, diesen Weg gemeinsam mit den eigenen Mitarbeitenden zu gehen.

Zur Person

Nicole Bachmann ist CHRO beim IT-Dienstleister Skaylink und verantwortet in dieser Position die People & Culture - Strategie des Unternehmens. Dabei liegt der Fokus besonders auf der Integration der internationalen Unternehmen, dem Ausbau der HR Operation Excellence sowie dem Bereich Personalentwicklung und Kulturentwicklung. Dank über 20 Jahren Erfahrung als HR-Managerin in unterschiedlichen IT-Beratungs- und Dienstleistungsunternehmen, kennt sie die Herausforderungen der Branche in Bezug auf die Umsetzung von nachhaltiger HR-Strategie und Best Practices von Lernenden Organisation.

Quelle: hrjournal.de

16 Juni 2023

Vertrauensurlaub: Wie funktioniert das in der Praxis?

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Vertrauensurlaub: Wie funktioniert das in der Praxis?

Unbegrenzter Urlaub – auch bekannt als Vertrauensurlaub – klingt wie ein Traum. Nora Feist von Mashup Communications berichtet über Learnings und schildert, was Unternehmen beachten sollten.

Welche Vorurteile und rechtliche Hürden gilt es zu überwinden? Wie muss eine längere Auszeit im Unternehmen geplant werden? Und welche Vorteile versprechen sich Mitarbeitende und Arbeitgeber davon?

Die Einführung von Vertrauensurlaub war das Ergebnis unserer offenen Unternehmenskultur und der Ereignisse, die 2020 über uns hereinbrachen. Wir setzten uns für 2021 das Ziel: Unsere Gesundheit sollte die wichtigste KPI sein. Dazu stellten wir als Agentur zunächst die Frage, wie wollen wir in Zukunft zusammenarbeiten und den individuellen Bedürfnissen gerecht werden? Aus einer Utopie wurden konkrete New-Work-Maßnahmen. Wichtigste Orientierungshilfe waren unsere Unternehmenswerte: Flexibilität und Unabhängigkeit. Wir gestalteten im Team ein passendes Modell für komplett offene Dienstzeiten.

Der Schritt von der Vertrauensarbeitszeit zum Vertrauensurlaub stieß in unserer Agentur zunächst auf Skepsis und wenig Gegenliebe. Plötzlich waren die eigenen Bedürfnisse, wie Urlaubstage als Verhandlungsgrundlage oder die Angst, andere könnten ständig und viel mehr freie Tage nehmen als man selbst, viel stärker als der eigentliche individuelle Mehrwert. Wir überzeugten schließlich auch die letzten Zweifelnden, indem wir von unseren Erfahrungen mit unbegrenzter arbeitsfreier Zeit berichteten. Nun mussten nur noch die richtigen Rahmenbedingungen dafür geschaffen werden.

Urlaubsanspruch vs. flexible Auszeiten

In Deutschland sind Arbeitszeit und Urlaubsanspruch gesetzlich geregelt. Beschäftigte haben einen Urlaubsanspruch von mindestens 20 freien Tagen pro Jahr bei einer 5-Tage-Woche. Als Unternehmen ist es mir also freigestellt, wie viele Urlaubstage ich meinen Mitarbeitenden ermöglichen möchte, solange die Mindestanzahl nicht unterschritten wird. Ein begründetes Vorurteil, was mir immer wieder begegnete, war die Aussage, dass mit Vertrauensurlaub die Mitarbeitenden noch weniger Ferien nehmen würden als ihnen eigentlich zustand. Das war bei großen US-amerikanischen Firmen, wie Netflix, Dropbox oder Pinterest, der Fall. Wir legten wir deshalb strikte Regeln fest, um sicherzustellen, dass unsere Mitarbeitenden tatsächlich genügend Urlaub nehmen.

Nicht nur aus rechtlicher Sicht war es wichtig, den vorgeschriebenen Anspruch von 20 Tagen als Pflichturlaub einzuführen. Dieser muss nun am Anfang des Jahres oder mit Beginn eines neuen Arbeitsverhältnisses bereits grob geplant werden, um mögliche Engpässe im Team rechtzeitig abzufedern und die entsprechende Vertretung zu planen.

Über die Pflichtzeit hinaus gibt es unbegrenzten Vertrauensurlaub. Dieser darf bei uns jedoch einen Monat am Stück nicht überschreiten. Zudem beträgt der Vorlauf für die Einreichung, sowohl für Pflicht- als auch Vertrauensurlaub, immer mindestens die doppelte Zeit der beantragten Tage. Und ganz wichtig, am Ende entscheiden weiterhin die Führungskräfte, ob die eingereichte Erholungszeit so genommen werden kann oder es sonst zu Kapazitätsengpässen kommt.

Vertrauensurlaub: Benefit für Mitarbeitende und Arbeitgebende gleichermaßen

Warum haben wir als Agentur Interesse daran, Vertrauensurlaub einzuführen? Regelmäßige Auszeit – egal ob es sich um ein verlängertes Wochenende oder zwei Wochen am Stück handelt – ist einfach notwendig, um arbeitstüchtiges, motiviertes Personal zu haben. Die Erfahrung zeigt, dass die Stimmung im Team schnell kippen kann, wenn jemand urlaubsreif ist. Die Konzentration lässt nach, Antriebslosigkeit und Müdigkeit hinterlassen Spuren. Das merken auch die Kundinnen / Kunden.

Viele Mitarbeitende nehmen kaum oder gar keine Freizeit, weil sie denken, unersetzbar zu sein. Oder weil sie befürchten, dass die eigene Arbeit liegen bleibt und sich nach der Pause noch weiter aufgetürmt hat. Nur rächt sich dieses Verhalten irgendwann und geht zu Lasten des eigenen Wohlbefindens.

Unsere Learnings für eine längere Auszeit – Vorbereitung steht vor Erholung

Arbeitnehmende in Deutschland haben durchschnittlich 28,9 Urlaubstage im Jahr, aber ist das genug, um der Berufswelt sowohl körperlich als auch mental zu entfliehen? Körper und Geist geben wichtige Signale, wann es Zeit für eine längere Auszeit ist. Wenn Teammitglieder jedoch drei oder vier Wochen abwesend sind, muss dies gut geplant werden, um nicht zu Lasten der übrigen Kollegen zu gehen. Die folgenden Punkte sollten bei einer mehrwöchigen Abwesenheit beachtet werden:

1. Rechtzeitig den Vertrauensurlaub planen und kommunizieren.

2. Teammitglieder frühzeitig in die eigenen Projekte einbeziehen.

3. Langfristige Aufgaben detailliert vorbereiten und wichtiges bereits erledigen.

4. Priorisieren, delegieren und loslassen.

5. Mit entspanntem Kopf neu durchstarten.

Erholung vs. Krankenstand: Fazit und Ergebnisse aus einem Jahr Vertrauensurlaub

Nach einem Jahr „Feldexperiment“ haben wir die genommen Urlaubs- und Krankentage in unserem Unternehmen einmal genauer unter die Lupe genommen. Die gute Nachricht zuerst: Alle Teammitglieder nutzten ihre 20 Pflichttage. Zusammen mit ihrer Vertrauenszeit gönnten sich die Kolleginnen / Kollegen zudem mehr Jahresurlaub, als ihnen vorher vertraglich zugesichert war.

Im Durchschnitt kamen die Mitarbeitenden so in einem Jahr auf 35 freie Tage. Von der Verteilung her haben sich unsere langjährigen Senior-Beraterinnen / -Berater meist mehr Urlaub genommen als die jüngere Generation. Vielleicht auch, weil sie aus der Erfahrung wissen, dass unsere Maßnahmen nicht nur auf dem Papier schön aussehen, sondern wirklich gelebt werden dürfen.

Die schlechte Nachricht unserer Analyse zeigt aber auch: Der durchschnittliche Krankenstand hat sich durch den Vertrauensurlaub nicht wirklich verringert. Nun muss man dazu sagen, dass wir auch 2022 mitten in der Pandemie steckten und neben Corona auch andere Erkrankungen eine Rolle spielten. Hinzu kamen die krankheitsbedingten Ausfälle der kleinen Familienmitglieder, die wir als Arbeitgeber mit einem hohen Mütteranteil nur schwer beeinflussen können.

Auch wenn der Vertrauensurlaub im letzten Jahr keinen spürbaren Einfluss auf die durchschnittlichen Krankheitstage hatte, so merken wir im Unternehmen, wie dankbar die Mitarbeitenden für die Möglichkeit der unbegrenzten freien Tage sind. Letztendlich ist der Vertrauensurlaub ein Baustein für eine wertschätzende, faire Arbeitsatmosphäre, welche den gesunden Menschen in den Mittelpunkt stellt. Und dieses Ziel werden wir auch in den nächsten Jahren weiterverfolgen und anstreben.

Zur Person

Nora Feist ist gemeinsam mit Miriam Rupp Geschäftsführerin von Mashup Communications, der Berliner Agentur für PR und Brand Storytelling. Als HR-Verantwortliche konzentriert sie sich auf Employer Branding und sorgt in der Agentur dafür, dass arbeitstechnisch zusammenkommt, was zusammenpasst.

Quelle: hrjournal.de

31 März 2023

Chaotisches Start-up oder hierarchischer Grosskonzern: Welche Unternehmenskultur passt zu mir?

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Chaotisches Start-up oder hierarchischer Grosskonzern: Welche Unternehmenskultur passt zu mir?

Die Generationen Y und Z haben nicht nur hohe Ansprüche an den Beruf selbst, sondern auch an die Unternehmenskultur. Doch die Suche nach der richtigen Firma gestaltet sich häufig gar nicht so einfach. Was es dabei zu beachten gilt.

Lena * hat gekündigt, ohne eine neue Arbeitsstelle zu haben. Die nächste Stelle soll die richtige sein. Und deshalb möchte sie sich dieses Mal Zeit nehmen für die Jobsuche. Bis anhin war ihr Sicherheit wichtiger. Daher hat sie schon öfter eine Stelle angenommen, bei der sie sich tief im Inneren nicht sicher war, ob sie ihr dann auch wirklich gefallen würde.

Lena ist 30 Jahre alt und hat Betriebswirtschaft studiert. Nach ihrem Abschluss arbeitete sie zuerst in der Verkaufsabteilung einer internationalen Unternehmensberatung, danach in der Kommunikationsabteilung einer Verwaltung und schliesslich bei einem mittelgrossen Unternehmen in der Medizinaltechnikbranche. Doch so richtig zu Hause fühlte sie sich in keiner dieser Firmen. 

Wie ihr geht es vielen Vertreterinnen und Vertretern der Generationen Y und Z. Denn für sie ist bei einem Job die Unternehmenskultur ebenso wichtig wie der Aufgabenbereich. Und das ist auch richtig so – auch aus Unternehmenssicht. Denn wer sich in einer Firma wohlfühlt, der bleibt; auch wenn ihm sein Aufgabenbereich nicht zu hundert Prozent gefällt. Nachfolgend die wichtigsten Fragen und Antworten zur Unternehmenskultur.

Welche verschiedenen Unternehmenskulturen gibt es?

Unternehmenskultur ist ein diffuser Begriff und schwierig greifbar. Oftmals muss man Kultur zuerst erleben, bevor man beurteilen kann, ob sie einem zusagt oder nicht. Dabei könnte man sich viel Zeit und Energie sparen, wenn man bereits bei der Stellensuche wüsste, ob die Bank oder doch eher der Industriebetrieb besser zu einem passt.

Diese Problematik haben Wissenschafter bereits in den 1980er Jahren erkannt. Seither haben sie verschiedene Modelle entwickelt, um Unternehmenskultur fassbarer zu machen. Die Forscher Robert E. Quinn und Kim S. Cameron unterscheiden in ihrem Modell aus dem Jahr 2006 vier Kulturtypen:

  • Klan: In Organisationen mit einer Klan-Kultur herrscht eine freundliche, fast schon gemütliche Arbeitsatmosphäre. Die Mitarbeitenden sehen sich als Grossfamilie, und Vorgesetzte werden als Mentoren wahrgenommen. Die Mitarbeitenden engagieren sich überdurchschnittlich, und häufig entwickeln sich auch abseits der Arbeit Freundschaften.
  • Anti-Bürokratie: In dieser Kultur ist Innovation und Risikobereitschaft wichtig. Daher ist das Arbeitsumfeld dynamisch und kreativ. Mitarbeitende in einer Anti-Bürokratie-Kultur sind gefordert, immer wieder neue Ideen einzubringen und über etablierte Herangehensweisen hinauszudenken. 
  • Hierarchie: Regeln und Strategien sind in der Hierarchie-Kultur essenziell. Entsprechend handelt es sich dabei um gut koordinierte Organisationen mit etablierten Prozessen. Allerdings macht das die Unternehmen oft auch schwerfällig und bürokratisch.
  • Markt: Unternehmen mit Markt-Kultur streben einen hohen Grad an Wettbewerbsfähigkeit an. Der Gewinn treibt die Mitarbeitenden an. Häufig handelt es sich um schnelle Organisationen mit geringer Arbeitsplatzsicherheit. Wer keinen Gewinn erwirtschaftet oder keine Erfolge vorzuweisen hat, ist seinen Job schnell los.

Lassen sich Unternehmen und Branchen bestimmten Kulturtypen zuordnen?

Das gestaltet sich schwierig. Denn auch innerhalb einer Branche gibt es verschiedene Kulturen, weil sie unter anderem auch von der Unternehmensgrösse abhängen. In Konzernen braucht es zum Beispiel mehr Hierarchiestufen als in kleinen und mittelgrossen Unternehmen. 

In jeder Firma findet man zudem Merkmale von verschiedenen Kulturen. So sind Blaulichtorganisationen wie Spitäler oder Feuerwehren oftmals eine Mischung aus Hierarchie- und Klan-Kultur. Einerseits muss bei einem Notfall klar sein, wer wem was sagt. Denn schliesslich geht es um Leben und Tod.

Andererseits ist der Umgang in den Abteilungen in Spitälern oft sehr familiär. Stationszimmer und Pausenräume werden mit Pflanzen und Porzellanfigürchen dekoriert, und oftmals ist man auch fernab von der Arbeit miteinander befreundet. Man kann sich aber auch auf dem Spitalgang anschreien, wenn man nicht gleicher Meinung ist. Auch das ist ein Merkmal einer familiären Umgebung.

Startups ordnet man häufig der Anti-Bürokratie-Kultur zu. Das kann sich aber ändern, sobald sie mehrere hundert oder gar Tausende Mitarbeitende wie Google und Apple zählen. Wenn Startups eine gewisse Grösse erreicht haben, zeichnen sie sich eher durch eine Klan-Kultur und klare Strukturen aus als durch eine klassische Anti-Bürokratie-Kultur.

Innerhalb eines Unternehmens können aber auch Subkulturen entstehen. «So findet man bei den Banken im Handel und im Investment Banking oft eine Markt-Kultur vor. Da geht es um Wettbewerb, um Geschwindigkeit und vor allem um einen möglichst hohen Gewinn», sagt Daniela Frau, Diversity-Beauftragte an der Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaften (ZHAW) und Dozentin für Führungs- und Personalthemen.

Im Private Banking und Wealth Management hingegen erlebe man eher eine Hierarchie-Kultur. Darauf lasse die Affinität zu Titeln wie Account-Manager oder Relationship-Manager schliessen. Branchenfremden Personen ist oft schleierhaft, was diese Titel bedeuten. In der Finanzbranche profiliert man sich aber durch die Erlangung solcher Titel. Die Mitarbeitenden feiern das jeweils in jährlichen Beförderungsritualen.
 

Wieso inszenieren sich heute viele Unternehmen als agile, innovative Organisationen mit flachen Hierarchien?

Weil es angesagt ist. Das heisst aber noch lange nicht, dass alle Unternehmen, die das von sich behaupten, auch wirklich flache Hierarchien haben und agil und innovativ sind. Sie vergessen häufig, dass sich nicht alle Menschen in einer Anti-Bürokratie-Kultur wohlfühlen. Wie jede andere Kultur hat auch sie ihre Nachteile. Denn wo es einen grossen Gestaltungsspielraum gibt, herrschen oft auch chaotische Zustände.

«Leider werden Menschen, die hierarchische Strukturen mögen, heute oft belächelt», sagt Sita Mazumder, Professorin für Business und IT an der Hochschule Luzern. Dabei gebe es viele Angestellte, die sich Struktur und einen sicheren Arbeitsplatz wünschten. «Nicht alle wollen innovativ sein und selbständig arbeiten. Es ist legitim, wenn jemand einen Nine-to-five-Job haben möchte und den Fokus eher auf das Privatleben legt», sagt auch Daniela Frau.

Welche Rolle spielt Unternehmenskultur
bei der Karriereplanung?

Kultur ist bereits bei der Berufswahl ein entscheidender Punkt. «Häufig sind die jungen Menschen sehr darauf fokussiert, den richtigen Beruf zu wählen. Dabei wäre es ebenso wichtig, sich zu fragen, in welcher Art Betrieb man sich wohlfühlt», sagt Michèle Rosenheck, Direktorin des Laufbahnzentrums der Stadt Zürich.

Um Erfahrungswerte zu sammeln, empfiehlt Rosenheck, nach der Lehre einen ganz anderen Arbeitskontext auszuprobieren. Das muss nicht gleich ein anderer Beruf sein, sondern kann auch der Wechsel von einem kleinen in ein grosses Unternehmen oder in eine völlig neue Branche sein.

Wer mit dem gewählten Beruf nicht (mehr) zufrieden ist, wendet sich am besten an die Laufbahnberatung. Dort werden unter anderen auch Wertetests durchgeführt. Denn oftmals geschieht während der beruflichen Laufbahn ein Wertewandel. «Häufig merken die Leute in der Laufbahnberatung, dass ihnen der Beruf grundsätzlich gefällt, sie aber im Unternehmen unzufrieden sind», so Rosenheck.

Wie finde ich im Vorstellungsgespräch heraus, ob die Unternehmenskultur zu mir passt?

Stellensuchende können nur die sichtbaren Aspekte einer Unternehmenskultur beurteilen. Den grösseren Teil der Kultur muss man erleben. Er ist von aussen nicht sichtbar. Dennoch befinden sich sowohl in der Stellenausschreibung als auch im Bewerbungsgespräch Hinweise auf die Unternehmenskultur:

Stellenausschreibung/Online-Auftritt

  • Ist das Inserat eher in einem formellen oder einem lockeren Schreibstil verfasst?
  • Werden auch Frauen und Minderheiten angesprochen, oder wird das generische Maskulinum verwendet?
  • Was macht die Website für einen Gesamteindruck?
  • Finden sich auf der Website des Unternehmens Verhaltensgrundsätze und ein Leitbild?
  • Befinden sich auf der Website Videos, in denen sich das Unternehmen und seine Mitarbeitenden vorstellen? Wirken sie eher werberisch oder authentisch?

Bewerbungsgespräch

  • Wird man geduzt oder gesiezt?
  • Wie verhalten sich die Mitarbeitenden vor Ort? Grüsst man sich auf den Gängen? Wie sind die Büros eingerichtet?
  • Was hat der Vorgesetzte für ein Führungsverständnis, welche Führungskultur lebt er? Welche Sitzungskultur pflegt das Team?
  • Wie laufen Beurteilungs- und Jahresgespräche ab?
  • Gibt es Stellen, an denen ich meine Ideen einbringen kann?
  • Ist es möglich, im Unternehmen einen Schnupper- oder Probearbeitstag zu machen?
  • Wie sind die Büroräumlichkeiten gestaltet? Handelt es sich um Grossraum- oder Einzelbüros? Sind die Bürotüren offen oder geschlossen?

Was ist von Bewertungen von Mitarbeitenden auf Plattformen wie Kununu zu halten?

Die wohl mit Abstand bekannteste Plattform für Arbeitgeberbewertungen ist Kununu. Möchte man etwas über die Kultur eines Unternehmens erfahren, lohnt es sich, die Bewertungen auf Kununu anzuschauen. Sita Mazumder warnt aber auch vor solchen Bewertungsplattformen: «Oftmals geben Leute eine Bewertung ab, die unzufrieden waren mit dem Arbeitgeber. Daher sind solche Plattformen meist nicht repräsentativ.»

Im Jahr 2019 hat Kununu den sogenannten Kulturkompass eingeführt, um die Kultur von Unternehmen besser zu verstehen. Damit das gelingt, wählen die Bewerter aus 160 Werten diejenigen aus, die für das Unternehmen passend sind. Die Nutzer der Plattform sehen dann, wie ein Unternehmen in den vier Feldern Work-Life-Balance, Umgang miteinander, Führung und strategische Richtung im Vergleich zum Branchendurchschnitt abschneidet.

Was mache ich, wenn ich merke, dass eine Unternehmenskultur nicht zu mir passt?

«Erfahrene Arbeitnehmer sollten nach drei Monaten Probezeit wieder kündigen, wenn sie merken, dass ihnen die Unternehmenskultur oder der Job nicht zusagt und sie sich es leisten können», sagt Daniela Frau. Laut einer Auswertung des Personalsoftware-Anbieters Softgarden verlässt ein Sechstel aller neuen Mitarbeitenden den Job nach neunzig Tagen wieder. «Jüngere Menschen müssen hingegen oft mindestens sechs Monate bei einem Unternehmen bleiben, um die Kultur beurteilen zu können», so Rosenheck.

Gibt es Generationenunterschiede bei den Ansprüchen
an die Unternehmenskultur?

Die Erwartungen der Generationen Y und Z an die Unternehmenskultur sind im Vergleich zu jenen der Babyboomer ganz klar gestiegen. Babyboomer haben sich, oftmals ohne grosse Ansprüche zu stellen, in Job und Firma eingefügt. Das Bedürfnis nach Sicherheit war bei ihnen grösser als der Wunsch nach Selbstverwirklichung.

Daniela Frau beobachtet ausserdem, dass Menschen mit mehr Berufserfahrung oft nicht mehr die gleich hohen Ansprüche an Kultur haben wie unerfahrenere. Sie können schneller einschätzen, ob die Kultur zu ihnen passt. Dadurch sei der Aufgabenbereich tendenziell wichtiger. Dazu werde auch eine nicht vollständig passende Unternehmenskultur in Kauf genommen.

«Ich kann mir auch vorstellen, dass die Unternehmenskultur für Mitarbeitende, die viele repetitive Aufgaben haben, wichtiger ist. Oftmals muss dann die Unternehmenskultur den nötigen Inhalt bieten, den die Arbeit womöglich nicht hat», so Daniela Frau.

* Name von der Redaktion geändert.

Über die Autorin

Isabelle Wachter ist Volontärin bei NZZ

Quelle: NZZ Neue Zürcher Zeitung

17 Februar 2023

Hybrides Arbeiten - Produktivität braucht keine Präsenz

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Hybrides Arbeiten - Produktivität braucht keine Präsenz

Auf die rasanten Entwicklungen der Zukunft hat nur das Hybridmodell passende Antworten. Über Stolpersteine und Lösungen.

Als Freezing bezeichnet die Neurologie eine Art Schockstarre aufgrund bedrohlicher Situationen. Menschen verharren plötzlich mitten in der Bewegung. Diesem Phänomen scheinen in den vergangenen Jahren auch zahlreiche Unternehmen ausgesetzt zu sein – angesichts eines schnellen und tiefgreifenden Wandels in Wirtschaft und Gesellschaft. Die Digitalisierung schreitet stetig voran. Innovationen und disruptive Geschäftsmodelle entstehen. Globale Märkte erfordern komplexere Handlungsweisen. Um Fachkräfte muss ebenso geworben werden wie um Kundschaft. Zudem sind die Ansprüche an nachhaltig produzierte Produkte und unternehmerisch ethisches Verhalten gestiegen.

Unternehmen müssen also ihre Aktivitäten in diesem Spannungsfeld von Wirtschaft, Umwelt und Gesellschaft ausrichten. Angestellte an fünf Tagen die Woche ins Büro zu holen, damit sie dort acht Stunden zubringen, passt nicht mehr zu diesen Entwicklungen. Viele Unternehmen wollen dennoch an der 100-Prozent-Büroarbeit festhalten. Doch wer jetzt nicht im Spaceshuttle Platz nimmt und Teil des Wandels ist, wird in spätestens fünf Jahren vom Markt aussortiert: zu unproduktiv angesichts digitaler Prozesse, zu unattraktiv als Arbeitgeber für Fachkräfte und nicht mehr konkurrenzfähig auf dem Weltmarkt. Die reine Präsenzkultur bietet keine Antworten mehr auf die Herausforderungen der Zukunft!

Unternehmen im Dornröschenschlaf

Seit Jahrzehnten gibt es eine Lösung auf drängende Zukunftsfragen, die zunächst kaum jemand hören wollte: Remote Work. Arbeiten von überall galt früher als die Arbeitsweise einiger Spinner, Aussteigerinnen und Freigeister. Die digitalen Nomaden zogen mit dem Laptop im Gepäck zu den WLAN-Spots in aller Welt. Hippe Berliner Start-ups kopierten die Silicon-Valley-Kultur, einige Großunternehmen hatten Pilotprojekte. Also nichts für etablierte kleine und mittelständische Firmen? Die Kuscheligkeit der Komfortzone suggerierte, dass das alles doch auch so irgendwie klappt.

Wie so oft zwang eine Krise eine neue Entwicklung herbei: Corona schickte über Nacht den Großteil der Beschäftigten ins Homeoffice. Plötzlich war möglich, was vorher undenkbar schien. Die Angestellten fanden Gefallen an der neuen Arbeitsweise, trotz holpriger Prozesse. 70 Prozent wollen zumindest einige Tage in der Woche mobil arbeiten. Das besagt die repräsentative ESET-Studie Quo vadis Unternehmen? des Forschungsinstituts You Gov. Unternehmen öffnen sich dem Gedanken, das Beste aus zwei Welten in einem Hybridmodell, also Präsenz im Büro und mobiles Arbeiten, zu etablieren. Doch die Präsenzkultur einfach auf das mobile Arbeiten zu übertragen geht nicht. Denn Remote Work ist mehr als Homeoffice.

1. Top-down-Entscheidung treffen

Die Bedenken der Unternehmen: Produktivitätsverlust. Schon ein Blick in die Welt von erfolgreichen 100-Prozent-Remote-Unternehmen wie Buffer, Komoot oder die OTL Akademie hebelt dieses gern angeführte Argument gegen das mobile Arbeiten jedoch aus. Denn diese arbeiten höchst produktiv – mit Topteams rund um den Erdball, meistens ganz ohne eigene Büros. Doch auch das Hybridmodell bietet Vorteile: Die moderne Arbeitsweise ist attraktiv für Fachkräfte. Zudem können Kosten durch die Reduktion nicht mehr benötigter Bürofläche, beispielsweise durch ein Desk-Sharing-Modell, eingespart werden.

Doch am Anfang steht eine firmenweite Entscheidung. Der Belegschaft wird nicht einfach überlassen, wie sie denn nun arbeiten will. Geschäftsführung und Personalleitung einigen sich zunächst über die Leitplanken: Wie viele mobile Tage in der Woche soll es geben? An welchen Orten kann gearbeitet werden? Gelten die Bürozeiten? Welche digitalen Tools gibt es? Wie wird die Erreichbarkeit gewährleistet? Das alles wird dann in einem zweiten Schritt mit der Führungsebene diskutiert. Alle Bedenken müssen offen geäußert werden. Denn erst wenn alle hinter dem Ansatz stehen, werden die Mitarbeitenden in den Prozess eingebunden.

2. Teams an Bord holen

Der Kardinalsfehler im Prozess: Ausgrenzung. Trotz entscheidender Vorteile wie dem Wegfall von Bürowegen, mehr Zeit für die Familie oder dem optimalen Ausnutzen der eigenen Leistungsphasen, erzeugt einiges am mobilen Arbeiten auch ein mulmiges Gefühl: Die Handhabung der neuen digitalen Tools, die Selbstorganisation im Homeoffice, der Big-Brother-is-watching-you-Gedanke bei der Onlinearbeit und dass wir nicht mal eben über den Schreibtisch hinweg eine Frage stellen können – all das muss offen besprochen werden. In einem Kodex legen die Teams deshalb mit der jeweiligen Führungskraft die individuellen Regeln fest, natürlich innerhalb der vorgegebenen Leitplanken. Sind die mobilen Tage in der Woche frei wählbar? Muss das gesamte Team an bestimmten Tagen komplett im Büro anwesend sein? Gibt es Zeitspannen für die Erreichbarkeit? Wann muss spätestens auf eine Anfrage geantwortet werden? Was wird im Chat, Aufgabenmanagement-Tool oder per Videocall kommuniziert? Welche Schulungen muss es geben? Diese Diskussion, die jede vermeintliche Kleinigkeit berücksichtigt, ist entscheidend für das Commitment.

3. Teamspirit bewusst fördern

Die Hauptsorge der Beschäftigten: Isolation. Der Teamzusammenhalt ist ausschlaggebend für eine hohe Produktivität. Und dieser entsteht nicht von allein, der soziale Kontakt muss bewusst gefördert werden. Die Teammitglieder werden in die Community eingebunden. Und auch hier hybrid: mit digitalen Ritualen und Präsenz. Workations sind Events, die ein- oder zweimal im Jahr stattfinden und Arbeit (work) mit Urlaub (vacation) verbinden. Alle kommen an einem besonderen Ort zum persönlichen Austausch zusammen.

Doch genauso wichtig sind digitale Rituale. In einem täglichen zehnminütigen Call werden mit der Führungskraft der Stand des Projekts, weitere Schritte und mögliche Herausforderungen besprochen. Auch asynchrone Rituale über den Teamchat können hilfreich sein, wie zum Beispiel immer montags eine Frage ins Team senden: Wie war euer Wochenende? Oder auch persönliche Fragen stellen: Was liest du gerade? Welchen Film würdest du empfehlen? Spielst du ein Musikinstrument? Die Slack-Funktion Donut verbindet Menschen aus anderen Abteilungen per Zufallsgenerator für einen virtuellen Smalltalk. Oder es wird ein virtuelles Büro per Zoom eingerichtet, in das man sich jederzeit einloggen und mit anderen zusammenarbeiten kann. Aber auch virtuelle Mittagessen sind eine gute Idee. Manche Unternehmen spendieren einen Lieferdienst und alle können per Videocall gemeinsam lunchen. Gewöhnungsbedürftig? Auf jeden Fall. Wann das nicht mehr merkwürdig ist? Sehr schnell.

4. Digitale Führung lernen

Die Angst der Führungskräfte: Kontrollverlust. Eine Frage steht oft im Vordergrund: „Wie soll das gehen, wenn ich die Angestellten nicht mehr täglich im Büro sehe – wie stelle ich sicher, dass die Aufgaben erledigt werden?“ Die Antwort ist das ergebnisorientierte Arbeiten. Kontrolliert wird nicht mehr die Anwesenheit, sondern der Arbeitsfortschritt. Denn Anwesenheit war noch nie ein Garant für Produktivität. Welche Führungskraft steht schon jede Sekunde hinter Angestellten und kontrolliert, ob wirklich gearbeitet wird oder zeitweise Cyberloafing – also die Nutzung des Arbeitgeberinternets für private Zwecke während der Arbeitszeit – stattfindet, das digitale Herumtrödeln mit Onlineeinkäufen oder Videospielen?

Führen auf Distanz erfordert erweiterte Fähigkeiten wie Toolkompetenz. Die Grundlage der Zusammenarbeit mit dem Team sind Projektmanagementprogramme, Bürochats und Videokonferenzen. Zum anderen verschiebt sich der Schwerpunkt von Führung auf die Kommunikation. Mit jedem Teammitglied sollte wöchentlich ein Einzelgespräch geführt werden. Dabei rückt die Beziehungsebene in den Fokus. Ein wenig Smalltalk, das Scannen, wie es dem Gegenüber geht, ist genauso wichtig wie die Fortschritte bei den Aufgaben zu checken. Das braucht Zeit und geht nicht mal eben so zwischen einem Berg an Aufgaben. Deshalb nutzen Führungskräfte die zwei As: Asynchronität und Automatisierung. Anfragen werden zeitverschoben beantwortet, denn ständige Erreichbarkeit wird schnell zum Burn-out-Faktor Nummer eins. Und für die Kommunikation werden automatisierte Prozesse genutzt, Bots fragen beispielsweise in bestimmten Zeiträumen die Erledigung der Aufgaben ab.

Eines ist klar: Hybrides Arbeiten muss professionell im Unternehmen umgesetzt werden. Noch nicht überzeugt? Stellen Sie sich vor, Ihr Team spielt sehr erfolgreich Hallenfußball. Und dann kommt jemand und sagt, dass künftig auf dem Rasen gespielt werden muss. Das gleiche Spiel, nur ein anderer Ort. Wenn Sie jetzt nicht als Führungskraft das Team auf die geänderten Rahmenbedingungen trainieren – Stollenschuhe, weitere Laufwege, größeres Tor –, werden sie haushoch verlieren. Befreien Sie also den Erfolg vom Zufall!

Über die Autorin

Teresa Hertwig ist Geschäftsführerin von GRC – ­Get Remote Consulting. Die Medien- und Kommunikations­wissenschaftlerin ist Autorin von Produktivität braucht kein Büro

Quelle: humanressourcesmanager.de

15 Juli 2022

Ethisches Lernen am Arbeitsplatz!?

Posted in Führung, Leadership

Wie Organisationen die charakterliche Entwicklung ihrer Mitarbeitenden unterstützen können

Ethisches Lernen am Arbeitsplatz!?

Im führungsethischen Kontext sind Organisationen heute vornehmlich bestrebt, moralische Entgleisungen ihres Personals zu unterbinden, um so Schäden für die Institution abzuwenden. Selten sind dagegen Konzepte, die darüber hinausgehen, indem sie nicht nur moralisches Versagen verhindern, sondern vielmehr auch ethisches Lernen ermöglichen wollen. Leadership Insider stellt einen aktuellen Ansatz hierzu vor und diskutiert dessen Möglichkeiten und Grenzen.

Strukturen und Kulturen sind von enormer Wirkung für das Verhalten der Organisationsmitglieder. Dies gilt nicht zuletzt auch in Bezug auf die moralische Qualität Ihres Verhaltens. Üblicherweise werden in diesem Zusammenhang – vor allem wenn es wieder einmal die Hintergründe eines Wirtschaftsskandals auszuleuchten gilt – negative Wirkeffekte herausgestellt, sei es das Zuviel an zugewiesener Macht, was Realitätsverlust und Hybris befördert, oder das Übermaß an möglichen Boni, welches die Gier befeuert und die Moral verdrängt. Hier kann allerdings auch umgekehrt gedacht und gefragt werden: Könnte mittels organisationaler Settings die Moral nicht auch gestärkt werden? Was wäre hilfreich, um ethische Lernprozesse der Beschäftigten nachhaltig zu unterstützen? Leadership Insiders gibt Einblicke in die Idee des Arbeitsplatzes als „moralisches Laboratorium“ der Charakterentwicklung.

Quelle - den vollständigen Artikel können Sie weiterlesen unter leadership-insiders.de

 

22 Oktober 2021

Wenn Firmen Veränderungen im Hauruckverfahren durchsetzen, verlieren sie die Belegschaft

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Interview mit Heike Bruch, Professorin für Betriebswirtschaftslehre und Leadership an der Universität St. Gallen

Wenn Firmen Veränderungen im Hauruckverfahren durchsetzen, verlieren sie die Belegschaft

Braucht die Wirtschaft eine neue Führung und agilere Unternehmen? Ja, ist Heike Bruch, Professorin für Betriebswirtschaftslehre und Leadership an der Universität St. Gallen, überzeugt. Im Gespräch erklärt sie, weshalb Firmen aber oftmals scheitern, wenn sie Neues ausprobieren.

Frau Bruch, Sie forschen zu New-Work-Themen wie Selbstführung, flexibles Arbeiten und agile Organisationen. Warum braucht es neue Führungs- und Unternehmensformen?

Es gibt zwei Trends, die New Work unausweichlich machen. Erstens hat die Geschwindigkeit in allen Bereichen der Arbeit und der Geschäftswelt stark zugenommen, getrieben durch die digitale Transformation. Geschäftsmodelle sollten innovativer und schneller werden. Zweitens ist da auch der demografische Wandel, der Arbeitgeber zwingt, für jüngere Generationen attraktiver zu werden. Beide Trends führen dazu, dass Unternehmen den Mitarbeitenden viel mehr Flexibilität und Verantwortung einräumen sollten. Sie sind gefordert, Spielräume zu bieten, um innovativ zu sein. Gefragt sind netzwerkartige Strukturen. Teams werden für gewisse Aufgaben gebildet; wenn diese erfüllt sind, lösen sie sich wieder auf und formieren sich neu.

Aber in der Mehrheit der Fälle versagen die neuen Organisationsformen.

New Work funktioniert nur, wenn Unternehmen die richtige Führung und Kultur haben. Darunter verstehe ich Führung, die die Sinnhaftigkeit einer Arbeit oder einer Firma ins Zentrum stellt, die den Menschen inspiriert und die Richtung vorgibt, damit Angestellte eigenständig arbeiten können. Das braucht sehr viel Vertrauen, wie wir während der Pandemie erlebt haben. Wo Vertrauen da war, haben Home-Office und virtuelles Arbeiten sehr gut funktioniert. Einige Firmen haben hingegen versucht, Mitarbeitende zu kontrollieren. Das hat bei den Betroffenen zu Isolation und Erschöpfung geführt.

Worin liegt denn nun der konkrete Vorteil von New Work und agilen Organisationen?

Unternehmen können dadurch einen grossen Sprung nach vorne machen. Sie werden schneller und attraktiver. Wenn die Erfolgsvoraussetzungen wie New Culture aber nicht vorhanden sind, erleben wir genau das Gegenteil. Firmen geraten dann in die Beschleunigungsfalle und sind überfordert. Die Folgen sind Erschöpfung, Druck und Konflikte. Sind die Weichen falsch gestellt, werden Unternehmen langsamer und unattraktiver.

Gibt es dazu qualitative Messungen?

Wir untersuchen das empirisch seit 2016. Damals waren etwa 25% der Unternehmen in dieser neuen Arbeitswelt angekommen. Aber weniger als ein Viertel dieser Firmen waren auch erfolgreich damit. Die Pandemie und das Home-Office haben die Situation nochmals verschärft. Zwar praktizierten 2020 bereits 35% der Firmen New Work. Aber über 80% waren damit überfordert und erschöpft, weil die Kultur dazu fehlte.

Dann ist Kritik also gerechtfertigt? Jedes Unternehmen versteht unter Agilität etwas anderes, und Führungskräfte versuchen damit, ihre fehlende Strategie zu verbergen.

Ich warne sehr vor einer solch zukunftsfeindlichen Interpretation. Wenn wir wettbewerbsfähig sein wollen, kommen wir nicht umhin, die Art, zu arbeiten, fundamental neu auszurichten und zu modernisieren. Agile Methoden und Strukturen sind hierbei nur eine Facette von New Work.

Wie setzt man eine agile Unternehmensorganisation richtig um?

Die Unternehmensführung sollte sich zunächst entscheiden, ob sie mit agilen Methoden wie durchmischten Projektteams arbeiten möchte oder die gesamte Organisation in agile Strukturen überführen will. Beim agilen Arbeiten kann man gut an bestehenden Hierarchien festhalten. Die Strukturen umzubauen in agile Systeme wie Holacracy, ist hingegen ein völlig anderer Prozess. Unternehmen sollten sich zuvor eingehend damit auseinandersetzen. Es braucht ausserdem ein starkes Commitment der obersten Führungsspitze und Geduld, damit agile Strukturen sich einspielen. Unternehmen sollten es als Experiment betrachten, das man auch wieder aufgeben kann, wenn dabei beispielsweise der Team-Zusammenhalt gefährdet oder die Organisation überfordert wird.

Manchmal hat man das Gefühl, dass New Work dogmatisch-religiöse Züge hat . . .

Das trifft teilweise zu. Doch es gibt ihn nicht, den einzigen richtigen Weg. Es handelt sich um eine Art Lernreise. Wenn man New Work sehr konsequent durchzieht, baut man Hierarchien ab. Führungskräfte verlieren dadurch ihren Status. Das ist zwar konsequent, weil Verantwortung neu verteilt wird, aber auch schmerzhaft und emotional schwierig.

Ist das das Haupthindernis?

Ja. Wenn Veränderungen im Hauruckverfahren durchgesetzt werden, verliert man die Belegschaft. Arbeitgeber sollten darauf achten, dass sie die Menschen mitziehen und Verletzungen vermeiden.

Und was ist Ihre Konklusion?

Es braucht viel Überzeugungsarbeit und Kommunikation. Agile Strukturen in Reinform bewähren sich nur in Ausnahmefällen. Bei kleineren Unternehmen, die eine stark integrierende, patriarchalische Führungsfigur haben, funktioniert das teilweise sehr gut. In grossen Unternehmen ist die Gefahr eines Schocks gross. Sehr vieles hängt davon ab, wie Führungskräfte den Prozess gestalten.

Interview: Nicole Rütti

Quelle: NZZ - Neue Zürcher Zeitung

Bei Holacracy sind alle ihr eigener Chef. NZZ Video mit Dr. Heike Bruch.

 

13 August 2021

Zukunft der Arbeit: Rollen statt Stellen

Posted in Trends

Zukunft der Arbeit: Rollen statt Stellen

Rollen orientieren sich an den Stärken von Personen. Diese wählen ihre Aufgaben selbst und sie wachsen daran. Von Anne M. Schüller erfahren Sie mehr.

Menschen und künstliche Intelligenzen bewegen sich mit beeindruckendem Tempo aufeinander zu. Vor uns liegt eine Zeit, in der alles anders sein wird als jemals zuvor. Nichts ist mehr auf Jahre hinaus planbar. Permanente Umbrüche sind völlig normal. Von nun an wird man sich aufmachen müssen, ohne den genauen Weg schon zu kennen. Fest verankerte Vorgehensweisen sind dabei nur hinderlich. Das Denken und Handeln in schnellen Iterationen ist von nun an Voraussetzung für den Erfolg.

Doch in traditionellen Unternehmen besetzt man immer noch Stellen, die unmittelbar an eine Person gebunden sind. Dafür sucht man Kandidaten mit einem fest umrissenen Aufgabenpaket. „So manches Stelleninserat enthält kein Anforderungsprofil, sondern regelrechte Anforderungskataloge mit gut und gerne einem Dutzend Kriterien“, schreibt der Recruting-Kenner Jörg Buckmann. Wird die Stelle dann obsolet, weil zum Beispiel KI den Job übernimmt, hat man keine Verwendung mehr für den Stelleninhaber.

Adaptivität bei Wissen und Können ist elementar

So meldete Anfang 2019 ein großer Software-Anbieter die Entlassung von über 4000 Beschäftigten und mehr oder weniger gleichzeitig die umfängliche Suche nach Mitarbeitern mit Spezialkenntnissen auf neuen Kompetenzgebieten. Ein solches Vorgehen ist nicht nur extrem teuer, es sorgt auch für böses Blut. Ein Denken in Rollen statt Stellen, bei dem nicht Spezialisten kommen und gehen, sondern Generalisten mit hoher Lernbereitschaft stets neue Aufgaben einnehmen können, wäre besser geeignet.

Doch als Stelleninhaber hat man die Pflicht, die laut Stellenbeschreibung fest umrissenen Tätigkeiten bestmöglich abzuarbeiten. Dafür wird man bezahlt. Fertigkeiten hingegen, die der Stelleninhaber zwar besitzt, im Rahmen seiner Stelle aber nicht benötigt, gehen dem Unternehmen verloren. Wertvolles Leistungsvermögen verpufft. Heißt: Man passt den Menschen an die Stelle an – und nicht umgekehrt. So blockieren eng gefasste Stellenbeschreibungen auch die Potenzialentfaltung.

Feste Stellen fixieren die Unternehmen in Starrheit

Eine Stelle definiert überdies den dazugehörigen Zuständigkeitsbereich. Wofür man nicht zuständig ist, darum hat man sich nicht zu kümmern. „Das ist nicht Ihre Aufgabe“, hört der Stelleninhaber, wenn er sich in etwas „einmischt“, das nicht zu seiner fest umschriebenen Position gehört. Seine Hilfe wird selbst dann zurückgewiesen, wenn sie dringend notwendig wäre. „Das steht nicht in meiner Stellenbeschreibung“, heißt es hingegen, wenn man Aufgaben übernehmen soll, für die man nicht eingestellt wurde.

Das Denken in Stellen und Positionen vereitelt es ferner gar nicht so selten, dass ein Vorgesetzter einen „seiner“ Mitarbeiter in ein Projekt abgibt. Was aus sachlichen Gründen richtig wäre, scheitert am Thema Macht. Wer einen Bonus für das Erreichen von Abteilungszielen bekommt, wird „sein bestes Pferd“ keinem anderen Bereich zur Verfügung stellen, um diesen nicht zu stärken. Tja, macht man Stellen zum Spielball internen Wettbewerbs, ist das für ein Unternehmen zwar schädlich, oft aber üblich.

Rollen gewährleisten eine enorme Flexibilität

Demgegenüber arbeitet man in zeitgemäßen Organisationen zunehmend mit Rollen. Rolle und Person sind dabei voneinander getrennt. Hierdurch kann die Aufgabenverteilung viel flexibler an die sich ständig verändernden Umstände angepasst werden. Je nach Bedarf werden kurzfristig neue Rollen kreiert. Wenn kein Bedarf mehr besteht, werden diese sogleich wieder aufgelöst. Durch solch kurzfristiges Justieren verhindert man auch, dass die eine Person zu viel, und die andere zu wenig Arbeit hat.

Eine Person kann mehrere Teilrollen übernehmen und/oder in mehreren Projektteams arbeiten. Eine Rolle kann je nach Umfang auch durch mehrere Personen ausgeübt werden. Oder sie wird nur zeitweise besetzt. So können Arbeitsspitzen viel besser ausgeglichen werden. Und Kompetenzbedarfe lassen sich situativ sehr zügig decken, ohne gleich neue Mitarbeiter einstellen zu müssen. Auch Rollenwechsel oder ein interdisziplinärer Austausch sind jederzeit möglich, ohne dass Machtthemen bremsen.

Die Rolleninhaber entwickeln sich dynamisch

Der jeweilige Rolleninhaber erklärt sich verantwortlich für die Aufgabenpakete, die zu seiner Rolle gehören. Was die Rolle darf und was nicht, wird in Vereinbarungen festgelegt und öffentlich sichtbar gemacht. So kann es zum Beispiel die Rolle des Pricing Managers geben, der die Autorität hat, bei den ihm zugeordneten Produkten die Preise zu bestimmen, ohne sich Genehmigungen „von oben“ einholen zu müssen.

Rollenkonzepte orientieren sich an den Stärken einer Person. Der Rolleninhaber tut das, was er am besten kann und auch mag. Zudem kann er sein individuelles Potenzial interessenbasiert weiter ausbauen und sich in neue Bereiche hineinentwickeln. So ermöglichen Rollenkonzepte auch dem einzelnen Mitarbeiter mehr Flexibilität. Je nach Lebensphase lässt sich der Aufgabenumfang seiner Rolle erhöhen oder reduzieren.

Rolleninhaber definieren ihre Aufgaben selbst

Am besten beschreibt ein Rolleninhaber seinen Aufgabenbereich selbst. Durch die damit verbundene Selbstreflexion wird der Sinn der eigenen Arbeit im Gesamtkontext klarer und die Verbindlichkeit steigt. Zudem werden Motivation, Engagement und Produktivität zusehends verstärkt. Folgende Fragestellungen sind dazu von Belang:

Was sind meine Aufgaben und mein konkreter Beitrag für das Unternehmen?
Mit welchen Bereichen arbeite ich zum Wohl unserer Kunden zusammen?
Was brauchen die Kollegen von mir, und was brauche ich von den Kollegen?
Was behindert mich bei meiner Arbeit und wie kann ich das ändern?
Wie kann ich meine Arbeit weiter verbessern und was muss ich dazu lernen?
Hierbei listet man nur die Aspekte, die die jeweilige Rolle betreffen.

Die Rollen können pfiffige Namen bekommen

Besteht Klarheit über die einzelnen Punkte, wird die Rolle schriftlich definiert:

  • Wie heißt die Rolle?
  • Was ist der Sinn und Zweck dieser Rolle?
  • Welches sind die Verantwortungsbereiche?
  • Welche Beschränkungen gibt es (zum Beispiel Budgetrestriktionen)?

Oft wählen die Rolleninhaber für sich pfiffige Namen, etwa so: Content Magier, Customer Care Hero, Intergalactic President, Master of the IT-Universe, Head of Flow, Social-Media-Derwisch. Möchte man den Grad der Kompetenz zum Ausdruck bringen, stellt man dem ein Junior oder ein Senior voran. Elon Musk nennt sich neuerdings Technoking of Tesla, sein CFO Zach Kirkhorn ist Master of Coin. Die neuen Titel sind sogar offiziell bei der US-Börsenaufsicht eingetragen.

So kann die Rollenverteilung gut gelingen

Damit es zu einem möglichst perfekten Match zwischen Kompetenzträger und Rolle kommt, schaffen dezentrale Organisationen Rollenmärkte. Sie bestimmen also nicht, wer welchen Aufgabenkomplex übernimmt, sondern favorisieren Freiwilligkeit. „Wer will das machen?“, heißt es. Jemand meldet sich und wählt damit eine passende Rolle aus. Oder man wird vom Team für eine Rolle vorgeschlagen beziehungsweise gewählt. So ist es sehr wahrscheinlich, dass sich die jeweils kompetenteste Person durchsetzt.

Menschen wählen in solchen Fällen nur nach Beliebtheit? Weit gefehlt! Denken Sie zurück an die Schulzeit. Galt es, im Mannschaftsport zu gewinnen, hat man die Besten ins eigene Team gewählt. Je nach Sportart waren das ganz verschiedene Leute. Die Menschen haben ein ziemlich gutes Gespür dafür, wer in einer jeweiligen Situation der Richtige ist. Wichtig: Wie im Sport sollte auch im Firmenkontext ein Rolleninhaber problemlos von seiner Rolle zurücktreten können, wenn die Passung nicht mehr stimmt.

Das Buch zum Thema – auch als Hörbuch erhältlich

Anne M. Schüller, Alex T. Steffen
Die Orbit-Organisation
In 9 Schritten zum Unternehmensmodell
für die digitale Zukunft
Gabal Verlag 2019, 312 Seiten, 34,90 Euro
ISBN: 978-3869368993
Finalist beim International Book Award 2019


Über die Autorin

Anne M. Schüller ist Managementdenker, Keynote-Speaker, mehrfach preisgekrönte Bestsellerautorin und Businesscoach. Die Diplom-Betriebswirtin gilt als führende Expertin für das Touchpoint Management und eine kundenfokussierte Unternehmensführung. Zu diesen Themen hält sie Impulsvorträge auf Tagungen, Fachkongressen und Online-Events. 2015 wurde sie für ihr Lebenswerk in die Hall of Fame der German Speakers Association aufgenommen. Beim Business-Netzwerk Linkedin wurde sie Top-Voice 2017 und 2018. Von Xing wurde sie zum Spitzenwriter 2018 und zum Top Mind 2020 gekürt. Ihr Touchpoint Institut bildet zertifizierte Touchpoint Manager und zertifizierte Orbit-Organisationsentwickler aus.

Quelle: hrjournal.de

16 Juli 2021

Wie gelingt die Selbstorganisation von Teams?

Posted in Führung, Leadership

Agile Teamarbeit

Wie gelingt die Selbstorganisation von Teams?

Mitarbeiterteams, die sich selbst organisieren oder die nach Anweisung arbeiten – welche Teams sind den Anforderungen der Digitalökonomie besser gewachsen? Beispiele aus der Unternehmenspraxis zeigen, wie die Selbstorganisation von Teams gelingt.

Die Werte der Selbstorganisation und des agilen Arbeitens im Team

In der Linienorganisation werden Entscheidungen „nach oben“ verlagert. In agilen Teams, die sich selbst organisieren, werden Entscheidungen autonom dort gefällt, wo sie anfallen. Die Einführung agiler Arbeitsmethoden sorgt für eine hohe Flexibilisierung und beschleunigte Arbeitsweisen. Die Führung gibt dabei nur noch die Marschrichtung vor. Und sie definiert Grenzen, die wie die Umrandung eines Fußballplatzes den Rahmen des Zusammenspiels definieren.

In der Selbstorganisation ist Eigenmotivation der zentrale Treiber. Nicht Vorgaben von oben, sondern kollegial miteinander erstellte Vereinbarungen über die Art und Weise der Zusammenarbeit bestimmen das Vorgehen. Dies geschieht in einer Wertewelt aus Vertrauen, Heiterkeit, Transparenz, Verlässlichkeit und Commitment. Auch Disziplin und Konsequenz gehören dazu.

Gelingt das selbstorganisierte Arbeiten, werden geplante Aktionen nicht nur praxisorientierter und facettenreicher, sondern auch engagierter umgesetzt. Denn nichts wird mehr diktiert, sondern alles in Eigenregie entwickelt. Und am Ende steht dann der „Mein-Baby-Effekt”: Was man selbst geschaffen hat, lässt man nicht mehr im Stich.

Agiles Arbeiten im Team braucht Übung

Selbstorganisation gibt es auch in klassischen Unternehmen schon lange, allerdings nur auf den Hinterbühnen. Solche Selbstorganisation entsteht autogen, also von selbst, um all das vernünftig abzuwickeln, was eine offizielle Organisation üblicherweise erschwert oder unmöglich macht.

„Brauchbare Illegalität“ nennt der Soziologe Niklas Luhmann das treffend. Die ausdrücklich gewollte Selbstorganisation holt dies auf die Vorderbühne und lässt es offiziell zu. Weil in der Selbstorganisation nach und nach alles transparent gemacht wird, gibt es fortan weder Hinterbühnen noch Schattenkultur.

Doch längst nicht allen Mitarbeitern wird der Sprung in die Selbstorganisation auf Anhieb gelingen. Wer jahrelang immer nur Anweisungen erhielt, der braucht Übung. In diesem Fall werden besser Trittsteine gelegt, um ein sanftes Hineingleiten in die neue Gestaltungsfreiheit möglich zu machen. Zudem werden auch Grenzen als Orientierung benötigt, um den Leuten ein Gefühl der Sicherheit zu geben.

Selbstorganisation und agile Teamarbeit schrittweise einführen

In einem Unternehmen wurde den Mitarbeitern freigestellt, über die Höhe ihres Weiterbildungsbudgets autonom zu entscheiden. Der Zuspruch? Äußerst verhalten. Nachdem es dann Beispielbudgets pro Jahr und Mitarbeiter zusammen mit ein paar wenigen praktischen Regeln gab, wurde der Spielraum tatsächlich selbstbestimmt ausgeschöpft. Die Freiheit, über ein quasi unbeschränktes Budget verfügen zu können, hatte zunächst zu einer Verunsicherung geführt, die man zum Glück beseitigen konnte.

In einem anderen Fall hatte ein Unternehmen immer kräftig für Überstunden gezahlt, um den ständigen Lieferverzögerungen entgegenzuwirken. Dann entschied es sich folgendermaßen: Die Firma zahlt keine Überstunden mehr. Punkt. Werden verbesserte Liefertreue-Zielvorgaben erreicht, wird stattdessen ein Teambonus ausgezahlt.

Von nun an gingen die Mitarbeiter nicht nur pünktlich heim, was einer Produktivitätssteigerung von 20 Prozent entsprach, die Liefertreue stieg zudem beträchtlich. Wie das? Die Rahmenbedingungen änderten sich. Weitere Vorgaben hat man den Mitarbeitern nicht gemacht. Diese haben sich selbst so organisiert, dass sie das anvisierte Ziel schaffen konnten.

Die wichtigsten Zutaten für Selbstorganisation und agile Teamarbeit

Umfangreiche Möglichkeiten zur Mitgestaltung sind in der Selbstorganisation üblich. Statt auf Entscheidungen von oben zu warten, berät man sich – das ist Pflicht – mit den Kollegen, entscheidet dann selbst und übernimmt auch die Verantwortung dafür. Dies impliziert einen sanktionsfreien Umgang mit Fehlern.

Verantwortung bedeutet in diesem Zusammenhang, die Folgen sowohl für eigene Entscheidungen als auch für Gruppenhandlungen zu tragen und gegenüber einer Instanz dafür zur Rechenschaft gezogen werden zu können. Diese Instanz kann eine externe Stelle im Unternehmen sein – und/oder das innere Selbst.

Sechs Zutaten braucht es, damit Mitarbeiter bereit sind, Verantwortung zu übernehmen:

  • das notwendige Wissen,
  • das notwendige Können,
  • Regeln der Zusammenarbeit,
  • Spielraum zur Entfaltung,
  • Rückendeckung von oben,
  • interne Fehlertoleranz.


Fehlt auch nur eine dieser Zutaten, dann wird es mit der Selbstorganisation und der agilen Teamarbeit schwierig.

Transparenz als Erfolgsfaktor für Selbstorganisation

In der Selbstorganisation sind die Leistungen jedes Einzelnen transparent, sie werden im Team besprochen und vom Team eingefordert. Hierzu definieren die Mitarbeiter ihre Ziele sowie die dazu notwendigen Mittel und Wege gemeinsam. Klar formulierte Absprachen und gemeinsam erstellte Regeln der Zusammenarbeit werden zum Beispiel in einem Kulturbuch festgehalten.

Werden die vereinbarten Regeln missachtet, erzeugt das sozialen Druck und wird geahndet. Dies kommt allerdings nur selten vor. Denn selbstorganisierte Mitarbeiter sind zugleich verantwortungsbewusst und hoch motiviert, weil sie Gestaltungsfreiheit erhalten, sich weiterentwickeln können und den Sinn ihrer Arbeit in einem Gesamtzusammenhang sehen.

Auch dazu ein Bespiel: Es gibt Unternehmen, da kostet das Erstellen und Kontrollieren von Reisekostenabrechnungen genauso viel wie die Reisen selbst. Wie man das wegbekommt? Die Reisekosten jedes Einzelnen werden transparent ins Intranet gestellt. So kann jeder sehen, wer’s übertreibt. Das Kollektiv als Korrektiv – es funktioniert. Transparenz ist der notwendige Schlüssel dazu.

Über die Autorin

Anne M. Schüller ist Managementdenker, Keynote-Speaker, mehrfach preisgekrönte Bestsellerautorin und Businesscoach. Die Diplom-Betriebswirtin gilt als führende Expertin für das Touchpoint Management und eine kundenfokussierte Unternehmensführung. Zu diesen Themen hält sie Impulsvorträge auf Tagungen, Fachkongressen und Online-Events. 2015 wurde sie für ihr Lebenswerk in die Hall of Fame der German Speakers Association aufgenommen. Vom Business-Netzwerk LinkedIn wurde sie zur Top-Voice 2017 und 2018 und vom Business-Netzwerk XING zum XING-Spitzenwriter 2018 und zum Top Mind 2020 gekürt. Ihr Touchpoint Institut bildet zertifizierte Touchpoint Manager und zertifizierte Orbit-Organisationsentwickler aus.

Quelle: business-wissen.de

09 Juli 2021

Was ist eine agile Organisation?

Posted in Führung, Leadership

Unternehmenskultur

Was ist eine agile Organisation?

Agile Organisationen zeichnen sich dadurch aus, dass sie eine offene Unternehmenskultur pflegen und viel Wert auf Selbstverantwortung, Kommunikation und Austausch legen. Was sind die besonderen Merkmale und Methoden dieser neuen Form der Zusammenarbeit?

Ein Unternehmen ist agil, wenn es agile Ansätze verfolgt und gemeinsam mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern umsetzt.

Selbstorganisation statt Anweisung

Aus klassischer Führungssicht ist Selbstorganisation zunächst einmal ein Maximum an Delegation. Die Delegation wird über bestimmte Tools, wie zum Beispiel „Delegation Poker“, laufend neu ausgehandelt. Die Führung wird temporär von unterschiedlichen Teammitgliedern übernommen. Das Konzept, das dem zugrunde liegt, lautet gewissermaßen „Führung on demand“.

In der Unternehmenspraxis heißt das für die Führungskräfte: Aus Kontrolle wird Dienen. Aufgabe der Führungskräfte ist also die Unterstützung der operativ Arbeitenden, die ja am Ende die Leistung erbringen. Gerade das mittlere Management tut sich damit schwer.

Bei einer ausgeprägten Selbstorganisation hat die Hierarchie als bestimmende Organisationsform, die sich im Organigramm als Pyramide zeigt, ausgedient. Gefragt ist eine von unten gestützte breite Plattform, auf der die Mitarbeitenden für das Unternehmen und auch im Sinne der Unternehmensziele erfolgreich sein können. Vorgesetzte sind nicht mehr für die Einteilung der Arbeit zuständig. In einer agilen Organisation regelt das jeder selbst in Abstimmung mit dem Team, und zwar nach inhaltlichen und motivationalen Gesichtspunkten. Viele Dinge werden transparenter und Herrschaftswissen nimmt ab.

Agile Werte

Agile Werte sind zum Beispiel Commitment, Fokus, Offenheit und Mut. Diese Werte müssen in der Praxis von jedem Team gelebt werden. Gemeinsame agile Werte sind oft der Startpunkt agiler Transitionsprozesse. Ihre Bedeutung für den Erfolg eines solchen Prozesses wird in der Praxis oft unterschätzt.

Für die Unternehmenspraxis bedeutet etwa Commitment: Jeder, der eine Aufgabe übernimmt, soll alles daran setzen, sie in der vorgegebenen Zeit auch zu bewältigen. Er sollte die Offenheit und den Mut haben, jederzeit darauf hinzuweisen, dass Hilfe nötig ist oder dass es eine neue Herangehensweise braucht, um das Ziel zu erreichen. Aber nicht jeder kann mit solch einem Druck umgehen. Insbesondere introvertierte oder wenig leistungsmotivierte Mitarbeiter sind schnell überfordert, wenn es darum geht, hartnäckig an der gemeinsamen Zielerreichung zu arbeiten.

Agile Unternehmen leben eine zum Teil schonungslose Offenheit. Wer sich nicht für seine Ziele einsetzt, wird es schwer haben, mit dem Team zu wachsen. Da braucht es dann wieder Mut und viel Feedback – ebenfalls agile Werte –, um solche Dysfunktionalitäten im Team offen anzusprechen und gemeinsam für Abhilfe zu sorgen.

Agile und flexible Arbeitsmethoden

Agile Arbeitsmethoden, agile Frameworks oder Methodenwelten sorgen für Beschleunigung. Sie dienen dazu, Prozesse und Zusammenhänge schneller abzubilden, schneller in die Rückkopplung mit den internen oder externen Kunden zu gehen, schneller Prototypen zu erstellen, um in kurzer Zeit das beste und nützlichste Produkt zu bekommen. Scrum, Kanban, Design Thinking und Lean-Startup sind dabei nur Stichworte, hinter denen sich eine ganze Reihe von weiteren methodischen Ansätzen und Denkhaltungen verbirgt.

Für die Unternehmenspraxis bedeutet das, es gibt keine langjährigen Planungszyklen nach der Wasserfallmethode, bei der immer erst eine Phase abgeschlossen werden muss, um den nächsten Schritt zu machen. Merkmal für agile Methoden sind schnelle Entwürfe mit vielen Feedbackschleifen, die sich nicht abstrakt auf einer Konzeptebene abspielen, sondern auch gleich zum Ausprobieren animieren. Dies gilt auch schon für das Frühstadium einer Idee.

Bei agilen Arbeitsmethoden geht Effektivität vor Perfektionismus. Entwürfe werden früher zur Diskussion gestellt. Alle dürfen sich daran beteiligen. Dinge werden so seltener vergessen und krasse Denkfehler vermieden. Zudem gewinnen Visualisierungstechniken an Bedeutung. Sie sind nicht mehr nur „nice to have“, sondern essenziell für gute Ergebnisse im Team.

Agile Meeting-Formate

Das Daily-Stand-up-Meeting ist ein wesentliches Format agiler Organisationen. Das Meeting wird im Stehen abgehalten und sollte höchstens 15 Minuten dauern. Im Kontext von Scrum wird es auch „Daily Scrum“ genannt. Das Daily-Stand-up-Meeting ist keine Attitüde agiler Projekte, sondern eine wichtige Keimzelle zur Selbststeuerung des Teams. Jeder spricht vom Stand der eigenen Arbeit und über das, was hinderlich ist.

Für die Unternehmenspraxis heißt das: In einer agilen Organisation werden täglich Stand-up-Meetings durchgeführt. Niemand kann sich mehr hinter seinem Schreibtisch verkriechen. Arbeitspakete werden fertiggestellt, neu gefasst und verschiedene Absprachen und Unterstützungsangebote „fliegen“ in nur 15 Minuten durch den Raum. Darüber hinaus werden die Teammitglieder über agile Meeting-Formate, wie etwa Instant Open Space oder Lean Coffee auch bei Fragen eingebunden, die das Selbstverständnis und die künftige Ausrichtung betreffen.

In der Praxis gibt es viele Freiräume für die Gestaltung von Meetings. Zwar sind bestimmte Rituale wie das Daily-Stand-up oder regelmäßig nach einzelnen Sprints terminierte Retrospektiven obligatorisch. Darüber hinaus gibt es aber einen hohen Freiheitsgrad für Experimente. Zum Beispiel die Bereitschaft, sich radikal auf die Kundenperspektive einzulassen und diese mithilfe von Prototypen real zu testen (Design Thinking). Auch das Überprüfen von Hypothesen mit realen Kunden (Lean Start-up) ist jederzeit möglich.

Unternehmenskultur für agiles Denken und Handeln

Eine agile Organisation setzt eine passende Unternehmenskultur voraus, sonst gerät die Nutzung agiler Ansätze zur Farce. Für die Unternehmenspraxis bedeutet das: Die Kontroll- und Politikinstrumente treten in den Hintergrund. Transparenz und eine offene Diskussionskultur prägen die Organisation. Formate wie Retrospektiven werden regelmäßig eingesetzt, um die Prämissen der Zusammenarbeit im Team immer wieder neu zu hinterfragen und bei Bedarf zu überarbeiten.

Vornehme Zurückhaltung ist kontraproduktiv, da essenzielle Punkte so nicht auf den Tisch kommen. Auch der für agile Unternehmen wichtige Austausch von informellem Wissen wird sehr stark durch die Unternehmenskultur vorgegeben. Die Teamkultur, die Zusammenarbeit im Team und der Prozess der Teamentwicklung selbst stehen ganz vorne im Rampenlicht und werden immer wieder gezielt verbessert.

Eine Unternehmenskultur, die agiles Denken und Handeln erlaubt, stellt den Raum zur Selbstorganisation bereit. Die Teams werden in ihrem Wachstum unterstützt. Führung orientiert sich beispielsweise an den Begriffen „Enable“ und „Empowerment“. Eine agile Unternehmenskultur versteht unterschiedliche Auffassungen als Bereicherung.

Teams mit einer wenig ausgeprägten Diskussionskultur oder mit offenen Konfliktlinien erhalten zusätzliche Unterstützung, etwa durch eine Moderation. In einer agilen Organisation werden unterschiedliche Sichtweisen offen diskutiert, vorgestanzte Meinungsschablonen und taktisch veranlasste Winkelzüge sind seltener.

Geringe interpersonale Distanz mit intensiver Kommunikation

Mitglieder in agilen Teams kommunizieren idealerweise direkt miteinander in entsprechend flexibel nutzbaren Räumen. Ein fixes, tägliches Daily-Stand-up-Meeting ist unumgänglich, um die Kommunikation untereinander zu verbessern. Jeder muss jederzeit wissen, was auf der Agenda steht, um dies dann wiederum bei den eigenen Arbeitspaketen berücksichtigen zu können.

Für die Unternehmenspraxis bedeutet das: Unternehmen, die stark auf Homeoffice oder virtuelle Teams setzen, tun sich bei agilen Methoden erst einmal schwer. Trotzdem kann auch in agilen Teams eine virtuelle Kommunikation recht gut funktionieren, wie etwa das Zuschalten von Teammitgliedern beim Daily-Stand-up-Meeting. In agilen Organisationen wird auch die Kultur, sich zu duzen, nicht verordnet, sondern im Sinne einer direkten Kommunikation auf Augenhöhe gelebt.

Agile Organisationen verfügen über Rollen- und Aufgabenklarheit, klare Prioritäten sowie passende Meeting-Formate und Kommunikationsstrukturen. Meetings sind klar fokussierte Veranstaltungen, in denen die Teilnehmenden sich passgenau einbringen können. Die Teammitglieder kommen mit einer klaren Vorstellung aus den Meetings. Sie wissen danach, was ihre Aufgabe ist und wie sich ihre Arbeit in das nächste große Ziel und die nächste Etappe einfügt. Sie sind motiviert, da sie verstehen, worin ihr Beitrag für die Zielerreichung liegt.

Über den Autor

Valentin Nowotny ist Geschäftsführer von NowConcept Perfect Training Results Worldwide, einem international ausgerichteten Trainings- und Beratungsunternehmen. Er ist spezialisiert auf das Coaching von agilen Teams, Trainings und Workshops zu den Themen Leadership, Verhandlung und Kommunikation im Team sowie auf die Einführung neuer agiler Methoden in Unternehmen. Nowotny arbeitet für namhafte deutsche DAX- und M-Dax-Unternehmen.

Quelle: business-wissen.de

19 Juni 2020

Die produktivsten Videocalls haben 5 Teilnehmer

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Professor John R. Hollenbeck, Teamwork-Experte, erklärt warum

Die produktivsten Videocalls haben 5 Teilnehmer

Es gibt einen Grund dafür, dass euch eure Videokonferenz mit 15 Personen so mühsam vorkommt — wir sind einfach nicht dafür gemacht, auf diese Weise zu kommunizieren. Maja Hitij/Getty

John R. Hollenbeck ist Professor an der Michigan State University, der umfangreiche Forschungsarbeiten über Führungskompetenzen und Teamarbeit betrieben hat.
In diesem Gastbeitrag für Business Insider schreibt er, dass größere Meetings über Videokonferenz-Plattformen wie Zoom nicht nur aus technischen Gründen ineffizient sind.
Um eure Meetings effektiver und interessanter zu gestalten, solltet ihr sie auf Gruppen von fünf Personen beschränken und euer Unternehmen in eine Multi-Team-Struktur aufteilen.

Da die meisten Arbeitsplätze im ganzen Land ins Home-Office verlegt wurden, müssen sich die Menschen durch endlose Videokonferenzen und E-Mail-Ketten kämpfen. Vielleicht ist die Verbindung schlecht, euer Kollege versteht die Macht der Stummschalttaste nicht oder ihr seid bei euren E-Mails in einer „Allen antworten“-Schleife gefangen.

Doch selbst wenn die Technik und die Umgangsformen einwandfrei sind, gibt es noch ein weitaus grundlegenderes Problem. Menschen sind schlichtweg nicht für ein Videokonferenz-Meeting mit 15 Personen geeignet.

Unter denen, die sich mit dem Thema Management beschäftigen, gibt es den Grundsatz, dass große Teams schlechte Teams sind. Effektive Kommunikation und Zusammenarbeit bricht in Gruppen von mehr als fünf Personen zusammen — das war schon immer so. In der virtuellen Welt ist es allerdings noch offensichtlicher. Nonverbale Signale, die uns in großen persönlichen Meetings normalerweise helfen, sind nicht mehr da.

Ihr könnt die virtuelle Kommunikation in eurem Unternehmen angenehmer gestalten, indem ihr die menschlichen kognitiven Grenzen versteht und innerhalb dieser arbeitet. Dazu ist es erforderlich, genaustens festzulegen, wer in jede Konferenz und in jedes Team einbezogen wird. Außerdem bedarf es klarer Führungsrollen und expliziter Richtlinien, wie die Kommunikation in der virtuellen Welt funktionieren soll.

Warum fünf die magische Zahl ist

Der Sozialpsychologe J. Richard Hackman führte eine Reihe von Experimenten mit Teams unterschiedlicher Größe durch. Dabei stellte er fest, dass 4,6 die optimale Größe für ein gut funktionierendes Team sei. Nach seiner Einschätzung kann diese Zahl leicht ansteigen, wenn die beteiligten Personen schon öfter zusammengearbeitet haben und daher viele Dinge „selbstverständlich“ sein können.

Der Feind großer Teams ist die Anzahl der Kommunikationswege, die organisiert werden müssen. Wenn die Teamgröße kontinuierlich wächst, nehmen auch die Verbindungen zwischen den Teammitgliedern exponentiell zu. Bei einem fünfköpfigen Team müssen sich die Mitarbeiter um zehn Kontakte kümmern, bei einem zehnköpfigen Team sind es schon 45. Und ein 15-köpfiges Team? Das könnt ihr direkt vergessen: 105 Kommunikationswege.

So stößt ein wachsendes Team schnell an die Grenzen unserer menschlichen Kommunikationsfähigkeit. Wir haben uns einfach nicht so entwickelt, dass wir in der Lage wären, mit zehn oder 20 Personen gleichzeitig effektiv zu kommunizieren. Auch die Gesamtzahl der Menschen, mit denen wir soziale Beziehungen pflegen können, stößt an ihre Grenzen.

Nachdem der Anthropologe Robin Dunbar soziale Gruppen von Primaten und traditionelle menschliche Stämme untersucht hatte, stellte er fest, dass unser Gehirn nicht mit mehr als 150 stabilen sozialen Beziehungen umgehen kann — eine Einschränkung, die als „Dunbars Zahl“ bekannt ist. In der modernen Welt ist diese Fähigkeit auf zahlreiche berufliche und persönliche Beziehungen verteilt.

 

Die Kraft der Multi-Team-Systeme

Bedeutet das, dass wir niemals eine Abteilung mit mehr als fünf oder ein Unternehmen mit mehr als 150 Mitarbeitern haben können? Natürlich nicht. Nicht die Gesamtgröße einer Gruppe ist entscheidend, sondern die Art und Weise, wie wir einzelne Mitarbeiter und deren Kommunikationswege organisieren.

Wenn ihr beispielsweise ein 25-köpfiges Ingenieursteam habt, könnt ihr es in Fünfergruppen aufteilen. Die Kommunikation zwischen den Teams erfolgt zwischen den fünf Leitern der einzelnen Gruppen. Die Leiter geben dann relevante Informationen an ihre jeweiligen Teammitglieder weiter. Diese Struktur schafft nur zehn Kommunikationswege innerhalb jedes der Untergruppen und etwa 15 Wege, die von den Mitgliedern des Führungsteams organisiert werden müssen, verglichen mit 300 Wegen in einem 25-köpfigen Team.

Diese Struktur wird als Multi-Team-System bezeichnet. Es hat sich unter verschiedensten Unternehmensformen als sehr erfolgreich erwiesen. Ein Großteil meiner Forschung über Teamarbeit und Multi-Team-Systeme wurde vom US-Verteidigungsministerium und der National Science Foundation finanziert.

Auch wenn militärische Einsätze und große gemeinsame wissenschaftliche Arbeiten sehr unterschiedliche Bereiche sind, funktioniert die Multi-Team-Systemstruktur in beiden Fällen gut. Sie ermöglicht ein großes Team und damit umfangreiches Fachwissen, während gleichzeitig die Anzahl der zu bewältigenden Kommunikationswege begrenzt ist.

General Stanley McChrystal war der frühere Befehlshaber der US-Armee in Afghanistan. In seinem Buch „Teams of Teams“ beschreibt er, wie Multi-Team-Systeme bei der Terrorismusbekämpfung eingesetzt wurden. Bei der Verfolgung von Osama bin Laden zum Beispiel versuchten ihn zunächst mehrere riesige Akteure wie die CIA, das FBI, das Außenministerium und mehrere Armeen, mithilfe von Bomben in Afghanistan zu überwältigen. Sie waren erst dann erfolgreich, als das Militär ein geschicktes Multi-Team-System entwickelte, das Mitglieder und Fachwissen aus vielen dieser Organisationen umfasste. Letztendlich wurde bin Laden von einem kleinen Team von Marinesoldaten in einem gut geplanten Überfall, der weniger als eine Stunde dauerte, getötet.

So gestaltet ihr eure Videokonferenzen besser

Wie das Militär herausgefunden hat, sind Multi-Team-Systeme projektbezogen und können auf bestehenden Strukturen aufgebaut werden. Ihr müsst eure Unternehmensstruktur nicht völlig neu erfinden, vor allem nicht in der aktuellen chaotischen Situation. Ihr könnt schon jetzt viele der Vorteile von Multi-Team-Systemen nutzen, indem ihr klare Strukturen und Regeln für die Kommunikation bei der Arbeit im Home-Office schafft.

Die wichtigste Regel ist, nie mit mehr als fünf Personen ein Meeting zu haben. Jeder, der bei einer großen Videokonferenz schon miterlebt hat, wie unübersichtlich es ist, wer mit dem Sprechen dran war, wird die Gründe dafür verstehen. Die Regel gilt jedoch auch für persönliche Gespräche.

An der Fünf-Personen-Grenze festzuhalten, kann durchaus schwierig erscheinen. So könnt ihr allerdings auch sorgfältig darüber nachdenken, wie eure Teammitglieder interagieren und wer tatsächlich an einem bestimmten Meeting teilnehmen muss.

Das bedeutet nicht, dass bei eurer Videokonferenz nicht mehr als fünf Teilnehmer dabei sein können. Es mag Zeiten geben, in denen Führungskräfte Informationen an viele Mitarbeiter auf einmal übermitteln müssen. Oder einige Teamleiter, die sich gerade in einem Gespräch befinden, möchten vielleicht, dass ihre Teammitglieder mit ausgeschaltetem Mikrofon zuhören. Wie ich bereits erwähnt habe, geht es um die Anzahl der entstehenden Kommunikationswege, nicht unbedingt um die Gesamtzahl der einzelnen Mitarbeiter.

Jede Videokonferenz sollte eine klare Tagesordnung haben

Jedes virtuelle Meeting sollte eine klare Tagesordnung und Richtlinien dafür haben, wie die Kommunikation ablaufen soll. Ohne nonverbale Signale erkennen Menschen viel schlechter, wann sie einsteigen und sprechen sollen.

Die Führungsrollen sollten klar sein, einschließlich des offiziellen Leiters — auch bekannt als Chef — und eines Technologie-Experten, der die technische Organisation übernimmt. Aber auch ein Informationsleiter, der Informationen zu einem bestimmten Thema austauscht, sollte vorhanden sein. Diese Position rotiert oft im Laufe einer Sitzung.

Diese Richtlinien gelten nicht nur für Videokonferenzen. Wir alle waren bestimmt schon Teil einer beispielsweise nicht endenden Kette von E-Mails. Mit klar festgelegten Vorgaben und Erwartungen könnt ihr es vermeiden, die Zeit der anderen zu verschwenden. Es sollte jedoch auch klar sein, wer wesentliche Informationen an diejenigen weitergibt, die nicht Teil eines Gesprächs sind.

Aus außergewöhnlichen Situationen lernen

Wir sind immer noch dabei, mit dieser massiven Veränderung in unserem normalen Berufsleben fertig zu werden. Daher ist es keine Überraschung, dass unsere virtuelle Kommunikation noch nicht ausgereift ist, vor allem wenn man bedenkt, dass sich auch unsere persönliche Kommunikation verbessern könnte.

Es könnte jedoch hilfreich sein, zu wissen, dass es einen Grund dafür gibt, warum eure 15-Personen-Videokonferenz so holprig verlief. Wir sind einfach nicht dafür gemacht, auf diese Weise zu kommunizieren.

Die gute Nachricht ist, dass ihr einfache Lösungen realisieren könnt, ohne neue Technologie zu nutzen oder alles umzustrukturieren. Ihr könnt bereits große Erfolge erzielen, wenn ihr eure bestehenden Kommunikationsstrukturen durch ein Multi-Team-System ergänzt und klare Prozesse sowie Erwartungen an den Kommunikationsfluss festlegt.

Vielleicht bringt uns der Stress der virtuellen Kommunikation zum Nachdenken und wir überdenken, wie wir im Allgemeinen kommunizieren. Hoffentlich gibt es einige Erkenntnisse und Systeme, die wir in unseren Alltag einfließen lassen können — denn so hätten wir es von Anfang an machen sollen.

Dieser Artikel wurde von Claudia Saatz aus dem Englischen übersetzt. Das Original könnt ihr hier lesen.

Quelle: businessinsider

13 März 2020

Wie organisiere ich mich selbst?

Posted in Coaching

Selbstorganisation bei Führungskräften

Wie organisiere ich mich selbst?

Jeder Chef weiß: Selbstorganisation ist wichtig. Ob großes Unternehmen oder Handwerksbetrieb mit 20 Mitarbeitern – der Erfolg hängt maßgeblich davon ab, wie gut sich ein Executive auf allen Gebieten sortieren kann. Leadership-Experte Joachim Simon kommentiert und löst die größten Missverständnisse zum Thema.

„Meine Führungskompetenz hat nichts mit meiner Fähigkeit zur Selbstorganisation zu tun“

Führungskräfte, die sich selbst nicht organisieren können, können nicht führen. Weil ihnen schlichtweg die Zeit dazu fehlt und sie unter Stress keine Antennen für Menschen und Mitarbeiter haben. Mein Tipp: Überlegen Sie sich morgens oder abends die drei wichtigsten Dinge, die am Tag anstehen. Mindestens eins dieser drei Dinge sollte ein Führungsthema sein. Zum Beispiel ein Mitarbeitergespräch. Schreiben Sie das alles auf, und arbeiten Sie es konsequent ab.

„Ich nutze vier verschiedene Kollaborations-Tools, und die E-Mail-Flut nimmt auch nicht ab“

Wenn neue Tools eingeführt werden, müssen die Mitarbeiter darin geschult werden. Das dauert länger, als man denkt. Dann muss das Vertrauen wachsen, dass die Führungskraft diese Tools ebenfalls nutzt, sonst heißt es: „Ich habe das zwar schon im Tool XY gepostet/dokumentiert/geschickt – aber zur Sicherheit hier noch mal die Sache per Mail …“ Moderne IT-Firmen haben interne E-Mails übrigens komplett abgeschafft.

„Projekte werden bei uns in agilen Teams umgesetzt – ich habe trotzdem das Gefühl, schauen zu müssen, wie es vorangeht“

Wo agiles Arbeiten noch neu ist, ist das normal. Man muss sich dennoch trauen, Teams mal in einem gewissen Rahmen scheitern zu lassen, um Lernerfahrung zu schaffen. Sonst denken sie: Der Chef wird notfalls einschreiten – und so entsteht keine Selbstorganisation.
Bei Fehlentscheidungen der Teams oder Einzelner ist es wichtig, ein gutes Review durchzuführen und zu überlegen, wie man es beim nächsten Mal besser machen kann. Schuldzuweisungen sind fehl am Platz! Agil arbeiten heißt transparent arbeiten. So kann ich als Chef jederzeit im täglichen Morgen-Meeting oder per Kollaborationstool sehen, wie es läuft.

„Ich fühle mich außen vor, wenn ich nur die Teamzusammenarbeit fördere und Management-Tools zur Verfügung stelle“

Diese neue Rolle zu finden fällt vielen Führungskräften schwer, denn wir haben dafür wenige Vorbilder. Die Zeit der heldenhaften Führungskräfte, die „alle mir nach“ brüllen, ist vorbei.
Eine gute Führungskraft ist ein Moderator, der schaut, dass es gut läuft. Viele mögen die Metapher des Fußballtrainers, der auch nicht aktiv ins Spiel eingreift, sondern dafür sorgt, dass das Team gut spielt und jeder sich entsprechend seiner Stärken optimal entwickelt und einbringt. Das ist anspruchsvoll. Dennoch muss auch in agilen Teams mal hart durchgegriffen werden. Wenn etwa Freiheiten ausgenutzt werden, um weniger zu leisten, wenn es Verstöße gegen Compliance, Security oder Arbeitsschutz gibt – dann ist die Führungskraft in einer klassischen, dominanten Rolle gefordert.

„Es ist ständig so viel zu tun, dass wichtige strategische Projekte auf der Strecke bleiben“

Wichtig ist, dass ich vier Fragen sehr klar für mich beantworten kann:
Was sind die Hauptziele meines Bereichs? Wie unterstützt meine Arbeit diese Ziele? Was sind meine Tätigkeiten mit dem höchsten Wertbeitrag? Und was sind die unwichtigsten Dinge, die ich aktuell tue oder meine tun zu müssen? Der Fokus und der Mut, zu unwichtigen Dingen Nein zu sagen oder sie zu delegieren, fehlt oft. Führungskräfte dürfen auch radikal sein. Viele sind Führungskräfte geworden, weil sie fleißiger waren als alle anderen. Aber mit dieser Haltung geht man als Executive unter. Ein Executive muss Nein sagen können – verständnisvoll, aber klar.

„Ich muss Mitarbeiter gut kennen, um sie adäquat einzusetzen – ich muss nicht jeden Kunden kennen“

Ein erfolgreiches Unternehmen löst immer ein Problem des Kunden. Alle erfolgreichen Führungskräfte, bis hin zum CEO, haben eine genaue innere Vorstellung, was der Kunde will, wie er denkt und fühlt. Natürlich muss ich auch meine Mitarbeiter gut kennen. Was motiviert sie, was mögen sie nicht, was brauchen sie von mir? Nur wenn ich auch meinen Kunden kenne, werde ich unternehmerischen Erfolg haben.
„An die Pflege eines Hobbys ist bei meinem Arbeitspensum kaum zu denken“
Jeder sollte sich immer wieder bewusst machen, dass das Leben aus drei großen Sphären besteht: 1. Job, 2. Familie/Partnerschaft, 3. Zeit für mich. Immer dann, wenn ein Feld zu weit ins Hintertreffen gerät, verlieren wir an Lebensenergie, und die beiden anderen Felder werden mit heruntergerissen. Es erfordert Kreativität, um Zeit für seine Hobbys zu finden. Oft stehe ich selbst eine Stunde früher auf, um Sport zu machen oder zu meditieren. Anders geht es nicht. Viele Fitnessstudios bieten Kinderbetreuung. Und ich war auch schon mit Kunden beim Sportklettern, und wir haben derweil vieles besprochen. Ein Freund klinkt sich manchmal auf Skitour beim Hochgehen noch kurz in eine Telefonkonferenz ein. Das ist nicht ideal. Aber die Alternative wäre, gar keine Skitour zu machen.

„Manchmal habe ich Angst, das alles nicht zu schaffen“

Jeder Mensch hat die Angst, nicht gut genug zu sein. Doch die meisten Sorgen treten in der Realität nie ein. Meine Fragen im Coaching lauten dann gern: Wie wahrscheinlich ist es, dass das eintritt? Wie schlimm wäre das? Was wäre daran so schlimm? Was kann passieren? Dann sammeln wir die Antworten und schaffen neue Handlungsoptionen. Oft lösen sich Ängste dann auf oder nehmen stark ab. Manchmal gibt es auch ganz „unpsychologische“ Lösungen: zum Beispiel für daheim eine Reinigungskraft zu finden, bestimmte Aufgaben an andere Mitarbeiter zu delegieren. In meinen Coachings analysiere ich die Zeit, die Menschen im Büroleben verschwenden. Da kommen Zahlen zwischen 30 und 80 Arbeitstagen pro Jahr raus. Viele harren 20 bis 30 Tage im Jahr in unproduktiven Meetings aus. Wenn man die nicht so wichtigen mal schwänzt oder geht, wenn es sich nicht mehr lohnt, hat man schon viel gewonnen.

Über den Autor

Joachim Simon ist Leadership-Experte und Führungskräfte-Coach. Er hat mehrere Tausende Führungskräfte aus nationalen und internationalen Unternehmen der IT, Automotive, Chemie- und Finanzbranche in Persönlichkeit und Selbstorganisation gecoacht. Der diplomierte Sportwissenschaftler und ausgebildete systemische Unternehmensberater hat zahlreiche Publikationen zu den Themen Persönlichkeit und Führung auf den Markt gebracht und eigene Methoden zur organisierten Führung entwickelt.

Quelle: Faktor A - Das Arbeitgebermagazin

14 Februar 2020

Die beste Zeit für wichtige Meetings

Posted in Coaching

Die 10 bis 12 Uhr-Regel

Die beste Zeit für wichtige Meetings

Es ist immer spannend zu sehen, was in besonders erfolgreichen Unternehmen vorgeht, welche Abläufe dort gelten und worauf großer Wert gelegt wird. Daraus kann im besten Fall für die eigene Arbeit gelernt werden. Jeff Bezos, der CEO von Amazon, hat nun seine 10 bis 12 Regel erklärt und begründet. Hinter dieser einfachen Regel verbirgt sich der für Bezos beste Termin für Meetings. Die 10 bis 12 Regel ist dabei alles andere als willkürlich gewählt, sondern basiert auf einer guten Tagesplanung und wichtiger Selbsteinschätzung. Wir zeigen, warum die 10 bis 12 Regel für Meetings so gut funktioniert und wie Sie die Regel für sich nutzen können.

10 bis 12 Uhr-Regel: Darum ist der Zeitpunkt so wichtig

Wird eine Besprechung angesetzt, wird der Termin meist nur nach einem Grundsatz festgelegt: Wann können alle Teilnehmer? Das ist natürlich wichtig, um sicherzustellen, dass das gesamte Team oder zumindest diejenigen, für die das Treffen wichtig ist, anwesend sein können.

Eine Frage, die viel zu selten im Vorfeld gestellt wird, lautet hingegen: Ist die Uhrzeit wirklich sinnvoll? Denn es kann einen großen Unterschied machen, ob das Meeting nach der 10 bis 12 Regel am Vormittag oder um 16:30 Uhr am späten nachmittag stattfindet.

Zwischen 10 und 12 Uhr sind die Kraftreserven noch deutlich größer, die Konzentration ist auf einem Höhepunkt und es fällt deutlich leichter, sich mit komplexen Themen zu beschäftigen. Am späten Nachmittag sind die mentalen Reserven bereits aufgebraucht, der Feierabend ist bereits im Hinterkopf und Konzentration ist nahezu unmöglich.

Jeff Bezos selbst sagt dazu, dass er alle Meetings, die wichtig sind und ihn geistig fordern, nach der 10 bis 12 Regel ansetze. So treffe er bessere Entscheidungen, was in seiner Funktion als CEO von enormer Bedeutung ist.

Doch auch andere Positionen profitieren von der 10 bis 12 Regel. Ob nun Geschäftsführer oder Angestellter – wer sich voll und ganz konzentriert, analytisch denkt und engagiert sowie motiviert am Meeting teilnimmt, bringt dieses voran und erzielt am Ende bessere Ergebnisse.

Weitere Vorteile der 10 bis 12 Uhr-Regel sind:

  • Andere Termine können entsprechend gelegt werden
    Durch die 10 bis 12 Regel entsteht schnell eine entsprechende Routine, so dass es seltener zu Terminkonflikten kommt. Jeder weiß Bescheid, dass diese Uhrzeiten – falls möglich – freizuhalten sind und können die eigene Tages- und Wochenplanung daran ausrichten.
  • Teilnehmer sind besser vorbereitet
    Werden wichtige Meetings nach der 10 bis 12 Regel festgelegt, können sich alle Beteiligten besser darauf vorbereiten. Nicht nur der Termin ist im Vorfeld klar, sondern auch, dass es um entscheidende Themen geht, die Vorbereitung erfordern.

Tipps: So nutzen Sie die 10 bis 12 Uhr-Regel für sich

Die einfachste Möglichkeit, um von der 10 bis 12 Regel zu profitieren, ist natürlich die schlichte Übernahme des Konzepts. In Zukunft planen Sie, wichtige Meetings zwischen 10 und 12 Uhr zu legen, um die Qualität der Besprechungen und der darin erzielten Ergebnisse zu verbessern.

Allerdings können Sie noch mehr tun, um von der 10 bis 12 Regel zu profitieren. Es gibt einige Punkte, die Sie beachten sollten und vor allem, sollten Sie die Idee auf Ihre eigenen Bedürfnisse und Anforderungen anpassen. Mit den folgenden Tipps holen Sie das Maximum aus der 10 bis 12 Regel heraus:

Finden Sie Ihren persönlich besten Zeitpunkt

10 bis 12 Uhr ist für Jeff Bezos die optimale Uhrzeit und funktioniert für viele Arbeitnehmer als Zeitpunkt hoher Konzentration und Leistungsfähigkeit. Für Sie muss dies aber nicht zwangsläufig gelten. Möglicherweise sind Sie eine Stunde vorher oder später viel konzentrierter und treffen bessere Entscheidungen.

Manche sind in den frühen Morgenstunden besonders erfolgreich, andere laufen erst nachmittags zur Hochform auf. Hinterfragen Sie sich selbst, beobachten Sie Ihre Gewohnheiten und Ihre Leistungskurve. So kann aus der 10 bis 12 Regel für Sie vielleicht eine 8:30 bis 10:30 Uhr Regel werden.

Setzen Sie Prioritäten

Damit die 10 bis 12 Regel funktioniert, benötigt es Disziplin und Prioritäten. Im Arbeitsalltag können zu jedem Zeitpunkt wichtige Themen aufkommen.

Hier ist es besser, sich auf die 10 bis 12 Regel zu besinnen und eine endgültige Entscheidung auf den nächsten Tag zu verlegen. Statt um 18 Uhr eine schlechte Entscheidung kurz vor Feierabend zu treffen, sollten Sie sich am folgenden Vormittag noch einmal damit auseinandersetzen. Kaum etwas lässt sich nicht um einen halben Tag verschieben.

Passen Sie Ihren Tagesablauf an

Wird ein Meeting von 10 bis 12 Uhr angesetzt, sollten Sie Ihren Tag entsprechend planen. Wie viel Zeit bleibt Ihnen vorher? Was sollten Sie in dieser Phase bereits erledigen und wie bereiten Sie sich auf die wichtige Besprechung vor?

Auch im Anschluss sollten Sie den Tagesablauf anpassen. Welche Auswirkungen kann das Meeting haben? Ergeben sich daraus möglicherweise ToDos, um die Sie sich kümmern müssen? Es kann sinnvoll sein, entsprechende Freiräume zu lassen, um nach einem wichtigen Meeting direkt mit der Umsetzung beginnen zu können.

Kommunizieren Sie im Team

Als CEO von Amazon kann Jeff Bezos erwarten, dass sich alle nach seiner 10 bis 12 Regel richten. In anderen Fällen kann es sinnvoll sein, offen mit dem Team zu kommunizieren. Geht es um eine wichtige Entscheidung als Führungskraft, ist es sinnvoll, das Meeting entsprechend anzupassen.

Handelt es sich hingegen um ein regelmäßiges Meeting, bei dem Fortschritte besprochen und Ideen gesammelt werden, sollten möglichst alle Teilnehmer konzentriert sein und sich in einer kreativen Phase befinden.

Über den Autor

Nils Warkentin studierte Business Administration an der Justus-Liebig-Universität in Gießen und sammelte Erfahrungen im Projektmanagement. Auf der Karrierebibel widmet er sich Themen rund um Studium, Berufseinstieg und Büroalltag.

Quelle: Karrierebibel