13 November 2020

Vom Chef zum Leader: Visionen, Werte, Verhalten

Posted in Führung, Leadership

Vom Chef zum Leader: Visionen, Werte, Verhalten
Charisma und Leadership werden in den Managementwissenschaften und der landläufigen Meinung häufig gleichgesetzt – ein „guter Chef“ besitzt also auch Charisma. Offen bleibt, was Charisma eigentlich ist und wie man es sich aneignen kann. Anders gefragt: Geht es dabei wirklich darum, „wie Steve Jobs“ zu werden?
 
Der Apple-CEO galt mindestens in der letzten Dekade seines Lebens als der Prototyp eines charismatischen Firmenlenkers. Er verstand es, größere Teile der globalen IT-Gemeinde nicht nur durch Technologien, sondern auch durch Emotionen von den Produkten mit dem Apfel zu überzeugen.

Die Mitarbeiter auf dem Apple Campus in Cupertino nahmen dafür – ohne Abstriche an ihrer persönlichen Exzellenz – auch seinen vielzitierten harschen Führungsstil in Kauf. Auf einem anderen Blatt steht allerdings, ob und in welcher Form es sinnvoll ist, ein solches Führungskonzept auf den Alltag in anderen Unternehmen zu übertragen.

Neue Art der Führung: Begeisterung, Sinn & Werte

  • Von Führungskräften wird nicht „nur“ folgendes erwartet,
  • Mitarbeiter anleiten
  • Aufgaben delegieren
  • Ergebnisse kontrollieren.

In den letzten Jahren werden zunehmend Fähigkeiten verlangt, die mit den bisher angesagten Führungskompetenzen nur selten zu erreichen sind:

  • die Fähigkeit des „Begeisterns“
  • Identifikation mit einem Unternehmen, seinen Produkten und dessen Zielen.

Mitarbeiter sollen …

  • … ihre Aufgaben in Time & Quality erledigen
  • … zum Botschafter der Unternehmensmarke werden
  • … als regelrechte „Fans“ die eigene Firma inklusive ihrer Produkte lieben.

Führung dieser Art bedeutet unter anderem, eine Gruppe von Mitarbeitern zu eingeschworenen Teams zu formen, die auf ein Ziel hinarbeiten, dessen Sinn sich mit ihren Motiven und Werten deckt. Mit autoritärer, persönlich distanzierter Führung ist das kaum erreichbar – von der Entwicklung einer charismatischen Führungsrolle ganz zu schweigen.

Vom Mitarbeiter zur Führungskraft – der plötzliche Seitenwechsel

Viele Young Professionals fassen von Anfang an auch eine Position als Führungskraft ins Auge – im Gegenzug erwarten die Unternehmen von ihren „High Potentials“ von Anfang an auch Führungsfähigkeit und bieten in vielen Fällen kurze Aufstiegswege. Auf frisch Beförderte wartet allerdings auch ein Perspektivenwechsel.

Einige waren gestern noch Teil des Teams, heute sollen sie ihre bisherigen Kollegen führen. Andere kommen neu und direkt als Chef ins Unternehmen, tragfähige Beziehungen zu ihren Mitarbeitern müssen sie erst noch entwickeln. Formale Autorität ist hier nur eine und für das eigene Profil als Führungskraft nicht einmal die entscheidende Seite der Medaille.

Dass es um

  • Teambuilding,
  • „kreative Führung“,
  • Motivation und natürlich
  • um das Erreichen der Unternehmensziele geht,

ist vielen neuen Chefs vor allem theoretisch klar. Charisma – und die möglichst intuitive Akzeptanz desselben – spukt dabei durchaus als „Verhaltensmuster“ durch die Köpfe.

Wann überzeugen Führungskräfte nicht?

Liebe Young Professionals – das Thema, worum es bei dieser Art von Charisma eigentlich geht, ist eure Fähigkeit, andere von eurer persönlichen (und nicht nur funktionalen oder fachlichen) Führungskompetenz zu überzeugen. Eure aktuellen oder künftigen Mitarbeiter wollen unter anderem von euch wissen, ob ihr an ihnen als Menschen interessiert seid.

Ein paar simple Beispiele: Wenn jemand aus eurem Team etwas mit euch besprechen will und ihr dabei alle 30 Sekunden die Mitteilungen auf eurem Smartphone checkt, wird euer Gesprächspartner euch nicht für wichtig halten, sondern sich schlicht nicht ernstgenommen fühlen.

Wenn ihr Konflikte im Team oder mit euren eigenen Chefs nicht austragt, sondern passiv aussitzt, habt ihr eure Chance auf Glaubwürdigkeit sehr bald verspielt. Das Gleiche gilt übrigens auch für den Umgang mit eigenen Fehlern, vor denen selbst gestandene Führungskräfte nicht gefeit sind.

Charisma fängt bei den kleinen Dingen an

Leadership entsteht nicht automatisch durch die Tatsache, dass auf der Business Card ein Status als Manager ausgewiesen ist. Charismatisch wirken Vorgesetzte, die den Balanceakt zwischen Vision, persönlichen Werten und ihrem Handeln erfolgreich realisieren.

1. Der Blick in die Zukunft – Vision

Besonders in immer unsicherer werdenden Zeiten auf dem Arbeitsmarkt suchen Mitarbeiter nach einer Führungskraft, die es schafft, einen Weg in die Zukunft zu zeichnen, dem es sich lohnt zu folgen. Und noch viel mehr sogar, wenn dieser Weg auf ein Ziel hinführt, dass sich mit den Werten der Mitarbeiter deckt.

Sie erkennen in diesem Weg einen langfristigen Nutzen und honorieren diese visionäre Denkleistung durch anerkennende Akzeptanz und Würdigung. Führungskräfte gehen damit den ersten Schritt zum Aufbau von Charisma.

2. Was im Business & Leben wirklich zählt – Werte

So wie jeder Mitarbeiter persönliche Werte hat, haben auch Führungskräfte Werte. Das sind einfach Dinge, die ihnen ganz persönlich wichtig sind. Dummerweise meinen noch immer viele Führungskräfte, dass Werte so persönlich sind, dass sie wie eine Jacke am Eingang des Unternehmens abgegeben werden sollten.

Dienst ist Dienst und Schnaps ist Schnaps. Echte Profis können sich eben den Werten des Unternehmens anpassen, diese (während der Dienstzeit) leben und an die Untergebenen weitergeben! Weit gefehlt!! Dieses Verhalten ist nicht professionell, sondern opportunistisch.

Die Führungskraft wird zur Fahne im Wind des Unternehmens. Und dieses Verhalten erkennen Mitarbeiter intuitiv und empfinden ein Störgefühl in der Identifikation zur Führungskraft. So geht exakt das Gegenteil von Charisma.

Dazu gehören z.B.

  • Ehrlichkeit (Feedback wird immer und sofort gegeben),
  • Wertschätzung (Arbeit wird immer, und wenn nur mit einem „Danke“, anerkannt),
  • Transparenz (in Teammeetings wird offen und ehrlich über die Zukunft des Unternehmens und des eigenen Bereiches gesprochen),
  • Hilfsbereitschaft (der Chef ist sich nicht zu schade um im Notfall auch mal die Ärmel hochzukrempeln und mit anzufassen) usw.

3. Was wir täglich & auch unbemerkt tun – Verhalten

Das operativste Element des Charismas ist das alltägliche Verhalten. Darunter fällt wirklich ALLES, was Führungskräfte tun. Vom Einparken im Parkhaus (rücksichtslos zwei Parkplätze belegen), über Verhalten in der Kantine (nicht helfen, wenn jemandem etwas zu Boden fällt) bis zu prominenten Situationen (dem Teammeeting, in dem nur der Chef ausreden darf).

Führungskräfte sind „always on“ und unter ständiger Beobachtung.

Sie sind also ständig ihren eigenen Werten verpflichtet und müssen mit gutem Vorbild vorangehen. Diese Vorbildfunktion klingt einfach und ist bestimmt nichts Neues. Im stimmigen Einklang mit einer Vision und Werten, die gerne von der Mannschaft mitgetragen werden, ergibt sich langfristig damit aber ein authentisches Bild eines charismatischen Leaders, der nicht nur Wasser predigt, sondern sich auch selbst daran hält – und zwar täglich!

Auf Führungskräften (die charismatisch wahrgenommen werden wollen) liegt eine große Verantwortung. Viel größer, als sie im bisherigen Fokus der gängigen Führungs-Methodik erscheinen mag. Die positive Nachricht: Der Schlüssel charismatischen Leader ist weder Glück noch Fügung… er liegt in den einfachen Dingen des Führungslebens und ist erlernbar.

In diesem Sinne wünsche ich viel Erfolg auf dem Weg zum charismatischen Leader.

Über den Autor

Henryk Lüderitz beschreibt die Herausforderung, mit denen sich junge Führungskräfte konfrontiert sehen, aus eigener Erfahrung. Mit Anfang 20 war er bei Vodafone ein hoch gehandeltes Talent und hat früh Personalverantwortung übernommen. Seit 2012 gibt er seine Managementerfahrung an Young Professionals weiter. Seitdem hat er sich als führender Experte für junge Fach- und Führungskräfte deutschlandweit und international entwickelt. Zu seinen Kunden gehören die Top-Player der Wirtschaft. Mehr unter: www.luederitz.eu

Quelle: unternehmer.de

 
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